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Bühnenstück Der letzte Ort - eine Farce

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28.01.2018
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Der letzte Ort - eine Farce

Der letzte Ort
Eine Farce

Der Ort
Eine Forensische Psychiatrie, der sogenannte Maßregelvollzug:


„Der Maßregelvollzug soll die Täter nicht bestrafen, um das begangene Unrecht auszugleichen. Er soll sie vielmehr zum Schutz der Gesellschaft davon abhalten, weitere Straftaten zu begehen. Der Maßregelvollzug hat also einen präventiven Charakter.
Die Prävention geschieht auf zweierlei Weise:

  1. Der Patient wird in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs therapiert, um anschließend wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden zu können (Besserung).
  2. Die Gesellschaft wird durch besondere Sicherungsmaßnahmen vor dem Patienten geschützt (Sicherung). Deshalb spricht man im Maßregelvollzug auch von Maßregeln der Besserung und Sicherung. Maßregeln werden angeordnet, während Strafen verhängt werden.“

    (Vitos.de)

Innerhalb der Einrichtung:
eine Station mit dem Zimmer für die Pflegekräfte im Nachtdienst,
Die Eingangspforte mit ihren Sicherheitsschleusen,
Das Sozialzentrum für die Patienten mit einem Cafébereich, der einmal in der Woche von Patienten genutzt wird, soweit es ihnen von ihren Therapeuten empfohlen ist - im Stück auch der Theaterraum für ein Theaterprojekt mit Patienten,
Der Kriseninterventionsraum (KIR) für Patienten bei festgestellter Selbst- oder Fremdgefährdung.
Die Bushaltestelle vor der Klinik.
Und, während der Theaterproben: ein Wald, der hier ausbricht, von Szene zu Szene höher, dichter wird, im Herzen der totalen Institution.


Die Personen
DIE PATIENTEN

Paul Krausnagel: etwa fünfzig Jahre alt, Narzisst, hat zu allem etwas beizutragen. Auch Lösungen! Will sich nicht zu sehr mit den anderen vermischen, ist reinlich. Seine Aussichten, entlassen zu werden, sind gering. Sein Ansehen bei den Patienten ist hoch, selbst bei denen, die ihn unerträglich finden.

Christian Scheurer: Ende zwanzig, seit fünf Jahren in der Klinik. Er provoziert gern, kann aber seinerseits mit Provokationen schlecht umgehen. Mit Herrn Bärthun hatte er bis vor Kurzem eine Liebesbeziehung.

Mark Bärthun: Anfang dreißig. Vor wenigen Wochen hatte er seinen ersten Ausgang. Das ist der erste Schritt in Richtung Entlassung. Zur gleichen Zeit hat er auch die Liebesbeziehung zu Herrn Scheurer beendet. Sein Therapeut hatte ihm dazu geraten.

Alexander Valk: mit Anfang zwanzig der Jüngste in der Gruppe. Er gehört mit Herrn Decks zu den Psychotikern. Er ist ruhig und beobachtend. An dem Theaterprojekt nimmt er teil, weil sein Therapeut es ihm geraten hat.

Kai Precher Mitte dreißig, sportlich und schon lange in dieser Klinik, und immer auf derselben Station. Seine Chancen auf Entlassung sind gering.

Torsten Horstkotte: um die vierzig Jahre alt. Er ist etwas langsam, kann nur mit Mühe lesen. Von den anderen Patienten wird er gehänselt. Besonders Herr Scheurer kann ihn nicht in Ruhe lassen.

Stefan Decks: Ende fünfzig, schizophren. Das heißt, er braucht zu seiner Stabilisierung starke Medikamente, die sein Körpergefühl verändern.


DIE MITARBEITER


Eumenia Kerbhaus,
Krankenpflegerin, arbeitet seit sechsunddreißig Jahren in dieser Einrichtung. Sie macht keine Nachtschichten, sie organisiert das Café und ist sehr unabhängig. Auf ihre Position ist sie stolz.

Fred Inacker, Krankenpfleger. Er hat noch ein Jahr zu arbeiten, bevor er in Rente geht. Er versteht sich mit den Patienten gut, obwohl er der Onkel des Mädchens ist, das vor 22 Jahren von einem Patienten ermordet wurde.

Theo Aedes ist ein Therapeut, der Patienten auf verschiedenen Stationen betreut. Er ist sehr erfahren und wird als Koryphäe auf seinem Gebiet angesehen.

Peter Morpheus, Andreas Ottbrink Krankenpfleger

Ernst Walter, Theaterregisseur Anfang vierzig, selbstständig, verhältnismäßig erfolglos.

Prolog


1. Szene Die Klinik in der Nacht

Morpheus

Nacht. Morpheus im Zimmer der Krankenpfleger.

Morpheus
Ich wache. Ich wache in der Nacht.
Das Krankenhaus ist eine Flotte, die Station ein Schiff. Mein Nachtdienstbüro ist die Brücke, und ich bin der Kapitän. Und ihr, gefährliche Männer: seid meine Fracht, die ich sicher hinüberbringe ans andere Ende der Nacht. Schlafende Männer, Männer, die sich in schweren Träumen wälzen oder selig dahindämmern. Schlaflose Männer, wachgehalten von ihren Gedanken, vom Stöhnen und Schnarchen des Nachbarn, oder von der Stille.
Die Schlaflosen sind stiller als die Schlafenden, sie schnarchen nicht. Sie drehen sich nicht im Bett. Manche halten den Atem an. Bloß nicht den anderen wecken! Sie lauschen auf den eigenen Atem. Erst wenn der Zimmergenosse schläft, sind sie allein. Ihr Geist sucht die Einsamkeit und entzieht sich dem Schlaf. Lange kann man so liegen, wach liegen. Auch ich liege hier, wach, als würde ich zu ihnen gehören, als hätte ich ein Verbrechen begangen, als sei ich eingesperrt, verurteilt und eingesperrt. Es ist so still hier. So still, wie soll man in dieser Stille schlafen können?
Bewegt euch, wälzt euch, na los! Es sind eure Gedanken, die mich wachhalten, nicht meine! Es ist eure Einsamkeit, nicht meine! Ich bin nicht einsam!
Morpheus schläft ein.

2. Szene
Morpheus, Ottbrink, Eumenia, Krausnagel, Horstkotte, Scheurer

Ottbrink mit Unterlagen
Mittwald hat einen Arzttermin. Krausnagel und Schmidt haben Ausgang. Nein, es geht heute erst später los. Sie haben Ihre Medikamente noch nicht genommen, Herr Velt. Waschen Sie mal das blaue Hemd. Die Kochgruppe trifft sich heute um zwölf. Wieso kann der nicht? Ach, richtig: Die spielen ja heute Theater. Horstkotte. Und Scheurer! Sie spielen Theater, Herr Horstkotte? Ja, können Sie sich das alles merken? Und zusammen mit dem Scheurer. Haben Sie sich das gut überlegt? Wenn Sie sich beim Theater streiten, müssen wir Sie hier lassen, alle beide! Wer noch? Krausnagel? War ja klar. Aber Sie stehen hier auch für den Ausgang – Was denn nun? Wenn Sie Ausgang haben, können Sie nicht ins Theater. Das hätten Sie sich vorher überlegen müssen. Also streichen wir für heute den Ausgang, ist das richtig. Ja, wenn Sie uns nicht Bescheid sagen. Machen Sie sich fertig, gleich geht’s los. He, Morpheus, aufwachen! Feierabend!

Morpheus wacht auf
Morgen. Keine besonderen Vorkommnisse. Ich geh dann mal.

Eumenia
Morgen – Morgen Andreas! Wieder nicht geschlafen, Peter? Ich muss gleich rüber zur Cafeteria, das Theaterprojekt vorbereiten. Kannst du den Regisseur an der Pforte abholen?

Morpheus
Wenn er pünktlich ist. Ab

Eumenia
Der hat wohl wieder nicht geschlafen letzte Nacht. Als ich in dem Alter war, hab ich alle Nächte durchgeschlafen. Ab

Krausnagel, Horstkotte und Scheurer

Krausnagel
Ich gehe heute Theater spielen. Das ist ein neues Projekt: ein Theaterregisseur kommt in die Klinik und spielt mit uns Theater. Er wird ein Stück inszenieren und ich werde mitspielen. Was - ich weiß es nicht. Es wird aber wohl eine große Rolle sein, denn, das ist jetzt nicht bös gemeint: die anderen hier, die anderen Patienten, die können sich nichts merken. Jedenfalls keine langen Texte. Manche können sich nicht merken, dass man sich morgens die Zähne putzt. Echt wahr. Denen müssen die Pfleger das sagen. Ich habe mich jedenfalls sofort angemeldet: mein Name steht oben auf der Liste. Ich bin heute ganz früh aufgestanden, um als erster ins Badezimmer zu kommen. Ich bin frisch rasiert. Mein Hemd ist gebügelt, der Pullover gewaschen. Dass ich mir die Zähne geputzt habe, ist für mich, wie gesagt, selbstverständlich. Er sieht Horstkotte an.
Bügeln habe ich bei der Bundeswehr gelernt, und reinlich war ich schon als Kind. Ich hasse Dreck. Das ist das Schlimmste für mich, und ich kann mich daran nicht gewöhnen. Ich kann im Gemeinschaftsraum nicht fernsehen. Ich kann auf keinem Sofa sitzen, auf dem sich die Raucher gewälzt haben oder der Müller, der sich nie wäscht, oder wenn neben mir der Horstkotte sitzt, dem fallen bald alle Zähne aus, ich hab's ihm schon oft gesagt, putz dir die Zähne. Aber auf mich hört er nicht. Und jetzt kommt er mit und will mit mir Theater spielen. Aber ich werd mit ihm nicht spielen, das werde ich gleich klar stellen, von Anfang an. Den Horstkotte, den fass ich nicht an. Der kann ganz hinten auf der Bühne stehen. Naja, der wird nicht lange dabei bleiben. Der kann sich überhaupt nichts merken. Ich wette, der war noch nie im Theater, ich wette, der kommt nur, weil ihn auf Station alle herumschubsen, na, soll er mitkommen, so lang er sich von mir fernhält.

Scheurer
Na – du auch hier? haut Horstkotte

Hortkotte
Lass das!

Scheurer
Was? haut Horstkotte

Horstkotte
Der soll mich nicht hauen!

Scheurer
Ich habe nichts gemacht!

Ottbrink
Lassen Sie Herrn Horstkotte In Ruhe!

Scheurer
Habe nichts gemacht.

Ottbrink
Wenn Sie so weitermachen, darf hier keiner zum Theater.

Krausnagel
Das habt ihr jetzt davon! Könnt ihr euch nicht einmal zusammenreißen.

Horstkotte
Ich habe nichts gemacht.


I. AKT

1. Szene: An der Pforte

Regisseur, Morpheus

Weg des Regisseurs durch die Pforte. Das meiste ist beiseite gesprochen.

Regisseur
Ich stehe vor der Pforte. Wo ist die Klingel? Einen Schritt zurück. Dann können sie mich sehen. Hallo! Walter! Ernst Walter mein Name! Ich bin der Regisseur! Theaterregisseur, für das Theaterprojekt! Theaterprojekt, hallo! Summen
Das ist wohl der Warteraum. Hier gebe ich den Ausweis ab, und das Handy. Ach nein, doch nicht das Handy. Das muss ich im nächsten Raum einschließen. Drei am Boden festgeschraubte Stühle. Eine komische Luft, es riecht nach – auch egal. Ich warte auf den nächsten Summer, der mich in die nächste Schleuse bringt, so nennt man diesen Raum. Glaube ich. Schleuse. Klinik. Klinik. Auf keinen Fall: Gefängnis. Die hier eingesperrt sind, sind keine Gefangenen, sondern Patienten. Darf man eingesperrt sagen? Ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls sind es keine wahnsinnigen Verbrecher. Es sind psychisch kranke – ja was? Straftäter, glaube ich. Hätte ich mir aufschreiben sollen. Psychisch kranke Rechtsbrecher. Die Verbrechen sind Delikte. Der Wahnsinn ist die Krankheit. Summen
Jetzt. Welche Tür? Ach die andere. Drücken? Nee. Jetzt aber. Da sind die Schließfächer. Jemand hilft mir. Das ist nett. Morgen, guten Morgen. Das Telefon ins Schließfach, ist das wirklich nötig? Weggesperrt, mein Telefon? Wieso sage ich jetzt weggesperrt. Egal. Die nächste Tür. Der Pförtner braucht eine Karte, ein Licht leuchtet, er hält seinen Zeigefinger vor das Licht. Schönen Tag noch. Summen
Nächster Raum. Guten Morgen! Da ist ein Pfleger. Ob der mich zur Cafeteria bringt?

Morpheus
Morpheus. Tag. Ich bringe Sie jetzt zur Patientencafeteria. Gähnt Entschuldigung. Komme vom Nachtdienst.

Regisseur beiseite
Wo ich mit den psychischen Patienten Theater spielen soll. Psychisch kranken Patienten. Theater! Wir treten ins Freie. Soweit man das sagen kann, ins Freie. Himmel. Bäume mit Stacheldrahtkragen. Ein Zaun aus Plexiglas. Hier kommt keiner raus. Kann ich mir nicht vorstellen, dass hier einer rauskommt. Da sind wir. Hallo? Walter hier, Ernst Walter. Ich bin hier fürs Theater. Theaterregisseur. Richtig. Danke. Es surrt. Danke fürs Bringen. Na, der war mal gesprächig.

2. Szene im Büro

Eumenia, Regisseur
Cafeteria und angrenzendes Büro
Wie jeder Bereich der Klinik hat auch die Cafeteria (mit nach hinten angrenzenden Räumen, z.B. Patientenbibliothek oder Fernsehzimmer) einen abschließbaren Raum für Mitarbeiter: das Büro. Auch hier Computer, Telefon etc.
Eumenia hat verschiedene Unterlagen vorbereitet.

Regisseur
Guten Morgen. Ich bin hier für das Theaterprojekt - Ich bin der Regisseur. Walter mein Name. Ernst. Ich mache Theater, hier. Ich mache hier Theater mit ihren Gefangenen.

Eumenia
Das sind keine Gefangenen, Herr Walter. Das heißt bei uns nicht: Gefangene. Das heißt: Patienten. Wir sind kein Gefängnis. Wir sind eine Klinik. Und ich bin Krankenpflegerin. Keine Gefängniswärterin. Eumenia Kerbhaus. Guten Morgen.

Gibt ihm die Hand.

Regisseur
Patienten. Sicher. Entschuldigung. Eumenia. Sehr erfreut.

Eumenia hält mehrere lose Papiere in der Händen, übergibt das erste dem Regisseur
Ich habe den Auftrag, Sie in die Sicherheitsbestimmungen einzuweisen.
Hier die Liste gefährlicher Gegenstände. Die dürfen nicht an Patienten gelangen. Sie dürfen sie auch nicht auf das Klinikgelände bringen.

Regisseur
Verstehe.
Liest
Scheren, Messer, Feuerzeuge,

Eumenia
Manche Patienten dürfen Feuerzeuge haben, aber nicht weitergeben. Die wissen das ganz genau, lassen Sie sich bloß nichts erzählen.

Regisseur liest
Klebeband, Werkzeug: Zangen, Schraubenzieher, Hammer, natürlich,
Heftzwecken, Teppichmesser. Natürlich.
Versucht einen Witz:
Gut, dass ich mein Teppichmesser zuhause gelassen habe.

Eumenia
Wenn Sie eins hier hätten, müsste ich Sie direkt zur Pforte bringen und das war's mit dem Theaterprojekt.

Regisseur
Aha.
Wieder lesend:

Mobile Telefone, Datenträger, Computer, internetfähige Rechner aller Art, Alkohol, Pralinen, Marzipan (kann Alkohol enthalten).

Eumenia mit zweitem Blatt
Folgendes Verhalten ist verboten:

Regisseur liest
mit einem Patienten allein sein.

Eumenia
Die Türen müssen offen und Sie müssen immer vom Flur aus sichtbar sein.

Regisseur liest
Schlüssel oder Personennotrufgerät in die Hände von Patienten gelangen lassen.

Eumenia
Sie bekommen keine Schlüssel. Wenn sie zur Toilette müssen, fragen Sie einen Mitarbeiter. Der schließt Ihnen auf.
Hier ist Ihr PNG.

Regisseur
Peh Enn Geh?

Eumenia
Personennotrufgerät.Nicht schräg halten, um Himmels Willen! Wollen Sie einen Alarm auslösen?
Hängt den Pieper (PNG) an einen Blumentopf.

Regisseur liest
Verboten – Patienten über die Funktionsweise des PNG zu unterrichten.
Wie funktioniert es denn?
Nestelt am Gerät.

Eumenia
Das kommt später. Im Falle eines Vorfalles –
gibt ihm das nächste Blatt

Regisseur
Was?

Eumenia
Im Falle eines Vorfalles

Regisseur
Was denn für ein Vorfall?

Eumenia
Ein Vorfall – eine Geiselnahme zum Beispiel.

Regisseur
Welche Geisel?

Eumenia
Na, Sie. Oder von mir aus ich. Oder ein Übergriff. Oder eine Entweichung.

Regisseur
Eine was bitte?

Eumenia
Entweichung.

Regisseur
Flucht?

Eumenia
Wir sagen nicht Flucht, wir sagen Entweichung. Es sind

Beide
keine Gefangenen, es sind Patienten. Dies ist kein Gefängnis, es ist eine Klinik.

Eumenia
Oder wenn es brennt. Wir haben hier Brandstifter. Falls verbotene Gegenstände auftauchen: Pornos, Telefone, Drogen.

Regisseur
Marzipan. Warum sind Telefone gefährliche Gegenstände?

Eumenia
Absolut verboten! Sie dürfen keines hier mit hineinbringen. Am besten lassen Sie's im Auto.

Regisseur
Ich habe kein Auto.

Eumenia
Sie sind mit dem Bus hier? Sie Ärmster.

Regisseur
Ich habe keinen Führerschein.

Eumenia
Dann müssen Sie das Telefon an der Pforte lassen.

Regisseur
Das habe ich.

Eumenia
Dieses Bürotelefon hier: NIE in die Hände der Patienten lassen. Verstehen Sie? Sie nehmen es mit in den Theaterraum und haben es immer bei sich.

Regisseur
Verstehe. Verstehe durchaus.

