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14.08.2012
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Der Sprung

Anja flitzte die Leiter zum Fünfmeterbrett hoch, als hätte sie Hornissen im Hintern. Ohne innezuhalten lief sie an den Rand der Betonplatte, sprang ab, schraubte sich wie schwerelos in die Höhe und vollführte in der Luft Drehung um Drehung, dass Fins alleine vom Zusehen schwindlig wurde. Kerzengerade und fast geräuschlos verschwand sie im Wasser. Wie ein Fischotter, dachte Fins. Augenblicke später tauchte Anja am Beckenrand auf, schwang sich heraus und war schon wieder oben. Und noch ein Sprung, und dann noch einer.
Fins konnte sich nicht sattsehen, nicht an Anjas Sprüngen, nicht an ihrem Grinsen, das sie ihm dazwischen immer zuwarf, und schon gar nicht an ihren gebräunten, wasserglitzernden Beinen. Und erst ihr süßer Hintern, Herr im Himmel! … Fins spürte ein Ziehen im Bauch.
Endlich kam sie zu ihm, prustete, schüttelte sich wie ein nasser Hund und ließ sich neben ihn auf die Decke fallen.
„So, und jetzt du.“ Ganz außer Atem war sie.
Fins streckte sich, starrte in den Himmel und zündete sich eine Zigarette an.
„Gleich. Ich rauch grad eine.“
„Der Martin ist gestern von ganz oben runter. Vom Zehner.“
„Sagt wer?“
„Na er selber.“
„Und zufällig hat’s niemand gesehen.“
„Doch, der Joe und die Tanja waren dabei. Und die Moni.“
„Blödsinn. Der Martin doch nicht, der Hosenscheißer.“
„Wenn ich’s dir sag.“
Anja blickte ihn spöttisch an. Beinahe unmerklich schüttelte sie den Kopf und zuckte mit der Schulter. Sie stand auf, hüllte sich in ihr Handtuch und nestelte sich den Badeanzug vom Leib, dann bückte sie sich nach ihrem Slip. Fins atmete tief ein, seine Eingeweide spielten schon wieder verrückt. Als Anja das Badetuch fallen ließ und sich das T-Shirt überzog, erhaschte er einen sekundenkurzen Blick auf ihre Brüste. Dunkel und hypnotisierend wie Raubtieraugen blitzten ihn die Nippel an. Oh Gott, oh Gott. Er drehte sich auf den Bauch und ließ seine Blicke an dem grauen Betonungetüm hochwandern. Ausgerechnet der Martin. Verdammt, der war erst dreizehn. Er fummelte an der Packung, Mist, die Zigaretten gingen ihm auch aus. Gerade mal zwei waren noch drin.
Anja band sich die Haare hoch, dann stopfte sie ihren Kram in die Tasche.
„Na ja, ich muss dann mal los. Ist eh niemand mehr da.“
„Warte, Anja.“
Fins warf die Kippe ins Gras und sprang auf, tänzelte herum und boxte in die Luft. Er grinste wie ein Blödmann.
„Okay, okay, okay, ich mach‘s … Warum nicht heute. Pff. Scheiß doch drauf.“
Anja wippte auf den Zehen und hob die Brauen, dann setzte sie sich wieder und Fins schlenderte zum Sprungturm.
Zehn Meter, … wie der zweite Stock von einem Haus ungefähr, na und? Eh nur Wasser, ist ja kein Beton. Pff. Sprosse für Sprosse stieg er die Leitern hoch. Es war längst Abend, im Freibad unter ihm waren kaum noch Menschen und die tiefstehende Sonne ließ die Bäume am Rand der Liegewiese in einem magischen Licht erstrahlen, grün, orange, golden. Ein schöner Tag zum Sterben, dachte er. Dann war er oben, im zweiten Stock. Entschlossen ging er auf den vorderen Rand der Plattform zu und starrte dabei mit zusammengekniffenen Augen unentwegt in den roten Feuerball. Erst als er ganz vorne war, bemerkte er mit Entsetzen, dass er die rechte Hand in der Badehose hatte und an seinem Pimmel herumzupfte wie ein verängstigter Dreijähriger. Hatte Anja das gar gesehen? Grundgütiger, er schiss sich vor Angst fast in die Hose. Das war mindestens der dritte Stock.
Er strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schloss die Augen.
„Scheiß doch drauf“, murmelte er und sprang.

