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Dialog allein am Tisch

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14.03.2002
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Dialog allein am Tisch

Ich sitze am Tisch. Habe alles vorbereitet, fein säuberlich vorbereitet. Und ich bin mir nicht sicher, starre es an. Starre Dich an. Bis Du beginnst, mit mir zu sprechen.

Worüber denkst du nach?
Über dich. Über dich denke ich nach.
Darüber, ob du mich wirklich nehmen sollst?
Ja.
Nimm mich. Nimm mich hier und jetzt. Hier auf dem Tisch.
Du sprichst wie eine Frau.
Mißfällt dir das?
Nein. Wenn ich ehrlich sein soll, nein.
Dabei bin ich viel besser als eine Frau.
Weshalb?
Weil du nie aufhören wirst, mich zu wollen. Weil du mir treu sein wirst. Weil du mich nie enttäuschen mußt.
Das klingt schön, sehr schön. Aber auch bedrohlich.
Ich bin nicht ungefährlich. Du bist zu intelligent, als daß ich dir etwas vorgaukeln könnte.
Schmeichle mir nicht.
Ich schmeichle dir gar nicht. Ich sage dir nur, wie es ist.
Ich weiß, wie es ist.
Dabei kennst du mich doch noch gar nicht.
Natürlich kenne ich dich.
Nein, du kennst mich nicht. Du weißt nicht, wie es ist, wenn Du mich empfängst. Nicht, wie es ist, wenn ich nicht mehr in dir bin und du mich noch einmal haben willst.
Aber ich weiß um die Bedrohung.
Ach. Und trotzdem hast du mich in dein Haus gelassen?
Ja.
War das etwa einfach?
Nein.
Nein? Du mußtest dich ganz schön anstrengen, oder? Es hat dich viel Überwindung gekostet, oder?
Ja, schon. Na und?
Was war denn so schwierig daran? War es nicht letztlich ganz einfach?
Doch. Eigentlich viel zu einfach.
Aber für dich war es schwierig. Du hast dich ganz klein und hilflos gefühlt.
Ja.
Ich werde dich groß machen. Mit mir wirst du jede Angst verlieren. Du wirst Dinge tun können, die dir bisher völlig unmöglich erschienen. Für mich wirst du all deine falschen Ängste los. Das Korsett dieses Anstands. Die Bürde dieser Gesellschaft, die dir nicht geben kann, was du suchst. Du wirst so viel unnötigen Ballast über Bord werfen können, glaub mir.
Will ich das denn?
Deswegen hast du mich doch hierhergebracht, nicht? Um dir einen Sinn zu geben, ein Ziel. Tag für Tag. Und dieses Ziel werde ich sein. Du wirst meiner nie überdrüssig werden. Und selbst wenn du an mir zweifeln solltest, wirst du mir treu bleiben. Deine Tage werden ausgefüllt, und all deine übrigen Sorgen werden nichtig sein.
Aber bin ich dir dann nicht ausgeliefert, in einem anderen Gefängnis nur?
Ja, natürlich. Wie sollte ich dir etwas vormachen? Du würdest es ja doch durchschauen.
Und weshalb sollte das besser sein?
Weil du nie von mir ablassen wirst. Weil du immer wissen wirst, daß du nur mich willst. Und wieviel einfacher ist das Leben, wenn man erst einmal weiß, was man wirklich will?
Ich bin noch unsicher.
Ja, aber das wird vorübergehen. Vertrau mir, vertrau dich mir an.
Warum sollte ich?
Weil ich mich deiner noch annehmen werde, auch wenn du nicht mehr attraktiv sein wirst. Weil ich noch von dir begehrt sein will, auch wenn du kein Geld mehr haben wirst. Und auch, wenn dich niemand sonst mehr mögen wird, wirst du bei mir noch Zuflucht finden. Ich werde dich immer wieder täuschen können. Und du, du wirst mich immer wieder durchschauen. Und wirst niemals aufhören, mich zu wollen.
Das hört sich an wie das Spiel zweier Liebenden.
Bis zum Ende.
Gut. Nur - einen Moment noch.
Nimm ihn dir. Und dann nimm mich. Ich kann warten. Du weißt, ich bin da.