Eumenia
Gut. Im Falle eines Vorfalls sofort mit einem Mitarbeiter in Kontakt treten, Alarm auslösen.
Legt das Blatt ab, nimmt das PNG.
Den Alarm lösen Sie hier aus. Oder hier: so. Wenn das Bändchen abreißt, geht automatisch der Alarm los, verstehen Sie? Das hier – muss an Ihrer Kleidung befestigt sein. So. Wenn das Gerät länger als dreißig Sekunden schräg steht oder liegt, löst sich der Alarm aus. Sie müssen immer schön aufrecht sitzen. Wenn Sie es auf der Toilette abnehmen: auf jeden Fall hinstellen. Nicht legen! Es steht aber nicht sehr gut, sehen Sie, es fällt um. Also müssen sie es anlehnen, an eine Wand oder an eine Fensterscheibe. Manche machen es an einem Blumentopf fest. Das ist natürlich verboten.
Der Alarm geht direkt in die Pforte. Und natürlich kommen die Mitarbeiter. Was haben wir noch. Bekleidung: keine kurzen Hosen. Keine enganliegende Bekleidung. Nichts schulterfreies. Das ist mehr für die Mitarbeiterinnen. Sie haben keine Vorstellung, wie manche Frauen denken, dass sie hier aufkreuzen können.

Regisseur
Verstehe.

Eumenia
Hier die Erklärung, dass Sie die Sicherheitseinweisung erhalten und gelesen haben. Das unterschreiben Sie hier. Und das.
Hier die Datenschutzerklärung. Zweifache Ausführung. Das ist für Sie. Und das. So.

Regisseur unterschreibt

Eumenia
Herzlich willkommen, Herr Walter! Da haben wir wieder ein Theaterprojekt, wie schön! Wir hatten ja schon mal eins. Ist zehn Jahre her – war ein voller Erfolg. Ich muss doch den Text irgendwo haben – wollen Sie's lesen? Das hat den Patienten wirklich was gebracht. Hier. Wird Ihnen Spaß machen. Glaubt man nicht, wie lustig das war! Eine tolle Arbeit von der Frau Stein. Naja, die ist auch schon länger nicht mehr dabei. Was wollen Sie denn so aufführen?
Reicht ihm einen Packen Zettel

Regisseur
Ich habe gedacht, vielleicht etwas Klassisches? Aber das hängt natürlich von der Gruppe ab. Ich würde gern –

Eumenia Ja, Sie brauchen natürlich erst einmal die Teilnehmerliste. Wo hab ich die denn.
Fischt ein weiteres Papier hervor
Neun Patienten! Na, das ist ordentlich. Die werden aber sicher nicht dabei bleiben. Ich kenne die meisten. Die kommen donnerstags hierher, wenn wir Nachmittagskaffee machen. Die denken wahrscheinlich, es ist auch eine Art Cafébetrieb, das Theater. Das werden Sie denen schon erst einmal sagen müssen: dass das auch Arbeit ist!
Ich werde meistens nicht hier sein. Aber es ist immer einer da, für Ihre Sicherheit. Achnee – der Horstkotte. Also der kann schon im normalen Leben keinen ganzen Satz sagen. Der auf der Bühne! Da hätte jemand von der Station was sagen sollen, das macht doch keinen Sinn. Die denken nicht von der Tür zur Schwelle. Oder sind froh, wenn der mal weg ist, kann auch sein. Naja, Sie werden schon selbst sehen. Sie können die auch zurückschicken, wenn einer nichts kann oder Stress macht. Da muss man schon mal durchgreifen. Sich nicht instrumentalisieren lassen. Das ist überhaupt das Wichtigste.
So. Zu Ihrer Sicherheit werden Ihnen Daten zu den Patienten mit Genehmigung der Patienten vorgelegt. Die können Sie einsehen, aber natürlich nicht mitnehmen.

Regisseur
Zu meiner Sicherheit?

Eumenia
Wir haben gedacht: es ist besser, Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben.
Name, Diagnose, Sicherheitseinschätzung. In der oberen Zeile das Delikt. Natürlich nicht die ganze Akte. Da sind schon auch mal Fotos drin, Tatortfotos und so. Das ist für Sie nicht freigeben. Also hier haben wir, lassen Sie mal sehen –

Regisseur liest
Lernminderung?

Eumenia
Naja, nicht so helle. Der weiß nicht, ob er seinen eigenen Kopf aufhat. Dann hier, das geht nach den Stationen –

Regisseur lesend
mehrfache Vergewaltigung – Vergewaltigung mit Todesfolge – sexueller Sadismus?

Eumenia
In Gruppen sehr kooperativ.

Regisseur
Mord.

Eumenia
Wen haben Sie da?

Regisseur
Raubüberfall.

Eumenia
Mit einer Spielzeugpistole. Eigentlich harmlos. Eher ein tragischer Fall. Seit Ewigkeiten hier, weil er sich an keine Verabredungen hält. Dann kann man ihn auch nicht entlassen. Was das kostet. Darf man gar nicht sagen.

Regisseur blättert
Minderjähriger, Brandstiftung, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörung, Substanzabhängigkeit -

Eumenia
Lassen Sie mal sehen – na immerhin, zwei Persönlichkeitsgestörte. Auf die ist am ehesten Verlass. Da haben Sie Glück: die meisten Persönlichkeitsgestörten kommen inzwischen in den Knast. Den hier, den Krausnagel haben wir seit zwanzig Jahren! Der wird Ihnen Spaß machen. Galoppierender Narzissmus.
Psychotiker haben Sie auch? Ist das mit der Klinikleitung abgesprochen?

Regisseur
Ich glaube nicht, dass -

Eumenia
Das kann ja heiter werden. Ich dachte, das Projekt wäre ohne Psychotiker. Am Ende kriegen wir hier Ärger, wenn was passiert.

Regisseur
Wenn, Entschuldigung, wenn WAS passiert?

Eumenia
Das sind Psychotiker. Was weiß ich, was passiert. Wahrscheinlich sind sie irgendwann gestresst und brechen ab. Oder kriegen neue Medikamente, dann müssen sie auf der Station bleiben, natürlich, zur Beobachtung. Oder die Dosis wird geändert. Dann sind sie auch erst einmal weg. Naja, normalerweise sind sie gut eingestellt.

Regisseur genervt
Eingestellt auf was bitte?

Eumenia
Auf ihre Medikamente.
Hier brauche ich Ihre Unterschrift. Und hier. So. Möchten Sie Kaffee?

Regisseur
Gern.

3. Szene: Die Theatergruppe
Eumenia, Regisseur, Fred, alle Patienten

Eumenia
Oh nein, die bringen die Patienten schon jetzt – ich habe doch gesagt, nicht vor halb neun!
Geht zum Eingang. Die Patienten mit Fred treten ein.
Hallo - Ich hab doch gesagt, nicht vor halb neun. Tag Herr Horstkotte. Herr Scheurer! Sie wollen Theater spielen?
Herr Bärthun, Sie können uns einen Kaffee machen – für mich bitte ohne Sahne!
Ruft Richtung Büro:
Wie nehmen Sie Ihren Kaffee?

Regisseur ruft zurück
Für mich auch ohne Sahne, bitte.

Eumenia
Zweimal ohne Sahne, also. Sie können hier mal aufbauen, vielleicht ein paar Stühle hinstellen, Herr Decks?

Decks vergnügt
Ich kann nichts tragen, ich hab die Hände voller Faxen!

Die Patienten ziehen ihre Jacken aus, geben Fred und Eumenia Ihre Anwesenheitskarten, räumen Stühle, ein paar stellen sich zum Rauchen vor die Tür.

Regisseur zu sich
Was ist das? Was mache ich hier? Was will die von mir? Ist das Absicht? Geisel, Brand, Mord? Was soll ich mit denen spielen? Ich will nicht spielen, davonlaufen will ich! Nichts wie weg hier, die sehen mich schon so an – wie sehen die mich an, sehen die mich wie ein Opfer an, ach, der arme kleine Regisseur, naiv, kennt sich nicht aus, den hauen wir auf die Rübe und machen uns vom Acker; den spinnen wir ein, nehmen ihn als Geisel, den machen wir fertig. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Theater, habe ich gedacht, das kann man überall machen, das ist überall lebendig, überall eine Befreiung, nicht wahr. Und ich, ich bringe es an einen Ort, wo noch keiner war. Also keiner außer denen, die hier sowieso sind. Mit denen, habe ich gedacht, mit den Menschen hier kannst du was besonderes machen, was ganz – Verrücktes. Und jetzt, jetzt bin ich bei den Verrückten und denke anders, ganz anders. Ich muss doch nicht – natürlich nicht, ich kann raus, jederzeit, ich habe keinem etwas getan, ich brauche nur aufzustehen und –
steht auf

Bärthun kommt mit Kaffee ins Büro
Und Sie sind unser Regisseur?

Regisseur
Ja.

Bärthun
Freut mich. Bärthun. Hier ist ihr Kaffee.

Regisseur
Danke.

Bärthun ab.

Eumenia kommt ins Büro
Ich habe doch gesagt: ohne Sahne. Immer dasselbe. Bei meinen Großeltern genauso, nichts gab's ohne Sahne, seit 1948 kein Tag ohne Sahne. Meine Güte.

Regisseur
Wer war das?

Eumenia
Das war der Herr Bärthun. Entschuldigen Sie -

Regisseur will in den Papieren blättern
Welcher war Bärthun? Welcher von denen -

Eumenia nimmt die Zettel an sich
Ich muss die Akten wieder einschließen.

Regisseur
Brandstifter?

Eumenia
Tut mir leid.

Regisseur
Mehrfache Vergewaltigung? Schizophren?

Eumenia
Das war jetzt ungünstig. Aber ich kann das hier nicht liegen haben, wenn Patienten in den Räumen sind. Die sind zu früh gekommen. Die kommen immer zu früh. Die werden gebracht, wenn die Pfleger Lust haben, das ist alles. Und natürlich, je früher die weg sind, umso ruhiger ist es auf Station, verstehen Sie? Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an die Kollegen. Ich weiß ja, wie das hier ist, am ersten Tag ist einem das alles zu viel. Man möchte fast weglaufen!
Lacht
Dabei sind wir ja gar nicht eingesperrt. Wir haben ja auch nichts gemacht, oder?

Regisseur lacht mit
Nein. Haben wir nicht.

Fred kommt ins Büro.

Eumenia
Hier ist der Herr Inacker, der mit Ihnen zusammen arbeitet. Viel Erfolg. Ich gehe jetzt. Im Schrank steht noch ein Paket Kaffee, die machen den Kaffee viel zu stark, das kannst du ihnen ruhig mal sagen, Fred. Bis dann. Bis dann dann.

Eumenia ab

Fred
Hallo, Tag. Ich bin Fred. Die sind alle ganz aufgeregt. Und freuen sich. Komm.

Regisseur
Ernst. Freut mich. Ja. Dann fangen wir jetzt an.
Beiseite
Wenn ich nicht noch ganz fix davonrenne. Die Welt ist eine Bühne und die Bühne die ganze Welt. Und ich bin in einer Welt, die ich gar nicht kenne. Was stelle ich hier auf die Bühne? Und warum, auf allen Bühnen, die ich kenne, habe ich diese Welt noch nie gesehen?

Im Café/Theaterbereich haben die Patienten inzwischen Kaffee gekocht, Kannen, Tassen, Milch, Zucker und Kekse gebracht, Stühle für alle aufgestellt. Ein paar stehen und rauchen. Valk sitzt schon. Krausnagel gestikuliert. Horstkotte hört zu. Scheurer und Bärthun halten sich voneinander fern.
Sobald Regisseur und Fred im Theaterraum sichtbar werden, kommen die Patienten zusammen und setzen sich. Krausnagel rückt von Horstkotte ab, der sich neben ihn setzt.

Fred
Ich darf euch unseren Regisseur vorstellen: der Herr Walter.

Regisseur
Guten Morgen.

Patienten wie eine Schulklasse unisono
Guten Morgen.

Regisseur
Sie wollen also alle Theater spielen. Das ist mutig.

Precher
Wir haben aber keine Angst vor Ihnen.

Alle lachen

Regisseur
Schauen wir mal, ob das so bleibt. Ich möchte mit Ihnen ein Theaterstück erarbeiten -

Krausnagel
Welches Stück?

Fred
Nicht unterbrechen, Herr Krausnagel.

Regisseur
Zuerst möchte ich Sie kennenlernen. Ein bisschen kennenlernen. Wer kennt sich schon selbst? Wie kann man da andere kennen? lacht, ein bisschen nervös Und unser Stück? Das werden wir gemeinsam entdecken. Sie sind Herr Krausnagel?

Krausnagel
Ja.

Regisseur beiseite
Ich möchte wissen, ob er der Brandstifter ist, oder der mit der Spielzeugpistole. Oder ob Blut an seinen Händen klebt.
Zu Krausnagel
Warum möchten Sie Theater spielen?

Krausnagel
Oh, ich wollte immer schon Theater spielen! Auf einer Bühne stehen und über die Zuschauer hinweg in die Scheinwerfer sehen! Ich blinzel nicht. Ich verneige mich, so - Ich kann auch singen! Aber am meisten erstaunt meine Wandlungsfähigkeit. In einer Szene komme ich als alte Frau auf die Bühne, so – ich gehe ab, und wenn ich wieder auftrete, erkennen sie mich nicht, so habe ich mich verändert – ich bin jetzt ein junger Mann, jünger, als ich eigentlich bin, und viel schöner, ich springe über die Bühne
Springt, lacht, die Anderen lachen mit.
Ich bin gut, ich bin sehr gut, natürlich bin ich gut auf der Bühne, ich bin nämlich Narzisst.

Regisseur
Ah. Danke.
Zu sich
Das ist ein Kasper, der hat nichts Schlimmes angestellt.
Zu Scheurer
Und Sie?

Scheurer
Ich wollte das mal sehen. Auf Station ist eh langweilig. Weiter.

Krausnagel singt halblaut
Die Liebe! Die Liebe! Wie sie mich ins Theater triebe!

Precher lacht

Fred Herr Krausnagel, ich meine es ernst!

Krausnagel
Man wird sich doch fragen dürfen, warum der Scheurer sich für das Theater interessiert. Wird man doch. Ob er sich für das Theater interessiert. Oder eher mehr so für seinen kleinen Sonnenschein.

Bärthun Ich habe damit nichts zu tun!

Krausnagel
Ex-Sonnenschein, pardon.

Fred
Lassen Sie sich nicht provozieren, Herr Bärthun. Herr Krausnagel, noch ein Kommentar und ich lasse Sie abholen.

Scheurer
Der kann mir nichts, der Krausnagel. Wer ist dran?

Horstkotte Stottert
Ich. Ich wollte auch mal sehen, wie das ist. Wie der Krausnagel. Auf der Bühne stehen. Auch so sich verwandeln.

Regisseur beiseite
Das muss der Psychotiker sein. Oder waren es zwei?
Zu Precher
Und Sie?

Precher
Ich bin der Precher. Ich weiß nicht, ob ich mitmache. Aber ich wollte es mir ansehen. Sonst darf ich nicht in Gruppen, aber das hier, hat es geheißen, soll ich mir mal angucken.

Regisseur beiseite
Welcher war der Precher? War nicht einer lernbehindert? Wie hieß das? Nicht behindert. Das hieß anders. Irgendwie anders.

Bärthun
Ich bin Mark Bärthun, ich soll Ihnen ausrichten, dass Herr Erkmin und Herr Zorgwetter heute nicht kommen können. Herr Erkmin hat verschlafen und Zorgwetter hat einen Zahnarzttermin. Nächstes Mal wollen sie kommen.

Precher
Wenn du verschläfst, bringen sie dich nirgends hin. Nicht einmal zur Werkstatt.

Bärthun
Ich habe in der Grundschule Theater gespielt. Einmal war ich der kleine Kai, und die Schneekönigin hat mich gestohlen. Beim Wolf und den sieben Geißlein war ich die Geiß in der Uhr. Das war langweilig.

Scheurer
Ich will kein Tier spielen.

Krausnagel
Ich könnte den Wolf spielen.

Regisseur
Und Sie sind?

Valk
Valk. Alexander Valk. Mein Therapeut sagt, ich soll mir das mal anschauen, das Theater. Einfach mal hingehen, hat er gesagt. Zuerst wollte ich nicht. Eigentlich will ich immer noch nicht. Ich bin nicht so, dass ich gern unter Leuten bin. Das habe ich ihm auch gesagt. Er sagt, es hilft vielleicht gegen meine Schüchternheit. Da hab ich ihm versprochen, es mir anzugucken. Jetzt gucke ich mal. Auch wenn ich es mir eigentlich nicht vorstellen kann. Aber ich kann mich ja auch immer noch anders entscheiden.

Regisseur beiseite
Das ist ja ein Kerlchen, fast ein Junge.

Krausnagel
Also das habe ich nicht verstanden, will er jetzt oder will er jetzt lieber doch nicht.

Fred
Können wir ohne Kommentare weitermachen?

Decks
Also ich bin der Herr Decks. Der Decks macht'n Klecks. Haben die in der Schule immer gesagt. Ich bin nicht so gut in der Koordination, wegen der Medikamente. Früher konnte ich jonglieren, vielleicht kann ich es wieder lernen. Ich mag das Theater. Bretter, die die Welt bedeuten. Das stimmt, man kann die ganze Welt im Theater zeigen. Naja, vielleicht nicht ganz die ganze.

Regisseur beiseite
Jetzt kenne ich mich nicht mehr aus. Wer ist denn hier der Gefährliche? Die zwei, die nicht da sind?

Fred
Ich bin Fred Inacker. Ich arbeite hier seit vierundvierzig Jahren. Nächstes Jahr gehe ich in Rente. Die Stunden, die ich hier gearbeitet habe – wenn man die zusammenzählt, habe ich hier neun Jahre verbracht. Neun Jahre hinter Gittern. Nicht schlecht, was?

Valk
Dabei haben Sie gar nichts gemacht!

Horstkotte
Ich komme nächstes Jahr raus, nach nur fünf Jahren!

Scheurer
Du kommst nächstes Jahr raus, das glaubst auch nur du!

Valk
Schade, dass Sie gehen werden, Herr Inacker.

Fred
Ja. Das habe ich gar nicht erzählen wollen. Warum habe ich das gesagt? Jedes Jahr im Frühling geht es mir durch den Kopf. An meinem Geburtstag denke ich: noch soundso viele Jahre bis zur Rente. Und dieses Jahr denke ich: noch ein Jahr!

Bärthun
Wann haben Sie denn Geburtstag?

Krausnagel Das wird er dir erzählen!

Fred lacht
Ich frage mich: Wen wird wohl der Herr Scheurer Spielen? Und wen der Herr Valk? Das frage ich mich.

Krausnagel
Was spielen wir denn? Ich kann mir viel Text merken. Andere hier, müssen Sie wissen, können kaum lesen.

Horstkotte
Wohl kann ich lesen.

Krausnagel
Ich habe ja nicht von dir gesprochen. Andere, habe ich gesagt. Bei dir weiß ich nicht, ob du dir so viel merken kannst. Da habe ich Zweifel, bei dir.

Horstkotte
Nein, so viel merken kann ich mir nicht.

Scheurer
Einmal hat er vergessen, Kaffeepulver in die Kaffeemaschine zu geben. Das war eine Plörre.

