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Der Schwitzmolch

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11.06.2004
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Der Schwitzmolch

»Mann, ich schwitze wie ein Schwein«, sagte der fette Mann und fuhr sich mit einem handtuchgroßen Taschentuch über die Stirn.
Er schwitzte tatsächlich ziemlich stark.
Aber eigentlich weiß niemand so genau, ob Schweine wirklich so stark schwitzen, dass dieser Vergleich erlaubt ist.
Ein anderes Tier erfüllt dieses Kriterium schon eher.

Der Schwitzmolch lag in der Sonne und schwitzte.
Tatsächlich gibt es auf dem ganzen Planeten kein einziges Tier, das derartig viel schwitzt.
Die hellrote Zunge des Schwitzmolchs hing aus seinem geöffneten Mund und er röchelte ganz erbärmlich dabei. Eine kleine Wasserlache hatte sich auf dem Stein gebildet, auf dem er saß.
röchel... schwitz... röchel... schwitz... röchel. So ging es die ganze Zeit.
Und niemand, nicht einmal der Schwitzmolch selbst, ahnt, wie wichtig er für das Wohl aller Menschen ist.

röchel... schwitz...

Sahara, mittags.
»Du musst ohne mich weiter ziehen, mein Sohn, ich habe keine Kraft mehr.«
»Aber Vater, nimm einen Schluck aus deiner Wasserflasche und besinn dich. Wir haben nur noch ein paar Kilometer, dann sind wir an der rettenden Oase.«
»Mein Sohn, mein Wasserbeutel ist leer, seit Tagen schon. Es ist aus.«
»Nein, warte, nimm...«
röchel... röchel... röchel...
»Was ist das? Es scheint zu zerfließen in meiner Hand...«
röchel... röchel... röchel...
»Es ist ein Schwitzmolch, Vater. Man sagt, dass sein hypotoner Schweiß schon so manchen Wanderer gerettet hat.«
röchel... röchel... röchel...
»Köstlich! Es belebt meine Sinne! Komm, auf mein Sohn, wer zuerst an der Oase ist, hat gewonnen!«
»Nicht so schnell, Vater!«

röchel... röchel... schwitz...

»Tja, so spielt das Schicksal, Mr. Bund«, sagte Blondfeld in einem sonoren, leicht arroganten Tonfall, während er seinen kleinen Schwitzmolch kraulte. »Eben noch sah es so aus, als ob Sie in unserem perfiden Schachspiel des Geistes die Oberhand behalten würden, es wirkte, als ob Sie im letzten möglichen Moment die Zerstörung der Erde im Allgemeinen und Ihrer eigenen Person im Speziellen aufhalten könnten, aber Dank meinem brillanten Verstand (1), der jedem menschlichen Geist aufs Hundertfache überlegen ist, ist es mir gelungen, Sie zu überlisten und die Welt liegt in meiner Hand - ebenso wie mein kleiner Schwitzmolch hier.«
röchel... röchel... schwitz...
»Blondfeld, ich bitte Sie, wenn Sie den Doppel-Woll-Tranformator aktivieren, wird nichts mehr so sein wie es war!«
röchel... röchel... schwitz...
»Eben das ist es, was ich will, Mr. Bund, ich muss nur noch eben zu der Maschine gehen und diesen Knopf... Ahhh! Nein, ist das rutschig... ich... Ahh... Argh!«
»Er ist auf der Schweißpfütze des Molchs ausgerutscht und hat sich das Kreuz gebrochen! Die Welt ist gerettet!«

röchel... röchel... schwitz...

»Ich hasse dich, du Arsch!«
»Nein, ich hasse dich, du Troglodyt!«
»Rektalkrabbler!«
»Affenarsch!«
»Was ist denn das?«
»Was...? Keine Ahnung, ich seh es zum ersten Mal...«
röchel... röchel...
»Es sieht ganz erbärmlich aus, finde ich, man kriegt richtig Mitleid mit dem armen Ding. Die eigenen Probleme erscheinen einem plötzlich ganz sinnlos.«
»Ja, du hast Recht. Dieses arme Tier hier leidet Höllenqualen und wir streiten uns über Nichtigkeiten.«
röchel... röchel... schwitz...
»Komm, wir vertragen uns wieder.«
»Komm in meine Arme! Du bist übrigens kein Troglodyt, du gehst nur etwas gebückt...«


Und so noch vielerorts...

»Himmel! Mitten in der Wüste und das Kühlwasser ist uns ausgegangen...«
röchel... röchel...

»Mama? Haben wir noch Mineralwasser im Haus?«
röchel... röchel...

»Oh Gott! Die Fenster sind schon wieder so schmutzig und kein Regen in Sicht!«
röchel... röchel...

