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Der Flur

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22.10.2005
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Der Flur

Der Flur
Am Ende des Ganges wartete wie immer ihr Bruder. In seinem Rücken das Licht, vor ihm schwarz-weiß bemalte Wände. Lachend fing sie immer an im entgegen zu rennen, sobald er seine Arme ausbreitete und „Los!“ rief. Sanft umarmten sie sich und dachten nicht länger an das unheimliche Gefühl, dass immer von ihnen Besitz ergriff, wenn sie in diesem Flur waren.
Die Wände, die Decke, selbst der Boden waren in einem verwirrenden Schachbrettmuster eigenhändig von ihrem Vater gestrichen worden. Er begann mit seiner Arbeit, als die Zwillinge drei Jahre alt waren. Davor war er zärtlich und liebevoll zu ihnen gewesen. Niemand empfand mehr für die beiden Kinder, als ihr Vater. Er liebte ihre blonden Haare, ihre großen unschuldigen Augen und die kleinen Hände, welche die seinen mit kindlicher Zuneigung umfassten. Mit stets sonnigem Lächeln erfreute er jeden, der ihn sah. In ihm lebte das Glück.
Allerdings starb zwei Jahre nach der Geburt der Kinder seine Mutter. Auch wenn seine Frau es nie verstehen konnte, zerbrach etwas in ihm. Er zog sich zurück und sprach nicht mehr. Die Zwillinge wussten natürlich nicht was vor sich ging.
Dann fing er eines Tages an, den Flur ihrer kleinen Wohnung auszuräumen. Auf die Fragen seiner Frau antwortete er nur etwas von „hässlich aussehen“. Nachts wie tags malte er vorsichtig die Quadrate, aß sehr wenig und schlief nicht. So sehr seine Frau sich auch sorgte und so vorwurfsvoll die Blicke seiner Kinder auch waren, die oft am Ende des Flures standen um ihm zuzusehen, er war besessen.
Es dauerte sehr lange, denn auf keinen Fall wollte er Fliesen benutzen. Als er nach einem Jahr fast fertig war, brach er es plötzlich ab, keiner verstand wieso. Seine Frau versuchte mit allen Mitteln ihn wider zurück zu holen, doch vergebens. Mit einst leuchtenden Augen starrte er in die Leere. Einzig um seine Kinder wollte er sich kümmern, doch die beiden wandten sich ab. Sie hatten solche Angst gehabt, wenn ihr Vater mit starrem Blick, einen Pinsel in der Hand im Mondlicht saß und malte.
Dass ihm sein eigen Fleisch und Blut nicht länger vertraute, war wie der Stoß über eine Klippe. Er nahm sich ein Küchenmesser, als seine Frau nicht zu Hause war und setzte sich auf den unvollendeten Boden des Flures. Er hatte keine Lust mehr gehabt, deshalb brach er seine Arbeit ab. Er hatte eingesehen, wie sinnlos alles ist.
Während er das Messer an seinen Hals führte, sah er ein letztes Mal sein altes Leben, in dem Bruder und Schwester sich fest an den Händen hielten und voller Verständnis lächelten.
Alle waren schockiert. Der Flur wurde auf innigen Wunsch der Kinder vollendet. Er war nicht schön, eher düster, aber der Bogen Licht an seinem Ende erinnerte an das sonnige Lächeln eines liebenden Mannes.

 

Hi Monster und herzlich willkommen auf kg.de! :)

