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Der Engel und der Physiker

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03.12.2002
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Der Engel und der Physiker

Ich saß hoch oben auf einem Vorsprung der unzähligen Häuser, mit ihren grauen Fassaden und flachen Dächern. Der Himmel lag verborgen unter einer Glocke aus Wolken und Schmutz. Weder der Mond, noch die Sterne waren zu sehen. Unter mir lebte die Stadt. Autos fuhren durch die Straßen und ihre hellen Lichter zerschnitten die übrig gebliebene Dunkelheit. Überall brannten Lampen und Reklameschilder, welche die nächtliche Ruhe vollends verbannten. Menschen wandelten ziellos umher und beachteten mich nicht. Normalerweise hätte ich ihnen auffallen müssen. Ein Mann, der auf einem schmalen Sims hockt und unter ihm die gähnende Tiefe. Aber sie sahen mich nicht. Sie haben schon lange keinen mehr von uns gesehen, denn ihr Glaube verschwand mit dem schwindenden Bewusstsein ihrer unsterblichen Seele. Und damit entrückten auch wir uns ihrer Welt, denn diese fiel wie einst der erste Engel Gottes, der nun seine Hände über die Menschen hält. Nicht beschützend, sondern manipulierend, ihren freien Willen missachtend. „Gott ist fern“, flüstert er ihnen im Schlaf zu und stiehlt das letzte Leuchten in ihnen. Den letzten Funken ihres Schöpfers.

Von meinem Vorsprung aus beobachtete ich einen Mann, der die Straße hinunterschlenderte. Er trug eine braune Wildlederjacke und auf seiner spitzen Nase saß eine runde Brille. Neben ihm lief eine junge Frau, deren Gesicht verhärmt wirkte. Sie zog ihn mit sich, direkt auf eine kleine Kapelle zu, die zwischen den hohen, charakterlosen Häusern verloren wirkte. Ein kleiner Turm an ihrer Rückseite streckte sich gen Himmel, doch die grauen Bauten nahmen ihr die nächtlichen Sterne und die tägliche Sonne. Die Glocke darin hatte schon lange nicht mehr geschlagen.
Ich glitt hinab, ließ mich vom Wind tragen und landete leicht und ohne ein Geräusch in den Schatten der Stadt. Ich schloss meine Augen und spürte, wie meine Haut härter wurde und wie der Wind daran vorüberstrich. Dann verließ ich die Schatten und überquerte die Straße, wie jeder andere Mensch auch. Ich war nun einer unter vielen, denn die Fähigkeit zu wandeln stand mir hier offen.

Unterhalb der fünf steinernen Stufen, welche zu der Kapelle hinaufführten, standen die beiden und umarmten sich. Sie strich sich ihre langen, schwarzen Haare aus dem Gesicht und schob ihre Hände unter seine Jacke. Ich trat an sie heran und legte meinen Zeigefinger auf ihre Lippen. „Pssst“, hauchte ich ihr zu. „Mehr nicht. Er sollte hier sein und nun ist er hier.“ Ich ließ ihre Lippen wieder allein und sie ging davon, ohne ein Wort zu sagen und ohne mich einmal anzublicken.
„Was soll das denn? Suchst du Streit oder so?“ fragte er an mich gewandt. Ich las Zorn in seinen Augen und so berührte ich auch ihn. Ich legte meine flache Hand auf seinen Kopf und spürte eine Welle von Emotionen, die über mich hereinbrach. Er war immer noch verärgert, doch unter diesem momentanen Gefühl lag eine Freude. Eine Freude, die sein ganzes Wesen beherrschte.
„Ruhig. Lass ab, Samuel.“
Er entzog sich meiner Hand und ich verlor den Kontakt.
„Woher kennst du meinen Namen und was zum Teufel meinst du?“
Ich stieg die Treppenstufen hinauf, ohne ihm zu antworten und spürte seine Blicke wie Steine auf mir liegen. Die schwere Holztür öffnete sich nur widerwillig, denn sie war fest verschlossen. Aber auch wenn dieses Haus schon lange von seinem Herren verlassen war, so besaß ich doch noch immer den Schlüssel dazu und so entriegelte sich das Schloss selber, als ich meine Hand an die Klinke legte.
„Folge mir, Samuel, wenn du wissen möchtest, was deine Entdeckung alles verändern wird.“
Samuel war konsterniert und seine Augen flackerten wie ein unruhiges Licht, dass gleich erlöschen würde. „Woher wissen Sie davon?“ Sein Ton hatte sich geändert. Es lag Neugier und Angst in ihm. Gefühle, welche Distanz zwischen mir und ihm schafften.
„Folge mir, Samuel“, rief ich ihm noch einmal zu und betrat die dunkle Kapelle.