***​

„Mama, bitte. Die Alex hat sogar zwei. … Bitte, Mama.“
„Himmelherrgottnochmal, Gloria, wie oft soll ich’s dir denn noch sagen? Ein für alle Mal: Vergiss es. Vergiss es einfach. Oder meinst du etwa, wir hätten einen Geldscheißer?“
Gloria stieß Rauch an die Decke, schniefte und zog Rotz die Nase hoch.
„Was grinst’n so blöd, Doofi?“ Sie schnitt eine Grimasse und streckte ihrem Bruder die Zunge raus.
„Leck mich doch, Pickelfresse“, zischte Tommi.
„Ihr hört jetzt sofort auf. Beide. Mach deine Aufgaben endlich fertig, Tommi. Und du nimm gefälligst die Füße vom Tisch und hol dir verdammt noch mal ein Taschentuch. Dein Geplärre ist ja nicht zum Aushalten.“
„Und wenn ich’s nicht mach?“
„Wirst schon sehen.“
Aufreizend langsam nahm Gloria die Füße vom Tisch und zog noch einmal Rotz hoch. Tommi lachte laut auf. Ihre Mutter fuhr herum und schlug Gloria ins Gesicht.
Gloria sprang so heftig auf, dass ihr Stuhl durch die Gegend flog. Tommis Glas fiel um und Kakao ergoss sich über sein Schulheft.
„Nein, nein, nein“, heulte er auf, „oh Fuck!“
„Ich hasse dich, Mama. Ich hasse dich, ich hasse dich!“, schrie Gloria, stürmte aus der Küche und knallte die Tür hinter sich zu.
„Spinnst du jetzt komplett, du blöde Göre?“, rief ihr die Mutter nach. „Hast mir jetzt die Kleinen auch noch aufgeweckt, du Miststück. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Ich dreh noch durch mit euch.“
Sie ging zum Gitterbett und rüttelte ein wenig daran. „Schschsch, Schschsch. Haltet einfach die Klappe, ihr kleinen Scheißer. … Schschsch.“ Mit dem Fuß schob sie ein paar Wäschestücke unter das Bettchen. Die Zwillinge brüllten.
„Sag mal, Fins, hast du eigentlich vor, heute noch mal deinen Arsch hochzukriegen? Das darf ja nicht wahr sein.“
„Anja, bitte.“ Fins schmiss die Zeitung zu Boden und richtete sich auf dem Sofa auf. Er angelte sich die Bierdose, schüttelte sie, dann zerdrückte er sie und ließ sie fallen. Er steckte sich eine Zigarette an.
„War doch eh erst gestern um die Stütze, was brauch ich denn noch mehr Bewegung, hä? Bin rank und schlank wie ein Jungspund, hähä.“
„Arschloch.“
„Ist doch wahr. Schau dich doch nur mal an.“
Er stand auf, rülpste und ging zum Kühlschrank.
„Man kommt ja kaum noch an dir vorbei, echt. Mach mal Platz.“
„Hab vielleicht ich mir diese gottverdammte, scheißwinzige Bude ausgesucht, du Versager?“
„Ja, ja, reg dich wieder ab. … Hab vielleicht ich mir diese gottverdammten Bälger ausgesucht, hä?“
„Nein, natürlich nicht, die hat der Storch gebracht, du Schlappschwanz.“
„Ach leck mich doch am Arsch. … Bier gibt’s auch keins mehr. Scheiße. Sag mal, kümmerst du dich eigentlich um irgendwas?“
Fins kramte im Kühlschrank und zog eine halbvolle Weinflasche hervor. Er pfefferte den Korken in die Ecke und nahm einen tiefen Schluck.
„Sieh dich doch nur mal an“, murmelte er und schlurfte zum Sofa, „deine Wampe, deine Haare, oh Gott, oh Gott ...“
Anja setzte sich an den Tisch und begann zu heulen. Tommi malte mit dem Finger Kakaokreise in sein Heft.
„… ja, heul nur. Meinst du vielleicht, mir ist nicht zum Heulen? Sieh uns doch nur mal an. … Und ihr zwei Hosenscheißer seid jetzt endlich still! Gebt endlich Ruhe, verdammt noch mal! … Was für ein Irrenhaus.“ Er sprang auf und warf die Flasche in die Spüle.
„Ich muss noch mal zu Joe rüber.“ Fins schnappte sich seine Jacke und schlug die Türe hinter sich zu. Weg war er.
„Ja, geh du nur. … Bring eine Flasche Wein mit, du Arschloch“, schluchzte Anja.

