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Der Mann in der Ecke

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31.03.2007
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Der Mann in der Ecke

Ihr braunes Haar tanzte anmutig um ihr hübsches Gesicht. Sie stand aufrecht dem grauen Himmel des frischen Herbstes trotzend. Für einen Schal noch zu früh, dafür aber umso angenehmer war der warme Mantel, der sich über ihre Hüften wölbte. Schleichend, doch inständig verfärbte sich die Natur um sie herum in einen malerischen Traum. Der kleine Bahnsteig wirkte wie einem vergangenen Jahrhundert entflohen, teilweise stark verfallen, doch wesentlich schöner als seine Nachfolger. So lag er eingebettet inmitten etlicher wilder Sträucher und wehender Bäume während sich sein Pflaster mit Blättern schmückte. Selbst das kleine Häuschen, in dem hin und wieder ein exzentrischer Mann in seltsamen Intervallen Fahrkarten vertrieb, wirkte wie eine synästhetische Ergänzung. Dicke Wolken schoben sich aufgerüttelt von einem frühen Herbstwind rasch über das Fundament, auf dem sie stand.
Das zierliche Gerät in ihrer Tasche spielte leise Erik Saties Musique d'Ameublement. Der Zug hatte wohl Verspätung. Die Schienen waren leer und bronzefarben lagen sie da wie Fragmente einer surrealistischen Komposition.
Das Stilleben berührte sie tief und reinigend. Im Hinterkopf jedoch kratzte der Zug, der jeden Moment alles zerstören würde. Es sind diese kleinen bestimmten Momente, die sich scheinbarer Vollkommenheit annähern die den Menschen über Wasser halten, dachte sie verträumt. Vergnügt schlenderte sie über das Muster aus alten Steinen vorbei an dem kleinen Häuschen, das wieder einmal leer zu stehen schien, als sie den Mann in der Ecke sitzen sah.
Unvermeidlich merkte sie, wie ihr Blick zu einer Unhöflichkeit anschwellend an der Gestallt haften blieb.
Der Mann trug einen sehr feinen Anzug, schwarz, und näherte sich vielleicht den siebzig Jahren Lebenserfahrung. Ein stilvoller Hut verbarg seinen Kopf und das Haar das kraus unter ihm hervor wuchs war weiß wie der Bart. Er sah aus wie eine weggeworfene Puppe, wie er auf dem Boden saß, angelehnt an die Seitenwand des Fahrkartenhäuschens und dem Geländer mit der abblätternden Farbe. Beide Beine von sich gestreckt wurden seine Strümpfe sichtbar und die Arme wirkten wie achtlos fallengelassen in einer scheinbaren Geste von Niederlage.
Schnell wandte sie ihren Blick von ihm ab und bemühte sich, ihren unbeschwerten Weg fortzusetzen. Ein auffallend rot gefärbter Baum schob sich in ihren Blick. Irgendwas in ihrem Hinterkopf begann stärker zu kratzen. In hastigen Intervallen wie Blut aus einer tiefen Wunde verfloss die Synästhesie aus ihrem Kopf.
Hatte sie sich erschrocken? Selbst die Musik wirkte nun bedrückend fehl am Platz. Das Gemüt schien umzuschlagen in die dunkelblaugraue Betrübtheit, die vor wenigen Sekunden noch so fern schien und noch nicht einmal einen Gedanken Wert gewesen war.
Unwohl in ihrer schönen Haut, biss sie sich leicht auf die Unterlippe und sah auf ihre Uhr. Etwas in ihr drängte ihr das Verlangen auf, noch einmal hinzusehen und dann kreisten alle ihre Gedanken nur noch um diesen Mann in seinem feinen Anzug.
Der Zug hätte vor sechs Minuten da sein sollen. Wo sie vor Minuten noch die Ankunft des Zuges verflucht hatte, wünschte sie sich ihn jetzt ungeduldig herbei.
Sie erreichte das Ende des Bahnsteigs und sah auf wilde Blumen und wucherndes Gestrüpp hinter dem einstmals schwarzen Geländer. Im Wiederspruch kämpfend die Gelegenheit zu nutzen, ihm unauffällig entgegen zu schlendern und ihn nicht anzusehen, drehte sie sich in einer schlecht imitierten Bewegung von Unbeschwertheit um und ging langsam den gekommenen Pfad zurück. Ein Rabe saß finster fern auf einem Ast und stierte in das Feld. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass sich der Mann nicht bewegt hatte. Nicht einmal ein kleines Stück, dabei war der Boden so dreckig, fand sie und strich sich ein paar ausgebrochene Haare aus dem Gesicht.
Langsam verformte sich zu ihrem Schrecken der Mund des Mannes zu Worten, die sie nicht hören konnte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und ihr Daumen stellte das teure Gerät in ihrer Manteltasche auf Pause.
„Wie bitte?“, drang es ihr etwas zu forsch aus der Kehle, „Was sagten sie gerade?“ Es hätte sie nicht gewundert, wenn ihrer Frage keine Antwort gefolgt wäre, doch es kam eine.
Einer unter der Last von tausend Sorgen gepeinigten, vor Erfahrung und Ruhe beruhigenden und bitteren Stimme eines geübten Zynikers drangen die Wörter, die sich zu Sätzen formierten an ihre Ohren. „Wollen Sie einem alten Mann der am Boden sitzt denn gar nicht helfen?“ Der Mann blickte nicht zu ihr auf und sein Hut verdeckte wie in einem düsteren Film geheimnisvoll seine Augen.
Es war als hätte seine banale Frage alle ihre potentiellen Antworten aus dem Mund gesogen. Auf einmal fühlte sie sich leer, so leer, dass es sich anfühlte wie ein schmerzendes Vakuum in ihrer Brust. Ein Hauch von rot, das sich durch ihr Make-up kämpfte zeugte davon, dass sie peinlich berührt war und als sie noch sprachlos da stand fuhr der Mann sanft mit selbiger Stimme fort: „Aber meine Dame, warum lassen Sie sich denn so von mir aus der Bahn werfen? Sie sind ja völlig verstört? Sehe ich denn so grässlich aus?“
Ihr Blick war kurz zur Seite auf den entfernten Raben ausgeschert. Sie rang nach Worten. „Nein tun Sie nicht. Wirklich nicht.“
„Sie haben Angst vor mir. Hab ich recht?“
„Nein.“, sie wirkte nun tatsächlich nervös, „Sollte ich?“
„Diese Entscheidung kann ich ihnen leider nicht abnehmen.“
Ein ungewöhnlich kalter Luftzug stahl ihr die wärme aus dem Gesicht. Sie fürchtete sich vor diesem Mann. Hastig, als suche sie nach einem Notausgang, sah sie auf die Stelle an der die Schienen das Blickfeld verließen. Immer noch kein Zug.
„Was wollen sie von mir?“, presste sie unter Mühe heraus und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr war kalt.
