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Der perfekte Mann

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09.02.2003
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Der perfekte Mann

Martin haute mich um, gleich von Anfang an. Nie vorher war ich einem Mann begegnet, der mich so angezogen hatte wie er. Ich musste ihn haben.

Wir begegneten uns bei einem Fussballspiel. Er spielte gegen die Mannschaft meines Bruders. Eigentlich bin ich kein Fussballfan, aber ich war meinem Bruder noch was schuldig. Er hatte mir geholfen, meinen letzten Fehlgriff loszuwerden. Männer. Manchmal täuscht man sich eben in ihnen.

Also stand ich da neben dem Feld mit dem Regenschirm und versuchte meinen Bruder anzufeuern. Es regnete in Strömen und ich trug Flip Flops.
Die Mannschaften machten sich bereit und da stach er mir sofort ins Auge. Mein Herz blieb einen kurzen Moment lang stehen. Ich vergass zu atmen. Er war traumhaft. Er war perfekt. Seine kantigen Gesichtszüge, das strubbelige Haar und sein Lächeln! Wahnsinn! Ich konnte kaum die Augen von ihm abwenden. Und er war gross, mindestens 1.95m. Er war so stark, so männlich. Das ganze Spiel lang konnte ich nur ihn beobachten. Das Zusammenspiel seiner Muskeln machte mich ganz kribbelig vor Vorfreude. Ich bekam nicht einmal mit, wer gewann. Es war mir auch egal. Ich hatte meinen Adonis endlich gefunden. Und ich würde ihn nicht wieder gehen lassen.

Nach dem Spiel wartete ich noch auf meinen Bruder. Er hatte keinen Führerschein und ich musste ihn nach Hause fahren. Martin kam schon vor ihm heraus. Ich ging gleich auf ihn zu. Ich bin nämlich nicht schüchtern. Ausserdem ist es altmodisch, dem Mann den Vortritt zu lassen. Die Frau von heute nimmt es selbst in die Hand.
Aus der Nähe betrachtet, sah er noch besser aus. Seine Augen waren dunkelbraun, die Pupille erahnte ich nur. Er lächelte etwas irritiert und ich bemerkte seine weissen Zähne. Es ist wichtig, dass die Zähne gepflegt und regelmässig sind. Sonst wirkt das Gesamtbild nicht wirklich. Zumindest meiner Meinung nach.
Ich stellte mich vor und gestand ihm, dass er mir gefiel. Das Ausmass seiner Anziehung durfte ich nicht verraten. Das hätte ihm nur Angst gemacht. Ich musste zu ihm aufsehen, das war so schön. Denn meistens sehe ich auf Männer herab dank meiner Körpergrösse.
Er war ein wenig verwirrt, aber auch geschmeichelt. Wir machten ein Treffen aus. Er merkte nicht, dass mein Herz vor Freude fast zersprang. Oder dass meine Hände zitterten.
Ich versuchte ihn genau anzusehen, bevor er ging, mir ihn gut einzuprägen. Als könnte ich mit jedem Blick eine Faser mehr von ihm aufnehmen. Das hilft mir, mich an Menschen zu erinnern. Nicht, dass ich Martin hätte vergessen können.

Mein Bruder merkte mir meine Aufregung natürlich sofort an. Er weiss immer alles. Wahrscheinlich ist das so bei Zwillingen. Begeistert war er nicht. Er mag meine Männer nie. Aber das macht nichts, denn ich mag seine Frauen auch nicht. Aber das hindert uns nicht daran, unser Versprechen einzuhalten und füreinander dazusein.

Als der Abend des Dates kam, war ich nicht nervös. Ich war ein wenig aufgeregt, aber ich wusste, alles würde glattgehen. Ich hatte mein schwarzes Kleid an. Es war mit Pheromonen getränkt. Viele Leute glauben nicht daran. Aber mir ist die Wirkung bestens bekannt. Jeder Mann fühlt sich davon angesprochen. Es ist wie eine unsichtbare Schnur, die sie immer fester an mich bindet. Das ist meine Geheimwaffe.
Ich sah gut aus. Klar könnte ich etwas muskulöser sein, aber ich mache keinen Sport. Und meine Brüste dürften auch ein wenig grösser sein. Aber im Grossen und Ganzen war ich sehr zufrieden. Ich würde Martin bekommen.

