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Der Wohltätigkeits-Sylvester-Ball

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04.11.2005
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Der Wohltätigkeits-Sylvester-Ball

Grit tanzte mit einem älteren Herrn. Die Kapelle spielte einen Walzer. Alle Düfte des Orients hingen in der Luft. Tausende Blüten hatten den Saal in ein Blumenmeer von unbeschreiblicher Farbenpracht verwandelt. Dazwischen schlängelten sich Luftschlangen und kokettierten mit bunten Ballons. Ein Büfett mit Kostbarkeiten aus Küche und Keller waren angerichtet.

Es war noch keine drei Stunden her, dass Frau Dr. Mayer-Benson, bei der Grit während ihres Studiums als Babysitter jobbte und die mit einer schweren Grippe im Bett lag, ihr die sündteuere Eintrittskarte für diesen Wohltätigkeits-Sylvesterball geschenkt, ein Abendkleid geliehen, ein paar Scheine zugesteckt und sie mit den besten Wünschen für einen schönen Abend in ein Taxi gesetzt hatte.

Mit einem Schwung beendeten sie den Walzer. Ihr Tänzer führte sie an die Bar. Beide waren erhitzt und außer Atem. Grit erfrischte sich mit eisgekühltem Orangensaft, und versuchte seine Annäherungsversuche zu ignorieren.
Lautes Lachen drang an ihr Ohr. Ein bekanntes Lachen. Sie suchte in der Menge das Gesicht dazu. Michael! Es war tatsächlich Michael! Zusammen hatten sie im vergangenen Sommer Abitur gemacht. Sie mit Auszeichnung, er gerade mit ausreichend. Sein Vater hatte eine Waffenfabrik. Michael hatte keine Gelegenheit ausgelassen damit zu prahlen. Nach dem Abitur war er als Praktikant in den Betrieb seines Vaters eingetreten. Seither hatten sie sich nicht mehr gesehen.
„Mensch Grit. Was machst denn du hier? Ist ja toll jemand aus der alten Klasse zu sehen.“ Er war stark angetrunken. Sein blasses Gesicht war gerötet und die Augen glänzten. Auf der Stirn waren kleine Schweißperlen, die Haare standen wirr, und sein Gang war unsicher. Er wollte sie umarmen, aber sie wich geschickt aus.
„Michael, schön dich zu sehen. Wie geht es Dir?“
„Blendend! Kennst doch die Werbung im Fernsehen: mein Wagen, mein Haus, mein Boot! Alles bestens! Und wie geht es dir? Fleißig am studieren? Ja, es hat halt nicht jeder einen Chef als Vater. Also, wenn du mal was brauchst, du weißt ja, wo du mich finden kannst. Amüsier dich gut! Vielleicht tanzen wir später mal. Bis dann!“ Weg war er.

Die kurze Begegnung hatte bei Grit einen bitteren Geschmack hinterlassen. Sie hatte doch tatsächlich für kurze Zeit vergessen, dass die teure Eintrittskarte geschenkt und das Kleid geliehen war. Aber das Leben war so und genau deshalb sollte sie diese Nacht besonders genießen.

Die Zeit verging wie im Flug. Sie ließ keinen Tanz aus, lachte und flirtete. Michael hatte sie nicht mehr gesehen. Wie berauscht war sie im Funkenregen des grandiosen Feuerwerks gestanden und hatte mit einem Glas Champagner auf das neue Jahr angestoßen.