»Papa, im Swimmingpool ist schon wieder kein Wasser mehr!«
röchel... röchel...

»Oh nein, mein Kontaktlinsenmittel ist ausgegangen und die Läden haben schon zu!«
röchel... röchel...

Und so:
Der fette Mann hatte sich im Stadtcafé einen Platz im Schatten gesucht, aber der Schweiß wollte nicht von Stirn, Achseln und Rücken weichen. Immer wieder wischte er sich mit seinem weißen monogrammierten Seidentaschentuch übers Gesicht und keuchte schwer.
Mineralwasser wurde geordert, aber auch das kalte, eisgekühlte Getränk brachte ihm keine Erlösung.
Ich schwitze doch eher wie ein Schwitzmolch, dachte er bei sich.

Der Schwitzmolch hat sich inzwischen übrigens ein anderes Plätzchen gesucht.
Im Schatten.


(1) Hier entlarvt sich, dass Dr. Blondfeld Bayer war. Und wie alle Bayern kannte er den Genitiv nur in der Theorie.

 

Ich sollte vielleicht etwas zu dieser Geschichte sagen: normalerweise schreibe ich nicht so, es ist wohl eher ein Experiment, aber ich denke, es passt trotzdem viel, viel besser in diese Rubrik.
Mich würde interessieren, ob ihr es für lesbar haltet. Und natürlich, ob es witzig ist.

Hach, man sollte eben nicht im tiefsten Winter joggen gehen. Der viele Schweiß und noch dazu die Kälte...

 

Hallo chazar!

Ich habs gern gelesen. Ein possierliches Tierchen, dieser Schwitzmolch.

Inhalt gibt's jetzt zwar nicht sooo viel, die Idee mit dem Schwitzmolch steht schon merklich im Mittelpunkt. Ist aber gar nicht schlimm, gute Ideen brauchen mE keine vom Hocker hauende Handlung. Sprachlich gewohnt gut umgesetzt.

Einen Tick geraffter hätte die Geschichte vielleicht sein können. Ein Beispiel weniger, wo der Schwitzmolch überall anzutreffen ist, häts auch getan.

Noch ein kleines Fehlerchen zum Abschluss:

chazar schrieb:
Planten
e

Schönen Gruß. Kaktus.

 

Hi chazar!

Hat mir auch gut gefallen. Den kleinen Schwitzmolch (gibts den wirklich?) fand ich ziemlich sympatisch. :D

Richtig witzig war deine Gesichte zwar nicht, aber das muss ja auch nicht unbedingt sein. Hat jedenfalls Spass gemacht zu lesen. :)

Mfg Odin

 

Hi ihr zwei!

@Kaktus:
Danke für deine Kritik, den Fehler habe ich inzwischen längst gekillt.
Inhalt gibt es wirklich nicht allzuviel, das stimmt, aber eigentlich passiert doch was.

st aber gar nicht schlimm, gute Ideen brauchen mE keine vom Hocker hauende Handlung. Sprachlich gewohnt gut umgesetzt.
Lob zitiere ich immer gern...

@Odin:

Den kleinen Schwitzmolch (gibts den wirklich?) fand ich ziemlich sympatisch.
Naja, das war so, WWF hat mich gebeten, doch mal eine kleine Geschichte über den Schwitzmolch zu schreiben... Nee, stimmt nicht. Ich kenne niemandem vom WWF und ich glaube nicht, dass die sich wirklich an mich wenden würden.
Aus mehreren Gründen, die man hier nicht nachvolziehen muss.
Jedenfalls: den Schwitzmolch gibt es nicht.

richtig witzig war deine Gesichte zwar nicht, aber das muss ja auch nicht unbedingt sein.
:crying:
Richtig witzig war sie also nicht? Naja, freut mich, dass sie dir trotzdem irgendwie gefallen hat.

Euch beiden vielen Dank fürs Lesen.

Gruß
c

 

Moin Chazar,

Ja, ist absolut lesbar und recht lustig auch.
Sehr schöne Idee und gewohnt knuffig (knuffig kann bei Bedarf durch ein Lob deiner Wahl ersetzt werden) umgesetzt. Ein Plot fehlt zwar irgendwie, aber die witzig Idee reicht aus, um den Text allein zu tragen (was auch an der angenehmen Kürze liegt).

Am Anfang wird mir ein wenig zu viel geschwitzt, aber sonst gibts handwerklich nichts auszusetzen.