***​

Der Aufprall war fürchterlich. Nix Fischotter. Wie ein toter Wal trudelte Fins zum Boden des Bassins und meinte zu spüren, wie es ihm das Trommelfell zerfetzte. Er strampelte und strampelte und endlich durchstieß er die Wasseroberfläche. Er schnappte nach Luft, riss die Augen auf und starrte geradewegs in die untergehende Sonne. Zwischen den Fingern spürte er seinen verschreckten Penis, winzig wie ein Radiergummi, und auf der Wiese unter ihm war keine Menschenseele mehr zu sehen.
„Herr im Himmel, Fins, springst du jetzt endlich, oder willst du da oben übernachten?“
„Leck mich doch am Arsch“, flüsterte er tonlos, „lass mich doch einfach in Ruhe.“ Er spürte, wie ihm Tränen hochstiegen.
„Schlappschwanz!“, rief Anja, drehte sich um und lief Richtung Ausgang, verschwand hinter den Kabinen. Weg war sie.
Fins blickte in die Sonne und sprang.

 

Servus Fliege,

Fliege schrieb:
Absatz drei hat mich dann verwirrt, er springt und gleich darauf springt er nochmal und ich hatte keine Lust, mir darüber weiter Gedanken zu machen und las die Kommentare.
Sehr gut, dann hast du vermutlich auch meine diversen Interpretations-, Erklärungs-, Rechtfertigungs- und Hirnentknotungsversuche gelesen. Und möglicherweise etwas Erhellendes darin gefunden.
Neben dem da:

Fliege schrieb:
offshore schrieb:
sondern ein sehr reflektiertes Kerlchen eigentlich, dem es, wenn auch eher unbewusst, schon in seinem zarten Alter gelingt, sich von diesen Geschlechterrollenklischees zu emanzipieren.
Aber darüber habe ich echt geschmunzelt, er emanzipiert sich kein Stück von Geschlechterrollenklischees, der ganze zweite Absatz (seine Zukunftsmalerei) ist ja wohl so was von vollgepropft damit, mehr geht ja gar nicht.
Ja eh, aber man muss sich halt schon fragen, ob es sich beim Familienvater Snif um denselben Menschen wie beim vierzehnjährigen Snif handelt. Wenn man die naheliegendste Lesart wählt (Rückblende, Gegenwart, Rückblende), sind die beiden natürlich ein und derselbe. So gesehen steht meine Interpretation, dass Snif-Juniors Verhalten eine Absage an die klassischen Männlichkeitsrituale sei, tatsächlich auf wackeligen Beinen. Bemüht man allerdings quantentheoretische Phänomene als Erklärungsmodell, kann man alle drei Szenen in der Gegenwart ansiedeln. Und dann schaut es natürlich schon wieder ganz anders aus. Dann nämlich würde die zweite Szene zeitgleich mit der ersten und der dritten spielen, allerdings in einem Paralleluniversum, in dem quasi die Sommerzeit eingeführt worden ist und deshalb die Uhren dort um zwanzig Jahre vorgestellt sind. Und dann sind die beiden Snifs zwar nach wie vor ein und dieselbe Person, allerdings mit dem Unterschied, dass in dem vielleicht nur ein Molekül weit entfernten Paralleluniversum alles fast, aber vielleicht nicht ganz so ist wie in Snif-Juniors Welt …
So, Fliege, ich hör eh schon wieder auf mit dem Quatsch, bevor sich die Schlange wieder in den Schwanz beißt bzw. sich selbst von ihrem Ende her zu verschlingen beginnt, bzw. Schrödingers Katze sich einmal mehr fragen muss, ob sie nun tot ist oder lebendig.
Wenn du weißt, was ich meine.