Ich atmete tief ein und entließ die warme Luft nur langsam wieder aus meinen Lungen. Sie zerschnitt die kühle, abgestandene Luft des Inneren und legte sich um die Kerzen. Ihre Dochte begannen zu schwelen und fingen Feuer, bis die lodernden Zungen an dem alten Wachs leckten und sich nährten. Die Reihen von hölzernen Bänken zu beiden Seiten lagen im seichten, flackernden Feuerschein und auf den bunten Glasfenstern, mit ihren Darstellungen von Heiligen und Engeln, spiegelte sich das tanzende Licht. Hinter mir hörte ich nun auch Samuel, der mir durch aufgewirbelte Staubwolken in das Innere folgte. Wie die Kerzen Feuer fingen, hatte er nicht gesehen, denn über ihm lag immer noch das Tuch der Unwissenheit, welches die wahre Sicht der Dinge verschleierte.
„Setz dich, Samuel.“ Ich deutete auf einen Platz in der ersten Reihe, während ich mich zu ihm umdrehte und vor dem kleinen Altar stehen blieb. Hinter mir erhob sich nun das Kreuz Christi, das mahnend unter dem schmalen Kreuzgewölbe stand. Die Wände der Kapelle waren in einem matten Weiß gehalten, doch an einigen Stellen zeigten sich bunte Schriftzeichen. Gesprühte, geschwungene Buchstaben und Bilder zeugten von der Ferne Gottes.
Samuel setzte sich und starrte mich wartend an. Er spürte es nicht, doch meine Hand lag immer noch auf seinem Kopf und besänftigte sein Gemüt. Meine Hand war überall, wenn ich es wollte. Ein weiteres Mal atmete ich tief ein und roch schwach den Duft von Weihrauch, der sich einst in diesen Räumen verbreitet hatte.
„Nun lass mich dir etwas über dich erzählen“, begann ich. „Du bist Physiker und du hast vor genau drei Tagen das gefunden, wonach schon so viele vor dir suchten.“
Samuel rutschte nervös auf der Bank hin und her, wobei er weitere Wolken aus Staub und Dreck aufscheuchte. Er nieste kurz, blieb ansonsten aber still.
„Es war ein Wunder, nicht wahr? Oder wie kann es möglich sein, die gesamte Physik auf eine einzige Formel zu reduzieren?“
„Ich glaube nicht an Wunder“, antwortete er mir mit zitternder Stimme.
„Ich weiß. Und in diesem Fall tust du auch gut daran, denn es war nichts anderes als Glück. Aber entscheidender als die Frage, was dich denn nun auf den Weg gebracht hat, ist die Frage nach den Konsequenzen, die sich aus deiner Entdeckung ergeben.“
Ich blickte ihn fragend an und drückte meine geistige Hand stärker auf seinen Kopf. In ihm begehrten die menschlichen Gefühle auf. Er wollte fliehen, wüten und schreien, doch das durfte nicht sein.
„Die Folgen? Die Welt wird sich verändern. Sie kann alles herleiten und sich das erfüllen, was sie will.“
„Und sonst? Hast du keine Bedenken, dass sie sich auch Dinge herleiten könnte, wie du es ausdrückst, die weder gut, noch förderlich für die Welt sein können?“
„Warum sollten sie? Und wenn schon, es liegt nicht in meinen Händen.“
Ich trat ein Stück zur Seite und kniete mich vor ihm nieder, meinen Zeigefinger auf meine eigenen Lippen gepresst, wobei mir Strähnen meines braunen Haares bis tief ins Gesicht fielen.
„Nein? Liegt es nicht in deiner Verantwortung? Erinnere dich an die Entdeckung der Kernspaltung. Es war eine Sensation und plötzlich standen Wege der Energieschöpfung offen, die man zuvor nicht kannte. Ein Ergebnis dieser Forschungen war Hiroshima. Noch heute gibt es Tote. Und noch heute bedrohen sich die Staaten dieser Welt gegenseitig. Ist es nicht paradox, dass Gewalt durch die Androhung von Gewalt verhindert wird? Doch eines Tages wird dies nicht mehr genügen. Überlege dir, welche Waffen deine Entdeckung hervorbringen könnte. Und sie wird es tun, wenn sie an die Öffentlichkeit gelangt. Einstein hätte seine Entdeckungen verbergen können, aber er tat es nicht. Nun kannst du es tun. Werde dir der Verantwortung bewusst!“
In ihm wallte die Habsucht auf, und die Gier nach Erfolg und Reichtum zerschmetterte meine geistige Hand, die ihn bis zu diesem Zeitpunkt ruhig gehalten hatte. Er sprang auf und seine Stimme hallte dumpf zwischen den hohen Wänden wieder.
„Ich entscheide was ich mache, und nicht irgendein dahergelaufener Irrer. Wer bist du eigentlich, dass du versuchst, mir meinen Ruhm zu verderben? Ich weiß gar nicht, warum ich dir so lange zugehört habe!“ Samuel rannte an mir vorbei und mich überkam eine große Trauer. Gott hatte ihnen den freien Willen gegeben und wie so oft richtete er sich gegen sie. Er war die wahre Geißel der Menschheit. Das größte Geschenk wurde zur größten Bürde.
„Ich kann dich nicht gehen lassen“, schrie ich ihm hinterher, wobei ich meine Stimme erhob und meine Gestalt änderte. Er drehte sich um und blickte mir mit großen Augen entgegen. Ich gab mich zu erkennen und aus meinem Rücken wuchsen zwei federne Schwingen, die in ihrer Gänze die Breite des Kapellenschiffes ausfüllten. Ich legte sie um mich wie einen Mantel und ließ meine Augen strahlen, sodass mein Kopf im goldenen Licht des Herren leuchtete. Meine Haut wurde wieder weich und hell, doch Samuel verlor mich nicht aus seinem Blick. In ihm begann es zu leuchten. Sein Glaube kehrte zurück, denn er sah das Bild eines Engels, eines Erzengels, in der Wirklichkeit vor sich stehen.
„Ich bin Uriel! Das Feuer Gottes. Du kennst mich, nicht wahr, Samuel?“
Er war immer noch starr. Zorn und die hintergründig aufflackernde Gier waren aus seinen Augen gewichen und an ihre Stelle trat Verwunderung.
„Nun, Samuel. Deine Mutter hat dir als Kind von uns erzählt. Sie las dir Geschichten über uns Engel vor und sie erzählte dir auch von den herrlichen Sieben. Ich weiß es. Ich war da. Ich war immer da, denn deine Geburt stand unter meinen Sternen und meine Himmelslichter leuchteten. Hörst du noch den Donner? Kannst du die Blitze sehen, Samuel?“
Er begann zu stottern: „Du bi-ist e-in Erz-eng-engel.“
„Ja – das bin ich. Und mir obliegt es die Kraft zu messen. Ich entscheide, wie sie eingesetzt wird. Weißt du auch das?“
„J-ja. Du bist der Engel der heiligen Energie, der Kraft, die uns antreibt, der sie prüft.“
Ich ging zu ihm herüber und baute mich vor ihm auf. Ich ließ meinen Körper wachsen, bis mein goldenes Licht ihn überstrahlte und die Kapelle in selbigem erstrahlte. „Und ich sorge für das Gleichgewicht. Sieh dich um, Samuel. Überall nur Leid. Dies ist die Hölle. Warum begreift ihr Menschen das nicht. Ihr braucht keine Angst davor zu haben, dass ihr in die Hölle fahrt. Ihr seit bereits dort.“
„Was? Ich versteh nicht.“
„Gott erschuf die Erde und er erschuf euch. Macht euch die Erde untertan, lehrte er euch und er lehrte, dass ein gutes Leben zum Paradies führt. Das Paradies, Samuel“, erklärte ich ihm in einem ruhigem, aber rauen Tonfall, „ist euer Himmel. Der Himmel auf Erden. Doch ihr verstandet nicht. Ihr habt getötet und betrogen und ihr verlort den Glauben und dadurch fiel die Erde, so wie einst Luzifer fiel. Ihr habt es in der Hand. Ordnet die Welt und ihr kommt dem Paradies wieder ein Stück näher. Hebt die Welt!“
Samuel wich vor mir zurück. Die Erscheinung eines Engels beeindruckte die Menschen schon immer und selbst nach so langer Zeit ohne Glauben war sie immer noch blendend.
„Deine Forschungen werden die Welt so tief hinabreißen, dass es kein zurück mehr gibt. Eure Seele ist unsterblich. Sie findet nach eurem Tod einen neuen Körper; wird mit ihm geboren und über die Generationen hinweg, könnte die Menschheit das Paradies wieder erschaffen und ihr würdet uns Engel wiedersehen. Warum glaubt ihr, dass Gott eure Gebete nicht erhört? Sie verklingen im Nichts. Dies hier ist die Hölle. Es gibt keinen direkten Weg nach oben. Verstehst du Samuel? Wenn du deine Verantwortung nun vergisst, wird die Welt auf ewig im Reiche Luzifers versinken.“
Samuel spuckte auf den Boden der Kapelle. „Gott“, rief er verächtlich, „Gott ist also nicht hier? Egal! Die Physik wird uns nun über ihn erheben.“
„Was sagst du da? Weißt du, wer seinen Thron auch über den des Herren gestellt hat?“
Auf seinem Gesicht lag ein süffisantes Lächeln. „Der Teufel.“
„Ja. Luzifer. Er war Gott am ähnlichsten, er war sein liebster Engel, und nun wird er nie mehr seine Stimme hören. Auch wir werden nie wieder die wunderschöne Stimme des Herren hören, wenn die Menschheit verloren geht. Unser Schicksal ist an das eure gekettet und so versteht, Samuel, dass ich es nicht zulassen kann.“
Ich öffnete meine Schwingen und umfing seinen Körper. Ich drückte ihn an mich und unser Fleisch berührte sich. Ich wollte es nicht tun, aber ich musste es, denn es war meine Bestimmung. Die Kraft musste gemessen werden und so begann die Luft zu flirren und die Holzbänke zu schwelen. Glas splitterte und Samuel verbrannte feuerlos in einem roten Licht. In Gottes Feuer. Ich hatte ihn gerichtet und die Welt vor ihrem letzten Untergang bewahrt.

