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Die Box

Seniors
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24.04.2003
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Die Box

Es geschah selten, dass er nachts wach wurde.
Weder hatte er einen Druck auf der Blase, noch drang Lärm aus der Nachbarwohnung.
Gerrit konnte sich auch nicht an einen unruhigen Traum erinnern.
Es war, wie es war. Einfach so wach geworden.
Gerrit beschloss, sich eine Flasche Wasser aus der Küche zu holen. Orientierungslos tastete seine Hand die rauhe Wand ab, bis sie auf den Lichtschalter stieß.
Er drehte sich zur Seite.

Das Wesen, das neben seinem Bett stand, war zirka zweieinhalb Meter groß, äußerst dürr, und hatte eine Gesichtsform, die an das Bild "Der Schrei" erinnerte.
Gerrit schüttelte sich, dann fror jegliche Bewegung von ihm ein.
Das Wesen riss die Augen zu Tennisballgröße auf und deutete mit einem langen blauen Zeigefinger auf ihn. Dann fing es zu wimmern an.
Gerrit wimmerte ebenfalls.

Am nächsten Morgen wusch er sich nicht. Seine erste Handlung galt dem Telefon. Er meldete sich krank.
Anschließend zog er die Sachen vom Vortag an, verließ die Wohnung, hastete das Treppenhaus hinunter, und stieg in den Wagen.
Die schwarze Box schnallte er auf dem Beifahrersitz fest. Gerrit selbst verzichtete auf den Gurt.
Die Straßen des Ortes lagen verlassen vor ihm. Der Berufsverkehr war vorüber, und reges Treiben herrschte hier ohnehin nie.
An der großen Kreuzung im Zentrum nahm er eine Ampel bei rot, bog scharf rechts in eine kleine Seitenstraße ein, und wurde von dem Rappeln, dass das Kopfsteinpflaster verursachte, wachgerüttelt.
Er fand einen Parkplatz gegenüber der Metzgerei. Die Box packte er in seinen Rucksack.
Es regnete. Gestern hatte es noch geschneit. Eine alte Frau hustete, während die Tür des Buchladens hinter ihm ins Schloss fiel.
"Guten Morgen", zwitscherte der Besitzer, und rückte sich seine Brille zurecht. Sein Blick wurde fragend, als Gerrit wortlos den Reißverschluss des Rucksacks aufzog, die Box herausnahm, sie auf den Tresen stellte, und nickte.
"Das ist für Sie", sagte er. Dann ging er wieder, ehe der Mann etwas erwidern konnte.

In der folgenden Nacht konnte er nicht schlafen.
Gegen Mitternacht hörte er ein Quietschen. Im Anschluss Schritte. Langsam wie das Ticken einer Pendeluhr.
Seine Tür wurde geöffnet. Das Wesen stöhnte vor Erschöpfung.
Diesesmal ließ Gerrit das Licht ausgeschaltet. Eine kalte, riesige Hand umfasste seinen Kopf, ließ dann aber wieder ab.
"Nur wissen, ob er da ist", keuchte das Wesen unter großer Anstrengung. Die Stimme hell wie eine Violine.
Dann: "Ja, sie sind alle tot."
Mit diesen Worten entfernte sich das Wesen wieder.
Gerrit musste weinen.

Am nächsten Morgen ließ er sich Zeit. Er duschte in Ruhe, frühstückte ausgiebig, und gönnte sich sogar noch eine zweite Tasse Kaffee.
Ein Blick aus dem Fenster offenbarte ihm eine verlassene, winterliche Landschaft. Der gestrige Regen war über Nacht wieder in Schnee übergegangen, und eine weiße, märchenhafte Decke lag über allem.
Erneut kamen ihm die Tränen.
Gemächlich brachte Gerrit das Treppenhaus hinter sich, stieg in seinen Wagen, und fuhr los.
Heute hatte es keinen Berufsverkehr gegeben.
Wenn du leeebeen willst, dann musst duuu tun, was gesaaagt wird.
Wie Schaufensterpuppen lagen die Leute herum. Manche saßen noch in ihren Autos. Die Gesichter zu Fratzen verzerrt. Was sie wohl erlebt hatten, im Augenblick des Sterbens?
Die Ampeln an der Kreuzung blinkten. Gerrit setzte unnötigerweise den Blinker, und bog ab.
Du wiiiilst wissen, wer iiiich bin?
Der Besitzer des Buchladens lag bauchlings auf dem Holzboden. Seine rechte Hand verkrampft, als hätte sie sich im letzten Moment verzweifelt an das Leben klammern wollen.
Auf dem Tresen lagen noch ein paar Prospekte, die die Neueröffnung des Ladens ankündigten.
Die meisten aber waren gestern verteilt worden. An alle Bewohner des Ortes. Und mit ihnen der Staub, der sich in der Box befunden hatte.
Ich bin, was iiihr Goooott nennt. Aber du wiiirst leben.