Ich glaube, dass hätte mir auch gereicht. Teil eins und drei - das hätte ich, glaub ich, schöner gefunden.
[…]
Vielleicht hätte es mir besser gefallen, wenn in der Zukunftsvision das "Verhältnis" der beiden aufgegriffen worden wäre, und sie da ständig Sachen verlangt, die er nicht erfüllen kann/will, er ständig unter Druck von ihr steht und darunter leidet, also wenn das Thema fortgesetzt geworden wäre. So in der Art - studiere was, dabei will er doch Koch werden, dann ist er BWL'er mit schlechtem Abschluss und bekommt daher nur ne Stelle als Buchhalter, die Beförderung geht immer an die anderen. Er der Versager, beruflich, als Vater und wenn sie noch einen Liebhaber hat, ... Also irgendwie in dieser Richtung.
Verdammt, warum sagst du mir das erst jetzt, Fliege, und nicht schon während ich die Geschichte schrieb?
Spaß beiseite, zum offshoreschen Schreibproblem hab ich in meinen anderen Antworten eh schon einiges gesagt. Anstatt mich z.B. um eine Erweiterung der Handlung zu bemühen, streiche ich schon vorhandene Szenen immer mehr zusammen, destilliere sie sozusagen immer und immer wieder, bis kaum mehr was übrigbleibt, und bevor ich dann Gefahr laufe, endgültig vor einem Blatt Papier mit nur einem einzigen Satz zu sitzen, werde ich ungeduldig und stelle die Geschichte ein, weil ich Schöngeist ja vor allem das hören möchte:

Sprachlich ist es wirklich sehr schön,
Juhuu.

Für meine nächste Geschichte gelobe ich Besserung, da werde ich mir echt die Seele aus dem Leib und die Finger blutig schreiben, auch wenn’s ein Jahr dauert.

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, Fliege.

offshore

 

Hallo
Es gibt nicht mehr viel zu sagen für mich weil schon sehr viele andere sehr gute und wahre Bemerkungen und Analysen gemacht haben, also beschränke ich mich darauf, meine ganz persönliche Meinung zu teilen:
Das ist schon das zweite Tierfrauwesen das in deinen Geschichten nass herumflitzt und den eher behäbigen Mann/Burschen fasziniert, bezirzt, erregt. Apropos Erregung…Fins Männerschmerzen hast du wunderbar formuliert, bei der Stelle musste ich kichern:

Erst als er ganz vorne war, bemerkte er mit Entsetzen, dass er die rechte Hand in der Badehose hatte und an seinem Penis herumzupfte wie ein verängstigter Dreijähriger. Hatte Anja das gar gesehen? Grundgütiger, er schiss sich vor Angst fast in die Hose. Das war mindestens der dritte Stock.

Ich finde auch, dass das Paar mit den Kindern sehr archetypisch, vielleicht zu klischeemäßig rüberkommt - vor allem in der Ausdrucksweise. Aber es findet ja in Fins (Tschulligung, wie bildet man da den korrekten Genetiv Herfessor? Finss? Fins? Finsens?) Kopf statt, und Fins ist ein junger Bursche, der die Welt auch undifferenziert sehen darf: Der Fischotter wird zum Wal, die Probleme perlen nicht mehr ab, sie ertränken einen, und die Protagonisten versuchen sie ihrerseits in Alkohol zu ertränken, Land unter.

Ein schauriges Detail ist Anjas Bemerkung

Ist eh niemand mehr da.
Fins ist ja auch niemand - in ihren Augen. Oder zumindest lässt sie ihn das glauben. Letztendlich wissen wir nicht wie Anja fühlt, denn wir sehen sie nur durch Fins Augen. Ihr Version wäre spannend…

Liebe Grüße
LM

 

Hallo ernst offshore

Die Frage aller Fragen ist natürlich die, wie es so kommen konnte, wie es eben kam.

Als Anja das Badetuch fallen ließ und sich ihr T-Shirt überzog, erhaschte er einen sekundenkurzen Blick auf ihre kleinen Brüste, auf ihre Nippel. Dunkel und hypnotisierend wie Raubtieraugen blitzten sie ihn an.

Die Antwort: Dass es kam, wie es kam, lag an der Hypnose durch Raubtieraugen.