Ich verließ die Kapelle, während die Hitze hinter mir langsam verschwand. Die Nacht war immer noch lebendig, doch niemand sah mich, bis auf eine einzelne Person, die auf der anderen Straßenseite stand. Sie trug einen weißen Anzug und ihr Haar fiel bis weit über ihre Schultern. Es war ein großer Mann, der lachte und mir zurief, dass ein Gedanke, der einmal gedacht wurde, nicht wieder zurückgenommen werden konnte. Daraufhin verschwand er im Dunkel und sein weißer Anzug verschmolz mit der Nacht. Er was so schnell verschwunden, wie er mir erschienen war.
Ich wusste nicht, wer das war und ich wusste nicht, welche Konsequenzen mein Handeln hatte, bis eine Gestalt aus dem Himmel herabstieg. Es war zuerst nur ein Schatten, der die Wolken zerriss und immer näher kam. Dann erkannte ich zwei große, weiße Flügel, die durch die Luft glitten. Es war Michael, denn an seiner Seite flammte ein brennendes Schwert. Das flackernde Licht legte sich auf mich und ich verspürte einen großen Druck. Keinen körperlichen, sondern einen, der direkt in meinem Kopf, in meinem Wesen wütete. Ich spürte den Wind, den seine Flügelschläge aufbrachten und ich spürte seine absolute Präsenz.
„Was hast du getan?“ rief er mir zu, während seine Füße geräuschlos den Boden berührten. Er trug ein weites, schwarzes Gewand, auf dem seine blonden Haare wie Gold wirkten.
„Uriel! Du dürftest nicht hier sein. Dies ist in diesen Zeiten nicht unsere Welt!“
„Michael“, ich hielt meine Hand schützend vor mein Gesicht, denn sein Licht blendete mich, „sie wird nie mehr die unsrige sein, wenn wir nicht eingreifen.“
Michael legte die Hand auf meinen Kopf, so wie ich es zuvor bei Samuel getan hatte und ich fühlte, wie er mich beruhigte und wie die Dinge um mich herum klarer wurden.
„Du hast den Willen Gottes missachtet. Und weißt du, wer das eben war?“
„Nein“, antwortete ich ihm wahrheitsgemäß.
„Es war Luzifer. Begreifst du? Du kannst kein Gedankengut vernichten. Ist es einmal gedacht, wird es wieder gedacht und nun wird nicht nur die Erde fallen.“
„Ich verstehe nicht, Michael.“ Ich war verwirrt, wusste nicht, was er mir sagen wollte.
„Du kannst nicht mehr zurück. Du hast Verrat begangen. Der freie Wille ist ein Geschenk an die Menschen. Nicht an die Engel, aber du begehrtest auf; trafst eine eigene Entscheidung. Nun wird es wie ein Feuer unter den Engeln wandeln. Sie werden den Ruf hören, dass auch sie nun die wahren Kinder Gottes sein können. Und der erste tote Engel, durch einen Engel gerichtet, wird eine Revolution hervorbringen. Deshalb hat Luzifer dich beobachtet. Deshalb hat er nicht eingegriffen. Er hat dich gewähren lassen, denn die Krise im Himmel gewehrt ihm eine zweite Chance. Seine Heerscharen werden den Himmel ein weiteres Mal angreifen und dann wird es keine Armee geben, die ihn zurückwirft. Die Welt und unser Himmel werden für immer seine Hölle sein.“
Ich machte ein paar Schritte zurück und begann langsam zu verstehen, aber es gab noch Hoffnung.
„Aber noch ist kein Engel durch die Hand eines anderen zu Tode gekommen.“
„Nein. Noch nicht.“ Michael schlug die Augen nieder. „Aber es ist der Wille Gottes, dass ich richte. Ich trenne das Licht von der Finsternis.“
Ich stand Michael, dem Stellvertreter Gottes, gegenüber und in seiner Hand loderte das brennende Schwert. Seine Schwingen ragten weit in die Nacht hinaus und seine Augen leuchteten Gold. Da begriff ich entgültig, dass die Revolution durch mich ihren Anfang nehmen würde.