 

Ein Dialog, soviel ist sicher.
Wohl mit etwas Gegenständlichem auf dem Tisch, eine Kaffeemaschine, ein Kasten Bier, eine Tafel Schokolade, Drogen o.ä.
Ich finde es gut, dass du nicht auflöst - dadurch wäre aus deiner Geschichte nur eine Pointengeschichte mit einigen Längen geworden. So grübelt der Leser - befasst sich mit dem Gegenüber, das nicht menschlich sein kann; interpretiert alles mögliche in den Dialogpartner hinein. Um endgültig aufzulösen, hat man jedoch zu wenig Anhaltspunkte; jedem bleibt seine persönliche Interpretation überlassen. Und darin liegt die größte Stärke, aber auch die Größte Schwäche der Geschichte - manch ein Leser bleibt unbefriedigt zurück, das ganze scheint dann leeres und inhaltsloses Gerede.

Fazit: Eine Geschichte, deren Bedeutung jeder selbst sucht und suchen muss, wer jedoch von einem Autor vorgegebene Deutungsmöglichkeiten sucht, muss sich woanders umschauen. Ich fands interessant.

LG Anea

 

@Anea: Vielen Dank fürs Lesen und den Kommentar. Obwohl ich denke, daß die Interpretation ganz eindeutig ist, werde ich die drei Wörter einfügen, die ich erst geschrieben, dann wieder gestrichen hatte,

von: "Du weißt nicht, wie es ist, wenn ich dich penetriere."
zu: "Du weißt nicht, wie es ist, wenn ich dich mit heißem Stich penetriere."

 

Hallo Claus,

hat mir gefallen, dein Dialog. So eindeutig wie du denkst ist die Deutung zumindest für mich allerdings nicht. Klar ist, dass es um Sucht geht. Aus meiner Sicht um ein gefährlicheres Suchtmittel als Kaffee und Schokolade, Heroin wäre mein Tipp. Spielt aber m.E. auch keine große Rolle, welcher Stoff diesen Zwiespalt bei deinem Prot verursacht. Der Konflikt zwischen dem rationalen Wissen, dass der Konsum gefährlich ist und eine Flucht wäre, und der Sehnsucht nach genau dem kommt gut rüber. Auch wenn es nicht immer diesen Ausmaß hat, ist dieser innere Zwiespalt zwischen Disziplin und Moral einerseits und Bedürfnisbefriedigung andererseits doch etwas sehr alltägliches. Der realistische Dialog passt dazu.

Liebe Grüße
Juschi

 

Ja, daher wird es deutlicher. Für den Text an sich spielt es aber keine Rolle, ob man es weiß - für die Wirkung braucht es das gar nicht einmal. Er funktioniert auch so :thumbsup:

 

@Anea, @Juschi: Vielen Dank für das Lob. Vielleicht erfolgen noch einige Ergänzungen oder Überarbeitungen. Aber im Moment gefällt mir der Text so, wie er ist.

 

Der Dialog hat mich sehr angesprochen, vor allem wegen der Kürze. Alles ist gesagt. Der "innere Kampf" wird sehr deutlich obwohl das Ende offen bleibt. Einerseits wird die bedrohliche Situation ganz klar. Auf der anderen Seite auch das Zögern und die Unsicherheit.

Die "Verführungskünste" der Droge ( ob nun Alkohol oder Kokain, ist dabei eher eine Nebensächlichkeit, glaube ich persönlich) kommen ganz deutlich zum Tragen.

irritiert hat mich nur eine Kleinigkeit:
-> ..... "Weil ich ehrlich bin. Weil ich dir nichts vormache" .....