Nun sollte der große Höhepunkt der Ballnacht kommen. Jeder Gast durfte in die Lostrommel greifen und ein Los ziehen. Grit war nicht enttäuscht, dass ihres eine Niete war. Sie hatte es nicht anders erwartet. Plötzlich wurde sie hart am Arm gefasst. „Grit, hier nimm mein Los und melde dich.“ Michael stand völlig aufgelöst vor ihr. „Nimm mein Los und melde dich. Es ist der Hauptgewinn. Der Mercedes. Na mach schon.“ Grit starrte ihn nur an und bewegte sich nicht. Michaels verschwitzte Hand drückte ihr einen zerknüllten Fetzen Papier in die Hand.
„Michael, was soll das? Wenn es der Hauptgewinn ist, dann ist es deiner. Warum meldest du dich nicht selber?“ Michael lachte schrill. „Meiner? Hast du eine Ahnung. Wenn ich das Auto gewinne, dann gehört es dem Gerichtsvollzieher. Dann klebt spätestens morgen der Kuckuck drauf.“
„Aber Michael, du sagtest doch, alles bestens- mein Haus, mein Boot, mein Auto.“
Michaels Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern.
„Mein Haus gehört der Bank. Mein Boot gehört dem Gerichtsvollzieher und mein Auto ist nur noch Schrott. Bitte hilf mir. Einmal noch. Nimm du den Gewinn. Du kannst den Mercedes verkaufen und wir teilen den Erlös. Bitte Grit, mach schon. Alles wartet.“
Gritt bekam einen Schubs und wie in Trance ging sie in Richtung Bühne. Dort wurde sie stürmisch begrüßt und gefeiert als glückliche Gewinnerin. Dass sie dies nur halb war, ging niemand etwas an.
Später prostete ihr Michael immer wieder zu. „Auf unseren Gewinn“. Er wurde unterbrochen von einem Herrn, der Grit die Hand reichte.
„Ich gratuliere kleines Fräulein, sie haben ein richtiges Glückshändchen. Da wir sich Frau Dr. Meyer-Benson bestimmt freuen, dass sie den richtigen Ersatz geschickt hat. Einen, der ihr gleich den Hauptgewinn mit nach Hause bringt.“
Michael konnte mit diesen Worten nichts anfangen. Er lächelte noch immer alkoholselig vor sich hin. Grit aber begriff einmal mehr, dass ein geliehenes Abendkleid nicht in einen Mercedes passte. Auch nicht in einen halben.

 

Hallo angie02,

bis hin zur Verlosung war nicht klar, worauf du hinaus wolltest. Das ist dir also gut gelungen. Leider hatte ich Fragen zu deiner Auflösung, die dann auch prompt von einem der Gäste angesprochen, mir aber nicht zufriedenstellend beantwortet wurden.
Würde Grits Arbeitgeberin nicht auf dem Gewinn bestehen? Vielleicht ergänzt du die besten Wünsche zu Beginn ein kleines bisschen in diese Richtung.
Denn sonst hat sich der arme Michael vielleicht böse geschnitten, wenn Frau Dr. Mayer-Benson Grits Deal nicht aufrecht erhält. Und er müsste die Lage des Familieunternehmens auch ihr gegenüber outen. Deine Lösung, schön wie sie ist, scheint mir also nicht zu Ende gedacht. Dazu ist Grit zu nachdenklich. Sie würde, so wie du sie geschildert hast, sofort darüber nachdenken, ob sie einen Gewinn überhaupt behalten dürfte.
Wenn die Beziehung zwischen ihr und Frau Doktor so ist, dass diese ihr die Karten schenkt, werden sie sich zwangsläufig auch über den Ball unterhalten, wie es war, ob sie jemanden kennengelernt und viel getanzt hat. Und, ob sie etwas gewonnen hat.
Eine zweite Unlogik sehe ich in der Karriere Michaels. Bisher war er Praktikant in Papas Unternehmen. Beide sind vielleicht 22. Entweder hat der Papa da sehr schlecht aufgepasst, was sein Spross so ausgibt oder aber etwas stimmt nicht. Selbst die Kinder solcher Eltern steigen in den Unternehmenshierarchien nicht so schnell auf. Gerade Väter, die etwas geleistet haben, achten auch bei ihren Söhnen auf Leistung. Also Haus, Boot etc. finde ich auch für einen so jungen Unternehmessprössling etwas übertrieben.

Dass sie dies nur halb war, ging niemand etwas an.
niemanden

Lieben Gruß, sim

 

Hallo angie02,

mir hat deine Geschichte leider nicht sonderlich zugesagt. Inhaltlich hat sim ja schon einige Widersprüchlichkeiten aufgezeigt. Darüberhinaus muss ich sagen, dass du zwar das Motiv arm/reich, gesellschaftlich geschätzt/unwichtige Studentin für deine Geschichte benutzt, aber nur sehr oberflächlich aufgreifst. Die Konflikte werden nicht wirklich deutlich, Grit bleibt mir sehr blass. Die Aussage, dass sich gesellschaftliche Unterschiede nicht so einfach ausgleichen lassen, finde ich gut, aber sie ist m.E. nicht ausreichend durch Grits Gedanken vorbereitet.

Liebe Grüße,
Juschi

 

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