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Der Schöpfer

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08.11.2004
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Der Schöpfer

Am Samstag, den 14.März 04 war ich, Wolf, in Kassel um mich von einem professionellen Schauspieler coachen zu lassen. Zu der Zeit nämlich wollte ich Schauspieler werden, wollte meinen Traum-seit-immer Wirklichkeit werden lassen, wollte spielen, wollte Theaterboden unter den Füßen spüren.
Leider weiß Wolf jedoch nicht so genau, was er eigentlich will. Ehrgeiz und Angst sind die zwei sich wiedersprechenden Pole in seinem Herzen, die von zwei Seiten gleich stark an ihm ziehen und ihn damit bewegungslos machen.
Ich konnte mich nur bei einer einzigen Schaupielschule bewerben (München), da sich die Vorsprechen der anderen mit dem schriftlichen Abi überschnitten.
Wolf träumt viel in dieser Zeit.
Über meine ehemalige Deutschlehrerin, die von meinem Vorhaben erfahren hatte, machte ich Bekanntschaft mit Mathias J. vom Kassler Staatstheater. An diesem Samstag, fuhr ich zu ihm und spielte die von mir vorbereiteten Stücke vor.


"Und was wird dann aus mir?"
"Wie, aus dir?"
"Naja, du wirst berühmter Schauspieler und ich bleib nur die kleine, liebe Freundin" (nimmt einen tiefen Zug)
"Das ist doch Quatsch, Bidi!"
"Was? Dass du berühmt wirst? Du hast Talent, Wolle, jeder sagt das."
"Gib mir erst mal die Kippe." Zieht. "Mmmh ... nein, ja, kann schon sein" (ginst) "Aber ich werd immer zu dir halten!"
"Na toll." Zieht noch mal, macht sie dann aus und dreht sich weg. Er will sie streicheln, sie schiebt seine Hand weg.
Er: "Mensch, Bidi, was ist denn?"
Sie: "Wo bleib ich? Das Große Leben des Wolf, des Wolle, den alle mögen und der in allem gut ist. Und wo bleibe ich? Wo bleibt das Große Leben der Bidi? Ich bin manchmal traurig und denke nach und weine ohne Grund und ... ach ... keine Ahnung."
Sie dreht sich wieder zu ihm hin.
"Ach, Bidi, mein Engel. Komm her." Er nimmt sie in den Arm.

Meine Eltern brachten mich nach Kassel, denn sie wollten sowieso Einkaufen gehen. Zurück sollte ich mit dem Zug fahren. Das Training lief wirklich gut. Ein Profi halt, er gab mir die richtigen Tipps.

AchzudesgeistesFlügelnwirdsoleichtkeinkörperlicher....
"Mensch, Wolf, das ist ne Rythmik drin, die musst du beachten! Versuch mal an die Betonung bei Reimen zu
denken."

IchhätteSteinegeklopftundgehungertIchwarnichtschlecht....
"Spiel das mal so, als würdest du es einem Geist erzählen, der so rechts über dir schwebt."

AllesgehtmalinRauchundFlammenaufdieVersicherungersetzt...
"Trenn die beiden Figuren sorgfältiger voneinander, sonst wirkt das komisch. Zieh dir vielleicht ein Jackett
an, wenn du als der andere sprichst."

Ich wurde nicht genommen. Das wusste ich aber noch nicht beim Vorsprechen, schon gar nicht beim Üben mit Mathias J., sondern diese niederschmetternde Nachricht erreichte mich eine Woche nachdem alles vorbei war, per Post.
Von Kassel fuhr Wolf, der Wolf mit dem Zug heim. In Wabern, einer niedlichen Stadt an der Schwalm stieg er um.

Ich weiß gar nicht, ob er mit mir in den zweiten Zug eingestiegen ist oder schon drin war, jedenfalls saß mir gegenüber ein seltsam anzuschauender älterer Herr.

Manchmal, wenn man total geschafft ist und gleichzeitig vollkommen entspannt, wenn die Nachmittagssonne die Welt in ein goldenes Bad taucht, wenn man kurz vor dem Einschlafen ist, dann ändert sich etwas. Die Dinge fangen an durchsichtig zu werden und man erblickt eine Wirklichkeit hinter dem Sichtbaren.