Regisseur
Das ist mir auch schon passiert.

Horstkotte
Ich hätte lieber eine kleine Rolle.

Scheurer
Und ich eine mittlere. Nicht so klein wie Horstkotte, aber auch nicht so groß wie der Krausnagel.

Decks
Ich bin schizophren, ich kann alles spielen! Auch mehrere! Gleichzeitig!

Regisseur
Ich bitte Sie – Zunächst bitte ich Sie, durch den Raum zu gehen. Und wenn Sie jemandem begegnen, geben Sie ihm die Hand.

Krausnagel
Entschuldigung, aber ich weiß hier von ein paar, die waschen sich nicht die Hände. Die fasse ich nicht an. Ist total unhygienisch.

Precher
Du kannst dir doch danach die Hände waschen.

Krausnagel
Das mache ich nicht!

Regisseur
Jeder gibt jedem die Hand. Im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Krausnagel
Siehst du.

Regisseur
Und ohne zu reden. Und jetzt suchen Sie sich einen Platz. Vielleicht auf dem Fußboden.

Krausnagel will etwas sagen.

Regisseur
Oder auch nicht. Sie können sich hinlegen oder stehenbleiben, Sie können sich an die Wand lehnen.
Alle bleiben stehen.
Sie schließen die Augen. Ihr Kopf wird schwer, sinkt. Sie atmen tief aus. Sie schlafen ein.

Scheurer schnarcht. Horstkotte, Precher und Decks kichern

Bärthun
Pscht.

Regisseur
Sie sind in Ihrer Zelle –

Krausnagel
Zimmer. Das heißt hier immer noch Zimmer.

Regisseur
Sie sind in Ihrem Zimmer eingeschlafen. Und nun möchte ich Sie einladen, in einen Traum einladen. In Ihrem Traum, in unserem Traum wachen Sie auf. Sie hören ungewohnte Geräusche. Vögel. Laub. Äste knacken.
Die Bühne verwandelt sich in einen Wald.
Sie öffnen die Augen.

Die Patienten spielen Aufwachen, ein paar von ihnen setzen sich dafür jetzt tatsächlich auf den Fußboden.

Regisseur
Sie sehen sich um. Sie befinden sich in einem Wald.

Ein paar Patienten nehmen schüchtern Kontakt miteinander auf. Jemand spielt mit einem kleinen Tier. Krausnagel taucht, in einem Heißluftballon schwebend, auf.

Krausnagel
Seht auf mich! Ich bin der König der Welt! Ich bin der Papst der Psychiatrie! Kniet nieder, ihr Weltbewohner! Ihr, die ihr gleichsam ohne Beine und Füße seid, die ihr nirgends hinzulaufen wisst! Zerreißt eure Hemden! Rupft euer Haupthaar, schlagt euch die Brust! Trinket aus dieser Thermoskanne den Honig der Erleuchtung! Schauet! Schauet auf mich! Bin ich nicht euer Licht? Bin ich nicht eure Sonne? Huldigt dem König eurer Welt, lasst euch blenden! Von meiner Kraft, meinem Licht – von meiner Schönheit! Ah! Bei euch kann ich nicht bleiben, es treibt mich, treibt mich weiter hinauf - hinauf – oh!

Horstkotte
Nimm mich mit!

Krausnagel
Was ist das - ein starker Wind – oweh! Ich gerate in einen Sturm – Was war das? Ein Blitz! Ich stürze, stürze, oweh! Oweh! Au -autsch-aua-Hilfe! Ah!
Stürzt ab.
Alle haben aufgehört zu spielen, sehen Krausnagel an.

Wie war ich?

Black

5. Szene: Bushaltestelle

Regisseur

Regisseur
Jetzt stehe ich draußen. Im Regen. Bin viel zu früh raus, aber man weiß ja nicht, wie lange das dauert, mit der Schleuse und der anderen Schleuse, Surren, Piepen, Schließen. Fünfzehn Minuten zu früh. Und diese Unterlagen von der Eumenia habe ich nicht mehr gesehen. Eumenia selbst auch nicht. Sie als Geisel, sagt die zu mir. Zum Beispiel! Wie kommt die dazu! Ich dachte ja, es ist besser, wenn ich nicht weiß, wer was gemacht hat. Aber wenn die hier denken, es ist besser, wenn ich es weiß, dann müssen die das auch am besten wissen. Ob der Krausnagel wirklich so ein harmloser Clown ist?
Jedenfalls bin ich draußen. Scheint ja 'ne tolle Sache zu sein, dieses Draußen, von dem die drinnen ständig reden.
Niest
Draußen, o Draußen. Glorreiches, herrliches Draußen! Du Draußen der Bus- und der Zugverspätungen, des Dauerregens, der Steuererklärungen, des Arbeitsmarktes, der Bewerbungen, der Ablehnungen, der drohenden Katastrophen, der sinkenden Renten, steigenden Kosten, der Warteschlangen an Supermarktkassen. O Draußen der Verkehrsinsel, auf der ich im Regen stehenbleibe, während die Autos an mir vorbeidonnern. Lang lebe dieses Draußen, in dem mir meine Mutter in jedem Telefongespräch sagt, ich möchte endlich meinen Führerschein machen. Das Draußen der Zahnarzttermine und Abgabefristen, des Weckers, der zu früh klingelt, des eilig hinuntergestürzten Kaffees. Ich bin froh, wieder draußen zu sein. Verdammt froh. Da kommt er ja.
Steigt in den Bus

Black


II. AKT

1. Szene: im Theaterraum

Alle Patienten außer Scheurer, Regisseur, Fred, Aedes
Stühle, die meisten Patienten sitzen. Einige haben Papiere/Hefter in der Hand.

Valk abseits, zum Publikum
Es geht mir nicht gut. Das ist wegen der Medikamente. Der Therapeut hat mit dem Arzt gesprochen. Ich wollte mit dem Arzt sprechen. Wieso kann ich nicht mit dem Arzt sprechen. Der Therapeut sagt, der Arzt sagt, ich soll abwarten. Aber ich kann doch jetzt schon sagen, dass mich die Medikamente ganz durcheinander bringen! Und wenn dann noch alle gleichzeitig reden! Warum kann man nicht zu mehreren still sein. Warum kann man immer nur Ruhe haben, wenn man allein ist, und nie mit jemand anderes zusammen?

Fred
Herr Valk, setzen Sie sich doch zu uns.

Bärthun
Herr Erkmin und Zorgwetter konnten leider wieder nicht kommen. Herr Erkmin muss sich auf die Gruppe vorbereiten.

Regisseur
Welche Gruppe?

Krausnagel
Ich habe auch Gruppe, aber ich habe gesagt, ich komme nicht.

Decks
Deliktgruppe. Ich gehe auch hin, später.

Horstkotte
Ich auch.

Bärthun
Und ich. Herr Zorgwetter hat BPK und der Scheurer hat wieder Mist gebaut. Der ist seit gestern im KIR.

Regisseur
Beepee- was? Kir?

Krausnagel und Bärthun gleichzeitig, durcheinander
BPK Behandlungsplankonferenz, KIR Kriseninterventionsraum

Precher
Da kann man sich nichts tun, im KIR.

Decks
Und du kannst niemand anderes was tun.

Krausnagel
Da hast du nur ein festes Hemd. Und eine Videokamera.

Fred
Bei Verdacht auf selbstverletzendes Verhalten. Wenn Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung angenommen werden, kann ein Patient für eine Zeit –

Bärthun
Jede Station hat so einen Raum.

Fred
Für eine Zeit dort untergebracht werden. Lassen Sie mich doch bitte ausreden, Herr Bärthun.

Bärthun
Entschuldigung.

Krausnagel
Früher nannte man das Gummizelle.

Precher
Quatsch! Gummizelle ist ganz was anderes.

Krausnagel
Jedenfalls kommt man da rein, wenn man Mist baut.

Regisseur
Zur Strafe?

Krausnagel
Doch nicht zur Strafe! Sehen wir aus, als würden wir bestraft?

Horstkotte
Der Scheurer hat sich mit einem Pfleger angelegt.

Decks
Das ist eine Konsequenz des Fehlverhaltens. Errrrgo keine Strafe.

Krausnagel
Ich hab ihm schon hundertmal gesagt, dem Scheurer –

Bärthun
Behandlungsplankonferenz haben wir jeder einmal im Jahr.

Fred
Das kann man nicht verlegen.

Krausnagel
Nein, das nicht. Aber man muss sich nicht mit einem Pfleger anlegen. Das ist meine Meinung.

Regisseur gießt sich einen Kaffee ein.
Ich möchte Ihnen von unserem Stück erzählen. Es ist ein altes Stück und es spielt in einem Zauberwald: Wer in den Wald hineingeht, verändert sich. Vielleicht für immer. Ein Handwerker wird in einen Esel verwandelt, oder er wird ein Künstler, eine Königin verliebt sich in einen Tischler, oder in einen Esel, ein Blasebalgflicker hält sich für eine junge Babylonierin. Vier junge Leute laufen in den Wald, und immer, wenn sie einschlafen und wieder aufwachen, sind sie anders ineinander und miteinander verliebt! Es gibt auch Zauberwesen: Elfen –

Bärthun
Ich kann einen Elfen spielen! Ich habe Elfenohren, so ganz spitze, kann man ganz leicht dranmachen.

Decks
Ich will auch Elfen spielen!

Regisseur
Ist ohne spitze Ohren.

Bärthun
Wie, ohne Ohren?

Regisseur
Stellen Sie sich das vor, einen Ort, an dem wir einschlafen, und wenn wir aufwachen, sind wir nicht derselbe.

Decks
Oder, als würde sich ein Traum an den anderen reihen, denn wenn ich es nicht bin, der aufwacht – vielleicht ist es ein anderer Traum.

Krausnagel
Wie jetzt?

Valk
Oder ein Traum, den ein anderer träumt.

Regisseur
Am Ende kommt ganz dreist ein Waldgeist auf die Bühne, wendet sich ans Publikum und sagt: also, falls Ihnen das Stück nicht gefallen hat, war das übrigens auch nur ein Traum. Nächstes Mal spielen wir was Gescheites.

Precher
Na, wenn wir das dem Publikum sagen, kann ja nichts schief gehen.

Decks
Das gefällt mir. Ich spiele die Königin!

Bärthun
Wo ich die Ohren nun schon hab, ich kann sie Ihnen doch wenigstens zeigen.

Krausnagel
Also ich spiele welche Rolle auch immer. Wenn ich bis zur Aufführung noch hier bin.

Bärthun
Na, da brauchen wir keine Angst zu haben – bei dir!

Precher
Nee, von dir haben wir noch lange was.

Krausnagel
Es sind 90 Millionen im Eurojackpot!

Fred
Spielen Sie?

Krausnagel
Klar.

Horstkotte, Bärthun
Ich auch!

Regisseur
Und was hat das mit Ihrer Entlassung zu tun? Kann man sich hier freikaufen?

Krausnagel
Haben Sie hier schon einen Millionär gesehen?
Die Patienten schütten sich vor Lachen aus.

Fred Los, wer hilft beim Aufbauen?

Die Patienten stehen auf, gehen aufbauen oder rauchen.
Der Regisseur geht ins Büro
Aedes im Büro

Aedes
Schönen guten Tag, Theo Aedes. Ich bin hier Therapeut. Sie haben vielleicht schon von mir gehört. Ich habe fast die Hälfte Ihrer Truppe (so sagt man doch: Theater-Truppe) in Therapie. Da dachte ich, ich schaue mal vorbei. Schönes Projekt. Herr Valk redet viel davon. Was spielen sie denn so?

Regisseur
Wir spielen den Sommernachtstraum. Shakespeare.

Aedes
So. Na, da haben Sie sich ja was vorgenommen. Wir haben gerade eine ganz intensive Phase in der therapeutischen Beziehung, der Herr Valk und ich. Ich hatte ihm das Theater vorgeschlagen, dass er mal ein bisschen aus sich raus kommt. Das hätte er sich sonst gar nicht getraut. Noch vor ein paar Jahren hätte man sich das überhaupt nicht vorstellen können. Das war wirklich jahrelange Beziehungsarbeit. Aber er hat sich sehr gemacht. Vor allem hat er Vertrauen entwickelt in die therapeutische Beziehung. Das ist das Wichtigste. A und O. Der Valk ist intelligent. Merkt man nicht sofort, wegen der Medikamente. Der hätte Abitur machen können, im Gegensatz zu den meisten hier.
Mit Herrn Bärthun habe ich auch gearbeitet. Macht sich gut, besonders, seit er Ausgang hat. Der Ausgang ist gut für ihn. Und dass er diese Liebesbeziehung nicht mehr hat, mit dem Scheurer. Das war ja eine Katastrophe.

Regisseur
Herr Bärthun? Herr Scheurer? Hatten eine Beziehung? Hier?

Aedes
Gar nicht lange her. Ich glaube ja, dass der Scheurer Theater spielt, weil er noch in der Nähe vom Bärthun sein will. Unter uns! Aber für Herrn Bärthun ist die Sache klar. Der wird rauskommen, ist Mitte dreißig, der kann sich noch ein Mädchen draußen finden – wenn er abnimmt. Was will er da mit dem Scheurer, der keinen Ausgang kriegt, weil er zu doof ist, um Absprachen einzuhalten? Das hätte man Ihnen ruhig sagen können, dass die beiden –

Regisseur
Ich wusste nicht, dass es das gibt: Liebesbeziehungen –

Aedes belustigt
Sie wussten nicht, dass es Liebesbeziehungen –

Regisseur
Hier!

Aedes
Wir sind alle Menschen, oder?

Regisseur
Sicher.

Aedes
Aus therapeutischer Sicht hätte der Scheurer den Herrn Bärthun jedenfalls nur zurückgehalten. Das war ein so ganz altes krankes Muster von dem Bärthun, sich in den zu verlieben! Das habe ich ihm auch so gesagt. Knallhart. Wenn Sie hier rauskommen wollen, Herr Bärthun –

Regisseur
Sehen sie, ich sollte eigentlich Informationen zu den Patienten bekommen, aber irgendwie hat die Zeit –

Aedes
Ja, das ist oft das Problem. Nicht genug Zeit! Da hat man Verweildauern von 7 Jahren oder 8 im Durchschnitt, ja, und das Problem ist: nicht genug Zeit! Eumenia hat Ihnen die Sicherheitseinweisung gegeben? Ist ja gründlich, unser Eumeninchen. Den Precher haben Sie auch dabei? Das, muss ich sagen, wundert mich. Dass der in eine Gruppe darf. Nun ja. Ist ja nun auch schon ein paar Jahre her.

Regisseur
Was?

Aedes
Keine Sorge, die werden sich das gut überlegt haben. Und Sie, Sie sind ja vorsichtig. Da lasse ich Sie mal weiterarbeiten. Sommernachtstraum. Wäre ich nie drauf gekommen. Bin ja auch kein Künstler. Wenn Sie Fragen haben, können Sie mich gern anrufen. War mir ein Vergnügen. Viel – Glück.
Gibt ihm eine Visitenkarte

Regisseur
Danke. Was hat denn der Herr Precher angestellt?

Aedes durch den Theaterraum ab.

Regisseur
Fred?

ZWISCHENSZENE: Der Mord. Eine Erzählung

Decks
Ich war seit bald dreißig Jahren nicht draußen. Nicht einmal, als meine Mutter starb. Das war kurz nach dem Mord.

Regisseur
Welchem Mord?

Während von dem Mord erzählt wird, gehen nacheinander die Erzähler vorne an den Bühnenrand.

Precher
Das ging durch alle Medien.

Decks
Da ging hier gar nichts mehr.

Krausnagel
Plötzlich durften wir nicht an unsere Arbeitsplätze. Ich war noch neu hier. Alles blockiert, von einem Tag auf den anderen. Von einer Stunde zur anderen. Keine Therapien. Keine Ausgänge. Die waren alle völlig fertig, die Mitarbeiter. Die Patienten auch.

Fred
Zweiundzwanzig Jahre ist das her.

Decks
Meine Mutter lag im Krankenhaus.

Fred
22. August.

Bärthun
Wie alt war doch gleich das Mädchen?

Krausnagel
Sieben.

Decks
Sie wohnte gleich hinter der Bundesstraße. Sie spielte im Garten. Der Patient hatte Ausgang. Allein. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen.

Fred
Ja. Patienten, die allein hier im Dorf herumliefen: das war alltäglich. Damals haben Patienten dem Direktor den Garten gemacht.

Regisseur
Das Mädchen?

Krausnagel
Sie wurde von einem Patienten ermordet.

Precher
Alles war voll von Journalisten.

Bärthun
Die Klinik sollte geschlossen werden.

Krausnagel
Das Mädchen war Nichte von Herrn Inacker.

Valk Das wusste ich nicht.

Fred
Emmi wäre jetzt 29 Jahre alt. Eine junge Frau. Für mich ist sie sieben. So habe ich sie zuletzt gesehen. Ein Mädchen, das auf seinen Onkel zuläuft. Die Tochter meiner jüngsten Schwester. Ihr kleiner Bruder ist ein jetzt ein Mann und ihre Cousins sind alle Männer und die Kusinen Frauen und sie ist immer noch sieben. Manchmal denke ich: wäre sie an dem Tag nicht im Garten gewesen, dann hätte sie jetzt einen Freund. Sie würde ihr Haar färben oder ganz kurz schneiden. Sie wäre vielleicht in eine Stadt gezogen, zum Studium. Ich stelle mir vor, wie sie geworden wäre, wenn er sie hätte leben lassen. Es schmerzt. Besser ist es, ich stelle es mir nicht vor, und lasse sie, wie sie ist: siebenjährig. Meinen Eltern gegenüber sprechen wir nie von ihr. Mit ihrem kleinen Bruder ist es schwierig. Er ist weg, erst in die Stadt, dann ins Ausland. Meine Schwester, Emmis Mutter: die spricht über ihr Mädchen, nennt sie beim Namen: Emmi. Wie sie das geschafft hat, in den ersten Tagen, das weiß keiner. Hat von Anfang an geredet. Mit uns. Den Leuten aus dem Dorf. Mit der Polizei. Der Klinikleitung. Die Leute wollten ja sofort die Klinik schließen. Da hing doch die ganze Arbeit dran, alle im Umkreis, nicht nur im Dorf! Von der Landwirtschaft kann hier keiner mehr leben. Und was hilft es, hat sie gesagt, wenn man die Klinik zumacht, und woanders macht eine neue Klinik auf, und macht die gleichen Fehler – dann stirbt dort ein Kind!

Decks
Alles wurde verkleinert. Patienten verlegt. Ausgänge und Entlassungen mit Auflagen verbunden.

Krausnagel
Die Arbeitseinsätze außerhalb wurden gestrichen.

Decks
Der Zaun -

Krausnagel
Die neue Pforte, die Schleusen, haben die alles angefangen zu planen, damals.