Gruss teoma

 

Lady Morphia schrieb:
Es gibt nicht mehr viel zu sagen für mich […], also beschränke ich mich darauf, meine ganz persönliche Meinung zu teilen …
… und Fins ist ein junger Bursche, der die Welt auch undifferenziert sehen darf: Der Fischotter wird zum Wal, die Probleme perlen nicht mehr ab, sie ertränken einen, und die Protagonisten versuchen sie ihrerseits in Alkohol zu ertränken, Land unter.
Und die Art, wie du deine Meinung mitteilst, Lady Morphia, finde ich dermaßen erfrischend, charmant und so voller Sprachwitz, dass ich ehrlich gespannt bin nicht nur auf weitere Geschichten, sondern auch auf Kommentare von dir.

Das ist schon das zweite Tierfrauwesen, das in deinen Geschichten nass herumflitzt und den eher behäbigen Mann/Burschen fasziniert, bezirzt, erregt.
Dann hast du offenbar auch „Witwer“ gelesen, auch das freut mich natürlich. (Auch wenn ich diese Geschichte mittlerweile als die offshoreuntypischste betrachte, ja, als weggelegtes Kind irgendwie)

Ein schauriges Detail ist Anjas Bemerkung
Ist eh niemand mehr da.
Na klar ist dir das aufgefallen, du bist ja auch eine Frau (nehme ich aufgrund deines Nicks jetzt einfach einmal an.)

Fins ist ja auch niemand - in ihren Augen. Oder zumindest lässt sie ihn das glauben
Ja, genauso bitterböse hab ich es gemeint. Also die Anja.

Tschulligung, … Herfessor?
Mich erinnert das derart an meine Schulzeit ( „Heafessa, mia is so schlecht, daf ich raus?“) …
Äh, sag mal, kann es sein, dass du Wienerin bist, Lady Morphia?


teoma schrieb:
Die Frage aller Fragen ist natürlich die, wie es so kommen konnte, wie es eben kam.
Als Anja das Badetuch fallen ließ und sich ihr T-Shirt überzog, erhaschte er einen sekundenkurzen Blick auf ihre kleinen Brüste, auf ihre Nippel. Dunkel und hypnotisierend wie Raubtieraugen blitzten sie ihn an.
Die Antwort: Dass es kam, wie es kam, lag an der Hypnose durch Raubtieraugen.

Das ist eine sehr kurze, aber äußerst prägnante und kluge Analyse der Geschichte, teoma, und das meine ich jetzt wirklich ernst. Ja, waren wir doch alle mal fünfzehn und wissen noch, welch verheerende Folgen das Entdecken des anderen Geschlechtes auszulösen imstande war. Dieses Wunder, diese Magie … Grundgütiger!

Vielen Dank euch beiden

offshore

 

Hallo lieber Ernst,
deine Geschichte hat mich tief berührt. Der Stimmungswechsel von chillig-beschwingt zu deprimierend ist dir gelungen, sehr kreativ, ich bin völlig fertig und erleichtert über den Schluss.
Ich nehme dir die KG komplett ab. Er wollte für Anja springen, also ist seine mögliche Zukunft an ihm vorbei gezogen.
Meine Lieblingsstelle:

Hornissen im Hintern
Dass er zum Schluss doch springt - eine überraschende Pointe.
LG Damaris :)

 

Ich nehme dir die KG komplett ab.
Das finde ich wunderbar, Damaris, weil, ich mein, das Handlungsgefüge dieser Geschichte ist ja schon einigermaßen extravagant, bzw. entschlüsselt es sich ja gar nicht richtig. Ist halt irgendwie so ein Text, auf den man sich einlassen kann und will, oder eben nicht.

deine Geschichte hat mich tief berührt.
Ja, du hast dich offenbar darauf eingelassen. Sehr schön. Und weißt du was, Damaris? Je öfter ich den Text lese, umso weniger erscheint er mir als Unfug, als den ich ihn ursprünglich bezeichnete, sondern ich erkenne mehr und mehr Gleichnishaftes darin. Ja, diese Geschichte mag ich auch.