 

Hallo morti,

du beschreibst einen Engel, der unerkannt die Menschen beobachtet. Diese Idee hat mir gut gefallen, auch der Erzählstil. Dann kam ich ins Stolpern:

„Ruhig, Samuel. Warum solch eine Frau? Ist eine Hure noch gut genug für dich?“

Warum „noch“ gut? Hat er den Entschluss gefasst, Huren sind irgendwann nicht mehr gut genug?

„Was soll das denn? Suchst du Streit oder so?“ - Ist das auf die Frau bezogen oder auf den Engel (eher nicht, er ist doch unsichtbar)? Mein Vorschlag: „Suchst du Streit oder so?“ rief er ihr hinterher.

„Das größte Geschenk wurde zum größten Verlust.“

- Wenn man etwas bekommt (außer Schulden) ist es kein Verlust. Ich denke, `Last´ oder `Bürde´ ist günstiger. Der freie Wille könnte höchstens zum Verlust an vorgeschriebenem Tun führen.


„Zorn und Gier waren aus seinen Augen gewichen und an ihre Stelle trat Verwunderung.“

- „Zorn“ hattest du erwähnt, „Gier“ nicht, deshalb wundert man sich, welche „Gier“?

Dann erklärt der Engel die Konsequenzen, die aus seiner Entdeckung entstehen können. Das ist ein wichtiger Gedanke, die Frage, ist es gut, alles zu tun, was wir tun können. Mir hätte es besser gefallen, wenn der Physiker, angeleitet vom Engel, Schlüsse gezogen hätte, doch das ist Ansichtssache.
Überraschend kam dann die Wendung mit Michael, dieser Abschnitt bettet das Ganze Geschehen in ein umfassendes Szenario ein.


Noch einige Kleinigkeiten:


„Er war zornig, doch unter diesem Gefühl des Moments lag eine Freude“

- du willst ja wohl nicht sagen, dass der Moment ein Gefühl hat, sondern dass es ein momentanes Gefühl ist.

„Ich glaube nicht an Wunder“, antwortete er mir mit zitternder Stimme“

- Stimme.


„Sein Glaube kehrte zurück, denn er sah das Bild eines Engels, eines Erzengels, in Wahrheit vor sich stehen.“

- in der Wirklichkeit

„sie wird nie mehr die unsrige sein, wenn mir nicht eingreifen.“

- wenn wir


Alles Gute,

tschüß... Woltochinon


PS. Ein interessanter Gedanke - die Welt ist nur soweit Paradies wie wir sie paradiesisch gestalten!

 

Hallo Woltochinon,
schön, dass die Geschichte doch noch einen Leser gefunden hat und schön, dass sie dir auch noch gefallen hat. Deine Anmerkungen hab ich umgesetzt, bis auf die des herleitenden Physikers. Der Engel erscheint mir einfach als „Aufklärer“ und deshalb bleibt er auch in der erklärenden Funktion.
Die Frage, ob jemand Strass sucht, war an den Engel gerichtet, da er sich zuvor ja gewandelt hatte, um den Menschen als Mensch sichtbar zu sein. Ich habe diese Stelle aber noch ein wenig herausgearbeitet.