Decks
Der Bürgerbeirat der Klinik. Da ist sie immer noch Mitglied, die mutter von dem Kind. Wenn die sich treffen, hier im Konferenzraum, da kommt sie, jedes Jahr.

Fred
Der Schwager ist ganz anders. Der redet nicht. War viel schwerer für ihn, glaube ich. Jeder ist anders. Sie sind aber zusammen geblieben, die Schwester und ihr Mann.

Regisseur
Und was wurde aus dem –

Precher
Verlegt.

Decks
Der wurde sofort verlegt.

Krausnagel
Der wäre hier nicht sicher gewesen. Den hätten die anderen Patienten gelyncht. Ganz ehrlich. Das hätte der nicht überlebt. Den mussten sie in Sicherheit bringen. Bevor es einer von uns wusste.

Precher
In eine andere Klinik.

Decks
Meine Schwestern waren ja froh, dass ich nicht bei der Beerdigung war. Aber im Krankenhaus hätte ich mich vielleicht noch von ihr verabschieden können, von meiner Mutter, meine ich.

Valk
Dass Sie hier noch arbeiten können, Herr Inacker.

Krausnagel
Ja, das verstehe ich auch nicht.

Fred
Von Ihnen war es keiner. Ich weiß, dass es keiner von Ihnen war. Das ist alles.

Black

3. Szene Probe

Patienten, Ottbrink, Regisseur, Fred

Ottbrink tritt auf, sieht sich neugierig um
Ich soll die Herren für die Gruppe abholen! Fred? Herr Regisseur? Hallo? Ach, der Krausnagel.

Krausnagel liest
Oh Tisbe, süße Tisbe!

Horstkotte
Ich bin Tisbe! Süßer Pyramus!

Krausnagel
Muss das nicht Thisbe heißen?

Horstkotte
Fisbe?

Krausnagel
Thisbe! Ist doch englisch – ti äitsch!

Bärthun
Wir müssen zur Gruppe, los, Krausnagel!

Krausnagel
Ich gehe nicht zur Gruppe, hab mich abgemeldet.

Bärthun
Du kannst dich da nicht abmelden.

Krausnagel
Ich habe mich aber abgemeldet.

Bärthun
Wie hast du dich denn bitteschön abgemeldet?

Krausnagel
Na ich bin hin –

Ottbrink
Na los, meine Hübschen!

Decks
Ich bin nicht Ihr Hübscher.

Ottbrink
Fred – ich nehm die drei mit!

Ottbrink mit Decks, Bärthun & Horstkotte ab.

Krausnagel
Ich bin hin und hab mich abgemeldet. Was ist daran jetzt wieder so schwer zu verstehen.

Wald

Val
Da steht der Precher und schaut in den Garten. Und der Krausnagel hinten im
Café gibt wieder so an. Gleich werden sie sich streiten. Ich stelle mich neben den Precher. Es steht sich gut hier. Ich stehe nahe bei ihm. Ich sehe ihn nicht an. Vielleicht stehe ich zu nahe. Dann wird er weggehen. Oder etwas sagen. Er sagt aber nichts. Er geht nicht weg. Jetzt stehen wir beide da, nebeneinander, und schauen in den Garten. Da springt ein Spatz. Wird wohl einer von uns gekrümelt haben. Noch ein Spatz. Ich glaube, der Precher lächelt. Ich glaube, ich höre ihn lächeln. Wir schweigen. Ich denke: ein Wort kann man zurücknehmen, ein Schweigen nicht. Zwischen unseren Schultern ist nur eine Handbreit Abstand. Ich spüre den Zwischenraum, den wir halten, festhalten mit unseren Schultern. Es ist kein leerer Raum, er ist fest, und ich lehne mich an ihn. Wir beide, der Precher und ich halten diesen Abstand zwischen uns. Unsere Schultern berühren denselben Raum. Es ist merkwürdig schön. Jetzt werden auch die Birken ganz leicht grün. Und ein anderer Vogel, das ist eine Meise, sitzt am Gitter. Es ist hell draußen. Das ist die Sonne. Es ist Frühling, und ich bin glücklich. Ich spüre, dass ich lächle. Ich bin hier, und ich bin glücklich. Dass man hier glücklich sein kann. War ich unglücklich, vorher? Das habe ich vergessen. Die Meise springt auf den Tisch, sie wackelt mit dem Kopf.

Dreht sich zu Precher, Precher dreht sich zu Valk.

Regisseur
Hallo, können wir weiterarbeiten – Wo sind denn alle?

Krausnagel
Die mussten zur Gruppe. Ich hatte mich vorher abgemeldet. Ist mir egal, wenn ich Ärger kriege.

Regisseur
Und Sie?

Precher
Ich habe keine Gruppe.

Krausnagel
Der Precher darf nicht mehr in die Therapiegruppe. Mist gebaut, hieß es, konnte ihm aber keiner nachweisen, dass er illegal Zigaretten vertickt hat, nicht wahr. Sag's ihm, ist doch keine Schande. Die haben ihn auf dem Kiecker. Die Intelligenten hier, müssen Sie wissen, haben es schwer, kommen viel schwerer raus. Muss man verstehen: wenn einer intelligent ist, denken die, dann kann er den Therapieerfolg vorspielen. Ja, da macht einer gar nicht richtig mit, aber redet, was der Therapeut hören will. Intelligent sein reicht dazu allerdings nicht, man muss auch spielen können! Und der Precher, der ist zwar intelligent, ja, aber spielen ist nicht so seins. Ich hingegen, ich komme nie raus – ich spiele viel zu gut.

Precher
Klar, der Krausnagel ist so toll, den können sie gar nicht entlassen.

Krausnagel
Genau. Die würden sich langweilen ohne mich, die Mitarbeiter, aber auch die Patienten, glattweg totlangweilen.

Regisseur
Aha. Herr Valk, Sie sind das Mädchen Hermia. Herr Krausnagel ist Ihr Vater. Er will Sie, seine Tochter, verheiraten, mit Demetrius, aber Sie lieben einen anderen. Sie lieben Lysander. Das ist der Herr Precher. Aber damals konnten Sie das nicht selbst entscheiden. Verstehen Sie, der Vater hat für Sie entschieden. Das war das Gesetz. Herr Krausnagel, Sie spielen den Vater. Und Sie, Herr Precher: Sie wollen mit Herrn Valk durchbrennen.

Krausnagel mit Valk
Liebes Kind, wenn du nicht einsiehst, dass Demetrius der Mann für dich ist, dann muss ich dich hier einsperren, bis du Vernunft annimmst. Dass tut mir mehr weh als dir! Und in keinem, also absolut keinem Fall lasse ich dich den Lysander haben! Das kannste vergessen. Das wird nix. Ich lass dich hier im Zimmer, bis du schwarz wirst. Ehrlich! Dann kriegst du eben gar keinen Mann.

Verlässt Hermias Zimmer. Krausnagel spielt Tür abschließen mit ausufernden Schlüsselgeräuschen, Riegel, Vorhängeschloss. Valk stocksteif allein im Zimmer.

Precher auf einem Motorrad
Pst! Hermia! Pst!

Valk
Lysander.

Precher
Hermia, komm doch ans Fenster.

Valk leise
Ich darf nicht.

Precher
Hörst du mich? Hermia! Komm ans Fenster.

Valk
Ich darf dich nicht sehen! Der Vater hat mich eingesperrt!

Precher
Dann flieh mit mir! Komm!
Er zeigt einen zweiten Motorradhelm.

Valk
Die Tür ist abgeschlossen! Ich komme hier nicht raus!

Precher
Durchs Fenster! Ich fang dich auf!

Er wirft Valk ein Seil zu. Valk lässt sich zu ihm ab.

Precher
Hermia. Wie schön du bist.
Er setzt Valk den Helm vorsichtig auf. Valk ist sichtlich verlegen. Precher setzt sich auf das Motorrad. Krausnagel öffnet umständlich alle Schlösser an der Tür.

Krausnagel
Hermia, ich bringe dir dein Essen. Sollst ja nicht hungern. Wir haben uns doch lieb.

Precher
Schnell, Hermia, schnell! Valk setzt sich hinter Precher

Krausnagel im Zimmer
Hermia? Hermia! Wo ist – Verrat! Verrat!
Stürzt ans Fenster, Precher und Valk fahren davon.
Durchgebrannt! Du Miststück! Du komm mir heim! Und natürlich mit diesem, diesem Hund! Verrat! Hilfe!

Regisseur und Fred klatschen. Krausnagel verneigt sich, Valk und Precher stehen eher schüchtern herum.

Regisseur Danke, meine Herren!

Black

5. Szene: Bushaltestelle
Regisseur

Regisseur
Noch fünf Minuten. Perfekt. Timing nennt man das. Wenn er pünktlich ist. Tach! Das war ein Patient mit Pfleger. Man erkennt die Patienten an dem Handkarren, mit dem sie bei Penny für die Kochgruppen einkaufen. Wurst, Kotelett, Remoulade. Das wissen alle hier im Dorf. Und natürlich am Pfleger erkennt man sie. Mich erkennt man sofort an der Bushaltestelle. Hier warte nämlich immer nur ich. Das weiß mittlerweile auch jeder. Die Mitarbeiter kommen natürlich mit dem Auto. Und ich habe nicht einmal den Führerschein. Ist mir viel zu gefährlich, dieser Straßenverkehr, und die Autobahnen! Da kann mich doch jeder Idiot ratzweg vom Planeten holen. Versteht kein Mensch, ich weiß. Die fragen mich: mit deinen psychisch Kranken – ach was, nee, psychisch krank sagen die nicht, die fragen: hey, mit deinen verrückten Verbrechern, ist das nicht gefährlich? Und dann setzen sie sich in die Karre und mit 280 Sachen um die Kurve. Haarsträubend. Ich sage ihnen, es gibt hier soundso viele Regeln. Die war ja gründlich, diese Kerbhaus, Eumenia – was für ein Name. Hat eine komische Art. Aber gründlich. Ich hab gedacht, ich nehm die Beine in die Hand und haue ab. Wie die anfing von wegen Geisel. Aber wenn man die Regeln kennt und beachtet, passiert nichts. Ganz einfach. Und die Mitarbeiter, ich würde sagen, sogar die Patienten, die achten darauf, dass mir nichts passiert. Da bin ich lieber hier drinnen bei den offiziell Verrückten als draußen bei den anderen. Und jetzt wollen die sogar Shakespeare spielen. Mit mir. Und ein paar spitzen Ohren. Wenn's weiter nichts ist.

Steigt in den Bus ein. Leutselig:
Guten Tag! Guten Tag allerseits. Danke!

Black

III. AKT

1. Szene
Alle Patienten, Regisseur, Fred, Ottbrink
Im Theaterraum, alle sitzen.

Krausnagel
Ich verstehe nicht, warum der nicht spielen will. Hat doch gut gespielt.

Precher genervt
Da war ja keiner da, nur ihr zwei.

Regisseur
Das ist hier immer noch freiwillig, Herr Krausnagel.

Krausnagel
Ich sag das nur, weil er gut war! Wenn er schlecht gespielt hätte, würde ich sagen: lass bleiben. Aber so. Wenn er doch gut spielt.

Eine Pause, in der alle Herrn Precher ansehen.

Precher
Lass mich in Ruhe, Krausnagel. Das kapierst du nicht.

Regisseur
Was ist mit, wie heißen sie doch gleich? Den beiden, die noch nie hier waren?

Bärthun zieht umständlich ein winziges Blatt vor
Ja. Der Herr Erkmin hat es vergessen. Er hat sich für die Arbeit in der Holz abholen lassen. Und Zorgwetter – ich weiß nicht
guckt auf das Blatt, kann seine Schrift nicht lesen

– da war irgendwas. Anhörung?

Krausnage
Anhörungen sind dienstags.

Bärthun
Irgendwas war.

Horstkotte
Ich hab nächsten Donnerstag Anhörung.

Decks
Ich dachte auch, die wären nur dienstags.

Scheurer
Die können immer sein!

Fred
Anhörungen sind dienstags oder donnerstags.

Regisseur
Was ist Anhörung?

Fred
Da kommt der Richter.

Decks
Das kann man nicht verlegen.

Krausnagel
Nee, da musst du hin. Da gehe sogar ich hin.

Precher
Also wenn ihr sonst niemanden findet, spiele ich eben. Aber keine Frau!

Regisseur
Wirklich, Herr Precher?

Valk
Danke.

Regisseur
Dann spielen Sie Lysander – und Oberon? Herr Bärthun Demetrius, Herr Scheurer Helena, Herr Decks Titania –

Decks
Ich bin eine Fee! Die Königin der Feen! Aller Feen!

Krausnagel
Was nutzt es, wenn du dich in einen Esel verlieben musst!

Horstkotte
Und ich – mache DICH zum Esel!

Krausnagel wiehert

Fred
Herr Krausnagel!

Krausnagel
Aber der Horstkotte hat mich zum Esel...

Bärthun
Ich möchte lieber nicht den Demetrius spielen.

Horstkotte
ooooder ich spiele den Demetrius?

Scheurer äfft Horstkottes Stottern nach
O-o-o-o-oder i-i-i-i-ch sp-sp-sp-sp-sp-sp!

Regisseur
Herr Scheurer.

Scheurer
Du kannst das doch gar nicht! Das wird sowieso nichts! Theater spielen! Hier! Quatsch! Das glaubt ihr nicht im Ernst, dass euch jemand sehen will, auf der Bühne!
Applaudiert
Bravo! Die Verbrecher spielen Shakespeare! Kommt alle! Das müsst ihr sehen! Die stottern Shakespeare drei Stunden lang! Wir haben nicht einmal eine vernünftige Bühne! Wo kriegen wir Kostüme her!

Regisseur
Herr Scheurer –

Scheurer
Ich spiele mit dir kein Liebespaar, Horstkotte, dass das klar ist! Das hättste gern!

Fred
Herr Scheurer, Sie atmen jetzt mal ganz entspannt durch.

Bärthun
Ich spiele kein Liebespaar mit dem Scheurer, auf keinen Fall.

Scheurer
Ja, sag's doch! Sag's doch gleich, sag's doch gleich allen! Jetzt, wo er seinen Ausgang hat: mit dem Scheurer spiel ich nicht! Aber vor zwei Monaten, da hat er mir Postkarten geschickt, von seiner Station auf meine, der romantische Herr Bärthun. Wie süß! Wie verliebt! Und jetzt? Kann er nicht mit mir auf einer Bühne stehen. Hast du Angst vor mir? Hast du solche Angst vor mir? Ich komm zu dir rüber, heut Nacht, in dein Zimmer komme ich, wirst sehen, wie ich das anstelle – huhuuu, nach wem heulst du dann, Feigling? Lauf doch, lauf zu deinem Therapeuten, hat der dir gesagt, wenn du raus willst, schmeiß den Lumpen weg, den Scheurer, schmeiß ihn weg? Hat er?
Wenn ich dem Herrn Bärthun eine reinhaue, dann spielt hier keiner mehr Theater, ist das richtig? Dann ist Ihr schönes Projekt futsch, Herr Regisseur, nicht wahr? Schade auch. Vielleicht haue ich ihm eine rein. Vielleicht haue ich Ihnen eine rein. Vielleicht betätigen Sie lieber mal Ihren hübschen Pieperalarm.

Krausnagel zu Regisseur, leise
Das würde ich jetzt nicht tun.
Nimmt sich unauffällig das Telefon, das auf dem Tisch liegt, steckt es ins Hemd, geht zur Seite mit übertrieben erhobenen Armen

Regisseur
Herr Scheurer, ich bitte Sie. Keiner will Ihnen schaden.

Scheurer
Aber mit mir spielen will auch keiner!

Fred
Das ist nicht wahr, und das wissen Sie genau.

Krausnagel Nahe beim Büro:
Hallo? Hallo hier spricht Walter, ernst Walter, der Regisseur, ja richtig: Regisseur der Theatergruppe. Dem Herrn Scheurer ist nicht wohl, er möchte abgeholt werden. Das ist nett. Vielen Dank.

Scheurer
Ha! Das glauben Sie! Letzte Woche war ich im KIR – schon vergessen? Wegen dem!
Zeigt auf Horstkotte
Und jetzt sagt der!
zeigt auf Bärthun
Er will nicht mit mir spielen. Vor drei Wochen haben wir noch gespielt, was? Schön gespielt! Jetzt sagst du gar nichts mehr – hey, ich rede mit dir!

Horstkotte
Gar nicht wegen mir warst du im KIR, du hast – du hast –

Bärthun
Ich will das alles nicht, ich bin zum Theater spielen hier!

Scheurer
Ja, hau mir eine rein! Traust dich nicht, was? Dann ist dein Ausgang flöten? Schlag mich, los! Brauchst du Hilfe? Los, wer kann ihm helfen! Ich helf dir!

Fred und Decks packen Scheurer. Ottbrink tritt auf.

Scheurer
Lasst mich – los – Lassen Sie mich los.

Ottbrink
Der Herr Scheurer will zurück zur Station?

Scheurer
Ich? Wer hat das gesagt?

Ottbrink
Na, euer Regisseur hat doch eben angerufen auf Station -

Alle sehen den Regisseur an. Schweigen.

Fred
Ja. Herr Scheurer hat uns gebeten, abgeholt zu werden. Es geht ihm nicht gut. Er möchte sich beruhigen. Nicht wahr, Herr Scheurer?

Scheurer
Wie hat der denn angerufen, der kann doch gar nicht angerufen haben.

Fred
Wenn es Ihnen wieder besser geht, sagen Sie uns Bescheid, Herr Scheurer? Wiedersehen, Herr Scheurer. Tschüss, Andreas!

Ottbrink
Viel Erfolg dann noch! Na los, kommen Sie.
Sieht sich neugierig um, geht mit Scheurer ab.

Scheurer
Aber wie hat denn der, der kann doch nicht angerufen haben –

Fred Leise zu Krausnagel
Wo ist das Telefon?

Krausnagel
Woher soll ich das wissen, wo das Telefon ist, das Telefon hat doch der Herr Walter, da liegt es.

Fred
Wenn das mal keinen Ärger gibt.

Bärthun
Das tut mir leid. Dass der Scheurer so durchdreht, meinetwegen. Das hab ich nicht wollen. Echt nicht.

Decks
Ist ja gut.

Krausnagel
Der hat Ärger gesucht. Von vornherein hat der Ärger gesucht. Ich meine, der hat sich für das Theater doch gar nicht interessiert.