Blondfeld, ich bitte Sie, wenn Sie den Doppel-Woll-Tranformator aktivieren, wird nichts mehr so sein wie es war!
Oh nein! Der gefürchtete Doppel-Woll-Transormator! ;)
Der Schmitzmolch hat sich inzwischen übrigens ein anderes Plätzchen gesucht.
Wenn du das m umdrehst, hast du einen passenderen Buchstaben (also, nicht ganz genau, aber ziemlich ähnlich)

 

Hey gnoebel!

Sehr schöne Idee und gewohnt unglaublich brillant umgesetzt.
Hehe.

Vielen Dank auch dir für Lesen und Loben.

Wenn du das m umdrehst, hast du einen passenderen Buchstaben (also, nicht ganz genau, aber ziemlich ähnlich)
Ich musste ungefähr eine halbe Minute überlegen, was du meinst.
Scheinbar geht es wirklich nicht, dass ich einen fehlerlosen Text abliefere...

Gruß
c

 

Hi Chazar,

du probierst doch immer wieder mal was Neues aus. Und ja, mir hat´s gefallen. Ich fand die Geschichte lustig, auf jeden Fall lesbar und obwohl nicht viel passiert ist, trotzdem interessant.
Ich würde dir allerdings auch dazu raten ein paar Orte, an denen der Schwitzmolch (Schwitzmolch... auf was für Ideen du kommst :)) wegzukürzen.

Ciao
Bella

 

Hi Bella!

du probierst doch immer wieder mal was Neues aus
Sonst würde mir ja langweilig werden.

Danke übrigens für Lesen und Loben.

Ich würde dir allerdings auch dazu raten ein paar Orte, an denen der Schwitzmolch (Schwitzmolch... auf was für Ideen du kommst ) wegzukürzen.
Vielleicht mach ich das noch... mal sehen.

Gruß
c

 

Moin Chazar,

also mir hat's gefallen. Am Anfang wusste ich noch nicht so recht, was ich von Deiner Geschichte halten soll, aber ab hier hatte sie mich überzeugt:

»Es ist ein Schwitzmolch, Vater. Man sagt, dass sein hypotoner Schweiß schon so manchen Wanderer gerettet hat.«

:D Mmmmh, lecker!

Meine weiteren Favoriten:

»Komm in meine Arme! Du bist übrigens kein Troglodyt, du gehst nur etwas gebückt...«

»Oh nein, mein Kontaktlinsenmittel ist ausgegangen und die Läden haben schon zu!«
röchel... röchel...
:thumbsup:


Genau mein Humor! Allerdings bin ich der Meinung, dass einem solche Geschichte meistens nicht unbedingt beim Joggen einfallen... :Pfeif:

Jorgo

 

Hi Don!

Genau mein Humor!
Freut mich, dann haben wir nämlich einen ähnlichen... :D

Allerdings bin ich der Meinung, dass einem solche Geschichte meistens nicht unbedingt beim Joggen einfallen...
Naja, die Geschichte nicht, aber der Satz:
Ich schwitze wie ein Schwitzmolch. (Ich wollte eben einfach was Originelles sagen...)

Gruß
c

 

Hallo chazar!

Jahrelang dachte ich, dass ich wie ein Schwein schwitze, wenn ich joggte oder bikte (was für Anglizismen in Deutschkonjugation). Nun wurde ich eines Besseren belehrt.
Die Idee finde ich witzig, die Umsetzung, abwechslungsreich.
Der für mich spaßigste Satz (da steh ich bestimmt wieder alleine da :hmm: )

»Ich hasse dich, du Arsch!«

Schön kurz und erheiternd!

Gruss

 

Hi flashbak!

Danke für die netten Worte.

Nun wurde ich eines Besseren belehrt.
Siehst du mal.

@kaktus: Wegen den Nacktmullen, die sind wirklich lustig, standen aber nicht Pate für den Schwitzmolch.

Gruß
c

 

Hallo chazar!

chazar schrieb:
standen aber nicht Pate für den Schwitzmolch.
Das wollte ich damit auch gar nicht sagen. War nur ne kleine Bemerkung zur Aufheiterung. ;)

Gruß. Kaktus.

 

Ich habe mir die Geschichte durchgelesen, dann meine Bemerkungen aufgesetzt und anschliessend die anderen Kommentare dazu reingezogen.

Hoppla, jetzt stehe ich aber ziemlich einsam da.
Trotzdem poste ich dir meine Anmerkungen.

Na ja, die Geschichte hat mich nicht überzeugt.

Soviel ich weiss, sind Molche eine Unterteilung der Schwanzlurche, wovon sie eher Schwimmhäute besitzen und mehrheitlich im Wasser anzutreffen sind. Die Lurche auf dem Land sind dann die Salamander. Somit wäre ein Molch zu Lande garnicht lebensfähig.
Vorschlag: Schwitzlurch.