„Ich möchte ihnen eine kleine Geschichte erzählen, natürlich nur wenn ich darf.“, entgegnete der Alte ihr unverdient freundlich. Noch immer hatte sich zu ihrer sich beständig zunehmenden Beunruhigung der Mann bis auf seinen Mund nicht gerührt. Der Zug würde bald kommen und sie in die rettenden Arme der warmen belebten Stadt kutschieren, raus aus diesem verkommenden Bahnhof. Der Zug würde sie zu ihren Freundinnen bringen und sie würden über Männer philosophieren und die Gemäldegalerie der Alten Meister aufsuchen, um aus ihnen Inspiration für Eigenarbeiten zu schöpfen. Aber sollte der Mann ruhig so lange irgendwas aus seinem Leben erzählen.
Als hätte gerade eine andere Persönlichkeit in ihr die Kontrolle übernommen lächelte sie den Mann an und teilte ihm mit der Stimme einer viel zu freundlichen jungen Verkäuferin ihre Zustimmung mit. Sie würde ihm sowieso nicht mit voller Aufmerksamkeit zuhören und gegebenenfalls in den Zug steigen, bevor er mit seiner Geschichte fertig war.
„Ich bin davon überzeugt, dass sie mir zuhören werden. Allerdings werde ich mir erlauben zunächst ihre Aufmerksamkeit wecken, Emanuele.“
Das Gefühl war, als ob kurz die Welt um sie herum verschwinden würde. Hinter ihren Augenhöhlen drückte etwas und ihre Lunge rebellierte, indem sie weniger Sauerstoff aufzunehmen schien.
„Danke.“, antwortete der Mann auf sich selbst und erhob poetisch seine rauer werdende Stimme, „Die junge Frau, von der ich ihnen erzählen will, sind sie selbst, wie sie schon richtig erkannt haben. Ich will ihnen aus dem Grund von ihnen erzählen, das sie sich selbst am wenigsten kennen.“
Jegliche Farbe wich aus Emanueles Gesicht und zu verstört von dem, was der Alte von sich gab, trat sie unbewusst einen Schritt zurück.
„Sie kleiden sich nach bester Möglichkeit feminin, dem Zeitgeist folgend und schick. Ihre Accessoires bestehen, ausschließlich, stark ihrer Garderobe ähnelnd, aus unvernünftig teuren Markenartikeln. Sie tragen ein goldenes Kreuz um den Hals und beten jeden Tag vor dem Einschlafen. Sie sind eine Kunstliebhaberin und kennen sich mit klassischer Musik aus, wobei sie natürlich nur den ganz großen Lauschen. Bach, Beethoven, Vivaldi und natürlich Mozart. Sie haben zwar keine Kinder, dafür aber gibt es ihre Nachbarn, bei denen sie mehrmals die Woche zu einem gesitteten Kaffee eingeladen sind. Wenn ihr Mann abends nach Hause kommt, geben sie ihm einen Kuss auf die Wange und lassen ihn dann seinen Abend vor dem Großbildfernseher ausklingen. Einmal die Woche haben sie beide Geschlechtsverkehr, der ebenfalls wie sie den Menschen zu erwarten geben schlicht und missionarisch ausfällt.“
Sie sagte kein Wort. Ihre Augen waren geweitet und ihr Mund hatte sich einen Spalt weit geöffnet. Noch immer saß der Man regungslos auf dem Boden in der Ecke. Der Rabe war inzwischen davon geflogen und der Zug noch immer nicht angekommen.
„Und jetzt will ich ihnen die Geschichte erzählen.“, er machte eine Pause, räusperte sich, womit er seine Stimme in normale Verhältnisse zurückbeförderte und erhob wieder das Wort: „Stellen sie sich vor, wie sie dieses konservative Leben führen, Sonntags in die Kirche gehen und es für ihre Ideale opfern. Mit jedem Jahr werden sie neue Falten bekommen, die sie verzweifelt werden weg operieren lassen, damit ihr Ego nicht in sich zusammenbricht. Ihr Mann wird ihnen, das vermuten sie ja sowieso schon, obwohl sie es verdrängen, also nicht wissen, zunehmend öfter fremdgehen und sich früher oder später von ihnen scheiden lassen. Nicht nur die Falten in ihrem Gesicht und Spuren des zu früh einkehrenden Alters auf ihrem wunderschönen Körper werden sie zeichnen, sondern ganz besonders die in ihrem Innern. In Wahrheit sehnen sie sich mehr als alle ihnen bekannten Menschen nach Zuneigung und Geborgenheit. Gleichzeitig mangelt es ihnen an einem Sexualleben. Ihre Sexualität spaltet sich in Paraphilien. Sie wollen erniedrigt, geschlagen und gefickt werden und zwar so hart es nur geht. Sie verstecken das mit ihrem Heile Welt Gehabe, der Musik, der Kunst und ihren Gebeten die bloß eine extreme Form von Egoismus darstellen. Sie verabscheuen ihren Ehemann, doch ist er der einzige, der bei ihnen ist, wenn auch nur physisch, denn ihre beiden Freundinnen schätzen sie nur aufgrund ihrer außergewöhnlichen Kunstkenntnisse. Sie träumen nachts von einer Straße, die nie aufhört und hinter der die Sonne ewig untergeht. Sie sitzen auf einem schnellen Wagen und fahren eben so ewig wie die Sonne versucht hinter dem Horizont zu verschwinden. Wobei diese Parabel ihr Leben wiederspiegelt und gleichzeitig ihr Verlangen nach Freiheit. Sie fühlen sich allein und sind unfähig, etwas zu ändern. Sie wissen ganz genau, wovon ich rede, doch würden sie es vor sich selbst niemals zugeben, nicht einmal jetzt.“
Ihr Körper war ausgehöhlt, ausgebrannt, luftleer und ihr Gehirn ein braungrauer Brei der in ihrem Kopf herumschwamm. Sie war noch ein paar Schritte zurückgewichen und starrte den Mann an, als hätte er sie gerade erschossen.
„Wissen sie, meine Dame, Veränderung ist der Schlüssel zum Wohlbefinden. Glauben sie mir.“
In dem Moment sah der Mann zu ihr auf. Ein lautes Geräusch schien die Luft zu zerteilen. Ein Schreien, das zu einem Kreischen anschwoll. Das Gesicht des Mannes war einfach nur das Gesicht eines alten Mannes. Alt, mit vielen Falten und dennoch freundlich und er lächelte sogar. Blut schoss in ihren Kopf, ein Schwindelgefühl stellte sich ein, und wieder verschwand die Welt für einen schmerzvollen Augenblick. Sie blinzelte und trat noch einen letzten Schritt zurück. Sie spürte, während sie das Gebrüll, das die Luft um sie herum ersetzt hatte, ignorierte, wie der Fuß keinen Boden mehr berührte. Dann lies sie sich nach hinten fallen. Der Mann hatte seinen Blick wieder gesenkt und das letzte, was sie sah, war grünes rostiges Metall, das explosionsartig wuchs.
Als der Zug ihren Körper zertrümmerte, war sie sich sicher, dass die Ecke, in der der Mann gesessen hatte wieder leer und staubig war. Vielleicht zierten bald ein paar rote Blätter die Stelle ihres Wohlbefindens.

