- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Der Hund der besten Freundin
Ich liege auf meinem Bett und starre die Decke an. Vor wenigen Minuten hatten sie unseren Hund Fox ins Auto gepackt und sind zum Tierarzt gefahren. Nicht etwa, weil er krank war, nein. Fox war in seinen acht Jahren noch nie krank gewesen. Nein, Fox sollte eingeschläfert werden. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Kissen und fing wieder an zu weinen.
Und das war alles nur Mandys Schuld. Mandy war das hochnäsige, reiche Mädchen von gegenüber. Sie war meine größte Feindin. Vor einer Woche waren vier ihrer teuren Rassekatzen schlimm gebissen worden. Und wem schieb sie die Schuld in die Schuhe? Meinem Hund! Ausgerechnet Fox, der eine riesen Angst vor Katzen hat, soll ihre Viecher gebissen haben? Aber das lies sie nicht gelten. Ihre Worte hallten mir immer noch durch den Kopf wie ein Echo.
„Er ist der einzige Hund in unserer Straße.“
„Er hatte meine Katzen schon vorher die ganze Zeit angestarrt.“
„Ich habe ihn sogar gesehen.“
„Ich lasse deinen Hund einschläfern.“
Ich glaubte ihr nicht, dass sie ihn gesehen hat. Sie wollte mir doch nur weh tun das ist alles. Naja, das ist Mandy auch gelungen.
Selbst meine Eltern, die eigentlich zu mir halten sollten, glaubten dieser Zimtzicke. Ich bin sauer auf sie. Selbst als ich in den Hungerstreik treten wollte, haben sie nicht nachgegeben und sich hübsch auf Mandys Seite geschlagen.
„Ach Kind, nun sieh doch ein, dass sie Recht hat. Du hast sie gehört, sie hat Fox gesehen.“
Ha! Gar nichts hat sie gesehen, gar nichts.
Ich wischte mir hastig über das Gesicht und blickte aus dem Fenster. Der Garten von Mandys Familie war perfekt gepflegt, wie immer. In einer Ecke des Gartens hatten Mandys verwöhnte Viecher ihr Reich. Katzenkörbchen aus glänzenden Stoff, goldene und silberne Spielbälle, einen tiptop aussehenden Kratzbaum, Futter und Milch.
Doch was war das? Ich musste blinzeln, um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht verguckt habe. Da raste doch Diana, der Hund meiner besten Freundin wie verrückt durch den Garten hinter den Katzen her. Eine Katze stolperte, Diana beugte sich über sie und biss zu…
Ich sprang auf. Doch ich hastete nicht nach draußen, um ein zu greifen. Ich schnappte mir das Telefon und wählte Papas Handynummer. Hoffentlich waren sie noch alle im Auto…
Tuuut! Tuuut!
Mein Herz raste. Ich musste Fox’s Leben retten…
Tuuuut! Tut!
Nimm ab! Nimm ab!
„Ja?“
Im Hintergrund hörte ich den Motor des Autos. Es war noch nicht zu spät!
„Papa? Papa, dreht sofort um, bitte! Es war Diana, wirklich! Fox ist unschuldig.“
„Bist du dir sicher?“
„Ich habe ihn gesehen.“
„Wenn das eine Lüge ist dann…“
Für einen Moment herrschte Stille.
„Okay, wir drehen sofort um“, sagte Papa schließlich und legte auf.
Erst jetzt wurde mir klar, dass ich meine beste Freundin Larissa verraten hatte. Ich schluckte und wählte Larissas Nummer. Doch keiner ging ans Telefon. Oje, wird sie mir das verzeihen können?
Zehn Minuten später knirschte der Kies unserer Auffahrt. Hastig polterte ich die Treppe hinunter und riss die Haustür auf. Freudig bellend sprang Fox aus dem Kofferraum.
Ich war überglücklich meinen Hund wieder zu haben und kraulte Fox hinter den Ohren. Papa setzte zum sprechen an aber ich drehte ihn entschieden den Rücken zu. Hundemörder!