Bärthun
Ich war vor zwei Wochen zum ersten Mal draußen. Nach acht Jahren. Das hat mich verändert. Das stimmt, da hat er recht, der Scheurer. Da ist man nicht mehr derselbe, der Eingesperrte. Da stehe ich auf der anderen Seite des Zauns, auf der Straße. Die Autos fahren, sie fahren schneller als damals, oder es kommt mir so vor. Und die Farben sind anders, es ist bunter, alles ist lauter. Wir überqueren die Straße, Vorsicht!, sagt der Ottbrink: statistisch gesehen sterben die meisten Patienten am Autoverkehr, wenn sie rauskommen. Ich weiß nicht, ob der einen Witz macht.
Zum Supermarkt sind's keine hundert Meter, und für mich eine andere Welt. Ich denke: das sieht man mir an. Das sehen die, dass ich von drinnen komme, dass ich ein Eingesperrter bin. Nur nichts falsch machen! Die Pfandflaschen, gibt man die nicht an der Kasse ab? Die gucken mich an, ich mit meinen Flaschen im Arm. Und der Ottbrink, mein Pfleger - wo ist mein Pfleger! Nur nicht den Ottbrink verlieren! Wenn ich den hier zwischen den Regalen verliere, was wäre das – ein Fluchtversuch? Grad, dass ich mich nicht an sein Hemd gehängt hab. Der hat sich schön über mich lustig gemacht, wie ich immer hinter ihm her bin, von mir aus! War ja auch lustig. Und ich, ich war so glücklich, ganz leicht habe ich mich gefühlt, nicht draußen, aber danach, als ich wieder drinnen war, und mich eintragen durfte, für den nächsten Ausgang, das ist nächste Woche. Eis essen in der Stadt. Wenn alles gut läuft, dann darf ich in einem Jahr mit einer Gruppe zu einem Fußballspiel. Oder zu einem Konzert. Das will ich! Darauf freue ich mich! Und dann sitzt hier der Scheurer und wartet auf mich und nervt mit seinen alten Geschichten und seinem ganzen langweiligen alten Ärger. Alles ist immer unerträglich und unmöglich für den, so will ich nicht leben! So bin ich nicht! Ich will doch noch was! Der Scheurer, der will nichts mehr. Der will hier bleiben, bis er schwarz wird und dabei auf alles meckern. Der hat es mir ja übel genommen, dass ich Ausgang hatte, das habe ich gemerkt, mit so einem Ausgangspatienten wollte der gar nichts zu tun haben.

Horstkotte
Du hast ihn aber verlassen, bevor du deinen Ausgang hattest.

Bärthun
Das hat sich eben schon so abgezeichnet. Vorher.

Regisseur
Wenn wir heute noch proben wollen -

Krausnagel
Genug geschnattert, meine Hühnchen!

Regisseur
Wir fangen an mit Titania und den Elfen im Wald. Herr Horstkotte, Sie setzen dem Herrn Krausnagel die Eselsohren auf.

Krausnagel wiehert

Regisseur
Herr Decks, Sie wachen als Feenkönigin in Ihrem Blumenbett auf, verlieben sich in den Mann mit Eselsohren und rufen die Feen – wie weit ist das Blumenbett?

Bärthun
Das Beet haben wir –

Decks
Es fehlen die Blumen.

Krausnagel
Ich habe Blumen gebracht! Fünf Stück – ich wusste ja nicht, dass das so ein riesiges Blumenbett ist.

Decks
Na, auf fünf Blumen kann ich nicht schlafen.

Regisseur
Los jetzt!

Fred zum Regisseur
Ich muss dich sprechen. Kurz.

Regisseur
Ja?

Die Beiden gehen zur Bürotür.

Fred
Hast du die Station angerufen, dass sie den Scheurer abholen sollen. Ehrlich?

Regisseur
Fred, ich weiß nicht, auf welcher Station der Scheurer ist. Ich weiß nicht die Telefonnummer von der Station, auf der Scheurer ist. Oder von irgendeiner Station. Natürlich habe ich nicht angerufen.

Fred
Dann hat ein Patient angerufen und behauptet, dass du es bist.

Regisseur
Der Krausnagel war neben mir. Der kaspert immer so rum, da schaut man schon gar nicht mehr, was der eigentlich macht.

Fred
Die Patienten dürfen das Telefon unter keinen Umständen benutzen. Hat dir das die Eumenia nicht –

Regisseur
Ja, hat sie natürlich hat sie! Aber es hat doch keiner gemerkt.

Fred
Wir jetzt schon. Der Krausnagel auch. Der Scheurer wird es sich denken.

Regisseur
Und du willst mich verpetzen, dass ich mir das Telefon hab wegnehmen lassen? Fred?

Fred
Nein. Aber es kann uns in Schwierigkeiten bringen.

Regisseur
Mich. Wir zwei haben nicht darüber gesprochen, du und ich. Du konntest es nicht ahnen. Richtig? Die Telefonnummern der Stationen stehen auf der Teilnehmerliste. Du kannst mich gern abfragen. Nächstes Mal.

Fred
Das werd ich.

Krausnagel
Können wir anfangen?

Horstkotte
Hat jemand mein Hemd gesehen?

Krausnagel
Hat jemand das Hemd vom Horstkotte gesehen?

Bärthun
Da lag ein Hemd auf meinem Stuhl – das habe ich in die Kiste gepackt , wusste ja nicht, dass es vom Horstkotte ist.
Die Patienten kramen in Kisten, suchen Sachen zusammen, Kostüme, Requisiten. Sie bereiten die folgende Spielszene im Wald vor: Horstkotte bindet Krausnagel den Eselskopf um, die anderen schmücken Decks als Titania oder verkleiden sich als Elfen.

Wald

Precher
Da steht er wieder neben mir, der kleine Herr Valk. Gar nicht so klein, eigentlich. Jung. Was der hier steht, so neben mir, das möchte ich gern wissen. Als wäre das sein Platz, sein angestammter Platz, stellt der sich neben mich. Als hätten wir schon immer so beieinander gestanden. Wie wenig es braucht, das zu denken, dass wir immer schon so beieinander gestanden haben. Auf dem Weg hierher, heute früh, habe ich das gedacht, ob sich der kleine Herr Valk wohl wieder neben mich stellt so. Drei Jahre keine Gruppe, und jetzt kommt einer und stellt sich so neben mich. Ich setze meinen rechten Fuß weiter nach außen, wie um bequemer zu stehen, und sehe ihn nicht an. Jetzt stehen wir näher beieinander, und sehen durchs vergitterte Fenster in den vergitterten Garten.
Precher streckt eine Hand aus, die Valk greift.

Valk
Das Gitter öffnet sich in der Mitte, es schwingt auf wie ein Vorhang. Da ist der Garten! Der Blick ist frei. Ich sehe Farben. Wo waren die Farben! Ich muss sie vergessen haben. Jetzt sind sie da: grün. Und blau. Ein lautes Grün! Ohrenbetäubendes Blau! Und das Licht, das viele Licht, jemand hat das Licht angemacht. Laut und hell und schön. Wie wir.

2. Szene
Vorige, Eumenia

Eumenia
Na, wie läuft's? Tag auch – hallo! Ich dachte, ich schau mal vorbei. Fred, ich gehe mit dem Regisseur ins Büro.
Zum Regisseur
Nur auf einen Augenblick.

Regisseur
Wir proben jetzt. Tut mir leid.

Eumenia
Ich habe ohnehin nicht viel Zeit.

Krausnagel
Schauen Sie sich doch die Probe an!

Horstkotte
Ja genau, ich bin dran!

Eumenia an der Bürotür
Herr Regisseur, ich bin mir sicher, Ihnen alle Sicherheitsbestimmungen ausführlich erklärt zu haben.

Regisseur
Ja?

Eumenia
Dem Fred wird hier auf seine letzten paar Tage keiner einen Strick drehen. Schlimmstenfalls wird er in ein Büro gesteckt bis zur Rente. Ich dagegen habe noch zehn Jahre in dieser Einrichtung. Wenn alles gut läuft, mache ich ab nächstem Jahr nur noch hier das Café. Keine Stationsdienste mehr. Das geht aber nur, solange es hier ein Cafe gibt, verstehen Sie?

Regisseur
Ich verstehe Sie.

Eumenia
Was glauben Sie, wie viele Kollegen mir das hier neiden? Die Eumenia muss keine Nachtschichten machen. Die muss sich nicht rumstreiten. Die kann ihren eigenen Stiefel machen. Aber das hier, das habe ich mir aufgebaut, Schritt für Schritt. Wenn in diesen Räumen irgendetwas passiert, wenn hier irgendwer die Regeln nicht einhält, dann geht es auch um meinen Kopf. Verstehen Sie mich? Ich war hier schon, da gab es in der ganzen Klinik keine Frauen in der Pflege. Im Sekretariat, ja. Aber keine, die mit Patienten gearbeitet hat. Und ich war neunzehn. Dünn, das Haar bis hier. Hat mir keiner zugetraut, dass ich mit den Patienten klarkomme. Die haben gedacht, ich lasse mich einwickeln. Lasse mir was vom Pferd erzählen von den Patienten und bringe hier alle in Schwierigkeiten. Lasse mich als Geisel nehmen oder brenne mit einem Patienten durch. Alles schon vorgekommen. Aber nicht mit mir. Ich habe viele kommen und gehen gesehen.

Regisseur
Ja.

Eumenia
Sie haben den Scheurer abholen lassen?

Regisseur
Er hatte darum gebeten.

Eumenia
Gebeten?

Regisseur
Es ging ihm nicht gut.

Eumenia
Und da haben Sie?

RegisseurAuf seiner Station angerufen. Ich möchte jetzt proben, Frau Kerbhaus. Sonst wird das Stück nicht fertig. Ich habe auch einen Vertrag. Wollen Sie sich die Probe ansehen?

Eumenia
Ein andermal.

3. SZENE: Wald
Krausnagel mit Eselskopf auf der Bühne. Lautes I-aah zur Eumenia, mit der er im Folgenden spielt

Krausnagel als Zettel
Ich merke ihre Schelmerei: sie will einen Esel aus mir machen. Aber ich will hier auf und ab spazieren und singen, damit sie sieht, dass ich mich nicht fürchte. Singt: Yesterday

Eumenia
Herr Krausnagel.

Decks als Titania, in phantastischem Kostüm, erwachend.
Weckt mich von meinem Blumenbett ein Engel?

Krausnagel hört auf zu singen

Decks
Oh holder Sterblicher, ich bitte dich:
Sing! Sing weiter! Mein Ohr ist ganz verliebt In deine Melodie; und mein Auge ist ganz und gar verliebt in deine liebliche Gestalt! Oh Lieber! Ich lieb dich!

Krausnagel
Mich! Aber Guteste. Nichts für ungut. Kennen Sie den Weg aus diesem Wald? Damit würden Sie mir sehr helfen.

Eumenia
Begehre nicht, aus diesem Hain zu fliehn; Du musst hierbleiben, willig oder nicht.

Krausnagel
Madame!

Eumenia erhöht, z.b. auf einer Schaukel
Ich bin ein Geist von nicht gemeinem Stande;
Ein ewger Sommer zieret meine Lande;
Und sieh, ich liebe dich! Drum folge mir.
Senfsamen! Spinnweb! Motte!

Precher, Valk und Horstkotte als Elfen mit Elfenohren, packen Krausnagel

Precher
Hier!

Valk
Und ich!

Horstkotte
Und ich!


Alle drei zu Eumenia
Königin: Was sollen wir?

Black

4. Szene: Bushaltestelle
Regisseur, Aedes


Regisseur öffnet seinen Schirm
Die haben für die Klinik bestimmt meteorologischen Untersuchungen zufolge einen besonders niederschlagsreichen Standort gewählt.
Niest, spannt Schirm auf.
Und einen Ort mit unzumutbaren Busplänen. Wenn dieses Projekt klappt, wenn ich hier weiter arbeiten kann, lieber Gott, ich verspreche dir, dann mache ich meinen Führerschein.

Aedes
Ah, der Herr Künstler! Wo müssen Sie denn hin, bei diesem Wetter?

Regisseur
Zum Bahnhof.

Aedes
Da kann ich Sie mitnehmen, kommen Sie. Wie läuft es denn so, ihr Projekt?

Regisseur
Also -

Aedes
Der Scheurer hat Ihnen gut eingeheizt, was? Das wundert hier keinen. Der ist so drauf.

Regisseur
Das wissen Sie?

Aedes
Habe eben die Eumenia getroffen. Wie hat denn unser Herr Bärthun so reagiert? Hat er sich provozieren lassen?

Regisseur
Provozieren? Nein, gar nicht – wissen Sie, das ging alles so schnell.

Aedes
Hätte mich auch gewundert. Der hat sich sehr gemacht, der Herr Bärthun. Ähnliche Entwicklung wie unser Herr Valk. Der sitzt hier auch nicht mehr lang. Aber gut, dass Sie sofort die Station angerufen haben. Ausgezeichnet reagiert. Andere hätten gar nicht gewusst, auf welcher Station welcher Patient ist. Aber Sie – rufen gleich die richtige Station an, machen nicht viele Worte –

Regisseur
Ach. Ich habe –

Aedes
Ja?

Regisseur
Ich habe einfach schnell reagiert. Manchmal reagiere ich schnell. Ganz unerwartet. Ganz schnell. Ihr Auto?

Aedes
Da lang.

Regisseur
Danke fürs Mitnehmen.

Black

IV. AKT

1. Szene
Alle Patienten, Regisseur, Fred, Ottbrink, Morpheus
Stühle. Keiner sitzt.

Precher
Wieso ist der jetzt wieder da?

Bärthun
Du kannst ihn in Ruhe lassen.

Scheurer
Schon gut. Ich habe gefragt, ob ich wieder mitmachen kann. Wenn es nicht geht, Precher, gehe ich wieder. Ganz einfach. Wenn es für irgendwen hier nicht geht, dass ich da bin, nach dem letzten Mal. Ich habe aber den Text gelernt.

Regisseur
Das werden wir sehen. Was ist eigentlich mit den beiden, wie hießen die doch gleich, die kommen wollten?

Krausnagel
Der Zorgwetter und ja wie hieß er gleich?

Bärthun
Herr Erkmin. Herr Erkmin hat sich in der Werkstatt auf den Finger gehauen. Und der Zorgwetter hat ein Sondergespräch mit seinem Therapeuten – es geht ihm nicht gut, sein Onkel hat sich in Brasilien erschossen.

Krausnagel
Der Onkel ist erschossen worden, der hat sich doch nicht selbst erschossen!

Bärthun
Was weiß denn ich, das hat er mir so gesagt.

Krausnagel
Da hast du nicht zugehört.

Horstkotte
Ich habe das hier:
Zeigt einen riesigen Damenunterrock.
Soll ich das probieren? Von der Schultheatergruppe der Schule, wo die Freundin meiner Mutter Musik unterrichtet.

Valk mit einer Perücke in der Hand.
Kann ich nicht mit meinen eigenen Haaren spielen? Herr Inacker sagt auch, die sind besser.

Fred
Ich habe gar nichts gesagt!

Bärthun
Herr Krausnagel und Herr Decks haben die Vorhänge falsch gehängt, schauen Sie!

Scheurer
Herr Regisseur? Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?

Regisseur
Ich komme – zu Scheurer Herr Scheurer?

Scheurer
Ich wollte Sie eigentlich kurz sprechen. Allein sprechen.

Regisseur
Allein geht nicht. Mit Fred? In der Mittagspause? Wir probieren heute mit der Perücke, Herr Valk, dann sehen wir weiter.

Krausnagel
Der Vorhang klemmt!

Regisseur
Moment – nicht reißen!

Der Vorhang fällt zur Hälfte herunter.

Regisseur
Ich habe doch gesagt –

Krausnagel
Klemmt immer noch.

Regisseur
Lassen Sie mich – schauen Sie: wir müssen den Stoff an der Schiene vorbei – wo ist die Leiter?

Krausnagel
Im Schrank. Der Schrank ist abgeschlossen.

Regisseur
Natürlich. Eine Leiter ist

Bärthun
ein gefährlicher Gegenstand.

Krausnagel
Da wäre hier schön was los, wenn wir alle Leitern hätten!

Horstkotte
Da wäre hier bald gar nichts mehr los.

Scheurer
Dann könnten Sie hier allein Theater spielen.

Krausnagel
Ich würde trotzdem mitspielen! Was soll ich draußen! Noch dazu auf der Flucht. Hier mache ich meine Sachen, ich arbeite in der Werkstatt, der Chef ist zufrieden. Ich bin Vorarbeiter! Draußen, was wäre ich draußen – ein Lump, ein Lumpen, Hartz Vier auf Lebenszeit. Da kann ich noch so gut sein – wo, lieber Herr Krausnagel, haben Sie gleich die letzten zwanzig Jahre gearbeitet – Das war ja mal ein hübscher langer Aufenthalt – Darf man fragen, weswegen Sie da eingesperrt waren? Mit wem soll ich draußen Theater spielen, wenn ich doch hier drinnen mit euch, ihr schönen, begabten, tugendreichen -

Regisseur
Fred? Kannst du uns die Leiter aus dem Schrank holen?

Fred
In welchem Schrank ist sie denn? Hier ist sie nicht. Zu dem anderen Schrank habe ich keinen Schlüssel.

Krausnagel
Frau Kerbhaus hat die Leiter weggeschlossen.

Fred
Ja, die hat auch mehr Schlüssel als ich.

Regisseur
Warte, ich hab's gleich.

Decks
Und bist du nicht willig –

Regisseur reißt am Vorhang, der Vorhang fällt ab, Regisseur fällt hin. Alarm.
Ah! Das bin ich! Das ist mein Alarm! Das Bändchen, das ist abgerissen – wie kriege ich das wieder dran, das muss doch hier irgendwo –

Krausnagel
Das stecken Sie von oben

Decks
Nicht da, das muss weiter links – links von Ihnen aus gesehen.

Krausnagel
Fest reindrücken.

Bärthun
Andersrum!

Regisseur
Andersrum?

Bärthun
Nicht so – So!

Fred mit Telefon
Ja, wir haben hier einen Fehlalarm – unser Regisseur ist über einen Vorhang gestolpert.

Regisseur
Ich kriege das nicht – ich weiß nicht, wie das –

Fred befestigt das Band am Pieper, drückt mehrere Knöpfe, hält den Pieper waagerecht etc. das Gerät antwortet mit diversen Pieptönen. Der Alarm endet.
Also ich mach das Band immer direkt am Pieper fest. Soll man zwar nicht. Aber. Naja. Komm.
Fred nimmt Regisseur zur Tür, Ottbrink und Morpheus erscheinen

Fred
Alles gut! Alles in Ordnung! Fehlalarm!

Regisseur
Danke, Leute, vielen Dank! Tut mir leid! Entschuldigung, ich bin über den Vorhang –

Ottbrink
Keine Ursache.

Morpheus
Ist ja gut –

Ottbrink
Dass nichts passiert ist.

Morpheus
Passiert jedem.

Fred
Danke, Leute!

Regisseur
Können wir jetzt arbeiten? Herr Precher, Herr Valk? Kommen Sie. Herr Krausnagel, bitte.