 

Hallo elia und herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de!

Mich hat der Titel deiner Geschichte angesprochen und ich habe angefangen zu lesen, dann habe ich mir kurz dein Profil angeschaut, weil mir dein Name noch fremd war. Dann habe ich gesehen, dass das dein erster Beitrag hier ist und habe gedacht: Wow, so eine tolle KG-Premiere habe ich noch nie gelesen, die Beschreibung des alten Bahnsteigs zu Beginn der Geschichte ging wirklich unter die Haut, beinahe konnte ich den frischen Herbstwind spüren, wie er meine Haare umweht. Auch die Verbindung zu Kunst und Musik hat mich beeindruckt (auch wenn ich Erik Saties Musique d'Ameublement leider nicht kenne) und ich war wirklich gebannt darauf, die Geschichte zu Ende zu lesen. Dann aber schlug sich meine Begeisterung allerdings leider um, weil ich deine Figur am Ende nicht mehr stimmig fand. Nicht nur dass ich mir in der Einleitung (und auch bis der alte Mann anfing zu sprechen) ein junges, jübsches Mädchen vorgestellt hat, die man vielleicht am besten mit dem Begriff einer Träumerin versehen könnte, hat mich dabei irritiert. Vor allem glaube ich einfach nicht, dass ein Mensch, der zu solch detailgetreuer Wahrnehmung wie in den ersten Zeilen deiner Geschichte fähig ist, solch ein „klassiches“ Leben führt, dessen Höhepunkt der wöchentliche schlichte Sex mit dem Mann ist. Auch hast du deinen Stil zwischendrin gebrochen, von wunderschön beschreibend verfiel er irgendwie in den einer mittelmäßigen Geschichte, die für deine erste Geschichte hier trotzdem noch ganz gut gelungen ist, aber dem wunderschönen Beginn einfach nicht gerecht wird.

Auch an deiner Rechtschreibung solltest du noch ein bißchen feilen, insbesondere Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichen- bzw. Kommasetzung sind oftmals nicht stimmig. Bei dem Monolog des alten Mannes habe ich mich beispielsweise gefragt, ob du die Anrede „Sie“ einfach falsch kleingeschrieben hast oder ob das ein Stilmittel sein soll, das mit „Sie“ gleichzeitig die Allgemeinheit gemeint ist, also „sie“ im Sinne von „die da“.

Noch ein kleiner Ratschlag hinsichtlich des alten Manns: Ich persönlich hätte ihn nicht so detailgetreu beschrieben, er ist ja nicht die Hauptfigur, er ist eher so der geheimnisvolle Fremde, der mir als Leser durch seine Beschreibung mit weißem Haar usw. zu vertraulich geworden war. Er soll doch aber viel mehr der Geheimnisvolle bleiben... Aber das nur so ein kleiner Ratschlag meinerseits.

Hier noch ein paar kleinere Anmerkungen bezgülich Stil und Grammatik:

„Interwalle“ -> „Intervalle“

Synästhetisch und Surrealistisch im ersten Absatz sind Adjektive, die man klein schreibt.

„I-Pod“ finde ich irgendwie unpassend, aber das ist sicher Geschmacks- und Stilfrage... aber ich würde so einen gelungenen Absatz nicht mit einem schönden Markennamen entwerten, ich würde einfach „Muskspieler“ schreiben.

„Stilvoller Hut“ -> stilvoller Hut

„In hastigen Intervallen....“ -> „In hastigen Intervallen verfloss die Synästhesie wie Blut aus ihrem Kopf“

„Wiederspruch“ -> nur mit einfachem „i“ -> Widerspruch

der Mann nicht Bewegt hatte -> „bewegt“ kleingeschrieben

Tausend Sogen -> „tausend“ kleingeschrieben
Wörter, die sich zu Sätzen formierten, ..... -> Das klingt irgendwie nach sinnlosem Geschwafel... viele Wörter formieren sich immer zu Sätzen... entweder solltest du noch ein „langsam“ aufnehmen („die sich langsam zu Sätzen...“) oder es einfach weglassen.....

„Was wollen sie von mir?“ -> Hier geht’s los.... die Anrede „Sie“ immer großschreiben... genau wie „Ihren“/ „Ihnen“ usw., wenn es die zweite Person Höflichkeitsform sein soll!

„schlicht und missionarisch“ -> Auch wenn du wohl auf die Missionarsstellung anspielst, ist „missionarisch“ für mich immer noch das Gegenteil von schlicht..... also ein Paradoxon, das an dieser Stelle absolut nicht passt.....


Dese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Kommafehler habe ich jetzt auch mal ignoriert, dennoch denke ich, dass die Liste dir ein bißchen weiterhilft.....

Ansonsten gib nicht auf, Schreiben ist bis zu einem gewissen Grad auch Übungssache und es dauert einfach ein bißchen, bis dir die „perfekte“ Geschichte gelingt.... das Talent dazu, das hab ich zu Beginn der Geschichte gesehen, hast du auf jeden Fall ;-)

Viele liebe Grüße,

Sebastian

 
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Wirrwarr

Also ersteinmal vielen Dank für das auseinandersetzen mit dem Geschreibsel welches meinen Finger entfuhr. ;) Ich freu mich total über die Masse an Antwort!!!

Also der alte Mann ist der Spiegel ihres Innern. Sein Erscheinungsbild ist insofern wichtig als das es ihre Gefühlslage repräsentiert. Er ist nach außen hin stilvoll gekleidet mit Hut, sitzt aber auf dem Boden im Dreck und ist alt. Sehr alt.

Die Frau ist so verträumt und im Einklang mit ihrer Umgebung und Musik die sie gerade hört (Klassisches Klaviergeklimmper) das sie sich um diese gewaltige Emotion die am Anfang beschrieben wird wahrzunehmen öffnet.
Im Grund aber hasst sie ihr Leben und weiß das es mit Lügen und Schwachsinn durchzogen ist. Dadurch das sie sich öffnet gewinnt der Mann die Oberhand. Dieser wechsel sollte durch den Stilwechsel verdeutlicht werden. Er führt ihr, also sie sich selbst vor Augen wie die Fakten stehen. Der Gesamte Anfang der Geschichte ist genau wie der Stil eine Lüge.

Vielleicht ist es ja ein Selbstmord. Man weiß es nicht.

Schlicht und missionarisch: Es gibt viele Leute, auch einige die ich persönlich kenne, so auch meine Hauptfigur in "Der Mann in der Ecke" die keinen Reiz in dem schlichten "so sollte er sein"-sex finden. Sie stürzen sich in die größten perversionen und werden somit erst befriedigt.

Es geht in der Geschichte um eine Frau die sich selbst betrügt. Sie belügt sich und ihre Umwelt, sieht wie die Fundamente ihrer kleinen Welt brechen und sieht nur schweigend zu. Flüchtet sich in unsere konservative Moral und prahlt damit herum. Mit all diesen Idealen wird sie allerdings nicht glücklich, auch wenn alle Welt es ihr wahrmachen will. Darum steht die Geschichte auch in der Rubrik "Gesellschaft".

