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Der Traumtänzer
Die letzten Tage seines Lebens verbrachte der Traumtänzer in andauernder, tiefst überzeugter Einsamkeit. Die logische Konsequenz seiner Eskapaden, so dachte er zumindest. Wer hoch steigt muss ja bekanntlicher Weise auch irgendwann tief fallen.
Allein und still saß er also in seinem „Room of Choice“, in einer Ecke neben der Juckerpalme und starrte horror-mäßig und finster in die dunkle Leere seines Zimmers.
Was war es bloß, das ihn innerlich so sehr bewegte, worüber dachte er in einem solchen Moment nach, in die Schwärze sinnierend und den Kopf auf die geballten Fäuste gestützt?
Beschäftigten ihn vielleicht seine endlosen Ausschweifungen?
Die Suffeskapaden, die orgiastischen Begegnungen mit dem anderen Geschlecht, all die zerplatzten Luftschlösser seines verschütteten Lebens oder eventuell die Gewaltausbrüche, denen nicht selten auch Knochen folgten?
Nehmen wir nur einmal seine Begegnung mit Beate Schröder. Dieses selbstverliebte Schmuckstück von Frau traf er in einem einfachen Edeka Markt. Sie kaufte sich gerade ein paar kleine Strauchtomaten, Salatdressing und eine Schachtel Marlboro Lights, während er stark schwitzend und nervös hinter ihr an der Kasse stand und fünf Flaschen Billigpils am anderen Ende der Kasse klimperten, um bei jedem Ruck des Fließbandes aneinander zu schlagen.
Ein leichter Schulterblick genügte der unnahbaren Schönen um ihren Hintermann vollkommen einordnen zu können und ein leicht abfälliges Lächeln huschte über ihre vollen und geschwungenen Lippen. Ihr Rock spannte an den runden und festen Hüften, die Taille war schmal und kurvig, ihre kleinen, festen Brüste verrieten eine gesunde Solariumbräune und der Duft ihres reifen Körpers strömte in die Nasenlöcher unseres Helden. „Ihr Muschihaar ist mit Sicherheit kurz und glänzt von der scheuen Feuchtigkeit ihrer heißen Spalte“, dachte er. „Ich würde sie behandeln wie eine Prinzessin, oder nein, bumsen würd ich sie. Würd ihr die Seele aus ihrem geilen Körper stoßen, das ist besser.“
Beide gingen sie aus dem Laden, sie stieg in ihr BMW-Cabrio und er ging mit müden Schritten hinterher.
Während sie in der Küche den Salat zubereitete, saß er rauchend in einer Zimmerecke, in einem Sessel, neben einer Yucca-Palme und das Billigbier Flasche für Flasche hinunterstürzend.
Es war halb neun und die Junisonne stimmte den Abend milde.
Aber momentan ging ihm von alledem nichts mehr durch den Kopf. Er dachte an gar nichts. Er war nun seit etwa drei Wochen tot und ein bestialischer Gestank kroch unter der Appartementtür in den Flur hervor…