Er hatte eine Glatze und war braungebrannt, seine Haut war von der Sonne förmlich gegerbt. Er trug abgewetzte Kleidung und roch nach Schweiß. Insgesamt aber von gutmütigem, rundlichen Aussehen.
"Zug heute voll, was? Tolles Wetter, was?"
Ich mag es nicht im Zug von Fremden angesprochen zu werden.
"Ja, stimmt"
"Tiere freuen sich. Ein Reh mir heute erzählt über sich und freute sich"
"Ein Reh?"
"Ja, Reh. Ich spreche mit Tiere. Mit alle Tiere: Vögel, Hunde, Fische, alle" Dabei macht er mit beiden Händen eine alles umfassende Bewegung.
"Sie sprechen mit Tieren?"
"Ich spreche alle Sprachen", meinte der alte Mann und lächelte. Da kam die Schaffnerin rein. Ich zeigte ihr mein Ticket, ein Nicken ihrerseits, wobei sie sich schon zu meinem Gegenüber wandte. Dieser hielt ihr optimistisch einen gelblichen Zettel eintgegen, undefinierbar für mich und wertlos für die Schaffnerin. Sie diskutieren eine Weile, bis sie keine Lust mehr hat und weitergeht, um des lieben Friedens willen. Sind eh nur noch zwei Stationen.
"Ich finde es schön, dass sie keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren machen. Das versuche ich auch. Ich bin Wolf."
"Ah, hallo, Wolf!", sagte er vergüngt und gab mir die Hand, "Wolf schön, Wolf stark."
Ich weiß nicht, wie das gemeint war. Aber es klang gut.
"Viele dumme Leute hier", meinte er plötzlich ohne Zusammenhang und find sich böse Blicke der anderen Mitfahrer ein, die ihn jedoch nicht störten, "Sehr dumme Leute."
Was damit wohl meint? Oder ist er einfach nur dement? Jedenfalls wollte ich seine angeblichen Sprachkenntnisse auf die Probe stellen und sagte:
"Mam piekna dziewczyne"
Woraufhin er ohne zu zögern (aber auf Englisch) antwortet:
"Good for you!"

Wir waren da, wir stiegen aus.
"Wissen Sie, wo sie heute schlafen können?"
Er schaute ernst, zum ersten Mal während dieses Nachmittags, aber nicht todernst, seriös eben und meinte:
"Ich werde etwas finden." Ich beschrieb ihn den Weg zu einem verlassenen Haus unweit des Bahnhofs, in dem ein Freund von mir einen Monat lang gewohnt hat, als er zu Hause rausgeflogen ist; es gibt sogar Wasser dort. Er hörte mir aufmerksam zu, doch als wir uns mit einem Händedruck (er drückte meine Hand mit beiden Händen) verabschiedeten, ging er in die entgegengesetzte Richtung.

Ich schaute ihm nach als mein Handy klingelte. "Hey, Wolle, bist du schon da? Soll ich dich abholen?" Die Sonne ging grad unter. "Ja, gerne."

 

Hallo Monty,

deine Geschichte hat mir nicht sonderlicht gut gefallen.

Ich komme nicht darauf, was du eigentlich erzählen willst. Am Anfang denkt man sich, dass jetzt irgendetwas über die Schauspielerei kommt. Irgendetwas, dass damit zu tun hat. Statt dessen wird die Sache mit dem Schauspielunterricht aufgebaut und spielt am Ende quasi gar keine Rolle für die Geschichte. Das einzige war, dass dein Prot. im Zug sitzen musste, um den seltsamen Mann zu finden. Er hätte aber aus allen möglichen Gründen dort sein müssen - vielleicht, weil er von der Schule nach Hause fährt, vielleicht, weil er jemanden Besucht oder oder oder... Ist egal, und daher würde ich das mit der Schauspielschule weglassen. Genauso wie das Gespräch mit der Freundin, das meiner Meinung nach auch nicht wirklich zur Geschichte passt. (Außer ich hab was nicht kapiert.)

Die Begegnung mit dem Mann ... na ja... das ist mir alles etwas zu gewollt. Mag sein, dass man einen solchen Mann im Zug treffen könnte, der sogar mit Tieren sprechen kann. Aber normalerweise würde man sich darüber wundern und nicht einfach sagen: "Aha, dass ist ja toll!" Selbst die Frage, wo der Mann schläft, fand ich zu künstlich - es sei denn sie hätten sich schon stundenlang unterhalten und dein Prot. hätte festgestellt, dass der seltsame Mann wohl keinen Platz hat. DAs hättest du aber dann andeuten sollen.

Sprich: Ich sehe drei unterschiedliche Geschichten in deiner - die Schauspielschule, die Probleme mit der Freundin und der Mann - und für mich wollen die sich nicht zu einem Ganzen fügen.