Der Rest der Geschichte, fern des Ursprünglichen Inhaltes mündet in freie Interpretation. Jeder kann sich seinen eigenen Teil denken. Nichts ist eindeutig.

Nebenbei hab ich ein paar Sachen korrigiert wie z.B. die Sache mit dem I-pod.

 

Hallo Elia,

ich bin uneins mit dieser Geschichte, weil sie so unpräzise ist. Auch, so schön die Bahnhofsbeschreibung ist, erschließt sich mit die Verwirrung nicht ganz. Damit meine ich weniger die Gedanken, die die Frau dem Spiegelbildmann in den Mund legt, sondern die Kontextlosigkeit. Sie ist auf dem Weg zu ihren Freundinnen. Sie ist allein auf dem Bahnsteig, es fehlt jeglicher Gedanke an den Ehemann, an einen Streit vielleicht, den sie zuvor erlebt hat. Die Erkenntnis kommt sozusagen aus heiterem Himmel ohne Ankündigung. Das finde ich irritierend. Wenn ich mir auf einem Bahnsteig Gedanken über mein bisheriges und zukünftiges Leben mache, ist irgendwas passiert oder ich fahre auf etwas zu. Wenn ich mir dort Gedanken über meine sexuelle Lust mache, habe ich vielleicht einen Typen gesehen, der mich reizt. Oder von dem, wenn es denn eine sadomasochistische Spielart sein soll, ich mich gern mal demütigen und schlagen lassen wollte.
So fehlt mir gerade auf dem Gleis ein wenig die Verbindung.
Ebenfalls frage ich mich natürlich, warum eine Geschichte über eine (wenn auch vielleicht niederschmetternde, das käme auf die Wertung an) Selbsterkenntnis, wenn diese doch damit endet, die Erkenntnis nie mehr umsetzen zu können, weil der böse Zug pünktlich dann kommt, wenn der Erkenntnisakt bewältigt und abgeschlossen ist? Ist dann nicht alles umsonst?
Oder will ihr der Mann nur sagen, ihr Leben sei scheiße, also solle sie sich doch am besten vor den Zug schmeißen?
Soweit inhaltlich. Sprachlich drückst du nicht immer aus, was ausgedrückt werden soll, so kommt es zu Missverständnissen aufgrund von Perspektivwechseln und der leider unklaren Verwendung von Fremdwörtern und/oder Fachbegriffen.
Details:

Ihr braunes Haar tanzte anmutig um ihr hübsches Gesicht
Tanzen ist ja eine bewegung, die man mit den Füßen (und von dort aus mit dem ganzen Körper) praktiziert. Bist du sicher, dass es hier der richtige Begriff ist?
Für einen Schal noch zu früh, dafür aber umso angenehmer war der warme Mantel, der sich über ihre Hüften wölbte.
Ihc weiß, was du sagen möchtest, aber du sagst es nicht. Ausdrücken möchtest du, dass der warme Mantel angenehm war, obwohl es für einen Schal noch zu früh war.
Stattdessen drückst du aus, dass der Mantel zu früh für einen Schal ist. Wenn er sich dazu noch über die Hüften wölbt, stelle ich mir diese recht ausladend vor. Wolltest du deine Protagonistin übergewichtig?
wirkte wie eine synästhetische Ergänzung
ein schönes Fremdwort leider falsch benutzt. Denn man nimmt synasthetisch (sinnvermischend) wahr, die Dinge aus sich heraus sind nicht synästhetisch. Töne bleiben auch dann Töne, deren Farben auch dann Farben, wenn der Synasthetiker sie zusammen als farbige Töne wahrnimmt. Vor diesem Hintergrund ist mir unklar, wie ein Haus wie eine synästhetische (sinnvermischende) Ergänzung wirken kann.
Die Schienen waren leer und bronzefarben lagen sie da wie Fragmente einer surrealistischen Komposition.
Sprachlich erscheint mir das inkonsequent. Würde nicht Die Schienen lagen leer und bronzefarben (da), wie Fragmente einer surrealistischen Komposition viel besser in die Gesamtkomposition passen?
Es sind diese kleinen bestimmten Momente, die sich scheinbarer Vollkommenheit annähern die den Menschen über Wasser halten, dachte sie verträumt.
und dachte sie etwas umständlich. Vorschlag: Es sind diese kleinen Momente scheinbarer Vollkommenheit, die Menschen über Wasser halten, dachte sie.
Wenn die Vollkommenheit ohnehin nur scheinbar ist, stellt "annähern" eine weitere Negierung dar. Erst nur scheinbar vollkommen, dann auch noch nur nahe an dieser nur scheinbaren Vollkommenheit.
Er sah aus wie eine weggeworfene Puppe, wie er auf dem Boden saß, angelehnt an die Seitenwand des Fahrkartenhäuschens und dem Geländer mit der abblätternden Farbe.
auch hier etwas umständlich und im Casus leider falsch.
Da du auf schöne Sprache Wert zu legen scheinst, würde ich die moderne "wie" Konstruktion durch eine sprachlich korrektere ersetzen, denn "wie" sagt etwas über die Art und Weise aus (die du uns allerdings vorenthältst)
Vorschlag: Er sah wie eine weggeworfene Puppe aus, so auf dem Boden sitzend, angelehnt an die Seitenwand des Fahrkartenhäuschens und das Geländer mit der abblätternden Farbe.
Der Dativ vor Geländer ist natürlich falsch.
die Arme wirkten wie achtlos fallengelassen in einer scheinbaren Geste von Niederlage.
hier würde ich zugunsten der Satzdeutlichkeit anders gliedern. die Arme wirkten wie in einer Geste der Niederlage achtlos fallengelassen.
auch hier die doppelte Negierung. Wenn die Arme ohnehin schon nur so wirkten, braucht es nicht auch gleichzeitig noch nur scheinbar sein. Eines macht das andere jeweils redundant.
In hastigen Intervallen wie Blut aus einer tiefen Wunde verfloss die Synästhesie aus ihrem Kopf.
Uns hast du die Synästhesie in ihrem Kopf leider gar nicht geschildert. Das Mädchen hat nur über die Augen wahrgenommen. Und das auch nur Dinge, die jeder ebenfalls mit den Augen wahrgenommen hätte. Eine Vermischung fand nicht statt. Die Musk blieb Musik, sie wurde nicht zu Farben.
Hatte sie sich erschrocken?
Die Synästhesie?
Das Gemüt schien umzuschlagen in die dunkelblaugraue Betrübtheit
Hier findet zum ersten Mal die Synästhesie statt, in dem Moment, in dem sie aus dem Kopf geflohen ist, weil sie sich erschrocken hat.
Um es sachlich zu schreiben: Du hast mit der aktiven Tätigkeit der Synästhesie die Perspektive auf diese gelegt. Genau genommen liegt sie bei diesem Satz immer noch darauf:
Unwohl in ihrer schönen Haut, biss sie sich leicht auf die Unterlippe und sah auf ihre Uhr.
Wo sie vor Minuten noch die Ankunft des Zuges verflucht hatte, wünschte sie sich ihn jetzt ungeduldig herbei.
das nenne ich ja immer das Deppenwo. st ja keine Ortsangabe, die durch "wo" eingeleitet werden müsste. Lässt sich hier vermeiden, in dem du schreibst: Hatte sie noch vor Minuten ...; Grammatisch liegt der Bezug auf der Ankunft, die sie sich jetzt ungeduldig herbei wünscht.
Im Wiederspruch kämpfend die Gelegenheit zu nutzen, ihm unauffällig entgegen zu schlendern und ihn nicht anzusehen, drehte sie sich in einer schlecht imitierten Bewegung von Unbeschwertheit um und ging langsam den gekommenen Pfad zurück.
Oh. Es ist natrlich ein Widerspruch, mit (nicht in) dem sie kämpft, dann wird es völlig wirr. Der letzte Bezug liegt auf dem Zug. Dem möchte sie also entgegengehen, ohne ihn anzusehen? Seit wann gibt es auf Bahnsteigen Pfade?
Ein Rabe saß finster fern
Wie sitzt man finster fern?
„Was sagten sie gerade?“
Was sagten Sie gerade
Einer unter der Last von tausend Sorgen gepeinigten, vor Erfahrung und Ruhe beruhigenden und bitteren Stimme eines geübten Zynikers drangen die Wörter, die sich zu Sätzen formierten an ihre Ohren.
Manchmal hilft es, einen Satz auf den Kerngehalt zu verkürzen, um sich zu fragen: Ist das möglich? Einer Stimme drangen Wörter an ihre Ohren?
Es war als hätte seine banale Frage alle ihre potentiellen Antworten aus dem Mund gesogen.
Hieße das nicht, sie hätte sie gesagt?
Ein Hauch von rot
Rot; Komma nach kämpfte
dass sie peinlich berührt war und als sie noch sprachlos da stand fuhr der Mann sanft mit selbiger Stimme fort:
war, und als (während?) sie noch sprachlos da stand, fuhr ...
Ihr Blick war kurz zur Seite auf den entfernten Raben ausgeschert.
Wie ein Auto, das die Fahrbahn wechselt?
Diese Entscheidung kann ich ihnen leider nicht abnehmen.
Ihnen
Ein ungewöhnlich kalter Luftzug stahl ihr die wärme aus dem Gesicht
Wärme (wenn der kalte Luftzug die Wärme stiehlt, ist er dann hinterher weniger kalt?)
sah sie auf die Stelle an der die Schienen das Blickfeld verließen.
Komma nach Stelle
Was wollen sie von mir?
Sie
Ich möchte ihnen eine kleine Geschichte erzählen
Ihnen (diese Anredefehler hast du noch häufig, die führe ich jetzt nicht mehr alle auf)
Noch immer hatte sich zu ihrer sich beständig zunehmenden Beunruhigung der Mann bis auf seinen Mund nicht gerührt.
Die Beunruhigung nimmt beständig zu, nicht sich beständig zu.
Allerdings werde ich mir erlauben zunächst ihre Aufmerksamkeit wecken, Emanuele.
Ihre; zu wecken (aber warum, er hat sie doch schon?)
ihre Lunge rebellierte, indem sie weniger Sauerstoff aufzunehmen schien.
Hat sie nur noch eine?
„Stellen sie sich vor, wie sie dieses konservative Leben führen, Sonntags in die Kirche gehen und es für ihre Ideale opfern.
Wenn sie dieses konservative Leben für ihre Ideale opfert, führt sie es nicht mehr. Oder opfert sie die Ideale für das konservative Leben?
Ihre Sexualität spaltet sich in Paraphilien.
Ihre Fantasie ist also dergestalt, dass sie durch diese psychisches Leid in klinisch bedeutender Weise erfährt oder bei Ausübung mit juristischer Sanktion rechnen muss? Und wieso spaltet sich die Sexualität darin?
Wobei diese Parabel ihr Leben wiederspiegelt
widerspiegelt