Ich glaube einfach, dass wir uns unsere Welt wirklich zu einer Art Paradies machen können, auch wenn wir Leid und Schmerz nie völlig auslöschen werden. Aber wir könnten sie besser machen, wenn wir wollten und dazu braucht es nicht einmal einen Engel, der uns sagt wie das geht. Wir wissen es nämlich...

Dir einen lieben Gruß...
morti

 

Hallo morti,

ich habe schon oft überlegt - so heruntergewirtschaftet die Welt auch ist: Wenn alle ab heute vernünftig handeln würden, wie viel Potential für ein Paradies (wenn auch mit zwei großen Problemen, Leid und Tod) noch vorhanden wäre...

"Ordnet die Welt und ihr kommt dem Paradies wieder ein Stück näher. Hebt die Welt!“"

- Gut, dass du geschrieben hast "ein Stück", denn aus menschlicher Kraft wieder ganz zum paradiesischen Zustand zu kommen, wäre - wie soll ich sagen - unengelhaft...

L G,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Morti,

ich fand deine Geschichte zu Anfang sehr schön. Für mich ist es so etwas wie eine verlorengegangene Hoffnung, ein verborgener Zufluchtsort in der Dunkelheit.

Ich war fasziniert bis zu dem Moment, an dem der Engel Samuel tötete. Die Schönheit des Engels lag für mich in seiner Güte, er will aufwecken, er will helfen, doch er richtet nie.

Schön fand ich allerdings trotzdem, wie du in deinen Ausführungen Uriels "Betriebsblindheit" bestraft hast. In seinem Glauben, so gut zu sein, wuchs er über sich hinaus und geriet in Versuchung.

Im Moment des Richtens stellte er sich selbst über Gott. Er beging den Fehler, den er Samuel zum Vorwurf machte. Eigentlich hätte er mit Samuel zusammen verglühen müssen, so denke ich. Oder er hätte zum Menschen werden müssen, was dann alles in allem etwa der Vertreibung aus dem Paradies entspräche.

Unsre Ignoranz wird wahrscheinlich unser Untergang sein.

Viele liebe Grüße
Soultouch

 

@Woltochinon
Es ist schon merkwürdig, denn wir wissen ja wirklich, wie es gehen kann. Aber das Denken der Menschen, insbesondere das konkurrierende Denken verhindern dies. Bestes Beispiel ist doch schon die Politik. Eine Opposition dient nicht mehr der Kontrolle, sondern nur noch als immerwährender Gegenpol. Es ist völlig egal, in welche Richtung sich die Gegenpartei bewegt, man selbst geht auf jeden Fall in die andere.
Wenn alle an einem Strang ziehen, lassen ich Problme bewältigen und auch das ist eine Art Verantwortung, die wir haben. Wir sind nun mal nicht allein.

@soultouch
auch Dir ein Danke.
Die Tötung Samuels war die für mich einzig machbare Konsequenz. Was du beschreibst war auch einer meiner Gedanken, die ich mir über den Schluss gemacht habe. Dort versuchte Uriel nach seinem "Verrat" ohne den Mord, einfach wieder davonzufliegen, was ihm aber nicht gelang. Er war sozusagen gestrandet. Jedoch kam mir dieses Ende ein wenig zu unspektakulär vor und ich richtete mich nach den derzeit gängigen Regeln, wenn man am Schluss einen Knall haben will. Eine Priese Gewalt ;)
Um ganz genau zu sein, tötet Uriel schließlich den Physiker, um zu zeigen, wie weit selbst ein himmlisches Wesen gehen kann, wenn es am Rande seines Verstehens steht.

Danke euch beiden für eure Gedanken!

Liebe Grüße...
morti

 

Hallo morti!
Ich habe deine Geschichte schon vor einer Weile gelesen, jetzt bin ich endlich in Kritikstimmung.

Ich war nun einer unter vielen, denn die Fähigkeit zu wandeln stand mir hier offen.
Hier frage ich mich: zu wandeln im Sinne von "umherwandeln, lustwandeln, etc." oder "sich wandeln", also seine Gestalt. Vielleicht kannst du das noch klarer machen?

Ihre Dorte
Dorte? Meinst du Dochte oder habe ich einfach eine Bildungslücke?

einen Platz in der ersten Reiche
im Reiche Gottes, hm? ;)

besänftige sein Gemüt
besänftigte

Sie kann alles herleiten und sich das erfüllen, was sie will.

"Ich entscheide, was ich mache, und nicht irgendein dahergelaufener Irrer.
Wer bist du eigentlich, dass du versuchst, mir meinen Ruhm zu verderben?
Ich weiß gar nicht, warum ich dir so lange zugehört habe!"

und wie sooft
so oft

"Ich kann dich nicht gehen lassen!", schrie ich ihm hinterher
selbst nach so langer Zeit, ohne Glauben, war sie immer noch blendend.
Ich würde die Kommata weglassen.

auf Ewig
auf ewig

Weißt du, wer seinen Thron auch über den des Herren gestellt hat?"

Ich habe ihn gerichtet und die Welt vor ihrem letzten Untergang bewahrt.
besser: Ich hatte

Es war Michael, denn an seiner Seite flammte ein brennendes Schwert.
Nur eine Kleinigkeit, aber beim Lesen dachte ich: Und wenn an seiner Seite kein Schwert flammen würde, wäre es nicht Michael ...?