Stilistisch:
Hm... du schreibst in der Ich-Perspektive, manchmal wird dein Prot. aber dann zu Wolf, sprich es wird aus der dritten Person geschrieben. Keine Ahnung, ob das so beabsichtigt war, aber ich fand das nicht so toll.
Die Erzählpassagen in Klammern würde ich direkt in den Text einbauen. Klammern erinnern mich immer so sehr an irgendwelche Bedienungsanleitungen oder fachliche Texte bzw. vielleicht noch an Drehbücher. WEnn du im Drehbuchstil schreiben möchtest, dann solltest du das auch für den Rest des Textes durchhalten.

Außerdem rutscht du manchmal mit den Zeiten durcheinander. Ein paar Stellen sind mir beim Lesen direkt ins Auge gesprungen, aber ich schätze, dass sind nicht alle. Dahingehend solltest du deinen Text nochmal überarbeiten.

Textkram:

"Was, dass du berühmt wirst?

Würde ich so schreiben: Was? Dass du berühmt wirst?

In eine Richtung wurde ich gebracht, denn meine Eltern wollten sowieso Einkaufen gehen.

Das hört sich ein bissl komisch an. Besser: Meine Eltern brachten mich nach München, denn sie wollten sowieso einkaufen gehen.

Zurück sollte ich dann mit dem Zug fahren.

"Dann" würde ich hier streichen. Lückenfüllerwort.

"Fährst du heim, was? Tolles Wetter, was?"

"Fährst du heim" finde ich eine äußerst unlogische Frage. Ich kenn das zwar, wenn man im Zug von irgendwelchen Leuten ein Gespräch aufgewürgt bekommt - aber so was hat noch keiner gefragt.

"Tiere freuen sich. Ein Reh mir heute erzählt über sich und freute sich"

Komische Satzstellung. Vorschlag: Ein Reh hat mir heute über sich erzählt und freute sich.

"Ich spreche mit Tiere. Mit alle Tiere:

jeweils TiereN


Wir sind da, wir stiegen aus.

Muss heißen: Wir waren da, wir stiegen aus.


"Wissen sie, wo sie heute schlafen können?"

Sie (jeweils groß, da Anrede)
Diese Frage finde ich ebenfalls unlogisch. Normalerweise wissen die Leute, wo sie schlafen.

Er schaute ernst, zum ersten Mal während dieses Nachmittags, aber nicht todernst, seriös eben und meint:

meinte

Ich beschriebe ihn den Weg zu einem verlassenen Haus unweit des Bahnhofs, wo ein Freund von mir einen Monat lang gewohnt hat, als er zu Hause rausgeflogen ist; es gibt sogar Wasser dort.

Ich beschrieb...
Und statt: Wo ein Freund gewohnt hat besser "In dem ein Freund gewohnt hat"

LG
Bella

 

Hi Bella,


Danke für deinen Kommentar!


Ich fühle mich jedoch jetzt ein bisschen unfähig dir darauf zu antworten. Ich könnte jetzt etwas in der Richtung

"Beziehungen zwischen Menschen, Zukunftspläne und ihre Wirklichkeit, Aufbrechen von festen Gedankenstrukturen durch Ereignisse, die auf subtile Weise am Alltag vorbeigehen, die Geschichte der Charaktere Bidi und Wolf vor ihrer Trennung, Wolfs Benutzung von Theatersprache als Schablone"

sagen, aber nachdem ich ein paar deiner Geschichten (die "Zweier-Storys) durchgelesen hab, hatte ich das Gefühl, dass es dem "Schöpfer" unrecht tun würde.

Ich versuch mal meine Gedanken in Worte zu kleiden, ich hoffe ich hab deinen Geschichten nicht vollkommen falsch verstanden: In dem "Mädchen", der Geschichte von Orhan und den Wechselspielen zwischen Kim und Angela, bzw. zwischen Laura und Ina/Mirko entwirfst du ein Komplement zu dem Alltäglichen. Womit ich nicht sagen will, dass das Komplement weniger Realistisch ist, aber dass es dem Dagewesenen eine neue Dimension hinzufügt. Tiefe schafft.

Die namenslose Erzählerin hat eine ganz bestimmte Einstellung zu ihrem türkischen Freund und (über zwei Jahre unverändertes Zimmer) hält auch entschieden daran fest. Er jedoch hat sich verändert. In "Sehnsucht" ist es das Komplement (für mich als Kerl) zu unseren, Adams traurigen Beutejagten in Dicos: "Ach, so denken Frauen also?!" In Morgen ist es dieses Hin- und Hergesrissen Sein der Heldin, ihr innerer Konflikt.

