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Der Träumer
Eine leichte Taubheit verdrängt das Kitzeln der Vibration in meinen Händen. Ich sehe nur so weit, wie das Licht reicht und weiße Streifen lösen sich unermüdlich ab. Meine Schultern fallen bis zur völligen Entspannung und ich merke, wie ich ein Stück tiefer in die gepolsterte Rückenlehne sinke. Ich beginne meine Augenlider zu spüren und jedes Mal wenn ich sie aufschlage, verspricht mir das nächste Blinzeln Erlösung von diesem monotonen Anblick.
Obwohl sie mich nicht kennt, versteht mich die sanfte Stimme, die zu mir spricht. Sie verspricht mir, wonach ich mich sehne und ich versuche mir auszumalen, wie der Mund aussieht, aus dem diese wärmenden Worte dringen. Ich denke an meine Frau und als ich blinzele, sehe ich sie. Sie liegt im Bett, eingewickelt in eine weiche Decke und von draußen zeichnet der Winter Ornamente aus Eis an die Fensterscheiben. Mit sanfter Stimme fragt sie mich, ob ich zu ihr ins Bett komme.
Weiße Streifen, meine müden Augen entdecken nichts Neues im Licht und jedes Blinzeln ist anhänglicher als das vorangehende. Hier drin ist es angenehm warm, jeder Muskel in meinem Körper ist entspannt und eine leichte Taubheit kriecht von meinen Ellbogen zu meinen Schultern. Obwohl niemand neben mir sitzt, bin ich nicht alleine, denn die hypnotisierende Stimme der schönen Unbekannten singt von den Dingen, die hinter meinen Lidern liegen.
Ich suche nur Entspannung, keinen Schlaf. Einen kurzen freien Moment zwischen zwei Augenblicken, während mein Wagen weiterhin geradeaus fährt und die sanfte Stimme aus dem Radio das Bild meiner Liebe zeichnet.
Jeder weiße Streifen auf der Fahrbahn wird von einem anderen gejagt. Ich frage mich, wie weit es noch ist. Es ist eine Weile her, dass ein Straßenschild am Rand der Fahrbahn gestanden hat. Die Scheiben sind von außen mit Frost überzogen, doch hier drin ist es angenehm warm. Der Sitz ist weich und das Polster schmiegt sich an meinen entspannten Körper.
Sie lächelt mich an und ich krieche zu ihr unter die weiche Bettdecke. Ich küsse ihren Nacken und sage ihr, dass ich nicht lange bleiben kann. Sie dreht sich zu mir um und streicht über meine Wange, während ich ihrem sanften Gesang lausche und die Wärme ihres Körpers spüre.
Ich fühle mich nicht alleine, obwohl niemand neben mir sitzt.
Ihre Schönheit bringt einen Moment Vergessen und ich küsse den singenden Mund.
Als ihr Gesang plötzlich verstummt und ihre Augen vor Schrecken geweitet in meine blicken, weiß ich, dass ich zu lange bei ihr geblieben bin.