"Was hast du getan?", rief er mir zu
wenn mir nicht eingreifen."
wir

"Ich verstehe nicht, Michael."
Herrschaaren
Heerscharen

Die Welt und unser Himmel, werden für immer seine Hölle sein.
kein Komma

Insgesamt hat mir die Geschichte gut gefallen. Da sind eine Menge interessante Gedanken. Mir gefällt die Art, wie du Uriel beschreibst, aber wichtig finde ich auch die Problematik von der Verantwortung eines Wissenschaftlers gegenüber seinen Entdeckungen. Und schließlich der Ansatz, dass es in unserer eigenen Hand liegt, das Paradies zu schaffen.
Die Tötung Samuels (das hat mich ein bisschen verwirrt, dass auch der Wissenschaftler einen "engelartigen", auf -el endenden Namen trägt) empfand ich auch als logische Konsequenz. Uriels hilflose Verzweiflung (soweit ein Engel so etwas empfinden kann) konnte ich deutlich nachvollziehen.
Konsequent mag auch das Ende sein, mit Michaels Eingreifen. Aber obwohl auch hier wieder interessante Gedanken vorhanden sind, stört es mich irgendwie, auch wenn ich dir nicht genau sagen kann, was genau. Von meinen Empfindungen beim Lesen her würde ich vielleicht vorschlagen, die Geschichte mit Michaels Worten "Noch nicht" enden zu lassen. Dann ist das Ende ziemlich offen, aber in diesen Worten schwingt eine Drohung mit, und dem Leser wird ein bisschen schwindlig bei der Spekulation darüber, ob Michael nun Uriel richten wird oder nicht. Mir persönlich würde so ein offener Schluss besser gefallen und mehr wirken. Dass Michael möglicherweise zum Richten gekommen ist, hast du vorher ja schon angedeutet und könntest du eventuell dann noch stärker tun.
Aufgefallen ist mir, dass diese Geschichte ohne langen "Vorspann" auskommt, wie das bei den anderen der Fall war, die ich bisher von dir gelesen habe. Und ich muss sagen, es ist mir durchaus positiv aufgefallen, denn obwohl ich die Bilder mag, die du normalerweise wie bei einem Film an den Anfang deiner Texte stellst, hat es zumindest dieser Geschichte gut getan, dass du viel schneller eingestiegen bist. Für einen morti-Text also relativ viel Handlung auf engem Raum. :thumbsup:
Gerne gelesen!
Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hi Malinche,
Vielleserin, Hobbylektorin und sonstiges ;)
Hab Dank meine Gute,
freut mich natürlich, dass dir meine Geschichte gefallen hat und es freut mich, dass der fehlende Anfang positiv aufgefallen ist, denn den hab ich absichtlich rausgelassen. Ich hatte zuerst ne Art Kamerafahrt drin, die in den Wolken anfing und schließlich bei Uriel endete...
Was das flammende Schwert betrifft: Ich glaub nur Michael Schwert brannte; bin mir aber nicht völlig sicher.
Ich hab deine Änderungen vorgenommen, werde den Schluss aber trotzdem so lassen. Weiß gar nicht genau warum, aber ich will ihn so :cool:

Einen ganz lieben, sommerlichen Gruß...
morti

 

Hallo morti,
dein Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, anschaulich, spannend, gern gelesen! Am Anfang hat mich gewundert, dass der Engel sich wundert, dass er nicht gesehen hat. Wir laufen doch nicht mit dem Kopf im Nacken durch die Gegend und gucken auf die Vorsprünge der Häuser!
Das Thema deiner Geschichte finde ich sehr spannend, aber zwischendurch habe ich überlegt,– entschuldige, jetzt werde ich etwas direkt - ob es ein Werbetext für die Jeugen Jehovas sein könnte. Sprich, es war mir zu direkt bibeltreu. Mir persönlich hätte es besser gefallen, weil du das Wunder des Kerzenanzündens, die Engelsflügel und die Preisung des Glaubens etwas dezenter verpackt hättest. Und das Beispiel mit der physikalischen Erfindung war mir zu allgemein.
Warum oder wie soll eine Weltformel zu einer Waffe führen? Gut, es ist unmöglich eine noch nicht existierende Formel in einer Geschichte zu erläutern. Was ich meine ist, das hätte anschaulicher sein können, du hättest ihn z. B. einen Film sehen lassen können, den Atompilz etc. Hier hättest du deine Kamerafahrt wunderbar einbauen können!
Das sind alles nur meine persönlichen Vorschläge, ich hoffe, es hilft dir weiter!
liebe Grüße
tamara

 

Hallo tamara,

ein Werbeprogramm der Zeugen Jehovas? Nee, war eigentlich nicht beabsichtigt!
Was den Engel und seine "Unsichtbarkeit angeht: Er spricht da nicht nur über seine eigene Situation, sondern um die Engel an sich. Die physikalische Formel hab ich absichtlich nicht weiter ausgebaut, weil sonst sicherlich Kritik von physikalisch versierteren Lesern laut geworden wäre.