Vielen Dank, Damaris.

offshore

 

HE Ernst,

Mich hat das Copy von Kew zu deiner Geschichte hergeweht. Ist schon interessant, wenn man erst die Kopie liest und danach das Original. Hab mir einiges ausgemalt, aber mit diesem turbulenten »Sturz« habe ich nicht gerechnet.
Ich habe die vorherigen Kommentare nicht gelesen, nur ein zwei überflogen.
Ich persönlich fand diesen »Bruch« stark. Also ich bin da der perfekte Leser gewesen für diesen »Schocker«, habe ich doch erst verzögert mitbekommen (wie ja wohl beabsichtigt, bei der späten Streuung der Namen), dass du hier einen Blick in die Zukunft der beiden wirfst. Spontan hatte ich »Lola springt« als Headline vor Augen. ;) hehe, also das »was-wäre-wenn-Szenario« hätte man ja noch ausweiten können.
Anspruchsvoller und schöner geschrieben ist natürlich der erste Teil. Der zweite ist schon arg deftig gezeichnet. Ich wünschte, ich könnte »über«zeichnet sagen, aber die Realität wartet durchaus mit diesen Abziehbildern auf. Ist jetzt schon ein bisschen plakativ, finde ich, hätte auch mit weniger Krawall funktioniert, dieses Gegenüberstellen. Irgendwer schrieb »sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen«. Genau daran musste ich auch denken.
Ich les hier ein deutliches Augenzwinkern raus und in dieser Stimmung habe ich deinen »Unfug« sehr gern gelesen. Nicht zuletzt wegen der sauberen Sprache. Ist schon echt gut zB die Einstiegsszene des zweiten Teils, mit den vielen quengelnden Gestalten, ohne da den Überblick zu verlieren.
»Nix Fischotter, wie ein nasser Sack...«, da musste ich auflachen. Das passt so herrlich zu dieser Figur. Ein Trauerspiel, das eben läuft, bis es untergeht. Groß Mitleid kommt bei beiden nicht auf, die haben sich schon irgendwie verdient ;)

Grüßlichst
Weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus weltenläufer,
find ich schön, dass du diese Geschichte wieder hervorgekramt hast, die mag ich nämlich nach wie vor sehr gerne.

Ich persönlich fand diesen »Bruch« stark .
[…] Anspruchsvoller und schöner geschrieben ist natürlich der erste Teil. Der zweite ist schon arg deftig gezeichnet. Ich wünschte, ich könnte »über«zeichnet sagen, aber die Realität wartet durchaus mit diesen Abziehbildern auf.
Ja, das war natürlich schon reizvoll, diesen harten Kontrast zu zeichnen zwischen einer unschuldigen Teenager-Romanze und dem tristen Alltag einer Ehehölle, egal, ob die sich nun in der Zukunft tatsächlich so abspielen wird, oder reine Imagination von Fins ist. Da gab es in einigen Kommentaren ja ganz interessante Interpretationen, was genau sich während Fins‘ erstem (nicht wirklich stattfindenden) Sprung ereignet. (Sogar Paralellwelten wurden ins Treffen geführt, usw.)
Wie auch immer, weltenläufer, das ist ja ein nahezu uneingeschränktes Lob, das du mir hier aussprichst, und darüber habe ich mich echt gefreut.
Vielen Dank dafür.

offshore

PS
Ich versuchte vor dem Posten dieses Textes natürlich snifs (des Autors der Vorlage) Einverständnis einzuholen, seine Geschichte bearbeiten zu dürfen. Allerdings reagierte er weder auf eine PM, noch auf Mails. Überhaupt ist er seit letztem Sommer nicht mehr im Forum aktiv, was ich umso bedauerlicher finde, weil ich seine „Doktor Brändli“-Geschichten wirklich mochte
Also snif, wo immer du sein magst: Danke für deine Inspiration.

 

Hallo Offshore,

das ist ja eine Geschichte! Oder zwei.

Zuerst mal was: Fins. Den Namen kenne ich gar nicht. Du meintest nicht Finn? Natürlich nicht, mein Fehler. ;)

Den ersten Teil finde ich sehr gelungen: die Stimmung, die Anziehung zwischen beiden, die Dialoge - super.

Dabei besonders:

Erst als er ganz vorne war, bemerkte er mit Entsetzen, dass er die rechte Hand in der Badehose hatte und an seinem Penis herumzupfte wie ein verängstigter Dreijähriger.
originell. Und obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass ein Junge "Penis" denkt (wahrscheinlicher finde ich "Schwanz" oder " Pimmel"), fürchte ich, dass das aus amerikanischen Filmen auf uns abfärbt.

