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Der Weg
Vier Uhr morgens. Eine Landstraße im amerikanischen Staate Virginia sei vermutlich nichts besonderes um diese Uhrzeit. Kein Verkehr, keine Tiere die einem zufällig über den Weg laufen und kein Handyempfang. Doch für Leute wie Lloyd Beck, waren Landstraßen schon immer Orte die auf ihn beruhigend wirkten.
Keine nervigen Anrufe von Freunden, Familienmitgliedern die dein Leben nicht wertschätzen und besonders wichtig, keine Anrufe vom Chef.
Lloyd ging in Richtung Richmond, seiner Heimatstadt, in der er die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte. Per Anhalter versuchte er zurück in die Stadt zu kommen, in seine kleine Wohnung ohne jemanden, der auf ihn wartet.
Stunden verging ohne das auch nur ein Mensch bemerkte, dass Lloyd den Daumen hochhielt um mitgenommen zu werden.
Die meisten Leute fuhren nur an ihm vorbei, entweder, weil sie Angst hatten er könnte ein Irrer sein oder ihnen war es egal, dass ein Mensch in Nöten war.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt ein Mann in einem Pontiac Firebird an um den armen, einsamen Tropf namens Lloyd mit nach Richmond zu nehmen.
"Danke. Sie sind meine Rettung, ehrlich.
Ich dachte ich kipp um vor Erschöpfung.", sagte Lloyd erleichtert.
"Kein Ding. Also, wo soll die Reise hingehen?"
"Richmond"
"Also gut, dann Richmond", entgegnete ihm der Fremde.
Lloyd stieg ein.
Ihm war es egal ob der Mann, bei dem er einstieg, gefährlich war. Er dachte nur an sein Bett, das schon auf ihn wartet und ihn umschließt, in einem Gefühl der Geborgenheit.
Doch manchmal fühlte sich sein Bett, leer und einsam an, was ihm wieder klarmachte wie allein er ist.
Der Fremde sah ihm Rückspiegel zu Lloyd und sagte: "Was machen sie so spät oder eher gesagt, so früh, hier draußen in der Kälte umgeben von Maisfeldern, wenn ich fragen darf ?"
"Ich war Wandern", antwortete Lloyd mit erschöpfter Stimme.
Der Fahrer nickte.
Minuten vergingen und die Landschaft zog an den beiden vorbei, wie ein unendliches Panorama, das nur leere Felder offenbarte.
Das Empfand Lloyd als sehr entspannend, es erinnerte ihn an Zeiten, als er noch ein kleiner Junge war und bei Familienausflügen immer aus dem Fenster sah und sich vorstellte, wie es wäre über diese kahlen Landschaften zu fliegen.
"Sie sind nicht sehr gesprächig, was?", sagte der Fahrer.
"War ich nie."
"Mein Name ist Roy falls sie es juckt".
Lloyd schwieg, denn er hatte Small Talk schon immer verabscheut.
Unwichtige Worte zwischen zwei Fremden, die sich warscheinlich sowieso nie wieder begegnen.
"Ok. Ok. Sie müssen mir ihren Namen nicht nennen, doch eine Frage hätte ich trotzdem.
Warum ist ein Mann, der um vier Uhr morgens an einer einsamen Landstraße spazieren geht, so verdammt schmutzig?"
Lloyd hatte gehofft, dass Roy es nicht anspricht, doch er wusste es war zu auffällig, als das es niemand merkt.
Nun saß er hier. In einem fremden Auto. Mit einem Typen, der auf den Elefanten im Raum aufmerksam machte.
"Bin hingefallen.", gab Lloyd ihm bekannt.
Roy musterte ihn und musste grinsen, weil die Ausrede, seiner Meinung nach, eine der schlechtesten war, die er je gehört hat.
"Schwach Lloyd. Sehr, sehr schwach", entgegnet Roy ihm spöttisch.
"Woher kennen sie meinen Namen?"
"Ich kenn alle Namen, mein Junge."
Lloyd war sich nicht sicher, ob das, was sich gerade abgespielt hat, sich nur in seinem Kopf zugetragen hat.
Obwohl nur dreißig Sekunden vergangen sind fühlte es sich für ihn an, wie eine Ewigkeit des Schweigens.
Grinsend sagte Roy zu ihm: "Was ist los? Bist stumm geworden?", nachdem er den Satz beendete fing Roy an zu Lachen.
Das Lachen war laut, so laut das die Scheiben des Pontiac zu beben anfingen.
"Hören Sie auf !", schrie Lloyd verzweifelt - man konnte leicht hören wie er nach dem Schrei leicht wimmerte, was dem Mann am Steuer, sadistische Freude bereitete.
"Haben deine Opfer nicht das gleiche zu dir gesagt, Lloyd ? Hatten sie nicht auch die gleiche Angst gehabt ? Wie konnten sie überhaupt auf so einen Versager reinfallen ?"
"Was für Opfer ? Ich will nur nach Hause bitte".
Lloyd fing an zu heulen.
Roy musste sich das Lachen verkneifen.
Er wollte Ihn noch weiter mit Worten quälen und ihn winselnd aus dem Auto ziehen, wenn das Ziel erreicht ist.
Der Himmel färbte sich rot und trug Blitze in sich, die auf dem Boden aufkahmen.
Sie schlugen so nah neben dem Auto auf, dass selbst Roy, fast vor Schreck, die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor.
"Wir kommen immer näher zum Ziel. Ich sag dir mal eins Mann, ich bin nur der Fahrer. Was am Ende dieser scheiss Strasse mit dir passieren wird und was für Schmerzen dir zugefügt werden ist mir egal, ok ? Mein Job ist es dich dahin zu bringen, nicht mehr, nicht weniger."
"Wohin ? Verdammt was ist hier los ?"
Lloyd versuchte die Wagentür aufzukriegen, um dann aus dem Auto zu springen, doch Fehlanzeige, sie war verschlossen.
"Lassen sie mich raus ! Lassen sie mich gehen ! Verdammt sie krankes Schwein, was haben sie vor und woher wollen sie wissen, dass ich irgendetwas mit irgendwelchen Opfern am Hut habe.
Sie haben keine Ahnung wer ich bin, lassen sie mich gehen."
"Moment Amigo.", antwortete Roy, "Deine Wunde am Kopf, sagt was anderes.
Du hast Janet nicht den Rest gegeben und hast sie nicht richtig verscharrt.
Als du dich umgedreht hast, hat sie dir mit einem riesen Stein, die Schädeldecke zertrümmert und der Angriff war nicht ohne.
Also rate mal was mit dir passiert ist und wohin die Reise geht Freund.
Janet war Sechzehn. Währst du bei zehnjährigen geblieben, würdest du hier nicht sitzen. Und noch was, ich hab dir deine Stimme genommen, damit du mich nicht mit unnötigen, schlechten Lügen vollsülzt. Genieß die letzten Minuten Frieden Lloyd, denn da wo du ankommst, wird kein Bett auf dich warten".
Lloyd begriff immer noch nicht, was im Moment mit ihm geschieht. Viellecht begreift er es, wenn Roy am Ziel ankommt oder vielleicht auch nicht.
Roy machte Musik an. Alice Cooper war aus dem Autoradio zu hören, es spielte das Lied, Killers.
Roy beschleunigte und hinterließ ein Flammenmeer auf dem Asphalt, doch da wo er Lloyd hinbringt, sind die Flammen heißer.