Danke Dir für die Kritik und natürlich vor allem für das Lob :)

Liebe Grüße...
morti

 

Hallo morti,

ich habe mir eigentlich so gut wie abgewöhnt, in den Philosophie-Bereich hier zu schauen. Nun, diesmal hat es sich wirklich gelohnt, deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

Die Idee hat mir wirklich zugesagt - von der Verantwortung der Wissenschaftlicher für ihre Erfindungen (irgendwie hatte ich während des Lesens "Illuminati" und die Erfindung der Antimaterie im Kopf) über die Frage des freien Willens und des letztendlichen Tods von Uriel, weil auch er sich eigene Entscheidungen herausnimmt. Faszinierend fande ich, dass Michael Uriel getötet hat, obwohl er von den fatalen Konsequenzen wusste. Weil er nämlich Gottes Willen ausführt, ohne sein Handeln selbst zu steuern, im Gegensatz zu Uriel. Somit trägt Michael, anders als Uriel und die Menschen, keine Verantwortung für sein Handeln.

Zwei Sachen:
Ich habe es so verstanden, dass Uriel Samuel nicht von Beginn an töten, sondern ihn eigentlich überzeugen will, richtig? Dann kommt mir der Umschwung bis zum Treffen einer Entscheidung zu plötzlich. Vielleicht könntest du das noch etwas deutlicher herleiten?
Dann hat mich die Tatsache stocken lassen, dass Gott auf der Erde Luzifers, wie du sie beschreibst, überhaupt nicht mehr anwesend ist - nicht nur aus Sicht der Menschen, sondern auch aus seiner Sicht. Wenn es so gemeint war, ist es in Ordnung, vielleicht irritiert mich einfach, dass du dich hier vom christlichen/biblischen Verständnis entfernst.

Details:

Sie haben schon lange keinen mehr von uns gesehen, denn ihr Glaube verschwand mit dem schwindenden Bewusstsein ihrer unsterblichen Seele.
verschwand und schwinden - ist das Absicht? Ich habe aber noch ein grundsätzliches Problem mit dieser Satzkonstruktion: Meinst du, dass die Seele ihr Bewusstsein verliert, oder dass die Menschen ihr Bewusstsein über ihre Seele verlieren? Das ist m.E. missverständlich formuliert.
Gefühle, welche Distanz zwischen mir und ihm schafften.
könntest du dir vorstellen, "welche" durch "die" zu ersetzen?
Da begriff ich entgültig, dass die Revolution durch mich ihren Anfang nehmen würde.
endgültig

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Juschi,
schön, dass ich dich mal in diese Ecke locken konnte ;)
und schön, dass dir die Geschichte auch noch gefallen hat!

Ich entferne mich bewusst von dem allgemeinen christlichen Verständnis in Bezug auf Himmel und Hölle. Man könnte die Welt in meiner kg als ein "Applausometer" sehen. Je besser sie sich macht, desto mehr Applaus und desto höher steigt sie; kommt also Gott wieder näher...

Danke für deinen Kommentar und deine Gedanken!

Einen lieben Gruß...
morti

 

Hallihallo Morti!

Ich hab mich vor kurzem erst angemeldet, bin aber der Meinung, dass ich unbedingt mal meinen Senf zu deiner Geschichte abgeben muss.
In meinen Augen eine tolle Geschichte, die mich sogar überrascht hatte, als Uriel den Physiker tötet. Bis jetzt ist es sogar die beste Geschichte, die ich hier gelesen habe. (Trost für alle anderen: so viele sind es noch gar nicht, die ich gelesen habe.)

Einzig der Abschnitt, in dem der Engel Hiroshima, Einstein und das alles erwähnt. Das ist mir aus irgendeinem Grund zu offensichtlich. Ich denke, dass den meisten, die diese Geschichte lesen, sowieso die Parallelen klar sind und es doch immer schön ist, wenn man aus einer Geschichte etwas mitnimmt/herauslesen kann, was nicht explizit erwähnt worden ist.

In diesem Sinne mach ich mich jetzt mal auf die Suche nach anderen Geschichten.
Tschüss
Brainjamin

 

Hallo brainjamin,
na, da bedank ich mich doch. schön zu hören, dass du meiner geschichte soviel abgewinnen konntest. das baut das ego auf ;)
ich hoffe mal, dass dir noch viele weitere gute kg´s hier über den weg laufen werden. ich war zu beginn hier auch überrascht, wie hoch die qualität einiger geschichten ist (was jetzt nicht heißen soll, dass ich meine eigenen so einordne).

einen schönen gruß...
morti

 

Es stellt sich tatsächlich die Frage, wie auch bei anderen Texten im Philosophie-Bereich, inwiefern die Geschichte nicht eher ein religiöser Lehrtext ist.
Ich finde sie auch nicht sonderlich gelungen, nicht einmal wegen dem schmalzigen Inhalt, sondern aus einem einzigen Grunde: Der Konflikt oder die Konflikte werden in den Dialogen nach vorne heraus abgehandelt. Alles, aber auch alles wird dem Leser dreifach vorgekaut aufs Auge gedrückt. Da hat sich selbst Jesus mehr Mühe gegeben, seine Message ansprechender zu verpacken. Von daher ist der Vergleich mit Zeugen-Jehova-Werbetexten nicht allzu weit hergeholt.
Da wird ein riesiges Thema aufgeworfen und wie abgehandelt? Samuel, der Physiker mit der ultimativen Happyness-Formel in der Gesäßtasche, sagt: "Jahaha, die Physik wird uns über Gott erheben. Ja du, ich scheiß auf Gott du." und der Erzengel guckt darauf ganz böse und sagt: "Nein du, du pass mal auf du, der olle Luzifer von Wolke 33b hat das auch mal gesagt, du..." - das ist als Gesamtheit so albern, grotesk und einfach mal völlig Banane, fast wie eine Stilparodie. Sorry, wenn ich das so ehrlich sage. Hier und da ein paar spritzige Pointen rein und es wäre eine klasse Parodie.