Dann Jahre später, und ich finde mich nicht zurecht. Ich glaube, das Verwirrendste ist, dass plötzlich ganz andere Namen auftauchen, keine Verbindung zu vorher. Häh? Das hat gedauert, bis Fins endlich wieder auftaucht. Ist das so gewollt?

Bei der Asi-Szene bin ich mir unsicher: zu viel Klischee oder tut mir sowas einfach weh (guck ich mir auch nicht im TV an)? Oder so, wie Kew es ausdrückt:

nur les ich das mit einer Check-Liste im Kopf mit
Als Idee gut, auch der Gegensatz zur Romantik vorher. Trotzdem fühlt es sich nicht rund an für mich.

Dann nochmal doppelter Realitätenwechsel:

Der Aufprall war fürchterlich. ...
„Herr im Himmel, Fins, springst du jetzt endlich, oder willst du da oben übernachten?“
Eigentlich mag ich sowas, hier finde ich es unnötig.

Insgesamt aber gern gelesen, dafür ist der erste Teil so toll.

Gruß, Elisha

 

Elisha schrieb:
Insgesamt aber gern gelesen, dafür ist der erste Teil so toll.
Ja, Elisha, den Beginn der Geschichte mag ich auch ganz besonders und mir war beim Schreiben schon klar, dass so eine sich zart anbahnende, zögerliche Jugendromanze wohl bei vielen Lesern Anklang fände, einfach weil sie ihnen sentimentale Gefühle bescheren würde. Wer kann sich nicht an die Sommer seiner Jugend im Freibad erinnern, als die Tage und das Leben endlos schienen und alles möglich war?

Dann Jahre später, und ich finde mich nicht zurecht. Ich glaube, das Verwirrendste ist, dass plötzlich ganz andere Namen auftauchen, keine Verbindung zu vorher. Häh? Das hat gedauert, bis Fins endlich wieder auftaucht. Ist das so gewollt?
Klar war das gewollt. Einerseits sollten die Dialoge möglich authentisch klingen, ohne unnötige Erwähnung der Namen, andererseits sollte das Entsetzen der Leser darüber, in welche Ehehölle die Jugendliebe geführt hat (führen hätte können?), umso größer sein.

Bei der Asi-Szene bin ich mir unsicher: zu viel Klischee oder tut mir sowas einfach weh (guck ich mir auch nicht im TV an)?
Ich schau mir sowas auch nicht an, aber das heißt ja nicht, dass es solche desolate Familien im echten Leben nicht gibt.

Als Idee gut, auch der Gegensatz zur Romantik vorher. Trotzdem fühlt es sich nicht rund an für mich. Dann nochmal doppelter Realitätenwechsel:
Eigentlich mag ich sowas, hier finde ich es unnötig.
Na ja, mit dem Schlussteil wollte ich den Kreis zum Anfang wieder schließen. Als Leser sollte man die Möglichkeit haben, den Mittelteil als reine Imagination Fins‘ zu sehen und sich quasi entspannt aus der Geschichte zurückziehen zu können, weil das weitere Leben des Jungen möglicherweise doch nicht vollkommen im Arsch ist.

Vielen Dank für deinen Kommentar, Elisha.

offshore

 

Mahlzeit!

Astreiner Text. Gnadenlos echt. Asi-Familie, vollkommen authentisch. Aus meiner Zeit als Briefträger und Paketzusteller kann ich das dutzende Male bestätigen. Geht auch noch viel schlimmer.

Ernst ist der Chronist des Echten, des Realen. Mit all seinen Schrecken und Lieblichkeiten.

Leider verpufft die Realität wirkungslos im leeren Raum. So wie das Atom hochgradig aus leerem Raum besteht, ist es mit den gefühlslagen und Fähigkeiten der Menschen. Hochgradig leerer Raum.

Da sind die Realisten unter den Schriftstellern wie einsame Fackeln an nordsibirischen Polarmeerküsten.

Weitermachen.

