Der kleine Mann
Wie spät ist es? Wo bin ich überhaupt? Auh! Schmerz lass nach. Der kleine Mann in meinem Kopf hämmert von innen gegen meinen Schädel.
So ein Sadist.
Ich kann mich nur noch an Bruchstücke der Sause bei Jasmin erinnern.
Ich glaube, das Bier war schlecht und mit Jasmin scheint es auch nichts geworden zu sein, das merke ich daran, dass ich in meinem Bett und nicht in ihrem aufwache. Wahrscheinlich meine Schuld, wie immer.
Nein, die Kultivierung der Trinkspiele oder auch die Vergewaltigung von Gesellschaftsspielen auf Hauspartys, die dann immer meinen Absturz besiegeln, sind Schuld. Na ja, kann man nichts machen. Verdammt, ich hab vergessen die Sonne auszusperren –Sau grell hier!
Es stinkt in meinem Zimmer nach Kotze, Schweiß, schalem Bier und Selbstmitleid.
Der kleine Mann mit dem großen Hammer tut, was er tun muss um mich daran zu erinnern, was für ein Vollidiot ich bin. So ein Abend wie bei Jasmin verläuft immer gleich. Vorglühen mit Freunden, eigentlich schon genug getrunken, danach zur Party, da geht es dann richtig los mit der Trinkerei. Man unterhält sich, spielt diese gemeingefährlichen Spiele, einige verschwinden mal für kurze Zeit in dunklen Räumen, zu denen gehöre ich meistens nicht.
Man bekommt nicht mehr mit, wie viel Alkohol fließt und durcheinander getrunken wird sowieso.
Scheißegal, man ist ja noch jung. Ha, von wegen, ballert trotzdem wie Sau.
Irgendwann merkt man, dass man sich nicht mehr richtig gut artikulieren kann, man sollte weniger reden, genau das Gegenteil setzt ein. Am nächsten Tag ist einem die Hälfte der Dinge, an die man sich erinnern kann, unangenehm oder richtig schön peinlich. An genau diesem Punkt bin ich gerade angekommen. Ich schiele auf meinen Wecker –halb 11, Mist viel zu früh. Normalerweise nicht, aber nach der Nacht viel zu früh.
Ich brauche eine Schmerztablette. Ich kann aber noch nichts essen und ich habe mal gelesen, dass man auf leeren Magen keine Schmerzmittel nehmen soll, keine Ahnung, ob das stimmt. Ist ja auch eigentlich egal, denn aufstehen kann ich sowieso nicht, mein Körper streikt. Sein gutes Recht.
Ich fingere mit geschlossenen Augen nach meinem Handy, das hier irgendwo liegen muss, denn ich erinnere mich, dass ich SMSe oder wie das heißt geschrieben habe. Es war eine Liebeserklärung dabei. Ich glaube tiefer kann man nicht sinken, ich bin jetzt fast auf Augenhöhe mit Eva Hermann und Britney Spears.
Jedes mal die gleiche Scheiße.
Das einzige, was in meinem Körper arbeitet, ist der kleine Mann in meinem Kopf, der hat sich Verstärkung und einen größeren Hammer besorgt. Denn ich merke, dass das Klopfen immer lauter wird, aber das kommt nicht aus meinem Kopf, sondern von der Tür.
Da steht Jasmin und klopft gegen den Rahmen.
Sie sagt: „Hey, guten Morgen, wo hast du denn die Handtücher versteckt?“
Ich verstehe nicht so recht was hier passiert und antworte leicht verstört:
„Im linken Schrank“.