„Nina, erst wenn du beweisen kannst, dass Fox Mandys Katzen nicht gebissen hat, bleibt er hier.“
„Ha! Du meinst wohl: Dann bleibt er am Leben!“
„Wie?“
„Ihr wolltet Fox umbringen!“
„Wir wollten nie…“
In dem Moment erschien die große schwarze Limousine und heraus stieg Mandy mit ihren Vater. Mandy sah Fox und aus irgendeinem Grund schien sie beunruhigt. Mandy wurde plötzlich blass und biss sich auf die Unterlippe. Ihr Vater dagegen schien wütend zu sein.
„Ich dachte, sie wollten den Hund ins Tierheim bringen!“, rief er aufgebracht.
Ich runzelte die Stirn und sah meinen Vater fragend an.
„Tierheim?“
„Ja, warum fragst du? Mandy sollte es dir doch sagen“, antwortete mein Vater.
Oh, diese Schlange! Sie hat mir gesagt, Fox würde eingeschläfert werden! Na warte, das gab Rache!
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, denn sonst würde Papa mir nicht glauben.
„Mandy hat gesagt, ihr würdet Fox einschläfern!“, rief ich so laut, dass auch Mandys Vater Notiz davon nehmen musste. Meine Mutter, die bis jetzt geschwiegen hatte, bat Mandy und ihren Vater kurz zu uns rüber zu kommen.
„Herr Schmid“, rief sie aufgebracht, „ich denke sie haben gehört, was meine Tochter eben gesagt hat?“
Mandys Vater schien das ganze sehr peinlich zu sein. Ich machte den mund auf und wieder zu, öffnete ihn wieder, doch brachte es nicht fertig, auch nur einen Satz zu sagen. Er packte Mandy am Arm und gab ihr eine schallende Ohrfeige.
„W-Wie konntest du…Ich habe dir schon oft gesagt…Du bist eine Lügnerin… wie deine Mutter…Das hat…Ich werde…“
Herr Schmid gab es auf, schüttelte den Kopf und murmelte etwas, was so klang wie: „Das ist mir sehr peinlich“. Vergnügt musste ich feststellen, dass Mandy sich mit Tränen in den Augen die Wange hielt.
„Nun“, begann mein Vater, dem die Situation ziemlich unangenehm war, „ich glaube Nina, du musst uns noch sagen, welchen Hund du gesehen hast.“
Ich wollte gerade etwas sagen, als Larissa mit ihren Fahrrad die Straße entlang fuhr. In einer Hand hielt sie Halsband und Leine.
„Oh, hi Mandy. Tut mir leid, aber ich glaube mein Hund ist wieder bei euren Ka…“
Sie erstarrte, als sie die Erwachsenden und mich sah. Offenbar hatte sie uns erst nicht gesehen. Ich erstarrte. Larissa, meine beste Freundin hatte es gewusst? Und Mandy auch?
„Larissa“, fauchte ich, „du weißt, dass dein Hund die Katzen gebissen hat?“
Larissa nickte stumm.
Ich wurde rasend vor Wut.
„Du Drecksau! Ich habe dich jeden Abend angerufen und wegen Fox geweint. Du hast mich auch noch getröstet und wusstest, dass eigentlich dein Köter ins Tierheim müsste? Und lass mich Raten: Ihr beide steckt unter einer Decke!“
„Ja!“, schrie Mandy, „Es tut mir Leid für dich, aber Larissa und ich sind die besten Freundinnen. Wir hassen dich! Larissas Hund beißt absolut jede Katze. Als er meine gebissen hat, hat es fast unsere Freundschaft zerstört. Aber wir haben uns wieder vertragen und haben beschlossen, die Schuld auf deinen Hund zu schieben!“
Mandy rannte über die Straße zur Villa, bevor ihrem Vater noch einmal die Hand ausrutschte. Meine Wut verwandelte sich in eine unerträgliche Leere. Ich hatte mich in Larissa getäuscht. Gedankenverloren kraulte ich Fox und merkte gar nicht, dass Larissa schnell wegfuhr. Ich liebte diesen Hund. Er hatte mir gezeigt, wer Larissa wirklich war.