Diese Aussage der "Verführerin" an sich, ist die größte Lüge. Alles was "sie" vorher zum Ausdruck bringt, klingt aus "ihrerm" Blickwinkel schonungslos ehrlich und plausibel, macht ihre erschreckende Bedrohlichkeit aus, zumindest für mich als "Beobachter".
Wenn "sie" die Ehrlichkeit durchhält bis zum Ende, würde dies vielleicht die Gefahr, die von ihr unzweifelhaft ausgeht, noch mehr unterstreichen und die Spannung durchgehend erhalten.
Ich hatte beim Lesen des Textes das Gefühl "unsichtbar anwesend zu sein und zu beobachten". Erschreckend. Da ich persönlich eher der Typ bin, bei dem sich zusätzlich zum Geschriebenen "Bilder entfalten" während des Lesens, bis hin zu kleinen "Filmen" die ablaufen, finde ich den Text mehr als gelungen.

lg sorceress2001

 

@sorceress2001: Vielen Dank für das Lob. Was die Stelle angeht, die Dich irritiert hat, so bin ich noch ein wenig unentschieden. Du hast da eine ganz heikle Stelle entdeckt, die mir überhaupt nicht aufgefallen ist. Ich mußte sogar mehrere Minuten nachdenken, bis ich erst verstanden habe, was Du genau ansprichst. Ja, ist vollkommen richtig.

Vermutlich werde ich hier eine Änderung vornehmen. Vielen Dank.

 

Hallo cbrucher,
ich sehe deinen Dialog mit der Drogenspritze schon fast als Hilfeschrei des Unbewußten.
Der Protagonist leidet. Er hat Ängste. Er fühlt sich überfordert. Sucht Erlösung.
Es wäre ja so einfach, aber die Zweifel haben ihre Berechtigung. Der Teil der im Unbewußten liegt, könnte ihm bewußt werden. Was folgt danach. Noch mehr Ängste? Krankheit,Tod? oder ein erfülltes Leben? Dein Protagonist wird nicht die Droge nehmen. So wie er sich verhält, weiß der Protagonist, dass die Droge nicht ehrlich ist, auch wenn sie es von sich behauptet. Letztendlich überträgt er nur seine Sehnsüchte nach Vertrauen und Ehrlichkeit auf die Droge. Und weil es ihm bewußt ist, kann er ihr nur so vertrauen, wie sich selbst.

Goldene Dame

 

@Goldene Dame:

Vielen Dank fürs Lesen und Deine Gedanken. Es ist interessant, daß Du glaubst, der Protagonist wird sich noch gegen die Einnahme entscheiden. Deine Argumentation scheint auch sehr schlüssig zu sein. Ich bin mir allerdings nicht so sicher. Beinahe will ich glauben, daß er es tut. Mit Sicherheit kann ich es nicht sagen. Ich will hoffen, er denkt wie Du.

@sorceress2001:

Werde die heikle Stelle jetzt ändern. Da reifte eine Entscheidung heran. Deine Argumentation war einfach zu überzeugend.

 

Ich werde dich immer wieder täuschen können. Und du, du wirst mich immer wieder durchschauen. Und wirst niemals aufhören, mich zu wollen. Das Spiel zweier Liebenden. Bis zum Ende
Wenn du den Dialog so weit abänderst wie jetzt, muss ich davon ausgehen dass der Prot. aus Trotz handeln wird, sprich die Droge spritzen wird. Nach wie vor ist ihm bewußt, die Droge ist die schlechtere Wahl. Auch hier überträgt er seine Erwartungen von sich selbst auf die Droge,
aber seine Ängste zwingen ihn, die Wahrheit nicht anzusehen obwohl sie deutlich vor seinen Augen steht.

 

Hi cbrucher,

Abhängigkeit, kann das Liebe sein? :hmm:
Ich denke eher Hassliebe, die oft genug bis zum Ende hält.

Dein Prot wird es ohne Hilfe nicht schaffen, sich, von was auch immer, zu lösen. (Scheißspiel)

Was mir aufgefallen ist, du schreibst, der innere "Teufel" in ihr/ihm sagt: Ich werde immer bei dir sein, auch wenn du kein Geld mehr hast ...

Hm, wie kommt dein Prot ohne Geld an die Droge?
Oder gibt es Mittel und Wege, von denen ich (Unbedarfte) keine Ahnung habe? :shy:

Nicht schlecht geschrieben, dein Dialog.

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo cbrucher,

ich setze mal ganz vorne wieder an. Die von Dir eingefügten Worte

mit heißem Stich
haben mir tatsächlich ein wenig die Lesefreude genommen, weil damit die Lösung eindeutig war. Liegt wohl auch daran, dass ich mich viel mit Suchtproblemen beschäftige.