 

nun, wenn nur ein paar Pointen fehlen, dann kann ich so weit nicht von einer guten Geschichte entfernt sein, auch wenn es eine Parodie wäre und kein philosophischer Text...schade, dass dir die kg nicht gefallen hat. hier zeigt sich mal wieder wie verschieden Geschmäcker eigentlich sind. Mir wäre mehr geholfen, wenn du deine Kritik an etwas festmachen könntest...
Zudem möchte ich aber noch einmal betonen, dass es sich um keinen religiösen Lehrtext handelt, dafür ist die eigentliche Engelsgeschichte viel zu sehr von meiner eigenen entfernt. Und was den Vergleich mit Jesus angeht...nun, den lass ich mal so im Raum stehen.
Ich hoffe du findest hier auf kg.de noch Geschichte, die dich mehr ansprechen!

Grüße...
morti

 

Hi morti,

zuerst der Kleinkram:

Er hat dich gewähren lassen, denn die Krise im Himmel gewehrt ihm eine zweite Chance.
gewährt

Da begriff ich entgültig, dass die Revolution durch mich ihren Anfang nehmen würde.
endgültig

Insgesamt hat mir Deine Geschichte gefallen. Gut, sie ist stark polarisiert, der Physiker ist ein selbstsüchtiger Penner und die "Verantwortung der Wissenschaft" wird hier mit der Holzhammermethode behandelt. Insgesamt ist die Geschichte damit in der Kategorie "Philosophisches" mMn falsch, sie gehört eher nach "Fantasy".

Denn als das lese ich sie: Eine klassische Fantasy-Geschichte im Stil der 30er Jahre, wie sie vielleicht C.L. Moore hätte schreiben können. Die selbstgefällige Perspektive Uriels als Weltretter wird schön relativiert durch die Klarstellung, dass er selbst die Weisheit auch nicht für sich gepachtet hat. Die Überarbeitung der von meinen Vorpostern genannten Punkte hat Deiner Geschichte sehr gut getan.

Schön!

 

Es stellt sich tatsächlich die Frage, wie auch bei anderen Texten im Philosophie-Bereich, inwiefern die Geschichte nicht eher ein religiöser Lehrtext ist.
Nun, für religiöse Texte haben wir hier keine extra Rubrik. Daher landen solche Geschichten nicht selten hier.

Aber auch völlig Philosophie-kompatible Texte können ausgesprochen naiv sein. Das findet man nicht nur bei religiös gefärbten Geschichten.

 
Zuletzt bearbeitet:

morti schrieb:
nun, wenn nur ein paar Pointen fehlen, dann kann ich so weit nicht von einer guten Geschichte entfernt sein, auch wenn es eine Parodie wäre und kein philosophischer Text...schade, dass dir die kg nicht gefallen hat. hier zeigt sich mal wieder wie verschieden Geschmäcker eigentlich sind. Mir wäre mehr geholfen, wenn du deine Kritik an etwas festmachen könntest...

Vielleicht hast du es übersehen. Was einen Text ungenießbar machen kann, ist der typische Anfängerfehler, Konflikte in einem Dialog direkt abhandeln zu lassen, vonwegen:
A: "Du ich bin innerlich total verzweifelt und zerrissen, weil ich hab 'ne Atombombe gebaut und weiß jetzt nicht mehr, ob das so gut ist, du."
B: "Das ist wirklich schlimm du, weil wir Menschen haben uns irgendwie total von der Natur entfernt, du, und jetzt noch so'ne Bombe."
A: "Du, das sehe ich genauso, du. Wir sind irgendwie total Egoisten und so eine Bombe ist auch was total Gefährliches, das keiner haben sollte."
B: "Hey du, dann mach die Bombe doch einfach kaputt du, weil wir Menschen sind gar noch gar nicht bereit für sowas, du."
A: "Prima du! Das mache ich und dann ist alles wieder gut. Danke du. Du hast mir total geholfen."
B: "Hey, wofür sind Freunde denn da? Lust auf 'nen kaffeefreien Milchkaffee und 'ne Friedensdemo?"
A: "Klaro du."

Die Thematik ist groß gewählt, aber schon sehr naiv betrachtet, und das dann noch in einem Dialog direkt vorzukauen, macht immer den Eindruck, als traue der Autor dem Leser nun überhaupt nichts zu. Das wirkt unter Umständen auch albern, eben wie eine Parodie.

 

Verzeih, Thomas H., aber ich denke Du tust morti damit Unrecht: Was Du ihm als Autor vorwirfst, ist in Wirklichkeit die scheinheilige Axtmoral Uriels. Durch die Erzählung aus der Ich-Perspektive wird aber sehr klar, dass sich dieser hier nur zum Moralapostel aufschwingt, wogegen der Physiker von Uriels Gefasel von der "Verantwortung der Wissenschaft" nicht so überzeugt ist. Deshalb bringt Uriel ihn ja auch um die Ecke, weil er ihn nicht überzeugen kann.
Dann wird sogar noch klar gemacht, dass eine Erfindung, die einmal gemacht wurde, sowieso nicht so einfach zurückgenommen werden kann und zu allem Überfluss wird Uriel am Schluss noch vom ebenso scheinheiligen Befehlsempfänger Michael geplättet, der sich damit herausredet, dass er ja auch nur seine Pflicht erfülle und bla.

Also besser kann man das PC-Geschwafel nicht entlarven, und dass Du dem Autor hier eben diese Denkweise vorwirfst zeigt, dass Du den Text vielleicht nicht gründlich gelesen hast.

 

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