Ich möchte hier jetzt keine Besprechung deiner Texte ablegen. Dazu ist sowieso nur eine einzige Person, nämlich die Bella, in der Lage. Ich wollte nur auf jenen Funken hinweisen, der in den oben genannten Geschichten von dir glimmt und an den ich auch gedacht hab, als ich "Schöpfer" oder auch die erste Geschichte über Wolf und Bidi schrieb.

Beim nochmaligen Durchlesen klingt das ein bisschen wirr. Vielleicht sollte ich aufhören die Geschichten der Kritiker zu lesen bevor ich auf einen Kommentar antworte. Aber ich find das besser (auf den Kritiker eingehen, ihm auf Basis unser beider Texte reden) als dieses eintönige: "Damit meinte ich das und damit meinte ich ..." mancher Autoren.

Eine Bemerkung, wo du mich einfach missverstanden hast: Der Mann im Zug ist Obdachlos. Er hat kein Zugticket und weiß auch morgens nicht, wo er abends schlafen wird. Er reist jedoch viel. Sein Akzent verrät, dass er nicht Deutscher ist, lässt sich aber auch nichteindeutig einem anderen Land zuordnen.

Liebe Grüße,
Monty

 

Hallo Monty,

so ganz habe ich in dem Wirrwarr nicht erkennen können, was du mir eigentlich erzählen wolltest. Zum einen irritierte mich der Wechsel zwischen erster und dritter Person, in dem du von deinem Prot sprichst. Ich nahm an, die waren für die zwei Seelen in seiner Brust, dazu hast du aber die Trennung nicht klar genug gezogen.
Zum anderen irritierte mich die Episode der Zugrückfahrt, die im Grunde nichts mit der anderen Geschichte zu tun hat. Okay, man kann beim Bahnfahren merkwürdiges erleben, aber im Grunde nimmst du da eine Faden auf, der irgendwoe wahllos rumliegt. Genauso hätte dein Prot schwarzfahren können oder im Zug Sex haben. Es tut nichts zur Sache.

Außerdem hast du leider schlecht recherchiert.

Bei den Gedichten zum Beispiel werden gerade nicht die Reime betont. Das macht vielleicht ein Grundschüler, aber kein Schauspieler.
Auch werden jedem, der sich um einen Platz an der Schauspielschule bewirbt, die Absagen sofort und mündlich mitgeteilt. Dies alleine schon deshalb, weil es für die, die das erste Vorsprechen überstehen noch einen zweiten Tag gibt, für die, die den überstehen einen dritten. Dann fällt die Entscheidung. Am zweiten Tag wird mit den Bewerbern an der Rolle gearbeitet, um die Entwicklungsfähigkeit zu testen.
Eine schriftliche Absage nach erst eine Woche jedenfalls gibt es nicht.

und find sich böse Blicke der anderen Mitfahrer ein,
und fing

Sorry, mir war die Geschichte sowohl stilistisch, wie auch inhaltlich zu wirr.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Monty,

so ganz habe ich deinen Komm. jetzt nicht verstanden.

Nicht jeder muss Geschichten so aufbauen, wie ich es tue. Aber ich glaube, dass es garade bei einer Kurzgeschichte sehr wichtig ist, sich an einen Erzählstrang zu halten, weil es den Leser sonst verwirrt. In deiner Geschichte konnte ich diesen einheitlichen Strang nicht erkennen.
Ich hätte eine Geschichte gut gefunden, in der Wolf plant sich für diese Schauspielschule zu bewerben, was am Ende einen Konflikt zwischen ihm und seiner Freundin hervor ruft. Ich hätte auch eine Geschichte gut gefunden, in der er einfach irgendwo dem alten Mann begegnet wäre... aber dieses Durcheinander verwirrt mich.

Natürlich ist das wahre Leben anders und es gibt keinen Erzählstrang oder Ereignisse, die nach genau einer Regel eintreten - aber stell dir vor, dass du einem Freund von der Begegnung mit diesem Mann erzählen würdest (also wenn DU ihm begegnet wärst) - da würdest du doch auch in etwa so erzählen: Gestern war ich in München, beim Vorsprechen bei der Schauspielschule. Zurück bin ich mit dem Zug gefahren und da ist mir was echt verrücktes passiert..." Sprich: Du würdest dich ja beim Erzählen auch auf die Hauptgeschichte konzentrieren.

LG
Bella

 

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