Mir hat deine Geschichte deshalb insgesamt gut egfallen, weil sie doch auch die Ausweglosigkeit ganz gut rüberbringt und eben auch das Schwanken zwischen dem Erkennen der schrecklichen Realität und dem Wunsch ihr zu entfliehen. Und da denke ich auch, dass die in diesem Dialog erkennbare Situation nicht ausreicht, den entscheidenden Schritt weg von der Abhängigkeit zu schaffen.

Lieben Gruss

Jo

 

Der Dialog ist gelungen.
Die Suche wird verständlich skizziert.
Ein Dialog eben, aber m.E. keine wirkliche Geschichte...
Dennoch ganz in Ordnung.
Lord

 

Vielen Dank an alle fürs Lesen und kritische kommentieren.

@Goldene Dame:

Um mit Mann zu sprechen (und sich so der Anmaßung schuldig zu machen): "Ehrlich gestanden, lassen wir ziemlich unbekümmert die Frage offen."

@coleratio:

Vielen Dank für Dein Lob. Die Kein-Geld-Problematik konnte ich nicht richtig auflösen. Ist eine Schwäche im Text, da muß ich noch einmal bearbeiten. Nur eine Anmerkung: der Text sagt nicht, daß es sich um einen Abhängigen handelt.

@jobär:

Die von Dir angesprochene Stelle hatte ich erst nachträglich eingefügt. Eigentlich halte ich sie auch für entbehrlich. Aber als Verfasser ist man sich da nicht immer so sicher. Daß Du es gleich erkannt hast, es als zu explizit empfunden hast, liegt vermutlich an Deiner Sensibilisierung für das Thema.

Was die Abhängigkeit angeht: vgl. Kommentar zu coleratio.

@Lord Arion:

Kurz und knapp. Dein Urteil freut mich. Ob es sich jetzt um eine Geschichte handelt, ist sicherlich fraglich. Es fehlt ein Vorher. Das Danach ist (wenn auch noch nicht entschieden) gezeichnet.

 

@Lord Arion:

Ach, mir fallen da noch Alternativen ein. Man könnte z.B. reich und berühmt werden.

@poesiefräse:

Nichts verstanden? Da bleiben die Bananen wohl grün. Schade vielleicht, aber manche Menschen mögen auch das. Als schweren Brocken würde ich diese Kost allerdings nicht bezeichnen, läßt sich durch korrekte Verwendung eines Abfalleimers meist lösen. So verfahre ich jedenfalls damit.

 
Zuletzt bearbeitet:

Gefangen - im All der Gedanken

Hallo Claus

Also zuerst einmal die Geschichte gefiel mir gut ( und ich wage es mal den Text als Geschichte zu bezeichnen ).
Wieder einmal eine Beziehungsgeschichte - diesmal geht es um eine Beziehung mit sich selbst.
Finde sie inspirierend; macht Lust zum Interpretieren ( was ich ja bei Dir immer ganz gerne mache, damit auch Du verstehst, was Du sagen wolltest. Hoffe das geht als Bewerbung für den Arroganzklub durch ).
Hier nun ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

Weil du nie aufhören wirst, mich zu wollen. Weil du mir treu sein wirst. Weil du mich nie enttäuschen mußt.
- "enttäuschen mußt" : so,so...interessant

Dabei kennst du mich doch noch gar nicht.
Natürlich kenne ich dich.
Nein, du kennst mich nicht. Du weißt nicht, wie es ist, wenn ich dich mit heißem Stich penetriere. Du mich empfängst. Nicht, wie es ist, wenn ich nicht mehr in dir bin und du mich noch einmal haben willst. Aber ich weiß um die Bedrohung.
Ach. Und trotzdem hast du mich in dein Haus gelassen?
Ja. War das etwa einfach?
Nein.
Nein? Du mußtest dich ganz schön anstrengen, oder? Es hat dich viel Überwindung gekostet, oder?
Ja, schon. Na und?
Was war denn so schwierig daran? War es nicht letztlich ganz einfach?
Doch. Eigentlich viel zu einfach. Aber für dich war es schwierig. Du hast dich ganz klein und hilflos gefühlt.
Ja.