Morphin

 

Hey, snif, dich gibt’s ja doch noch!
Ich dachte echt, du seist den Wortkriegern abhanden gekommen, bzw. KG.de, wie die Seite noch hieß, als du dich das letzte Mal hier hast blicken lassen. Und dass dir diese Geschichte, die von deiner inspiriert ist, nun so gefällt, ist natürlich eine ganz besondere Freude für mich. Vor allem, weil ich mit der Vorlage ja doch einigermaßen gnadenlos umgegangen bin, wie du ja selbst sagst:

snif schrieb:
Den Mittelteil kommentiere ich nicht. Der tut einfach weh. Ich habe selbst zwei Töchter. Beim Lesen packte mich das Grauen. Insofern hast du voll ins Schwarze getroffen.
Gerade diesen Teil zu schreiben, machte mir am meisten Spaß. Radikal realistisch, gnadenlos, unbarmherzig. Bitterböse halt.

Deine Art, Dialoge zu verfassen, starten in mir nicht das erste Mal einen Film. Als würdest du auf „play“ drücken. Sie sind so stimmig und authentisch, dass ich den Kopf beiseite legen und das Herz lesen lassen kann.
Dieses Lob freut mich besonders, da ich wirklich gerne Dialoge schreibe. Keine Ahnung, wie viele angefangene Dialogszenen in meiner Schublade herumfliegen, eine besser als die andere, nur eint sie halt allesamt der Schönheitsfehler, keine Geschichte drum herum zu haben. Aber vielleicht lerne ich ja auch irgendwann mal das Plot-Entwerfen.
Ja der Plot. Der ist hier schon ziemlich, äh … extravagant? Exaltiert? Hirnsträubend? Aber er konnte offenbar sehr viele Gedanken und auch Gefühle in dir auslösen und gab dir ja auch viel Spielraum für Interpretationen. So gesehen ist er vielleicht gar nicht mal so übel.

Je mehr ich aber über den letzten Satz nachdachte („Fins blickte in die Sonne und sprang“), desto mehr drängte sich mir ein anderer Gedanke auf. Was wäre, wenn jeder Mensch in seinem Leben die Chance kriegen würde, eine einzige Entscheidung, die er getroffen hatte, zu ändern? Wie wäre das Leben dann verlaufen? Fins sprang nur, um Anja zu beeindrucken. Nicht weil er das selber wollte. Er liess sein Leben von anderen bestimmen und musste die entsprechenden Folgen tragen. Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er nicht gesprungen wäre? Die Tatsache, dass ihn Anja „Schlappschwanz“ nennt, macht deutlich, dass er die Falsche beeindrucken wollte. Er sprang am Schluss ganz alleine. Weil er das wollte. Ganz für sich. Dieser Entscheid hätte vielleicht auch sein Leben drastisch verändert.
Also diese Überlegungen decken sich schon ziemlich genau mit denen, die mir beim Schreiben durch den Kopf gegangen sind.

Der Aufprall war fürchterlich. Nix Fischotter. Wie ein nasser Sack trudelte Fins zum Boden des Bassins und meinte zu spüren, wie es ihm das Trommelfell zerfetzte. Er strampelte und strampelte und endlich durchstieß er die Wasseroberfläche. Er schnappte nach Luft, riss die Augen auf und starrte geradewegs in die untergehende Sonne.
Ich liebe es, diese Sätze mit ihrer doppelten Bedeutung zu lesen.
Genau. Aufprall, am Boden sein, sich wieder hochstrampeln. Schön, dass du das in seiner mehrfachen Bedeutung gelesen hast.

Fins blickte in die Sonne und sprang.
Dieses "in die Sonne blicken" (nicht zu Anja), bevor er springt, ist meiner Meinung nach ein schönes Bild für Weitsicht. Vielleicht sollte man vor wichtigen Entscheidungen immer in die Sonne blicken ...
Und mit diesem Gedanken ziehst du ein wirklich schönes Resümee der Geschichte.

Vielen Dank, snif

PS
Mein jüngerer Sohn lässt übrigens fragen, ob er irgendwann wieder einmal mit einer neuen Dr. Brändli-Geschichte von dir rechnen darf. Die ersten drei liebte er nämlich.

Morphin schrieb:
Ernst ist der Chronist des Echten, des Realen. Mit all seinen Schrecken und Lieblichkeiten.
… Da sind die Realisten unter den Schriftstellern wie einsame Fackeln an nordsibirischen Polarmeerküsten.

Ein wahrlich poetischer Kommentar, Morpin. So was mag ich.

Vielen Dank

 

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