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Der Fluch
Der Fluch
Die folgende Geschichte ist nicht nur enorm tiefsinnig, sondern zugleich auch ein Relikt aus einer längst vergessenen Zeit, wo Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten noch auf dem Scheiterhaufen verbrannt und zum Dessert Ziegenmilch getrunken wurde.
Es handelt sich um ein Ereignis im Leben von Karin K., einer kaufm. Angestellen im 18ten Jahrhund. Ihr Chef, Egon Hug, war nicht nur sehr egoistisch, sondern auch noch geldgierig und muskulös. Die beiden hatten einmal eine Affäre, doch als Karin einmal die Lohnabrechnung zu spät ablieferte, wurde Egon wütend und aus Spass wurde Ernst. Er schlug Karin zweimal ins Gesicht, der zweite Schlag war allerdings ein Wunsch von Karin, denn wie heisst es so schön in der allwissenden Bibel? Wenn dich jemand ohrfeigt, dann halte die andere Wange auch noch hin. Das liess sich Egon nicht zweimal sagen und hinterliess auf beiden Seiten von Karins Gesicht tiefe Abdrücke seines Schlagrings.
Auf Anraten ihrer besten Freundin, Klausa, kündete Karin noch in derselben Nacht. Egon bereute seine Jähzorn, und flehte Karin an, noch zu bleiben. Doch diese hatte ihren Entscheid gefasst und belegte Egon zusätzlich mit einem Fluch, da sie der Meinung war: "Ein bisschen Spass muss sein."
Soweit die Vorgeschichte. Dies ist schon einige Jahre her. Seitdem hat Karin nichts mehr von ihrem ehemaligen Chef und Liebhaber gehört...
Eines Morgens stand Karin auf und ging ins Wohnzimmer, um sich eine Schale Kellogg’s Frosties zu machen. Sie kaufte nur noch diese Marke Corn Flakes. Sie beobachtete für ihr Leben gern, wie die zu Beginn noch trockenen Flocken gierig, als ob sie leben würden und Nilpferde an einer Oase in der Sahara wären, die nasse Milch aufsaugten und sich aufweichten und -blähten. Als sie also so sass und sie ass, merkte sie plötzlich, dass etwas nicht stimme. Ihr Gefühl schwappte in Richtung Toilette. Sie stellte die Schüssel auf den Glastisch vor dem Fernseher und runzelte die Stirn. Mit einer schwungvollen Hechtrolle hechtete sie, hechtend wie ein Hecht hechtet, vom Sofa und schaffte es sogar, das Badezimmer in nur einem einzigen Sprung zu erreichen. Das ganze sah aus, als ob sie wahrhaftig ein Hecht geworden wäre. Sie landete, wie eine Katze, auf ihren Pfoten und stürzte sich in die Badewanne. Man konnte ja nie wissen wer alles in so einem Badezimmer sein Unwesen trieb... Sie äugte gespannt über die Wannenkannte und erkannte sofort das Problem. Offenbar hatte Ernst, ihr Freund, nach seinem morgendlichen Toilettengang vergessen, zu spülen. Im ganzen Badezimmer roch es NACH Urin.
"Dieser gottverdammte Schweinehund!", regte sich Karin auf. Sie hatte schon gedacht, ein Terrorist o.ä. wäre im Bad, darum auch die Hechtrolle. Beim Aufprall in der Badewanne hatte sie sich schwere Schürfungen zugezogen, und alles nur, weil ihr Freund nicht spülen konnte. Sie stand auf und öffnete den Verbandkasten, um die Wunden zu behandeln. Sie wollte ja nicht, dass sie sich noch eine Blutvergiftung o.ä. zuzog. Danach stapfte sie aufgebracht ins Schlafzimmer, wo ihr Freund Ernst noch immer am pennen war.
"So, du gottverdammter Schweinehund, ich bring dich um!", schrie sie mit vollem Lungenvolumen, während sie die Nachttischlampe vom Tischlein riss und in die Luft hob. Ernst öffnete verdutzt die Augen, und alles, was er noch sah, war eine Nachttischlampe vor seinem Gesicht. Eine Millisekunde später krachte es gewaltig und Ernst war bewusstlos.
Zwei Stunden später. Ernst war inzwischen aufgewacht. "Musstest du so hart zuschlagen? Jetzt ist nicht nur die Lampe, sondern auch mein Gesicht im Eimer!"
"Och, Schatz, tut mir leid, du weißt doch dass ich ab und zu etwas überreagiere.", entschuldigte sich Karin. Sie legte ihren Arm um Ernst um ihn zu trösten.
"Schon gut, mein Mäuschen. Schon verziehen!", grinste Ernst, während er mit einem Taschentuch das Blut auffing, das aus der Nase lief.
"Nächstes Mal bitte spülen! Und dafür putzt du nachher die Schweinerei im Schlafzimmer auf, ok? Nicht zu fassen wie viel Blut einem aus der Nase laufen kann.", sagte Karin.
"Schon klar, war mein Fehler, Schatz. Ich werds gleich nachher aufwischen."
Und so verbrachten die beiden Turteltäubchen doch noch einen schönen Sonntagnachmittag.
Ende