Sehr gut gefällt mir dieses Spiel mit den Widersprüchen.
Die Wirklichkeit läßt sich an keinem Punkt festhalten. Sie steckt irgendwo dazwischen.

Für mich wirst du all deine falschen Ängste los. Das Korsett dieses Anstands. Die Bürde dieser Gesellschaft, die dir nicht geben kann, was du suchst. Du wirst so viel unnötigen Ballast über Bord werfen können, glaub mir.
Da gibt es offensichtlich eine gewiße Distanz zur Gesellschaft, eine Bürde, unnötigen Ballast.
- Oje, ich hoffe nur der Prot wird [...] nicht zu sehr glauben!

Und selbst wenn du an mir zweifeln solltest, wirst du mir treu bleiben. Deine Tage werden ausgefüllt, und all deine übrigen Sorgen werden nichtig sein.
- Oje, oje.
Aber bin ich dir dann nicht ausgeliefert, in einem anderen Gefängnis nur?
- Also ich glaube ja, daß das
Gefängnis
der Prot selbst ist, d.h. die Autopoiesis seiner Gedankenwelt.
Der Prot wendet sich von den Widersprüchlichkeiten der Welt ab und er findet [...] - und was [...] angeht: es mag viele Arten von Drogen geben, die eine andere Welt versprechen.
Der Monolog zeigt, daß der Prot sehr gut ahnt: hier stimmt was nicht.
Aber er ist in seiner Gedankenwelt gefangen und er ist schwach.
Und er sieht keinen anderen Ausweg.

Er müsste sich den verhaßten Widersprüchlichkeiten der 'wirklichen' Welt stellen, aber flüchtet zu [...] - und e n t g e g e n Goldene Dame

Dein Protagonist wird nicht die Droge nehmen. So wie er sich verhält, weiß der Protagonist, dass die Droge nicht ehrlich ist, auch wenn sie es von sich behauptet.
, glaube ich, daß sich dieser Prot [...] hingeben wird. Solange er sich den Widersprüchlichkeiten der Welt nicht stellt [ dieser Arrogantling ?;) ] , wird er sie nicht annehmen können und er wird vor dem eigenen Widerspruch flüchten, den er gerade dadurch nicht löst.
Er bleibt gefangen - im All seiner Gedanken.

Das Spiel zweier Liebenden.
- Das gefällt mir hier nicht so. Ist mir irgendwie zu viel. Ich fand, daß die Vertrautheit im Monolog schon gut rüberkam.

Sie lieben sich nicht wirklich - sie wohnen halt im gleichen Käfig

Gruß,
rock

 

Lieber Claus!

Eigentlich gefällt mir Dein Dialog wirklich gut. Allerdings würde er mir noch besser gefallen, wenn Du den heißen Stich wieder rausnimmst und dadurch mehr Interpretationsmöglichkeiten – Gedankenfreiheit für den Leser – offen läßt.
Ich bin an sich kein Freund von allzugroßen Rätseln in Geschichten, aber hier würde ich es absolut begrüßen, weil es wirklich Spaß macht, auch anderes als Drogen einzusetzen. (Was mir da so einfällt, verrat ich jetzt nicht. :p)

Außerdem müßte ich, wenn Du sie wirklich eindeutig auf Heroin zugeschnitten haben willst, in ein paar (wenigen) Punkten kleinlich werden, und eigentlich will ich das gar nicht, weil sie mir bis auf den oben erwähnten Punkt wirklich gefällt.
Eventuell ein bisschen zu weit gehend finde ich auch noch diese Gedanken:

Weil ich mich deiner noch annehmen werde, auch wenn du nicht mehr attraktiv sein wirst. Weil ich noch von dir begehrt sein will, auch wenn du kein Geld mehr haben wirst.
Nicht nur wegen der Richtungsvorgabe, die empfinde ich hier gar nicht so schlimm, sondern mehr deshalb, weil ich es eher für unwahrscheinlich halte, daß jemand im voraus so weit denkt. Aber ich laß mich natürlich auch gern eines Besseren belehren, vielleicht kennst Du ja jemanden, der sich tatsächlich solche Gedanken schon vorher gemacht hat.