Er sah so gut aus. Ich konnte den Blick kaum von ihm wenden. Er trug ein dunkelrotes Hemd zu schwarzen Hosen, sehr stilvoll. Passend zum Restaurant. Und er war ein Gentleman.
Den ganzen Abend lang schwelgte ich in seiner Gegenwart. Er roch sehr gut. Er redete viel, ich eher wenig. Denn ich konnte mich nicht auf das konzentrieren, was er sagte. Ich war wie in einem Bann. Während er redete, sah ich auf seine vollen Lippen und achtete auf jede Bewegung, die er mit dem Körper machte. Die Art wie er mit den Schultern zuckte, wenn er nicht weiterwusste. Oder wie sich sein Brustkorb beim Atmen hob und senkte. Und wie er mich immer wieder mit seiner Hand am Arm berührte... Ich war fasziniert. Biologie war schon immer eines meiner Lieblingsfächer gewesen, neben Kunst natürlich.
Beim Dessert hatte ich ihn endlich. Seine Art mich anzusehen war nun die Richtige. Die Pheromone und vermutlich auch der Wein hatten ihren Zweck erüllt. Ich lud ihn zu mir ein, denn ich gehe nicht gern zu Männern nach Hause. Wurde so erzogen.
Es begann schon im Taxi. Seine Hände konnten nicht von mir lassen. Nicht dass ich ihm nachstand, im Gegenteil. Einen Mann muss man auch erfühlen, um sicher zu sein. Und bei ihm war ich es. Er war perfekt.

Wie wir es ins Haus und in mein Zimmer im Keller geschafft haben, weiss ich nicht mehr. Aber Tee haben wir getrunken. Den vergesse ich nie. Ich weiss nur noch, dass ich seinen Körper ganz spüren konnte. Nackt gefiel er mir noch viel besser. Wieder versuchte ich, mir alles genau einzuprägen, jede einzelne Bewegung. Und ich hatte ihn. Er gehörte mir.
Es dauerte nicht lange. Er schlief ein. Ich zog mich wieder an, es war an der Zeit. Da bewegte er sich schon nicht mehr. Dann kann ich besser arbeiten. Es dauert nie lang.
Endlich konnte ich mit der Arbeit beginnen. Der Ton war schon da. Ich setzte Martin etwas mühsam auf- er war ziemlich schwer- und brachte ihn in Position. Perfekt. Es fiel mir so leicht, den Ton zu formen. Ich war wie in Trance. Ich war ein Profi und Martin war das perfekte Modell. Und ich wusste, ich würde endlich die perfekte Skulptur formen. Wie stolz ich war. Es hatte sich gelohnt.

Oben begann mein Bruder die Erde im Garten auszuheben.

 

Ach Mensch, Jeled! Deine Geschichte ist bis zum letzten Absatz perfekt. Wunderbar lapidar im Ton, lebendig in der Schilderung, liest sich runter wie Öl und ist doch gleichzeitig kein bisschen banal, eine Prot, die neugierig macht, gelungener Spannungsaufbau, ein Touch schwarzer Humor, erinnert an die Stories von Roald Dahl - und dann der Dämpfer im Finale. Warum zum Henker tötet sie ihn? So wie ich mir Martin vorstelle, hätte er doch sicher nichts dagegen gehabt, Modell zu sitzen. Mag sein, dass ich etwas überlesen habe, aber wenn nicht, dann sehe ich an dieser Stelle einen bedauerlichen Bruch in der Logik.

Chica

 

Hallo jeled!

Mir hat Deine Geschichte nicht so richtig gefallen. Zwar ist sie flüssig geschrieben, aber einerseits stört mich ebenfalls der von Chica erwähnte unlogische Schluß, andererseits fand ich sie zu oberflächlich. - Vielleicht kannst Du ja die Restaurant-Szene noch ein wenig ausbauen und ein paar Dialoge einstreuen, das könnte sie interessanter machen. Oder den Anfang etwas kürzen. Denn so finde ich, daß man eigentlich alles mit diesen beiden Sätzen zusammenfassen kann, und das ist eine magere Ausbeute:

Ich sah gut aus.
Er sah so gut aus.
Natürlich wird am Schluß klar, daß es der Protagonistin vermutlich auch gar nicht um mehr als das ging, nur habe ich deshalb beinahe schon zu lesen aufgehört (hätte ich nicht Chicas Kommentar zuerst gelesen, hätte ich das auch getan).

Er lächelte etwas irritiert und ich bemerkte seine weissen Zähne. Es ist wichtig, dass die Zähne gepflegt und regelmässig sind. Sonst wirkt das Gesamtbild nicht wirklich.
Ist Deine Protagonistin von Beruf Pferdeeinkäuferin? :D

Aber er war nicht begeistert. Er mag meine Männer nie. Aber das macht nichts, denn ich mag seine Frauen auch nicht. Aber das hindert uns nicht daran,
Aber, aber ...