Aber sehen wir über diesen biologischen Aspekt mal hinweg und es gibt tatsächlich einen Schwitzmolch, ähnlich dieser wasserspeichernden Kateenarten.

Du beschreibst drei Episoden, in denen ein Schwitzmolch die Hauptrolle spielt. Dabei lässt du ihn aber nur Röcheln bis zum Abwinken. In jeder Szene erweist sich der Molch in kürzester Form als Retter. Wie eine Zeitungsrandnotiz. Molch rettete Verdurstendem das Leben, Molch verhinderte das Ausrotten der Menschheit, usw.

Was ich damit sagen will, es kommt bei mir keine Stimmung auf, kaum hat eine Szene begonnen, ist auch schon wieder Schluss.

röchel... schwitz... röchel... schwitz... röchel. So ging es die ganze Zeit.
Und niemand, nicht einmal der Schwitzmolch selbst, ahnt(e), wie wichtig er für das Wohl aller Menschen ist(war).
Zeitenmix.
Dadurch wird der Lesefluss zusätzlich gestört.

Der Querverweis bei Blondfeld ist mMn höchstens bei Übersetzungsanmerkungen hilfreich. Baue es direkt ein.

»Er ist auf der Schweißpfütze des Molchs ausgerutscht und hat sich das Kreuz gebrochen! Die Welt ist gerettet!«
Klingt wie ein Hörspiel.
Besser:
Blondfeld rutschte auf der Pfütze des Molchs aus und brach sich das Kreuz.
"Ha, das war's Blondfeld! Wer hätte gedacht, dass ihr Schwitzmolch die Menschheit retten würde."

Vorschläge:
- Gebe dem fetten Mann einen Namen, dadurch fühlt man besser mit.
- Arbeite die Episoden besser aus, damit sie an Tiefe gewinnen.

Ok, und vielleicht will ich dieser kleinen Nonsensgeschichte einfach zuviel abgewinnen. Die Idee an sich ist nämlich lustig, mir gefällt einfach die Umsetzung nicht.
Ist halt Geschmacks-, bzw. stimmungsabhängige Ansichtssache. :)

Gruss dotslash

 

Hi dotslash!

Ja, so ist das eben mit dem Geschmack...
Ist nicht schlimm, dass es dir nicht gefallen hat: es ist reiner Nonsens.

Soviel ich weiss, sind Molche eine Unterteilung der Schwanzlurche, wovon sie eher Schwimmhäute besitzen und mehrheitlich im Wasser anzutreffen sind. Die Lurche auf dem Land sind dann die Salamander. Somit wäre ein Molch zu Lande garnicht lebensfähig.
Aha! Aber deshalb schwitz er ja so viel! Er macht sich sein eigenes Wasser... hehe, billige Ausrede.
Ich hab mich nur schon so sehr an den Namen gewöhnt, dass ich ihn unmöglich ändern könnte.

Was ich damit sagen will, es kommt bei mir keine Stimmung auf, kaum hat eine Szene begonnen, ist auch schon wieder Schluss.
Ist natürlich schade.

Klingt wie ein Hörspiel.
So soll es ja auch klingen. Die Episoden werden ja alle nur in Dialogform erzählt. Naja, fast.

Tja, wie gesagt: schade, sehr schade. Aber ich mag die Geschichte so wie sie ist.

Zeitenmix.
Dadurch wird der Lesefluss zusätzlich gestört.
Die Zeiten finde ich deshalb nicht falsch, weil sie sich der Satz ja nicht auf diesen eben beschriebenen Schwitzmolch bezieht, sondern auf die ganze Gattung. Naja, mal überlegen.

Ist wirklich Nonsens.

Gruß
c

 

Abgefahren!

Hat zwar keine Handlung, war aber trotzdem sehr amüsant.

An einigen Stellen musste ich wirklich lachen, etwa als Blondfeld stolpert, oder hier:

»Köstlich! Es belebt meine Sinne! Komm, auf mein Sohn, wer zuerst an der Oase ist, hat gewonnen!«
»Nicht so schnell, Vater!«

Nur das "handtuchgroße Taschentuch" im ersten Satz fand ich stilistisch nicht so ganz geglückt.

Die Fußnote war eine irritierende und lustige Idee.

Gruß

Ben

 

Hi ihr zwei!

@Ben: Oh, Danke. Freut mich, wenn es dir gefallen hat. Über das handtuchgroße Taschentuch denke ich mal nach - aber darin lag für mich ja auch der Witz, gut verborgen zwar und etwas lahm, aber immerhin.

@Literaturpunk: Auch Dir Danke.

Gruß
c

 

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