Lieben Gruß, sim

 

Noch mehr Wirrwarr

Hoffentlich erscheine ich nicht kritikunfähig wenn ich ständig in den Kampf um das Verständnis meiner Geschichte ziehe. :confused:

- Die Erkenntnis kommt aus heiterem Himmel und das ist irritierend? Jaaa! Das ist ja das fiese daran. Und wieso sollte sich die Erkenntniss eines so tiefliegenden Problems das nahezu perfekt überspielt wurde ankündigen?!

- Kontextlosigkeit: Naja das "um sie herum" spielt eigentlich gar keine Rolle. Es geht nur um ihre Gefühle. Die Welt ist nur das Konstrunkt. Eine Lüge. Eine Nebensächlichkeit. Ein Stilmittel! Den ganzen Anfang hab ich so verfasst das er sich abhebt und schön wirkt nur ihn nachher zur gänze zu zerstören.

- Ehemann und Freundinnen werden nur erwähnt um näherzubringen was sie sonst so tut.

- Prinzipiell ist der Mann ihr Spiegel aber auch eine eigenständige Person.

- Wo Leute über was für absurde Sachen nachdenken wird sich keiner von uns ansatzweise vorstellen können. :Pfeif:

- Ich freue mich das die Gegensätze klargeworden sind. Das beides Vertreten ist. Will er ihr sagen das, das Leben scheiße ist? Und was ist mit all dem "guten" noch nebenbei in ihr steckt.
- Und das alles Sinnlos ist...? Was wenn man Sinn für eine Erfindung hält?

---

- Ich bin mir durchaus im klaren darüber was Synästhesie bedeutet. Danke. Vollkommenheit besteht aus dem Einklang, den Verknüfungen der Sinne die aufeinander schließen lassen. Da ich aber nicht fähig bin Vollkommenheit zu beschreiben muss der Leser dies tun. Darum benutze ich das Wort. Nebenbei passt es ganz gut zu dem Gefühl das die Frau zu beginn hat.

- Eine gesunde Frau hat Hüften um die sich durchaus etwas wölben kann.

- Natürlich können Haare Tanzen. Vielleicht in Form eines Stilmittels?!

- Der Wiederspruch ist absicht. Wie der Wiederspruch der Frau in sich.

- Die folgenden zitierten Sätze sollen so sein weil sie sonst nicht zueinander passen würden.

- Die Synästhesie wird am Anfang geschildert. Und da man von der Schilderung auf ihr Wohlbefinden schließen kann kann man davon ausgehen da diese in ihrem Kopf existiert. Wo auch sonst?

- Sie hat sich vor dem Mann erschrocken!

(die Sätze bilden hin und wieder ein gewolltes durcheinander in der es keine feste Reihenfolge gibt.)

- Den unsichtbaren Pfad den sie auf ihrem Hinweg gemalt hat.

- Entgegen gehen ohne Anzusehen. Ah wieder ein Wiederspruch. Juhuuu!