Ob es sich jetzt um eine Geschichte handelt, ist sicherlich fraglich. Es fehlt ein Vorher. Das Danach ist (wenn auch noch nicht entschieden) gezeichnet.

Da ich grad mal wieder dieses kleine schlaue Buch hervorgeholt habe, Reclam 15030 »Wie interpretiert man eine Novelle und eine Kurzgeschichte?«, ein kurzes Zitat, das diese Frage vom Tisch zaubern sollte:
… In Amerika wurden Lehrbücher darüber verfaßt, wie man solche plot stories schreiben kann. Die so hergestellten Geschichten waren meist perfekt konstruiert, aber ohne inneres Leben. Deshalb suchten ernsthafte Künstler gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach einer neuen Form.
Anton Tschechow war einer der ersten, der die Abkehr von der Ereignisgeschichte konsequent vollzog und den modernen Typ der Situationsgeschichte schuf. In ihr wird Spannung nicht mehr vertikal in Richtung auf einen Handlungshöhepunkt hin entwickelt, sondern horizontal durch Fokussierung einer Situation auf einen Punkt äußerster Verdichtung. Im Extremfall kann dabei auf Handlung ganz verzichtet werden, wenn eine Situation so erzählt wird, daß sich in ihr eine Spannung – z.B. eine Gereiztheit zwischen zwei Personen oder ein psychischer Spannungszustand in einer einzigen Person – auf einen Fokus hin verdichtet, bis der Leser das Gefühl hat, daß sich dort die gesamte Energie der Erzählung wie in einem Brennpunkt sammelt.

Dies mag daher rühren, daß die traditionelle Form der longitudinal entwickelten Vertikalspannung durch die Unterhaltungsindustrie so trivialisiert worden ist, daß seriöse Autoren sie als künstlerisch entwertet ansehen. Es könnte aber auch sein, daß sich darin ein verändertes Lebensgefühl ausdrückt. So wie bestimmte Wissenschaften, die früher diachronistisch (=historisch) betrieben wurden, heute vorwiegend synchronisch arbeiten, indem sie nach sysematischen Strukturen quer zur Zeit suchen (z. B. die Sprachwissenschaft), so geht gegenwärtig anscheinend allgemein der Blick mehr quer als längs zur Zeit. Das teleologisch bestimmte Streben etwa nach ewiger Seligkeit oder unsterblichem Ruhm scheint inzwischen ganz dem Streben nach singulären Glücksmomenten gewichen zu sein, die man immer wieder mit immer stärkerer Intensität wiederholen möchte. Hier könnte man durchaus einen Zusammenhang mit der für die moderne Literatur so charakteristischen Form der fokussierten Spannung vermuten.

Es ist also weniger so, daß dies keine Geschichte wäre, sondern vielmehr so, daß Du im Zug der Zeit sitzt. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo cbrucher! (Also gesprochen wäre es ein Zungenbrecher...)

Also zunächast einmal fand ich dein Herangehen interessant. Eine Droge zu personifizieren im Dialog.
Packen konnte es mich leider nicht.

Ich habe lange gerätselt, warum. Fakt ist, dass ich in dem Text irgendwie nichts Neues entdecken konnte.
Du beschreibst das Verführerische an Drogen, das zweifelos existiert. Man muss hier nicht schön reden. Viele Drogen werden genommen (viele, ich will hier nicht pauschalisieren), weil die Leute es wollen und einen Nutzen, einen Rausch daraus ziehen.
Soweit gesehen handelst du diese Seite der Drogen ab. Aber nicht originell oder irgendwie neu. Du führst einfach alles in netten Worten auf. Nur eben in Dialogform.
Aber mir fehlt einfach das Neue, das Tiefergehende.
Konnte ich mich da klar machen? Wenn nicht, versuche ich es gerne nochmal.

Ich sehe den Text hier eher als Experiment. Für mich zündet es leider nicht richtig.

Eines noch:

Aber bin ich dir dann nicht ausgeliefert, in einem anderen Gefängnis nur?
Finde ich unnötig schwülstig.

In diesem Sinne
c

 

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