Horstkotte Ich stehe jetzt um fünf Uhr früh auf, jeden Morgen. Dann gehe ich in die Küche und übe meinen Text. Da bin ich der erste. Sonst ist man ja nie allein. Da ist immer wer, die machen ihre Sprüche und so. Ich reagiere auf das nicht. Aber es nervt. Der Müller, mein Zimmernachbar, der sitzt den ganzen Tag auf dem Bett. Geht nie raus. Da habe ich nie meine Ruhe. Deswegen bin ich zum Theater. Ich habe gedacht: ist besser als auf Station. War ja auch so. Ist so. Wenn ich ganz früh in der Küche sitze, und es ist ruhig, ich höre die Vögel draußen, es ist ein bisschen wie früher: da saß ich auch in der Küche. Wir mussten beide früh raus, meine Frau und ich, da saßen wir dann und haben gar nichts gesagt. Mir war das nie aufgefallen, dass wir nie gesprochen haben beim Frühstück, aber jetzt fällt es mir wieder ein. Schön war das. Manchmal, wenn er Nachtdienst hat, setzt sich der Morpheus zu mir und hört mich ab. Der schläft nicht, beim Nachtdienst, ist immer wach. Und meinen Text, den kann er fast so gut wie ich.

3. Szene: vor dem Büro

Scheurer
Können wir?

Regisseur
Wie?

Scheurer
Ich wollte doch was mit Ihnen besprechen.

Decks
Was hat der Scheurer zu besprechen, das wir nicht hören dürfen?

Precher
Das frage ich mich auch.

Valk
Da wird er rot.

Krausnagel
Der soll's nur versuchen mit seinen linken Maschen, den greif ich mir!

Decks
Ruhig, Brauner.

Krausnagel
I-aaaah!

Fred, Regisseur und Scheurer im Büro

Fred
Das wird noch eine Weile dauern,

Regisseur
bis die sich beruhigen. Also?

Scheurer
Ich wollt's nur sagen. Bevor jemand Ärger kriegt.

Regisseur
Ja?

Fred
Herr Scheurer, ich glaube nicht, dass wir das hören müssen.

Scheurer
Ich weiß es ja auch nicht sicher, aber –

Regisseur Ja, was?

Fred
Herr Scheurer, wenn Sie jemanden anschwärzen wollen, überlegen Sie es sich vorher gut.

Regisseur
Fred? Darf ich fragen, worum es geht?

Fred
Es geht darum, wenn ich das richtig verstanden habe, dass Sie sich Sorgen machen. Dass nicht alle hier die Regeln sehr genau nehmen. Ist das richtig?

Scheurer
Ja! Ich habe ja auch nur gehört, dass -

Fred
Das ist nicht Ihre Verantwortung. Sie müssen uns nichts mitteilen. Schon gar nichts über die anderen Patienten hier. Sie sind hier, um gemeinsam Theater zu spielen.

Scheurer
Ja.

Fred
Wir machen unsere Arbeit. Und Sie Ihre.

Scheurer
Verstehe.
Pause
Kann ich gehen?

Regisseur
Ja, von mir aus? Wenn zwischen euch alles klar ist? Ich habe übrigens kein Wort verstanden!

Fred
Bitte.

Scheurer geht in den Theaterbereich.

Krausnagel
Wieso baut der Scheurer nie mit uns auf? Drückt sich im Büro rum. Das sind immer dieselben, die die Arbeit machen.

Scheurer
Das stimmt nicht, ich habe letztes Mal die Spülmaschine eingeräumt.

Horstkotte
Stimmt, das hat er. Das haben wir zusammen gemacht.

Krausnagel
Ja, einmal Spülmaschine einräumen! Andere schleppen hier Möbel durch die Gegend. Da möchte ich euch mal sehen!

Scheurer
Wo sollen die Stühle denn hin?

Regisseur
Was war das denn? Fred! Was wollte der uns sagen? Kannst du mir das erklären? Der hat sich ja nichts mehr getraut.

Fred
Der wollte hier jemanden aus der Gruppe verpfeifen. Das rieche ich gegen den Wind. Und dann, was soll ich machen? Den Workshop beenden, die Sache untersuchen? Das Theaterprojekt wird abgebrochen, der Scheurer wird von dem Rest der Truppe gelyncht. Oder ich mache nix, und wenn's rauskommt, schreit der Scheurer: aber der Inacker hat's gewusst. Wie, Sie haben davon gewusst, Herr Inacker? Ich stehe ein Jahr vor der Pension, und immer noch kommt einer und versucht mich zu erpressen. Unglaublich.

Regisseur
Und jetzt?

Fred
Ich werd die Augen offenhalten.

Regisseur
Alles unter Kontrolle, wie?

Fred
Wie immer im Leben. Wie immer.

Scheurer
Über Täler und Höhn,
Durch Dornen und Steine,
Über Gräben und Zäune,
Durch Flammen und Seen
Wandl' ich, schlüpf ich überall,
Schneller als des Mondes Ball!
Wir haben aufgebaut, der Horstkotte und Ich.

Krausnagel
Ja, das tragen wir in Gold in den Kalender ein.

Fred
Krausnagel, keine Sprüche.

Regisseur
Wo ist Herr Valk? Und der Herr Precher? Herr Krausnagel, was macht der Vorhang?

Krausnagel
Ja, wie denn – ohne Leiter hängt der sich wohl selber auf!

Scheurer
Häng dich gleich dazu.

Horstkotte lacht

Krausnagel
Das hättest du gern. Dich hab ich im Visier.

Valk
Keine Ahnung, wo der Precher Ist, woher soll ich das wissen?

Scheurer
Ach. Und wer soll's wissen, wenn nicht du?

Valk Ein Hut?

Regisseur
Ja, da können wir die Blumen dran befestigen – so
reißt Blumen von einer Blumenkette und steckt sie an den Hut.

Decks
Eine Blumenmaid.

Krausnagel
Süß.

Regisseur
Und jetzt halten alle ihre Klappe oder ich werde wahnsinnig.

Horstkotte
Dann können Sie hier bleiben!

Bärthun
Dann können wir jeden Tag spielen!

Krausnagel
Wir können ein richtiges Theater aufmachen. Mit Repertoire!

Precher
Tschuldigung.

Regisseur
Bitte. Auf Ihre Positionen.

Krausnagel zu Precher
Ihr könnt hier nicht einfach zu zweit verschwinden.

Precher
Wie bitte?

Bärthun
Du weißt genau, was wir meinen. Ihr haltet euch hier gefälligst zurück, der Valk und du.

Precher
Ich habe keine Ahnung, wovon ihr sprecht.

Bärthun
Wir wollten's nur gesagt haben.

Krausnagel
Wir waren alle schon mal verliebt.

Bärthun
Aber hier wollen wir Theater spielen.

Precher
Ich auch! Ich bin auch hier zum Theater spielen. Und ich kann meinen Text:
sehr schnell:
Pflegt Spott und Hohn in Tränen sich zu kleiden? Wie glaubst du denn, ich huldge dir zum Hohn? Sieh, wenn ich schwöre, wein' ich: solchen Eiden dient zur Beglaubigung ihr Ursprung schon. Kannst du des Spottes Reden wohl verklagen, die an der Stirn des Ernstes Siegel tragen? Ich übe meinen Text jetzt auf dem Laufband. Das klappt gut. Nicht wie andere hier, die sich alles vorsagen lassen.

Regisseur
Sie sprechen viel zu schnell! Das versteht kein Mensch!

Ottbrink tritt auf.

Horstkotte
Hallo Herr Ottbrink!

Krausnagel
Sie kommen uns doch nicht jetzt schon holen – es ist doch erst -

Ottbrink
Wir haben gleich Übergabe, heute Nachmittag sind wir nur zu zweit auf Station. Tut mir leid. Hübsch. Zupft Scheurer am Kleid.

Scheurer
He!

Horstkotte
Wir müssen uns aber noch umziehen, so gehe ich nicht –

Scheurer
Unter keinen Umständen gehe ich so auf Station!

Fred
Machen Sie sich fertig – Sie drei, die anderen können noch hierbleiben.

Regisseur
Wir müssen einmal die Szene zu Ende spielen, Fred, wir kommen nicht durch!

Ottbrink
Sie haben ja noch die anderen Vier. Wo sind denn -

Scheurer
Valk und Precher? Na lasst mich raten. Spazieren im Park.

Fred
Wollten Sie sich nicht umziehen?

Regisseur
Ich kann so nicht arbeiten. Ich kann so nicht arbeiten! Keiner hört's. Keiner hört's, weil es keiner versteht. Wie auch. Ist ja schließlich kein Theater. Ist ein Krankenhaus. Da wird geheilt, in einem Krankenhaus, aber hallo, bis sich die Balken biegen. 24 Stunden am Tag wird an den Patienten herumgeheilt, dreißig Jahre lang, wenn's sein muss. Da kann man nicht einmal die Woche drei Stunden für ein Theaterstück freiräumen. Wo kämen wir denn da hin? Versinkt in dumpfes Brüten

Ottbrink stapft neugierig auf der Bühne herum
Bretter, die die Welt bedeuten, was? Das sagt man doch so, oder? Also, an manchen Tagen, wenn ich auf die Patienten warte, um sie abzuholen, oder ich warte, bevor ich sie irgendwohin bringe, und der Tag ist fast schon wieder um, und das Licht, dieses Nachmittagslicht kommt so von der Seite, da ich kann mir nicht helfen – da stelle ich mir vor: Ich komme hierher zurück. Jahre sind vergangen, viele Jahre. Ein Krieg hat stattgefunden oder eine Atomkatastrophe, die Fenster hängen in den Rahmen auf Halbacht, das Glas zerschlagen. Die Deckenverkleidung eingestürzt, Kabel und abgebrochene Rohre strecken sich in die Luft. Die Möbel mit Wasser vollgesogen, breite Pilze wachsen darauf, die Oberflächen sind grün und schleimig, oder mit dichtem Moos bewachsen. Der Boden gibt nach, es riecht komisch. In einem halboffenen Schrank das Schaben eines nervösen Tieres -

Scheurer mit Horstkotte und Krausnagel
Da sind wir.

Ottbrink
Ja, dann, noch eine schöne Probe, oder?

Ottbrink ab mit Krausnagel, Horstkotte, Scheurer

Regisseur
Wen haben wir jetzt noch?


Black


6. Szene: Bushaltestelle

Regisseur
Halt! Warten! Warten Sie, Halt! Nehmen Sie mich mit!
Nee.
Einmal, ein einziges Mal kommt der Bus pünktlich, und natürlich bin ich zu spät. Vielen Dank auch. Der nächste in einer halben Stunde. Natürlich.
Die fragen mich, wie wir dieses Stück aufführen sollen. Klar fragen die das. Nicht genug Schauspieler, ein zerrissener Vorhang, zwei halbe Kostüme. Die Hälfte der Schauspieler kann den Text nicht. Der Precher spricht seinen Text wie ein Irrsinniger. Ständig ist irgendwas: BPK. Anhörung. Zahnarzt. Kir. Was war das heute: Schichtwechsel! Der Horstkotte ist nett, kann aber kaum lesen. Der Scheurer ist faul, der Decks unkonzentriert und der Krausnagel - der ist doch einfach komplett verrückt. Verrückt darf man nicht sagen. War jetzt das Gegenteil von verrückt normal oder gesund? Ob wir nächste Woche die Leiter wiederhaben können? Ich hatte einen Traum... einen Sommernachtstraum. Letztlich, wer weiß, bin ich grade so verrückt wie die. Ich hoffe, der Krausnagel lernt endlich seinen Text. So ehrgeizig erst und dann so faul. Das ist sowohl verrückt als auch normal. Sagen wir: Es ist irrational und weit verbreitet.

Black


V. AKT

1. Szene
Alle Patienten, Fred, Regisseur, Eumenia, Ottbrink
Im Theaterraum

Alarm

Regisseur
Entschuldigung, Herrgott, nicht schon wieder!

Fädelt die Schnur in den Pieper ein, rennt zur Tür, wählt gleichzeitig eine Telefonnummer.

Regisseur Telefoniert
Hallo? Nein, es war ein Fehlalarm. Ja, meine Schuld. Tut mir leid. vielen Dank. Danke auch. Tschüss.
In der Tür werden Ottbrink und Morpheus sichtbar
Hallo! Es tut mir leid. Das war jetzt schon wieder ein Fehlalarm. Danke fürs Kommen! Bis nächstes Mal!

Die Beiden verschwinden.

Bis nächstes Mal – schönen Dank auch. Das reicht. Ich kann die Leute hier ja nicht ständig zu meiner Rettung anrennen lassen. Könnt ihr bitte kurz so bleiben?

Geht ins Büro, hängt den Pieper an einen Blumentopf.

Decks in der Bühnendekoration hängend als Mond
Also ehrlich gesagt -

Regisseur
Wir machen weiter!

Krausnagel Mit Unterbrechungen, Bärthun souffliert
Ich dank dir, süßer Mond, für deine Sonnenstrahlen,
Die also hell und schön den Erdenball bemalen;
Doch halt, o Pein
Was soll dies sein?
Was für ein Graus ist dies?
Mein Herz, mein Liebchen süß,
Dein Mantel gut
Befleckt mit Blut!
Komm, Tränenschar!
Aus, Schwert! durchfahr
Die Brust dem Pyramo!
So sterb ich denn, so, so!
Mond, lauf nach Haus!
Nun tot, tot, tot, tot, tot!

Horstkotte
Schläfst du, mein Kind?
Steh auf geschwind!
Wie, Täubchen, bist du tot?
Ach! tot ist er! o Not!
Dein Lilienmund,
Dein Auge rund,
Soll nun ein Stein
Bedecken fein?
O klopf mein Herz und brich!
Zung, nicht ein Wort!
Nun, Dolch, mach fort,
Zerreiß des Busens Schnee.
Adieu du Welt, die Fisbe fällt.
Adieu, Adieu, Adieu.

Eumenia und Ottbrink

Eumenia
Hallo – Hallo Fred. Hallo Herr Walter. Die Herren. Kommen Sie bitte in den Cafébereich? Wir müssen die Probe unterbrechen. Unverzüglich.

Decks als Mond
Unverzüglich! Ich hänge hier, ich kann gar nicht – kann mich bitte jemand runter lassen. Unverzüglich.

Eumenia
Sie, Herr Precher, gehen gleich mit Herrn Ottbrink mit. Alle anderen setzen sich.
Zu Regisseur Wo ist denn ihr Pieper? Haben Sie keinen Pieper? Hat Ihnen Herr Inacker keinen Pieper gegeben?

Precher
Das wird schon.
Drückt Valks Hand.

Ottbrink
Herr Precher, unverzüglich! Sie kommen mit mir.

Regisseur
Ich habe eben gerade einen Alarm ausgelöst. Natürlich habe ich einen Pieper.

Eumenia
Sie müssen Ihren Pieper immer am Gürtel tragen. Zu Precher Haben Sie alles?

Precher
Ich werde mich noch umziehen dürfen?

Eumenia zu Ottbrink
Gehen Sie mit Herrn Precher und stellen Sie sicher, dass er sich wirklich nur umzieht. Sind alle hier?

Regisseur
Ich hole eben meinen Pieper. Fred, kannst du mir das Büro aufschließen?

Eumenia
Ihr PNG ist im Büro!

Bärthun
Der Horstkotte ist zur Toilette.

Eumenia
War ja klar. Fred, kannst du ihn herbringen? Setzen Sie sich, Herr Walter, den Pieper können Sie später holen. Es bewegt sich niemand unbewacht durch die Räume, dass das klar ist.

Regisseur
Ich?

Krausnagel
Was ist denn los?

Eumenia
Wir haben einen Vorfall.

Regisseur
Ein Vorfall – was für ein Vorfall? Eine Geiselnahme?

Krausnagel
Iwo, doch keine Geiselnahme. Da würden wir hier nicht so gemütlich quatschen, was. Was hat der Precher ausgefressen?

Eumenia
Alle Zimmer im Haus 15 werden durchsucht. Auch die Zimmer aller Teilnehmer der Theatergruppe. Und die Räumlichkeiten hier. Es darf nichts verändert werden. Sie suchen Ihre Sachen zusammen und werden auf Ihre Stationen zurückgebracht.

Valk
Und der Precher?

Krausnagel
Der Precher hat Mist gebaut, oder?

Eumenia
Herr Krausnagel, Wir können noch nichts sagen.

Regisseur
Aber worum es geht?

Horstkotte
Ja, worum geht es?

Eumenia
Es wurden gefährliche Gegenstände gefunden. Bis wir wissen, wer Kenntnis hatte, müssen wir alles abbrechen. Da ist der Herr Precher. Zu Ottbrink Bringst du ihn rüber? Sie gehen einer nach dem anderen mit Fred nach hinten, holen sich Ihre Sachen und kommen her. Dann bringen wir Sie auf die Stationen.

Bärthun
Und unsere Proben?

Horstkotte
Wie sollen wir fertig werden mit den Proben?

Eumenia
Sie gehen als nächster. Das Theaterprojekt ist suspendiert.

Horstkotte
Was ist das Theaterprojekt?

Eumenia
Vorläufig beendet. Ausgesetzt. Alles weitere wird von der Klinikleitung entschieden. Ich kann dazu gar nichts sagen.

Bärthun
Wir sind fast fertig! Wir haben unsere Aufführung! Nächste Woche!

Decks
Meine Schwester wollte kommen.

Scheurer
Deine Schwester? Du hast eine Schwester?

Decks
Ich habe drei Schwestern.

Bärthun
Halt die Klappe, Scheurer.

Scheurer
Wieso soll ich jetzt wieder die Klappe halten! Drei Schwestern! Ich kenn den Decks seit fünf Jahren!

Decks
Die seit 30 Jahren nicht mit mir reden.

Scheurer
Achso. Achso darum.

Bärthun
Bist du jetzt zufrieden! Was für ein Idiot!

Scheurer
Lass du mich bloß in Ruhe, mit dir rede ich nicht.

Krausnagel
Kann ich als Nächster gehen? Kann ich gleich mitgehen? Ich will wenigstens in meinem Zimmer sein, wenn die das durchsuchen. Ich weiß genau, was die anstellen. Da wird alles aufgerissen. Ich hasse das. Ich ertrage es nicht. Jedes Buch, jedes Hemd. Jede Unterhose. Alles rausgerissen, durchgeblättert, aufgeschraubt, auseinander gefaltet, geschüttelt, bis ins letzte. Wir dürfen, bei einer Verlegung etwa, jeder zwei Kisten haben mit unseren persönlichen Sachen. Zwei Kisten, und ich bin hier seit zwanzig Jahren! Das ist die Privatsphäre! Und das durchsuchen sie dann auch noch. Und obwohl ich nichts, aber auch gar nichts getan hab. Ich hab nichts versteckt, das wissen Sie auch. Das wissen hier alle. Und doch kriege ich die Zimmerdurchsuchung. Das Wenigste ist, dass ich da bin, dass ich dabei bin, wenn die alles umdrehen bei mir, verstehen Sie?