Du hast dir ein sehr schwieriges Thema für deine Geschichte ausgesucht. Verzeih mir, aber aus meiner Sicht ist sie nicht besonders gut gelungen. Hinter so einer Entwicklung, hinter einem solchen Zusammenbruch eines Menschen gibt es so unendlich viel an Motiven und Hintergründen, die einfach nicht in so wenige Zeilen passen. So bleibt für den Leser bei deiner Geschichte auch zu viel offen: Warum zerbricht der Mann so am Tod seiner Mutter, wie war ihre Beziehung zueinander (okay, das kann man noch fast nachvollziehen, mehr Hintergrund würde den Prot aber dem Leser näher bringen)? Gerade dadurch, dass er sich so immens von einem fröhlichen und liebenden Familienvater in ein abwesendes und - abgesehen von seinem eigenen Anliegen - desinteressiertes Wesen verwandelt, wäre das hier schon wichtig. Wie kann die Liebe zu seinen Kindern so darunter leiden? Warum ausgerechnet ein Schachbrettmuster? Soll das seine eigene Zerrissenheit symbolisieren? Schwarz und Weiß? Wie kommt er überhaupt darauf, den Flur umzugestalten? Und warum ausgerechnet den Flur?

Du siehst, deine Geschichte lässt den Leser mit einem Haufen Fragen alleine zurück. Und dadurch, dass sie nicht beantwortet werden, fehlt stellenweise auch etwas der Sinn. Man kann einfach nichts nachvollziehen.

Zudem ist die Geschichte sehr stark von außen erzählt. Das erzeugt eine gewisse Distanz. Ein paar Dialoge hier und da, ein paar plastischere Schilderungen, mehr Gefühle seitens deiner Figuren würden die Geschichte wesentlich lebendiger gestalten.

Sorry, dass ich nichts Positiveres zu deiner Geschichte schreiben kann. Aber wie gesagt: Es ist ein schwieriges Thema. Würde mich freuen, wenn du deine Geschichte ein wenig überarbeiten und ausbauen würdest.

Viele Grüße
Kerstin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Monster!

Ja, das Hauptproblem des Textes ist, wie katzano schon sagte, mangelnde Nachvollziehbarkeit. Es reicht eben nicht, ein bewegendes Schicksal zu schildern, solange der Leser sich nicht in die Figuren hineinversetzen kann.
Ebenfalls störend wirkt der ständige willkürliche Perspektivenwechsel. Wenn ich ständig von einer Person zur anderen springe, mit welcher soll ich mich dann identifizieren? Zudem weiß ich oft nicht, aus wessen Sicht die Dinge denn nun gerade geschildert werden. Dass der zweite Absatz die Perspektive des Vaters behandelt, wird erst nach vier Sätzen deutlich.
Deshalb empfiehlt sich in Kurzgeschichten - ich kann es nicht genug betonen - immer eine einzige, konsequent durchgehaltene Perspektive.

Zu den sprachlichen und stilistischen Unsauberkeiten kommen wir ein anderes Mal.

Ciao, Megabjörnie

 

So, jetzt die versprochenen Unsauberkeiten:

In seinem Rücken das Licht, vor ihm schwarz-weiß bemalte Wände.

Missverständlich. Die Wände sind ja nicht vor ihm, sondern umgeben ihn an den Seiten.

Lachend fing sie immer an im entgegen zu rennen, sobald er seine Arme ausbreitete und „Los!“ rief. Sanft umarmten sie sich und dachten nicht länger an das unheimliche Gefühl, dass immer von ihnen Besitz ergriff, wenn sie in diesem Flur waren.

Wenn ich das richtig verstehe, machen die beiden eine Art Spiel: Erst lassen sie das "unheimliche Gefühl" auf sich wirken, dann suchen sie beieinander Schutz.
Plausibel wäre das, wenn es sich um ein x-beliebiges unheimliches Kellergewölbe handeln würde. Aber dieser Ort ist dafür doch etwas zu sehr mit einer persönlichen Tragödie verbunden. Das unheimliche Gefühl rührt schließlich nur daher.

Die Zwillinge wussten natürlich nicht, was vor sich ging.

Komma einfügen. Das natürlich ist ein unnötiges Füllwort. Wenn etwas natürlich ist, brauchst du es nicht zu erwähnen. Wenn es erwähnenswert ist, warum schiebst du das Wort dazwischen?

Seine Frau versuchte mit allen Mitteln ihn wieder zurück zu holen,

Er hatte eingesehen, wie sinnlos alles ist.

War.

Das war's im Wesentlichen.

 

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