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Der Geschmack der Trauer
Das Messer lag locker in seiner Hand, seine Finger waren feucht und ihm standen Schweißperlen auf der Stirn. Er tat nichts außer da zu sitzen und auf das Messer in seiner Hand zu starren. Doch in seinem Kopf formten sich langsam kühle, emotionslose Gedanken.
„Geboren 1983, die Schullaufbahn schlecht hinter sich gebracht, Lehre abgebrochen. Ich bin nichts geworden, außer ein Versager wie er im Buche steht.“
Kraftlos hingen seine Schultern und sein Kopf nach unten.
Das Bad war wohl der geeignetste Ort für seine eigene Hinrichtung. Ich hasste es, wenn das Blut im Teppich versickerte. Aber hier konnte es sich auf den weißen Fliesen ungehindert seinen Weg suchen.
„Was hält mich noch am Leben, wenn ich mich nicht einmal mehr erinnern kann wann mich das letzte mal jemand geliebt hat.“
Er hatte nur eine Hose an und saß schlaff auf dem Badewannenrand.
„Dies ist nicht mein Leben, ich wurde in die falsche Welt geboren, in das falsche Leben.“
Er setzte die Klinge an sein Handgelenk an und drückte sie in seine helle Haut. Ein dünner Blutstrom lief über seinen Arm und tropfte dann zu Boden. Die roten Tropfen auf den Fliesen waren die einzige Farbe in dem kalten Raum.
Heiß-kalte Schauer liefen mir meinen Nacken hinunter und ich konnte den dünnen Geruch von Blut riechen. Blut eines verzweifelten Menschen.
Er setzte die Klinge ab. Er begegnete seinem trüben, mutlosen Blick in dem kleinen Spiegel des Badezimmers.
„Nichts zu verlieren, nichts zu befürchten.
Es würde sowieso niemand merken und das grausame Leben würde eh so weiter gehen wie immer...nur mit einem kleinen, unbedeutenden Unterschied...ohne mich.“
Die Klinge durchtrennte nicht nur seine Hauptschlagader sondern auch seine Sehnen.
Idiot , du musst längs schneiden nicht quer. Es war doch sowieso immer das Gleiche, diese Trottel dachten immer das gleiche und quälten sich nur unnötig selbst... Sie sind doch alle gleich und sie waren alle genauso wenig wert, wie ihre flüchtigen Gedanken und Emotionen.
Als der erste Blutschwall auf den Boden klatschte zitterte mein Brustkorb vor Vergnügen, mein Kiefer spannte sich pulsierend an.
Ich konnte es kaum erwarten, den ersten Schluck von seinem melancholischen Blut meine Kehle herunter laufen zu lassen.
Er kniete sich auf den Boden und ließ sich langsam ausbluten.
Ich stieg von dem kleinen Arzneischränkchen hinunter und kniete mich vor ihn auf den Boden. Ich wollte seinen letzten Atemzügen zuhören, dabei fasste ich in die Blutlache, die auf dem Boden schnell größer wurde. Ich hob meine Hand vor mein Gesicht und sah sein purpurrotes Blut meine Hand hinunter laufen. Ich wandte den Blick davon ab.
Nein noch nicht, ich wollte erst seinen letzten, jämmerlichen Atemzug hören, bevor ich mich daran machte diesen Geschmack der Trauer in seinem Blut zu genießen.
Er hob den Kopf und sah mir ins Gesicht. Schade, dass du mich nicht sehen kannst, sonst könntest du mein breites Grinsen sehen, und wie ich zusehe wie du langsam das verlierst, was du eigentlich suchtest.