Eumenia
Sie gehen mit Herrn Horstkotte und Herrn Scheurer.

Horstkotte
Mir ist das egal, sollen die doch meine Sachen durchsuchen, ich hab ja nichts.

Valk
Wo ist der Precher? Was wird mit ihm?

Scheurer zu Fred
Und mir haben Sie nicht zuhören wollen.

Eumenia
Herr Scheurer, ich glaube nicht, dass irgend jemand an Ihren Kommentaren interessiert ist.

Scheurer
Ich hab ja nur –

Eumenia
Da kommt Herr Ottbrink. Sie drei können gleich mitgehen.

Ottbrink
Alles klar, die üblichen Verdächtigen, was, Krausnagel.

Krausnagel
Kommen Sie mir nicht komisch, Sie können mir gar nichts.

Eumenia
Haben Sie Ihre Sachen?

Fred bringt eine Tasche, drei Jacken.

Scheurer
Ich wollte mein Kostüm zum Waschen mitnehmen.

Horstkotte
Ich auch, ich wollte das auch waschen.

Krausnagel
Wie, jetzt auf einmal?

Eumenia
Das bleibt alles hier.

Ottbrink
Hopphopp.

Krausnagel
Bis bald! Hoffentlich!

Scheurer
Tschüss!

Horstkotte
Adieu du Welt!

Decks
Die Fisbe fällt.

Krausnagel
Adieu.

Bärthun
Adieu.

Scheurer
Adieu.

Eumenia
Herr Bärthun, Sie kommen mit mir.

Bärthun
Wehe, das hat mit dir zu tun, Valk!

Decks
Lass ihn in Ruhe!

Eumenia
Fred, kannst du die Herren Decks und Valk zurückbringen?
Und unseren Regisseur, den bringst du am besten zur Pforte.

Regisseur
Wie, mich zur Pforte! Und die Probe? Ich weiß nicht einmal, was los ist!

Eumenia
Sobald das hier geklärt ist, wird sich jemand von uns bei Ihnen melden. Jetzt kann ich nichts sagen. Keiner kann das.

Regisseur
Aber die nächste Probe! Die Aufführungen. Wir haben Zuschauer eingeladen!

Eumenia
Wir wissen noch nicht, wer alles involviert ist.

Regisseur
Involviert in was? Was ist los? Was ist los! Herrgottnochmal!

Eumenia
Wir haben beim Precher ein Handy gefunden. Sein Zimmernachbar hat's gefunden. Kein Grund, mich anzuschreien.

Regisseur
Ein Handy?

Eumenia Gefährlicher Gegenstand. Wie Sie sehr gut wissen. Unter keinen Umständen darf ein Mobiltelefon in die Hände eines Patienten kommen. Schon gar kein internetfähiges.

Regisseur
Und deswegen lassen Sie hier alles in die Luft gehen? Darf plötzlich keiner mehr spielen? Ich meine, wenn wir den Precher nicht mehr hätten, das wäre natürlich schade, sehr schade. Und schwierig. Jetzt umbesetzen. Kurz vor der Vorstellung. Aber wir könnten es noch schaffen. Oder, wenn wir uns mit der Gruppe zusammen setzen, mit allen, dann können wir ja sehen, ob wir weitermachen. Wer die Rolle übernimmt. Falls der Precher wirklich nicht mehr mitspielen darf, wegen dem Handy.

Eumenia
Der Precher, Herr Regisseur, der ist so gut wie verlegt. Den sieht hier keiner wieder. Sie nicht und keiner von den Teilnehmern. Und wir wissen nicht, wer noch damit zu tun hatte.

Regisseur
Aber –

Eumenia
Ich kann da gar nichts machen.

Regisseur
Fred –

Fred
Ernst, das hier, das geht nach ganz oben. Und der Precher ist weg.

Valk
Nein!

Bärthun
Der Precher war's. Das hab ich gleich gedacht – was will der in einem Theaterprojekt, hab ich gedacht! Manipulieren! Uns alle in Schwierigkeiten bringen. Gut, dass ich mit dem nichts zu tun hatte. Armer Valk.

Eumenia
Herr Bärthun!

Bärthun
Ist doch wahr.

Valk
Nein!

Bärthun
Doch. Da kannste sehen, dein Süßer, was den wirklich beschäftigt hat. Sich ein Handy zu organisieren, hier drinnen. Wir waren dem doch alle -

Decks
Lass den Valk in Ruhe, Mark.

Eumenia
Wenn Sie Beobachtungen haben, die in dieser Sache relevant sind, Herr Bärthun, dann besprechen Sie das bitte mit Ihrem Bezugspfleger. Ich mache jetzt hier zu.

Fre
Wir räumen noch eben auf.

Eumenia
Es wird nichts verändert!

Fred
Da stehen zehn schmutzige Kaffeetassen. Das machen wir schnell, holen die Sachen von hinten und sind weg.

Bärthun
Ich kann auch helfen.

Eumenia
Nichts da, Herr Bärthun, wir gehen.
Und ich werde das alles genauso nach oben weiterleiten. Auch dass Ihr Pieper im Büro war, Herr Walter. Ich lasse mich nicht einwickeln. Mich hat noch keiner erpresst, in dreißig Jahren nicht. Keine Grauzonen, Fred.

Fred
Ich weiß, Eumenia. Ich übernehme die Verantwortung für die drei.

Regisseur
Was jetzt, für mich auch? Aber ich –

Eumenia
Du hast nur noch ein Jahr. Sei vorsichtig.

Fred
Mach dir um mich keine Sorgen, Kleine. Bleib selbst vorsichtig, Eumenia.

Bärthun
Auf Wiedersehen, Herr Walter.

Regisseur
Auf Wiedersehen, Herr Bärthun.

Eumenia mit Bärthun ab.

2. Szene

Fred
Sie zwei holen Ihre Sachen von hinten. Ich komme mit. Du spülst, ja? Dann schließe ich die Leiter weg und wir gehen. In Ordnung.

Valk
Ja.
Steht auf.

Decks
Valk?

Valk
Ja.

Decks
Du kannst es ruhig sagen.

Regisseur
Herr Valk?

Valk hält ein Handy hoch.

Fred
Was! Noch ein Telefon! Das ist jetzt nicht ihr Ernst. Wo haben Sie das her?

Decks
Das hat der Precher ihm zugesteckt.

Regisseur
Jetzt? Eben? Unglaublich. Wirklich?

Fred
Und Sie haben es gesehen? Herr Decks! Warum haben Sie nichts gesagt! Jetzt stecken Sie drin, Valk, jetzt haben wir den Salat.

Decks
Es ging so schnell, ich wusste nicht, mit der Frau Kerbhaus, mit allen hier, alle sind plötzlich so – so – und der Precher hat das Telefon beim Rausgehen dem Valk in die Tasche und ich wusste nicht, der ist immer, der Precher – ich kann das gar nicht sagen. Ich kann ihn nicht unterbrechen. Wenn er etwas tut. Da unterbreche ich ihn nicht. Und die Frau Kerbhaus. Ich habe mit dem Precher nichts zu tun, der Valk und ich, wir sind auf derselben Station, das ist alles –

Regisseur
Soll ich es nach draußen nehmen – meinen Koffer kontrolliert hier keiner.

Valk, Decks
Um Gottes Willen – Nein!

Fred
Bist du übergeschnappt – das ist strafbar, Ernst! Strafbar! Himmelherrgott! Wenn du das Handy raus nimmst, dann hat uns der Precher in der Hand! Denk doch einmal – einmal – nach! Da braucht der Precher nur zu sagen, oh, und übrigens, da ist ein zweites Handy. Das hab ich dem Valk in die Tasche gesteckt. Wo isses hin? Was dann, Herr Schlaumeier? Was sagen Sie dann? Ach, du sagst dann gar nichts mehr, du bist ja über alle Berge. Der Herr Regisseur hat das Handy mitgenommen – unter den Augen von dem Inacker. Wie jetzt? Der Krankenpfleger Inacker, seit 44 Jahren hier, schafft Beweismaterial aus der Klinik? Der kann dann auch gehen. Das wär's dann für mich, Herr Regisseur! Falls Sie soweit denken wollen: an jemand anderen. An jemand, der nicht Ihr tolles Projekt ist. Schade um das Stück, Herr Walter, aber ich hab hier meinen Hals in der Schlinge!

Regisseur
Entschuldige. Es tut mir leid. Ich habe das nicht bedacht.

Fred
Genau. Du hast es nicht bedacht. Nichts hast du bedacht. Herr Valk: Wenn der Precher leugnet, dass es seins war, dann haben Sie hier Zeugen. Herr Decks? Ist das so?

Decks
Aber wenn die mich fragen – Herr Decks, Sie haben's gesehen und nichts gesagt – was sage ich dann? Wozu braucht der Precher zwei Telefone? Ruft der sich jetzt selber an? Gibt's hier noch mehr davon? Krieg' ich auch eins?

Valk
Das hat er mir besorgt. Damit wir telefonieren können. Oder Nachrichten schicken. Falls er verlegt wird! Falls es rauskommt, dass wir ein Paar sind! Falls wir uns dann nicht mehr sehen dürfen!

Regisseur
Sie sind ein Paar?

Decks
Das wussten Sie nicht?

Regisseur
Wieso sollten Sie sich nicht mehr sehen dürfen, ich dachte –

Fred
Jetzt beruhigen Sie sich, Herr Valk. Ich bringe Sie beide zur Station. Wir klären das alles auf.

Regisseur
Ich dachte, das wäre normal, Liebesbeziehungen –

Valk
Der Aedes hatte den Precher doch eh auf dem Kieker! Jetzt wird der Precher verlegt, das ist sicher. Den sehe ich hier nicht wieder. Und ich dachte, ich bin in ein zwei Jahre eh draußen, dann kann ich ihn besuchen. Bis dahin wollten wir uns schreiben, Nachrichten schicken. Aber jetzt.

Decks
In ein zwei Jahren bist du nicht draußen. Jetzt ist dein Ausgang weg. Wer weiß, wann du den wieder kriegst.

Valk
Im Knast hätte ich nur noch zwei Jahre.

Decks
Ja, aber in den Knast lassen sie dich nicht.

Fred
Herr Decks, lassen Sie mal.

Regisseur
War das – war es das, was der Scheurer uns sagen wollte? Wovor er uns warnen wollte?

Fred
Ich weiß es nicht. Ich weiß es doch auch nicht! Ich weiß nicht, was der Scheurer wusste. Ich weiß nicht, ob sie den Valk in den Knast lassen. Ich weiß nicht einmal, ob ich ein Jahr vor der Rente hier rausgeworfen werde. Aber wenn du wissen willst, ob uns hier grad dein ganzes Projekt um die Ohren fliegt – die Antwort ist: ja. Allerdings. Und jetzt holen wir Ihre Sachen und bringen Sie zurück auf Station.

Fred mit Decks nach hinten

Valk
Ich werde den Precher nicht wiedersehen. Das weiß ich. Nie wieder. Ich werde nicht neben ihm stehen und in den Garten schauen. Wir werden nicht beieinander stehend denselben Garten sehen. Wir werden nicht nebeneinander stehen und lächeln. Wir werden einander nicht ansehen und wir werden einander nicht nicht ansehen. Wir werden den Abstand zwischen uns nicht berühren. Wir werden einander nicht berühren. Mir ist kalt. Können wir gehen?

Fred mit Leiter und Decks mit Jacken auf.

Decks
Deine Jacke.

Fred schließt die Leiter im Büro ein.

Valk
Können wir jetzt gehen!
Sieht sich um, sieht den Hammer, den Fred vorher benutzt hat, auf dem Tisch liegen. Geht hin.
Das war übrigens meine Idee! Ich habe ihm gesagt, er soll uns die Handys beschaffen! Er wollte erst gar nicht! Ich habe auf ihn eingeredet, ich habe gesagt, wenn du mich liebst, dann tust du das, dann verschaffst du uns die verdammten Handys. Auf meiner Station sind ja nur Verrückte.

Decks
Na. Danke, Valk, danke!

Valk
Aber bei ihm, mit den Persönlichkeitsgestörten, den Drogenabhängigen, da geht schon eher was. Da hab ich ihm Druck gemacht. Und dann, weil ja auch bald Aufführung ist, und danach können wir uns auch nicht mehr so einfach sehen, da ist er weich geworden. Aber es war meine Idee!
Hält den Hammer in der Hand, geht auf Regisseur und Decks zu.
Das könnte ich. Das könnte ich jetzt einfach. Mit dem Hammer auf die beiden losgehen. Gut auf den Kopf gezielt, den Regisseur zuerst. Der Decks könnte sich wehren. Ist stärker, als er aussieht. Bis Fred zurück ist, bis der Alarm schlägt, bis die Pfleger kommen, mich überwältigen, mich wegtragen. Bis dahin fließt Blut.

Regisseur
Herr Valk!

Decks
Bist du jetzt völlig durchgeknallt! Valk! tritt nach Valk, Kampf

Fred löst den Alarm aus, stürzt sich ebenfalls auf Valk.

Fred
Um Himmels Willen! Herr Valk! Her damit! Decks, Vorsicht!
Nimmt Valk den Hammer ab. Decks und Fred halten Valk fest.
Valk! Was ist in Sie gefahren!

Decks
Kann ich bitte auf Station. Ich will zurück auf Station. Das ist nicht gut für mich. Können Sie Bescheid sagen, dass ich meine Medikamente brauche. Bringen Sie mich jetzt bitte rüber. Bitte.

Ottbrink und Morpheus kommen.

Fred
Danke, Danke Andreas. Das war schnell. Bringt Herrn Valk bitte direkt in den KIR. Er hat einen Mitarbeiter angegriffen. Ich komme gleich. Bringe den Regisseur zur Pforte. Wenn ihr den Valk im KIR habt, ruft ihr an? Ich sage ihnen, dass sie mit dem Polizeieinsatz warten.

Morpheus
Herr Valk?

Ottbrink
Kommen Sie gleich mit, Herr Decks.

Decks
Nein! Nein! Ich will nicht! Mit dem Valk! Nicht!

Fred
Ich kann Herrn Decks mitnehmen. Wir kommen gleich.

Valk
Es tut mir leid. Es tut mir leid.

Decks
Nein!

Ottbrink
Los.
greift Valk zusammen mit Morpheus
alle drei ab.


Regisseur
Mein Pee Enn Gee ist noch im Büro.

Fred
Ich hol's.

Regisseur
An der Topfpflanze.

Fred
Natürlich.


Decks geht auf den Wald zu, murmelt
Ich bin ein Geist von nicht gemeinem Stande –
verschwindet im Wald


Fred
Ernst? Alles in Ordnung? Komm, wir können los.

Regisseur sieht sich um
Aber wo ist denn –

Fred
Komm jetzt. Komm.

Fred macht das Licht aus.


Black

3. Szene: Bushaltestelle
Decks, dann Regisseur

Decks
Ein ewger Sommer zieret meine Lande. Von nicht gemeinem Stande. Das ist die Bushaltestelle. Kein Zweifel. Nass von Regen. Ich bin hier. Und hier ist Draußen. An der Bushaltestelle. Ich muss aufgewacht sein. Hier, hier ins Gebüsch hinein und weiter, und heim. Heimlaufen, nach Hause. Wie weit mag das sein? Ein Tag? Zwei Tage höchstens. Was wird sie sagen, meine Frau, was sagt sie, wenn ich plötzlich wieder da bin? Wenn ich an der Tür klingel, mitten in der Nacht, die Kinder wecke, die glauben, dass ihr Vater im Ausland arbeitet? Was sage ich ihr? Ihnen?
Besser, ich halte mich in der Nähe, wenigstens für die Nacht. Falls sie mich suchen. Wenn sie mich suchen, muss ich mich stellen. Eine Nacht auf einer Parkbank, warum nicht. Der Alarm müsste losgehen, müsste losgegangen sein, sie müssen mich vermissen. Entweichung! Der Decks, wer hätte das gedacht. Dabei wurde ich aus der Klinik herausgehext. Das glaubt mir keiner. Der Decks ist völlig durchgedreht. Muss neu eingestellt werden. Voll schizo, der Decks. Oder ich schlafe hier ein, draußen, und wache auf drinnen, auf Station, in meinem Zimmer oder, wahrscheinlicher, im KIR. Im KIR sitzt der Valk. Bloß nicht mit dem Valk. Ich gehe jetzt nach Hause. Hier, durch dieses Gebüsch gehe ich heim. Ein ewger Sommer zieret meine Lande. Adieu. Adieu. Adieu.
ab

Regisseur
Zittere ich etwa? Was ist das? Greift sich ins Gesicht. Nass. Tränen wohl. Da kommt ein Bus. Was mache ich? Ich kann nicht. Den Bus kann ich nicht nehmen. Ich gehe. Das ist gehen. Ich gehe. Ich kann gehen. Das ist einfach. Wohin – bekümmert mich nicht. Der hatte tatsächlich den Hammer. Gegen mich. Erhoben. Einen Hammer. Ich wäre jetzt im Krankenhaus. Ich wäre tot. Jemand würde mich aufwischen. Vom Fußboden im Theaterraum. Mich, mein Blut. Nicht dran denken. Schädelfraktur. Es ist kühl. Nicht daran denken. Bewusstlos. Wir wissen nicht, ob er wieder aufwachen wird. Wie? Nicht denken. Wohin gehe ich? Nicht denken. Woran nicht denken? Ach, an das Blut. Ist ja nichts passiert. Gar nichts passiert. Der hat es nicht so gemeint. Der Valk. Der hat nur – der hat mich nur umgebracht. Umbringen wollen. Und wieso? Wieso mich? Weil ich der Schwächste bin? Der Blödste? Finden Sie das Opfer! Natürlich. Wer sonst. Ob ich den ganzen Tag abrechnen kann? Wie spät ist es? Wenn ich jetzt zu Fuß zum Bahnhof gehe, das sind gut 12 Kilometer. Dann ist es dunkel. Ich fürchte mich nicht im Dunkeln. Das ist gut. Es ist gut, sich nicht zu fürchten.
Ich kann mir ein Hotelzimmer nehmen. Zum Bahnhof gehen und ein Hotel finden. Dann habe ich Zeit, mich zu beruhigen. Wie geht das, beruhigen? Sprechen? Beruhigt Sprechen? Das sagt man so. Ich muss jemanden anrufen. Oder darf ich das gar nicht sagen, dass ich angegriffen wurde? Habe ich das nicht unterschrieben, das ich nichts sagen darf? Wurde ich denn angegriffen? Habe ich das unterschrieben, was habe ich unterschrieben -
Bleibt stehen, kramt in seiner Tasche nach Papieren. Einige fallen auf die Straße.
Ist das das – ach nein, das alte Theaterstück, das hat mir dieser Drachen, diese Eumenia zugesteckt. Gott, war die drauf. Lacht.
Hier – keine Patienteninformationen – an Dritte. Patienteninformationen. Gott, was mache ich hier? Wenn mich jemand sieht, mit den Papieren auf der Straße. Ich muss jemanden anrufen, ich muss doch mit jemandem sprechen, das ist mir doch egal, was in diesen Papieren steht -
knüllt verschiedene Zettel, wirft sie um sich.
Halt nein, die Teilnehmerliste, die darf auf keinen Fall, die darf ich doch nicht verlieren, mit allen Namen.
Wenn ich mit Fred sprechen könnte. Oder mit der Eumenia, von mir aus. Mit jemandem da drinnen. Irgendwem, der das versteht. Oder jemand, der mir sagen kann, was eigentlich passiert ist. Was ist passiert?
Fasst sich an den Kopf.
Kein Blut, nichts. Ist etwas passiert.
Schreit Richtung Klinik
Kann mir bitte jemand sagen, was passiert ist?
Nein. Keiner da. Die sind drin. Ich bin draußen, wie ausgespuckt. Halb durchgekaut. Und ausgespuckt. Also los. Weg von hier. Ich finde schon was. Ein Zimmer. Oder einen Bahnhof. Einen Freund, mit dem ich sprechen kann. Los, los, geh, gehen Sie, Herr Regisseur, da lang.