Nicht dass ich Martin hätte vergessen können.
Nicht, dass

Ich hatte mein schwarzes Kleid.
Nehme an, da fehlt ein "an"

Aber ich weiss, die Wirkung ist unbestreitbar.
Irgendwie wirkt der Satz komisch auf mich, aber ich kann es nicht so recht begründen. Fände sowas wie "Aber ich weiß um die Wirkung Bescheid" besser, da es die Erfahrung der Protagonistin mehr hervorhebt.

Er trug ein dunkelrotes Hemd zu schwarzen Hosen, sehr stilvoll. Passend zum Restaurant.
Ich lud ihn zu mir ein, denn ich gehe nicht gern zu Männern nach Hause. Wurde so erzogen.
:lol:

Gegen Schluß hast Du ein paar Leertasten nach Satzzeichen vergessen, und da Du keine "ß" verwendest, nehme ich an, Du kommst aus der Schweiz? (Falls nicht, korrigiere doch bitte die Worte, die mit ß geschrieben werden, das sind Fußball, vergaß, groß, außerdem, weißen, regelmäßig, Ausmaß, Körpergröße, weiß, größer, Großen)

Oben begann mein Bruder die Erde im Garten auszuheben.
:susp: Wieso "oben"? Wo sind die beiden denn?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Jeled,

eigentlich hätte ich besser deine Geschichte nicht anklicken sollen, denn bei diesem Titel , den du gewählt hast, war irgendwie klar, dass da irgendwas nicht stimmen kann. :lol:

Und wie zu erwarten war: du bringst mich um ein HappyEnd. ;)
Nachdem ich dem Märchen vom perfekten Mann gefolgt bin, deiner Protagonistin mit ins Taxi und dann sogar mit ins Schlafzimmer gefolgt, hätte ich ja ahnen müssen, dass du nicht wagen wirst, eine süsslich triefende Liebesstory ala emophiliac zu schreiben, sondern dass ich Leser bald die Quittung für den Versuch erhalten werde, meine romantischen Träume an deiner Geschichte ausleben zu wollen.

Das Ende bis auf den letzten Satz, zu dem ich gleich noch was meckere, gefällt mir ausnehmend gut. Es macht aus dieser Geschichte eine süsslich träufelnde Situation, die jäh in Sodbrennen umkippt und am Ende schmunzele ich.
Gut gemacht.

Der letzte Satz ist meiner Meinung nach zum Drüberstolpern, weil du nirgendwo erwähnst, dass sich deine Protagonistin zusammen mit ihrem Herzblatt im Keller befindet oder weshalb sonst gräbt der Bruder oben ? Ach, ich seh grad, Susi hats auch schon kritisch beäugt. Na denn, doppelt hält besser.

Lieben Gruß
lakita

 

hallo zusammen
erstmal danke für die kritik. werd mich gleich mal daran machen, die geschichte zu überarbeiten. ich war wohl zu vertieft in die geschichte, um zu erwähnen, dass sie sich im keller befinden. werd ich nachholen.


@lakita
danke für das lob. wenigstens eine person, die den schluss gut findet. :)

@susi
schade, dass dir die geschichte nicht gefallen hat. aber ich wollte alles bewusst recht oberflächlich halten. im restaurant zum beispiel hört sie ihm ja nicht mal wirklich zu. ausserdem sind diese erste-dates-small-talk-gespräche (was für ein wort!) nie gerade sehr interessant.
aber ich werd versuchen, das irgendwie einzubauen, wenn es geht.
und ja ich bin aus der schweiz. ich finde dieses ß auch jedesmal schwer auf meiner tastatur. ss ist viel leichter. :D

@chica
danke, danke. auch wenn der schluss dir nicht gefällt, der musste irgendwie sein. als ich sie schrieb, hatte ich diesen schluss vor augen. also was gefühlsmässiges. dazu passt es auch zu meiner hauptperson. was martin will oder kann ist hier unwichtig. männer sind für sie nur wegwerfprodukte. deshalb "wirft" sie martin am ende "weg", sie braucht ihn nicht mehr und deshalb ist er auch für andere unbrauchbar, weil sie ihn verbraucht hat. :hmm: klingt jetzt irgendwie seltsam, aber für mich fühlt es sich richtig an.

 

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