- Wie ein Rabe finster fern sitzen kann? Keine Ahnung. :lol: Nun nehmen sie dir Worte in ihren Kopf und stellen sie sich ein Bild mit der dazu passenden emotion vor. Was dabei herauskommt ist die erzielte Wirkung des Satzes.

- Ob sie ihre potentiellen Antworten ausgesprochen hätte weiß ich nicht. Es reicht aus das sie sie gedacht hätte.

- Ausgeschert: Die Bahn in der sie zu gucken hat ist der Mann. Und nur kurz sieht sie zu dem Raben rüber. Also ist ihr Blick ausgeschert von der eigetlichen Bahn.

- Personifizierung der Kälte. Nur weil die Kälte die Wärme stielt heißt das nicht das sie dadurch wärmer werden würde..... .

- Ihre Aufmerksamkeit liegt auch nur scheinbar bei ihm. Sie denkt darüber nach wie sie in den Zug steigt und ihn reden lassen will. Erst mit dem Namen hört sie ihm wirklich zu.

- Ihre Ideale sind das Konservative Leben.

- Eine Paraphilie ist eine Abweichung des zu erwartenen Sexualitätsverhaltens des Partners und nicht immer behandlungsbedürftig. Oder ist Sadomasochismus behandlungsbedürftigt oder wird juristisch verfolgt?! Genausowenig eine Kopro- Vomero- oder Urophilie. Wobei natürlich das aufgeführte dennoch eine Störung der Sexualpräferenz ist.
- "F65.5 Sadomasochismus"
-Man stelle sich eine "normale" Sexualität vor. Diese spaltet sich. Herauskommen Bedürfnisse die sich in bestimmten psychologischen Kategorien wiederfinden lassen. Ist doch ganz einfach.

---

Man darf eigentlich gar nicht Fragen ob die Geschichte Sinn macht, oder eine Geschichte Sinn macht weil allein schon die Frage Blödsinn ist. Man sollte sie nur nach der Empfindung beurteilen die man nach dem Lesen in sich trägt. Diese Empfindung ist nun mal hoffentlich bei der Geschichte, Unverständniss, Leere und Betroffenheit. Scheinbar und das freut mich irgendwo habe ich mein Ziel erreicht. :thumbsup:

Bitte nichts persönlich nehmen was ich geantwortet hab!!!!!!!!!!

Viele liebe Grüße und vielen, vielen Dank für die von mir geschätzte Investition ihrer Zeit für mein kleines Geschreibsel das eigentlich nur zum Nachdenken und Fühlen anregen soll!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

elia :D

 
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Hallo Elia,

nein, persönlich nehme ich höchstens, dass du mich siezt. ;) Aber wenn du dich dabei wohler fühlst, ist das natürlich völlig in Ordnung. :)
Es scheint einige Missverständnisse zu geben.
Ich fange mal mit dem Schluss deiner Antwort an.

Man sollte sie nur nach der Empfindung beurteilen die man nach dem Lesen in sich trägt.
Ich lese Geschichten immer intuitiv. Entsprechend beurteile ich sie auch. Meine Einleitung bestand entsprechend aus einer Gefühlsbeschreibung: Ich bin uneins mit der Geschichte.
Zu einem Denkprozess wird es erst, wenn ich die intuitive Empfindung in Worte fassen muss, das lässt sich bei keiner Kritik vermeiden, weder bei einer guten noch bei einer schlechten.
Diese Empfindung ist nun mal hoffentlich bei der Geschichte, Unverständniss, Leere und Betroffenheit. Scheinbar und das freut mich irgendwo habe ich mein Ziel erreicht.
Ich fürchte, das ist ein hohes Ziel, da Betroffenheit vielleicht aus Leere noch entstehen kann (meistens ist es eher umgekehrt, manche Betrofffenheit lässt uns leer zurück), aber schwerlich aus Unverständnis für eine Geschichte.
Das Unverständnis über eine Handlungsweise kann uns schon betroffen hinterlassen, meistens dann, wenn jemand sich für unser Gefühl unverständlich gemein und asozial verhält.
Zur Irritation der Erkenntnis aus heiterem Himmel reduziere ich mal den Plot um das "um sie herum, das keine Rolle spielt".
Eine Frau steht auf einem Bahnhof und möchte Freundinnen besuchen, als sie die Erkenntnis erfasst, sie möchte sich schlagen, demütigen und hart ficken lassen. Sie begreift, Veränderung ist der Schlüssel zu ihrem Wohlbefinden, doch leider zu spät, denn mit dieser Erkenntnis stirbt sie (auch eine From von Veränderung die je nach Glaube zu Wohlbefinden führen kann).
In deiner Antwort an mich fragst du:
Und wieso sollte sich die Erkenntniss eines so tiefliegenden Problems das nahezu perfekt überspielt wurde ankündigen?
Eigentlich gibst du die Antwort schon in der Frage. Denn ein Problem, das nahezu perfekt überspielt wurde, wurde eben nur nahezu perfekt überspielt. Es ist durchaus möglich, dass es perfekt überspielt (oder verdrängt) wurde. Aber man kann nur etwas überspielen oder verdrängen, das bereits da ist. Und mit der Erkenntnis aus heiterem Himmel sind oft auch die Zeichen der Ankündigung zu deuten, die es früher schon gegeben haben mag. Mir ging es aber in erster Linie um Zeit und Ort der schlagartigen Erkenntnis. Es ging mir weniger um die Ankündigung als um einen Schlüsselreiz, der diese schlagartige Erkenntnis ausgelöst hat. Vielleicht gehe ich da zu empirisch vor. Gerade Coming Outs, wofür auch immer, haben ja meistens einen Verlauf:
1.) Aufwuchs unter prägenden Normen des Umfeldes.
2.) Übernahme des Normbildes unabhängig von der eigenen Möglichkeit, es zu erfüllen
3.) Leiden unter oder Scheitern an der Normerfüllung (oft, ohne dies mit der Norm in Zusammenhang zu bringen)
4.) Ahnung der Unfähigkeit
5.) Kampf, diese Unfähigkeit zuzulassen, Ängste vor der Reaktion der Umwelt. - 4 und 5 können damit einher gehen, die nicht zu erfüllende Norm öffentlich in Frage zu stellen, ohne sich als betroffen zu erkennen zu geben.
6.) Im Idealfall Bejahung der Unfähigkeit vor sich selbst.
7.) Im Idealfall Bekenntnis zur Unfähigkeit vor dem Umfeld.
Um für sich zu diesen Schritten zu kommen, bedarf es meistens Fantasien oder Schlüsselreize. Ein Homosexueller zum Beispiel der in einer heterosexuellen Umwelt lebt, spürt vielleicht in seinen Masturbationsfantasien und Feuchtträumen den Hang zum eigenen Geschlecht. Es kann aber auch vorkommen, dass er diese an Frauen richtet, bis er plötzlich dem Mann begegnet, der alles über den Haufen wirft. In beiden Fällen wird er seine Rolle und seine Stellung zu den vermittelten Normen mit sich klären müssen. Das ist für deine Geschichte weniger wichtig, denn bis zum öffentlichen Coming Out ist die Frau ja nicht gekommen. Aber mir fehlt ein Schlüsselreiz. Dadurch nehme ich der Geschichte die Schlagartigket für die Frau nicht ab. Ohne Schlüsselreiz wirkt es, als wollte der Autor seiner Protagonistin mal eben eine sexuelle Andersartigkeit reindrücken um die Bahnhofsidylle zu zerstören. Die Frau entdeckt ihre sexuelle Leidenschaft, weil der Autor es wollte, nicht weil die Geschichte es wollte oder es aus der Geschichte heraus zwingend wird. Ich hoffe, ich konnte den Unterschied einigermaßen begreiflich machen. Das war jedenfalls auch das, was ich mit Kontextlosigkeit meinte. Wenn ich das auf den Mann übertrage, der immer von Frauen träumt und beim Anblick eines Mannes wird schlagartig alles anders, wäre es schon erstaunlich, wenn er selbst diese Schlagartigkeit auch gleich in die Aussage "Ich bin schwul" setzten würde. Erstmal ist da ein Mann, der ihn reizt, es kämen schon gedanklich mehrere Dinge in Frage. Und unsere Seele verarbeitet die neue Situation in der Regel nicht so schnell, dass sie uns gleich stabile Antworten gibt. Oder sie tut es, wir haben aber längst verlernt, sie zu hören und zu verstehen. Erst recht, wenn deine Protagonistin es so lange nahezu perfekt überspielt hat.
- Ehemann und Freundinnen werden nur erwähnt um näherzubringen was sie sonst so tut.
Ehemann und Freundinnen sind wichtig, die schaffen ja wenigstens ein bisschen des Kontextes, den ich vermisse. Der Mann steht für das, womit die Frau nicht glücklich ist, die Freundinnen für das, worin sie bisher trotzdem Glück gesucht, aber nicht gefunden hat.
Es geht nur um ihre Gefühle. Die Welt ist nur das Konstrunkt. Eine Lüge. Eine Nebensächlichkeit. Ein Stilmittel!
Ja, das hatte ich für den Bahnhof und vor allem für den Mann schon so verstanden
Das sinnbildliche Modell eines Idyls, das nach und nach beängstigender erscheint, weil es ihr nicht entspricht.
- Wo Leute über was für absurde Sachen nachdenken wird sich keiner von uns ansatzweise vorstellen können.
Wäre es nicht gerade dann die Aufgabe eines Autors, es für die Geschichte, die er erzählt vorstellbar zu machen?
Was wenn man Sinn für eine Erfindung hält?
Dann muss dieser Gedanke oder das Gefühl durch die Geschichte entstehen oder initiiert werden, sei es auch nur als Möglichkeit.
- Ich bin mir durchaus im klaren darüber was Synästhesie bedeutet. Danke. Vollkommenheit besteht aus dem Einklang, den Verknüfungen der Sinne die aufeinander schließen lassen.
Synästhesie in Zusammenhang mit Vollständigkeit zu setzen lässt auf eine andere Bedeutung des Begriffs für dich schließen, als zum Beispiel ich sie habe. Der Duden kennt für den Begriff zwei Definitionen:
Sy|n|ästhe|sie die; -, ...ien <gr.-nlat.>:

a) Reizempfindung eines Sinnesorgans bei Reizung eines anderen (z. B. Farbwahrnehmung bei akustischem Reiz);

b) (Stilk.) durch sprachlichen Ausdruck hervorgerufene Verschmelzung mehrerer Sinneseindrücke (z. B. schreiendes Grün)
Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]

Mein Kritikpunkt ist, dass Synästhesie eine Wahrnehmung ist, du es allerdings als etwas äußeres verwendest. Okay, die Notiz habe ich mir gleich während des Lesens gemacht. Wenn das kleine Häuschen natürlich in der Realität gar nicht oder nur bedingt existiert, kann es wie eine synästhetische Ergänzung wirken, die im Kopf der Protagonistin entsteht. Allerdings nehme ich als Leser zu diesem Zeitpunkt alles noch als real hin.
Und der zweite Kritikpunkt, der diese dann wieder nicht möglich macht, ist, dass die Augen das einzige Sinnesorgan bleiben. Sie hört das Haus nicht, sondern ihren mp3 Player. Für eine synästhetische Ergänzung müsste sie das Haus sozusagen aus dem mp3 Player hören, die Musik in einen optischen Reiz umsetzen.
Da ich aber nicht fähig bin Vollkommenheit zu beschreiben muss der Leser dies tun. Darum benutze ich das Wort.
Klingt ein bisschen nach "weil ich es nicht kann muss der Leser meine Arbeit machen". Natürlich leistet ein Leser die Verknüpfungen, die Assozuationen, die dein Text in ihm hervorruft. Schwierig wird es natürlich bei einem Wort, von dem ich nicht weiß, wie viele deiner Leser erstmal nachschlagen müssen, was es überhaupt heißt. Und dann finden sie eine Definition, die mit deiner von "Vollständigkeit" so gar nichts zu tun hat. Und dann wird es kompliziert. Zumal der Leser ja zunächst nach synästhetisch suchen wird und im duden folgendes erfährt:
sy|n|ästhe|tisch:

a) die Synästhesie betreffend;