ab

Black


4. Szene: Nacht
Morpheus, Valk


Morpheus im Nachtdienst sitzt am Bürotisch, Valk sichtbar im KIR

Morpheus liest in einer Akte
hat sich mit einem Hammer - einem Hammer! Woher der Hammer? Auf die Honorarkraft – das ist der Regisseur. Gestürzt. Einrichtungstat. Der Valk. Der kleine Herr Valk. Der war doch fast draußen, hatte die Klinke schon in der Hand. Einrichtungstäter. Und alle waren ganz verrückt nach ihm, solche Fortschritte! Mit einem Hammer, wieso war da ein Hammer? Morgen wird Precher weggebracht. Zwei Kisten hat er gepackt, die kommen mit ihm ins sichere Fahrzeug, und hopp. Weg. Wohin weg? Keine Ahnung. Eine andere Einrichtung, andere Klinik, andere Station mit anderen Krankenpflegern, anderen Therapeuten, mit einem anderen Zimmergenossen, einer anderen Kochgruppe. Wohin sollen sie ihn schon bringen? In den Knast nicht, das wäre ja eine Belohnung. Aber der Precher hat wenigstens keinen angegriffen. Mit dem Hammer. Ob der wirklich zuschlagen wollte, der Valk? Wenn ich ihm in der Küche gegenüber saß, ob er da auch zuschlagen wollte? Jetzt kann ich wieder nicht schlafen. Die Unruhe. Die Gedanken. Ich habe Angst, aber das, wovor ich Angst habe, sitzt mir nicht gegenüber, ich kann es nicht ins Auge fassen. Ein Schatten im hinteren Winkel meines Gesichtsfeldes, und wenn ich mich hinwende, zieht er sich zurück. Der Valk sitzt im KIR, ich kann ihn über den Videobildschirm sehen. Sitzt ganz ruhig, im festen Hemd. Vor dem brauche ich keine Angst zu haben. Und doch kann ich nicht schlafen. Weiß ich jetzt schon. Brauche mich nicht hinzulegen. Sagt die Kerbhaus so mütterlich: und, wieder nicht geschlafen, Morpheus? Sie werden sich schon eingewöhnen, bei uns. Ich glaub nicht, dass sie das glaubt, dass ich mich gewöhnen werde. In Wirklichkeit glaubt sie, dass ich das nicht kann, die Arbeit hier. Sie denkt, ich bin zu nervös. Zu zart. Sensibel! Die schläft bestimmt wie ein alter Bär, hier oder irgendwo. Aber ich, ich denke und denke und kann gar nicht aufhören damit, mit einem Hammer auf den Regisseur, wer mit einem Hammer auf den Regisseur losgeht, der geht auf jeden los, der hat ihm doch nichts getan, der Regisseur, dem Valk, dass ist doch nur so ein Typ, der Regisseur, im Regen an der Bushaltestelle: nicht mal ein Auto hat er.

Valk
Sie glauben mir nicht: Sie glauben mir nicht, dass ich es war. Sie glauben, es war Prechers Idee, das Handy zu besorgen. Hätte ich dem Regisseur den Schädel eingeschlagen, dann würden sie mir glauben. Werde ich jetzt auch verlegt? Komme ich in den Knast? Der Precher sagt, aus dem Knast kommt man schneller wieder raus. Aber raus? Was soll ich da? Draußen! Hier ist es ruhig. Es ist gut. Meine Gedanken beruhigen sich. Ich sehe klarer. An der Heizung befindet sich ein Thermostat. Zwischen Thermostat und Heizung verläuft ein Rohr. Das Rohr ist gebogen. Mit Geschick könnte man einen Strang hinter dem Rohr entlang führen. Schwierig genug. Der Ärmel hier würde taugen. Aber wie komme ich aus dem Anzug heraus? Und wie drehe ich das Stück fest, fest genug? Wenn ich die Luft anhalte, dann wird es so still.


Black


Epilog


1. Szene: In der Cafeteria

Regisseur, Fred, Eumenia, Aedes

Schließgeräusche

Theaterraum wie am Anfang. Das Bühnenbild ist verschwunden. Kisten stehen herum.

Fred
Und?

Regisseur
Tja. Und selbst?

Fred
Naja. Hätte schlimmer laufen können.

Regisseur
Ja.

Fred
Ich habe deine Sachen zusammgepackt. Die Perücke vom Valk?

Regisseur
Brauch ich nicht mehr. Hier, das Kabel nehme ich mit. Und das. Der Rest kann bleiben. Vielleicht spielt hier ja irgendwann wieder jemand Theater.

Fred
Und du?

Regisseur
Bin für eine Umschulung eingeschrieben. Eventmanager. Wird grad gesucht, angeblich. Und – hier, guck mal: Theorie Fahrprüfung. Das habt ihr alles mal gelernt?Wusste gar nicht, dass Autofahrer so schlau sind!
Habt Ihr noch irgendwas gefunden? Gefährliche Gegenstände? Das IT-Depot vom Precher?

Fred
Nee, nix. Außer Valk und Precher hat noch ein Patient auf der Drei Schwierigkeiten bekommen. Er hat wohl gewusst, dass der Precher ein Handy hatte. Und ich – ich habe noch 185 Arbeitstage. Die allerdings jetzt im Büro. Die sagen, ich kann nicht mehr mit den Patienten arbeiten. Wegen meiner Nichte, stell dir vor. Ich sympathisiere mit Patienten, heißt es. Die arme Kleine, die kann doch nun wirklich nichts dafür.
Egal, die Rente ist sicher. Der Blumenstrauß zum Abschied. Dabei hab ich gern mit den Herren gearbeitet. Aber dass der Valk sich den Hammer greifen konnte. Und als dann rauskam, dass sich unser Pärchen heimlich abgesondert hat. Die Patienten haben das mitbekommen, und wir nicht. Der Scheurer natürlich gleich lauthals, klar, die waren doch immer zu zweit auf dem Klo. Das kam nicht gut an.

Regisseur
Und Herr Decks?

Fred
Decks, Stefan Decks? Wie kommst du jetzt auf den, der ist doch seit Jahren entlassen. Netter Kerl, war das. Hätte in dein Theaterprojekt gepasst.
Den Precher haben sie jedenfalls ganz schnell weggeschafft. Valk ist seit einer Woche im Kir. Wir wissen nicht, was mit ihm wird. Vermutlich kommt er auch in eine andere Klinik. Oder in den Knast. Ist sehr labil. Behauptet, er hätte den Precher überredet, die Telefone zu organisieren.

Regisseur
Hat er nicht?

Fred
Ach was. Auf dem Telefon vom Precher waren hunderte Nachrichten seiner Eltern – der hatte das bereits seit zwei Jahren. Seine Eltern leben ja in Holland.

Regisseur
Wusste ich nicht.

Fred
Früher kamen sie jedes Jahr. Jetzt sind sie zu alt. Da hat er sich das Telefon beschafft. Irgendwie, als er Zigaretten in Therapiegruppen vertickte. Damit hatte Valk überhaupt nichts zu tun. Das wissen wir, aber er begreift es nicht. Die Medikamente schlagen schlecht an. Sie wollen jetzt überprüfen, ob er schluckt.

Regisseur
Was schluckt?

Fred
Die Medizin. Oder ob er das Schlucken simuliert. Die Medikamente heimlich sammelt, um sich dann zu vergiften.
schaut auf die Kisten
Schade. Ich hätte es gern gesehen.

Regisseur
Ja.

Fred
Der Sommernachtraum! Hier! Mit Patienten! Das hat keiner geglaubt. Und doch.
Dir wird übrigens nichts vorgeworfen. Vielleicht machst du hier weiter, wenn ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist. Ich werde dann im Garten sitzen und mit den Enkeln spielen.

Regisseur
Vielleicht. Vielleicht geht es weiter. Ohne mich. Vielleicht bin ich nicht der Richtige, hierfür. Man verbringt Zeit mit ihnen, man arbeitet, man hat Spaß. Am Ende mag man sie, nicht wahr.

Fred
Dagegen ist kein Kraut gewachsen.

Regisseur
Und dann macht man Fehler. Und plötzlich holt einer mit dem Hammer aus.

Fred
Ist doch alles gut gegangen.

Regisseur
Ja.

Aedes, Eumenia
Der Herr Regisseur! Herr Walter! Wir wollten uns doch verabschieden!

Aedes
Ich hoffe ja, dass das Projekt weitergeht. Neues Stück, neues Glück!

Eumenia
Wir werden uns auf jeden Fall dafür einsetzen.

Aedes
Unsre Eumenia hat schon mit dem Pflegedirektor gesprochen.

Eumenia
Albert –

Aedes Der Herr Altmann.

Eumenia
hat seine Unterstützung zugesagt. Dass ihr Pieper im Büro –

Aedes
Schwamm drüber.

Eumenia
Das habe ich nur hier mit Dr. Aedes abgeklärt.

Aedes
Wir werden die Klinikleitung schon überzeugen können: so ein spannendes Projekt.

Eumenia
Ja.

Aedes
Schade allerdings um den Herrn Valk. Aber das ist eben ein ganz ausgefuchster. Dem bin sogar ich auf den Leim gegangen. Mir hat er die Vater-Sohn-Beziehung vorgespielt – gut gespielt! Und hintenrum war er dann ganz anders.

Regisseur
Er kommt in den Knast?

Aedes
Der? In die JVA! Im Traum! Da habe ich wohl doch ein Wörtchen mitzureden. Der kommt so leicht nicht davon. Das glaubt er. Das möchte er gern, dass das nur ein kleines Vergehen ist, sich ein Handy zustecken zu lassen. Aber das ist ein Vertrauensbruch. Das ist deliktrelevant. Es zeigt, dass der Mann zwei Gesichter hat. Eins jung und zugewandt, nicht wahr, so kennen wir ihn, so mögen wir ihn. Und ein ganz anderes, ein durchtriebenes. Dem kann man nicht trauen, das habe ich in meiner Einschätzung geschrieben. Da wird er noch lang was von haben, das liegt jetzt dem Richter vor. Dann werden wir schon sehen. Die sind gerissen, die Herren. Kein Wunder, wenn man schaut, wo die herkommen. Alles Asoziale, letzten Endes. Darf man nie vergessen.

Eumenia
Natürlich müssen wir die Sicherheitsgrundlage neu überdenken, für ein neues Projekt.

Aedes
Das kann eine Weile dauern.

Eumenia
Fred allein kann das nicht leisten.

Aedes
Der ist ja auch bald nicht mehr hier.

Eumenia
Aber mit zwei Mitarbeitern –

Aedes
Wir könnten uns das vorstellen, Eumenia und ich.

Eumenia
Dann hätte ich natürlich keine Zeit mehr für den Stationsdienst. Der würde für mich wegfallen. Ich wäre dann Vollzeit hier im Café. Aber würde ich machen. Wäre ich zu bereit.

Aedes
Das werde ich jedenfalls der Klinikleitung empfehlen, dass das so gemacht wird. Sie werden schon sehen. Wir melden uns dann.

Eumenia, Aedes winkend
Auf Wiedersehen!

Fred
Tschüss, Ernst! Alles Gute!

Regisseur
Tschüss, Fred! Dir auch! Wiedersehen!


Regisseur bleibt am Bühnenrand stehen, öffnet seinen Schirm. Ab.


Black

2. Szene Nacht
Morpheus, Valk, Decks, Horstkotte


Morpheus im Nachtdienstzimmer, schlafend.

Valk im Kir hat sich einen Ärmel vom Anzug abgerissen und hängt sich am Heizungsrohr auf.

Wald


Decks und Horstkotte von verschiedenen Seiten auftretend, abwechselnd sprechend:
Wenn wir Schatten euch beleidigt,
O so glaubt - und wohl verteidigt
Sind wir dann -: ihr alle schier
Habet nur geschlummert hier
Und geschaut in Nachtgesichten
Eures eignen Hirnes Dichten.
Wollt ihr diesen Kindertand,
Der wie leere Träume schwand,
Liebe Herrn, nicht gar verschmähn,
Sollt ihr bald was Beßres sehn.
Wenn wir bösem Schlangenzischen
Unverdienterweis entwischen,
So verheißt auf Ehre Droll
Bald euch unsres Dankes Zoll;
Ist ein Schelm zu heißen willig,
Wenn dies nicht geschieht, wie billig.
Nun gute Nacht! Das Spiel zu enden,
Begrüßt uns mit gewognen Händen!

 
Zuletzt bearbeitet:

Da haben wir wieder ein Theaterprojekt, wie schön! Wir hatten ja schon mal eins. Ist zehn Jahre her – war ein voller Erfolg.

Eumenia Das sind keine Gefangenen, Herr Walter. Das heißt bei uns nicht: Gefangene. Das heißt: Patienten. Wir sind kein Gefängnis. Wir sind eine Klinik. Und ich bin Krankenpflegerin. Keine Gefängniswärterin. Eumenia Kerbhaus. Guten Morgen.
[...]
Eumenia Wir sagen nicht Flucht, wir sagen Entweichung. ...

Erste Lieferung zu einem glückenden Versuch,

liebe Placidus,

und es gibt nix zu mosern, wobei die Struktur

... keine Gefangenen, es sind Patienten. Dies ist kein Gefängnis, es ist eine Klinik.
...
Eumenia
Herzlich willkommen, Herr Walter! Da haben wir wieder ein Theaterprojekt, wie schön! Wir hatten ja schon mal eins. Ist zehn Jahre her – war ein voller Erfolg. Ich muss doch den Text irgendwo haben – wollen Sie's lesen? Das hat den Patienten wirklich was gebracht. Hier. Wird Ihnen Spaß machen. Glaubt man nicht, wie lustig das war! Eine tolle Arbeit von der Frau Stein.
- und weil ich weiß, wie’s einer/einem vor einer Premiere geht, vorab schon mal der erste Eindruck: da gibts nix zu mosern, (Theaterleute kommen auf jeden Fall damit zurecht), aber zur Leserfreundlichkeit könnte man die Zeilen etwa wie folgt nach dem Schema

Rolle A (ggfs. Anmerkung/en wie erregt, kratzt sich an der Stirn oder am Hoden o. a.)
Text der Rolle A

B (...)
Text

das Schema Rolle /Zeilenwechsel und Rede ist halt m. E. lesefreundlicher und lässt zudem mehr Raum für Anmerkungen.

Kann jetzt eine Zeit dauern, bis ich mich wieder melde (dass ich mich melde, ist aber auch nicht auszuschließen) aber vorsorglich bis nach den Festtagen

und

schöne Tage, diese Tage vom

Friedel

 

Lieber Friedel,

wie - ihr hattet ein Theaterprojekt? Mit Menschen auf Bühnen? Wie damals?

Aber zunächst: Danke für die flinke Antwort! Wenn es nix zu mosern gibt, sind wir schon weit gekommen. Und ich werde mich in den nächsten Tagen, soweit die Festlichkeiten es zulassen, auch nochmal mit dem Formatiermesser hinsetzen und ein paar Zeilenumbrüche in den Text wetzen.

Da das Stück so sehr lang ist, und Theatertexte schwierig zu lesen sind, freue ich mich auch ganz rückhaltlos über Kommentare, die sich nur auf einen Teil beziehen. Ich habe auf diesen Seiten zu lang herumgehockt, um von hier aus allein weiterzukommen.

Dir feinste Weihnachten
lieben Gruß
La Placidus

 

Placidus Lieber Friedel, wie - ihr hattet ein Theaterprojekt? Mit Menschen auf Bühnen?
Wie damals?
...

Eumenia Herzlich willkommen, Herr Walter! Da haben wir wieder ein Theaterprojekt, wie schön! Wir hatten ja schon mal eins. Ist zehn Jahre her – war ein voller Erfolg. Ich muss doch den Text irgendwo haben – wollen Sie's lesen?


Das ist ein lustiges Verwexelspiel,

liebe Placidus,

aber tatsächlich hatt ich im vorigen Jahr an einer kleinen Theatertruppe mitgemacht, deren Text die Truppe unter Führung von zwo Profis erarbeitete und die Vorstellungen waren dann auch gut besucht – aber vor der Fahrt nach Emsdetten, dort gibts Theatertreffen – kam das mutmaßliche Ende – Corona (keine Bange, wir treffen uns immer mal wieder).

Was die Seitenzahl betrifft wird eine Aufführung Deines Textes – selbst wenn wir die Regieanweisungen wieder rausrechnen – und unter der Prämisse, dass jede Seite bis zu drei Minuten umfasst, eine Dauer von mindestens zwei Stunden - rein rechnerisch 71 x 3 = 213 Minuten, satte drei Stunden … Das braucht dann auch Kondition, nicht nur Gedächtnis … Bei mir würde – wegen eines tauben Ohrs – das Amt des/der Souffleurs/Souffleuse ohnehin brotlose Kunst ...

Wie dem auch wird, bis bald und schöne Tage wünscht der

Friedel

 

Lieber Friedel, langsam fräse ich mich durch die Umformatierung und streiche hier und da dies und das. Denn: Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen! Alte Theaterweisheit. Zu lang ist das Stück, ja. Aber doch nicht ganz drei Stunden, denn viele Dialoge sind flott und die Spieler unterbrechen einander. Emsdetten 2022 also?

Scjöne raue Nächte und Tage wünscht
die P.

 

Ja, welches Wellchen hätten Sie denn gern?
Emsdetten scheint wenig Hoffnung auf 2022 zu haben, schade.
Ich habe umformatiert und dabei die eine oder andere Seite ausradiert, es kann nur besser werden.
Dir vor allem ein feines, erbauliches, herrliches neues Jahr
P.

 

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