b) durch einen nicht spezifischen Reiz erzeugt

Schaut man bei wissen.de findet man gar nichts, schaut man bei Wikipedia bekommt man das Gefühl, es mit einer psychologischen Störung zu tun zu haben. Worauf ich hinausmöchte: Deine Intention wird von den wenigsten verstanden werden.
- Natürlich können Haare Tanzen. Vielleicht in Form eines Stilmittels?!
Ne, nicht jeder inhaltliche Blödsinn ist ein Stilmittel, auch wenn wir es gern so hätten, um uns nicht korrekt ausdrücken zu müssen. Tanzende Haare sind ja wenigstens in sofern noch vorstellbar, dass man ahnen kann, ja, sie werden durch den Wind bewegt und umspielen so das Gesicht.
- Der Wiederspruch ist absicht. Wie der Wiederspruch der Frau in sich.
Ich weiß jetzt gerade nicht, worauf sich das bezieht, aber möchtest du mir sagen, dass du Widerspruch absichtlich mit ie geschrieben hast?
- Die folgenden zitierten Sätze sollen so sein weil sie sonst nicht zueinander passen würden.
auch hier weiß ich nicht, worauf sich diese Erwiderung bezieht.
- Die Synästhesie wird am Anfang geschildert. Und da man von der Schilderung auf ihr Wohlbefinden schließen kann kann man davon ausgehen da diese in ihrem Kopf existiert. Wo auch sonst?
Da sind wir wieder beim unterschiedlichen Begriff von Synästhesie. Wenn sie das Haus aus dem mp3 player hören würde ...
- Sie hat sich vor dem Mann erschrocken!
Das hast du aber nicht geschrieben. Der Bezug oder die Perspektive liegen zu dem Zeitpunkt grammatisch auf der Synästhesie.
- Den unsichtbaren Pfad den sie auf ihrem Hinweg gemalt hat.
Nun magst du mir wieder sage, dort müsste ich in Fantasieleistung treten. Stilistisch aber bemühst du dich, in mir einen Bahnhof zu erzeugen, um dem dann einen Pfad zu verpassen, von dessen Entstehung du nichts erzählts. Du greifst auf ein Bild zurück, dass du nicht gemalt hast.
- Entgegen gehen ohne Anzusehen. Ah wieder ein Wiederspruch. Juhuuu!
hier scheinst du meine Anmerkung gar nicht verstanden zu haben, es ging mir nicht darum, dass es ein Widerspruch wäre, jemandem entgegenzugehen, ohne ihn anzusehen, sondern um die Grammatik des Satzes und die daraus entstehende Frage, wem möchte sie entgegengehen? Deinem Satz nach dem Zug. Ich hatte aber den Eindruck, du meintest den Mann. Das aber hast du nicht ausgedrückt.
Nun nehmen sie dir Worte in ihren Kopf und stellen sie sich ein Bild mit der dazu passenden emotion vor.
gar keine, das ist es ja eben.
- Ob sie ihre potentiellen Antworten ausgesprochen hätte weiß ich nicht. Es reicht aus das sie sie gedacht hätte.
Erstens solltest du es als Autor wissen, zweitens: Was aus dem Mund kommt, sind Wörter. Mir ging es um die sprachliche Ungenauigkeit. Ich hatte das Gefühl, du wolltest ausdrücken, es war als fehlten ihr plötzlich alle Antworten, ausgedrückt hattest du aber, es war, als hätte die simple Frage sie zu einem Redeschwall verleitet.
- Ausgeschert: Die Bahn in der sie zu gucken hat ist der Mann. Und nur kurz sieht sie zu dem Raben rüber. Also ist ihr Blick ausgeschert von der eigetlichen Bahn.
eben nicht. Wenn etwas ausschert, dann wechselt es die Spur und bleibt auf der neuen. Bis es wieder ausschert.
- Personifizierung der Kälte. Nur weil die Kälte die Wärme stielt heißt das nicht das sie dadurch wärmer werden würde..... .
"stehlen" ist die unrechtmäßige Inbesitznahme von Dingen, die einem nicht gehören zum eigenen Vorteil. Wenn also die Kälte Wärme stiehlt, heißt es eindeutig, dass sie dadurch wärmer würde. Mal abgesehen davon, ob Kälte in der Lage ist, zu stehlen. Was du meintest, ist, dass die Kälte die Wärme vertreibt. Also schreibe es doch auch.
- Ihre Aufmerksamkeit liegt auch nur scheinbar bei ihm. Sie denkt darüber nach wie sie in den Zug steigt und ihn reden lassen will. Erst mit dem Namen hört sie ihm wirklich zu.
das kommt nicht so ganz an, weil sich ja die ganze geschichte um diese Beziehung dreht. Und selbst, wenn sie darüber nachdenkt, wie sie dem Mann entkommt, gehört die Aufmerksamkeit ihm. Sie ist mit ihm beschäftigt.
- Ihre Ideale sind das Konservative Leben.
Was deinen Satz allerdings noch sinnloser macht, denn danach würde sie das konservative Leben dem konservativen Leben opfern.
- Eine Paraphilie ist eine Abweichung des zu erwartenen Sexualitätsverhaltens des Partners und nicht immer behandlungsbedürftig. Oder ist Sadomasochismus behandlungsbedürftigt oder wird juristisch verfolgt?!
Genau um diesem Vorurteil, das du mir hier unterstellst zu begegnen legt die WHO sehr viel Wert auf die Verwendung des Begriffs Paraphilie im rein klinischen Sinne. Demnach ist Sadomasochismus, der nicht behandlungsbedürftig ist oder jurustisch verfolgt wird eben keine Paraphilie, auch wenn er nach F65.5 aufgeführt wird.
WHO schrieb:
Diagnose nach ICD-10, Störungen der Sexualpräferenz (F65)

Es treten über einen längeren Zeitraum – mindestens 6 Monate – ungewöhnliche sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen auf, die sich 1. auf ungewöhnliche nichtmenschliche Objekte, 2. auf Leiden oder Demütigung von sich selbst oder anderen Menschen oder 3. auf Kinder oder andere Personen beziehen, die nicht einwilligungsfähig oder –willig sind.

Diese Phantasien, Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in unterschiedlichen Funktionsbereichen Leiden und Beeinträchtigung bei den Betroffenen oder ihren Objekten.

American Psychiatric Association schrieb:
Eine Paraphilie muss unterschieden werden vom nicht pathologischen Einsatz sexueller Phantasien, Verhaltensweisen oder Objekten zur Stimulierung der sexuellen Erregung bei Personen ohne Paraphilie. Phantasien, Verhaltensweisen oder Objekte gelten nur dann als paraphil, wenn sie in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen führen (z. B. wenn sie unverzichtbar sind, zu einer sexuellen Funktionsstörung führen, die Einbeziehung einer nicht einwilligenden oder nicht einwilligunsfähigen Person erfordern, zu juristischen Schwierigkeiten führen, soziale Beziehungen gefährden).
-Man stelle sich eine "normale" Sexualität vor. Diese spaltet sich. Herauskommen Bedürfnisse die sich in bestimmten psychologischen Kategorien wiederfinden lassen. Ist doch ganz einfach.
dann spaltet sie sich in verschiedene Bedürfnisse auf.

Das erwünschte Unverständnis sollte doch sicherlich nicht das über deine Grammatik sein, oder? Und als angeregtes Gefühl hattest du dir doch sicherlich nicht die Frage "bin ich zu doof?" vorgestellt, oder?
Natürlich erreicht man Unverständnis, wenn man nicht präzise formuliert. Das ist keine Kunst, kannst du hier jeden Tag in 80 Prozent aller neuen Geschichten nachlesen. Natürlich erreicht man auch Unverständnis, wenn man Begriffe verwendet, die viele nicht kennen, auch das ist keine Kunst. Und wenn man Begriffen einfach eine eigene Definition gibt, wie etwa "Stehlen=vertreiben" erreicht man jede Menge Unverständnis. Ich fürchte nur, das Gefühl, das dabei entsteht ist das von Ärger über den Autor, der einen für dumm verkaufen will.

Lieben Gruß, sim

 

Schluss mir Wirrwarr

Guten Morgen! :)

-Gut, das Missverständnis bezüglich der Praphilie ist dahin. :D Obwohl man sowas eigentlich wissen sollte!!! :(
-Ich glaube ich habe die Geschichte ein wenig sehr eigen geschrieben so, dass nur ich und Jemand der mich etwas besser kennt den Durchblick haben kann. Aber das ist nicht so schlimm.
-Warum ich dann die Geschichte online gestellt hab? Nuja um zu sehen wie die Reaktionen sind. :)

Bald kommen noch mehr Kritikfähige Inhalte,
bis dahin liebe Grüße, elia

 

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