Gerrit sank schluchzend in sich zusammen.

 
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Abend Cerberus!

Das Wesen, das neben seinem Bett stand, war zirka zweieinhalb Meter groß, äußerst dürr, und hatte eine Gesichtsform, die an das Bild "Der Schrei" erinnerte.
Das zirka wirkt störend mMn.

Ansonsten kann ich nicht wirklich etwas zu der Geschichte sagen. Ich versteh sie nicht. Glaub ich zumindest.
Es ist bei einigen deiner Geschichten so, aber diese hier ...
In der Box war das, das die Leute getötet hat und Gerrit hat sie rausgebracht, aber warum in einen Buchladen? Und das Wesen gibt mir ebenfalls Rätsel auf.
Alles in allem erinnert mich das Ganze irgendwie an die Arche Noah - ich bin das, was ihr Gott nennt - er warnt Gerrit vor dem Untergang und er soll tun, was ihm gesagt wird. (Noah baute die Arche) Und dieses Ding, dieser Staub vernichtet die Menschen (anstatt des Wassers?) ... du siehst, ich bin leicht verwirrt, aber ich denk drüber nach, das spricht mal für die kleine Story ;)
Tut mir leid, dass ich nicht mehr sagen kann, aber klär mich doch auf.

Grüße,
One

 

Moin Cerberus!

So, also eine neue Version von der Büchse der Pandora?
Ja, der Leser fragt sich natürlich, warum gerade in dem Buchladen und warum durch den Prot und warum in diesem Städtchen? Aber wie sagt man so schön:
Goottes Weege siind unergrüündlich.

Die Geschichte liest sich für mich nicht, als würde das "Wie" oder "Warum" von Bedeutung sein und das macht auch nichts.
Deine Geschichte gefällt mir, Cerberus, aber ich weiß wirklich nicht warum. Verstehe mich nicht falsch, die Idee ist zwar nicht gerade neu, aber gut und auch kompakt umgesetzt und dein Stil liest sich ebenfalls gut, auch wenn ich natürlich einiges anders geschrieben hätte (wäre ja auch extrem seltsam, wenn das nicht der Fall wäre), aber daran liegt es nicht.
Deine Geschichte funktioniert einfach, in dieser Form, in dieser ruhigen Art erzählt und vor allem in dieser kompakten Form.

Aus diesem Grund möchte ich lieber auf Textkritik verzichten, obwohl mir bewusst ist, dass dieser Beitrag dadurch nicht gerade konstruktiv wird. Fürs Erste lasse ich es aber so.

J

 

Ist doch klaaaar!
Gerrit ist ein Schizo, metzelt in völliger Verwirrung eine ganze Stadt nieder, mit HIlfe eines absolut tötlichen Pulvers. Und glaubt, er ist Gott. Ne, sein zweites Ich ist Gott!

Coole Story, ehrlich! (aber warum spricht Gott eigentlich wie Pavel?:D ) Sorry, kleiner Insider.
Obwohl, du fährst seltsamerweise arg auf der "tell-Schiene", oder sehe ich das falsch?
Hat aber Spaß gemacht.

Gruß! Salem

 

Hallo.

@one weak

In der Box war das, das die Leute getötet hat und Gerrit hat sie rausgebracht, aber warum in einen Buchladen? Und das Wesen gibt mir ebenfalls Rätsel auf.
Alles in allem erinnert mich das Ganze irgendwie an die Arche Noah - ich bin das, was ihr Gott nennt - er warnt Gerrit vor dem Untergang und er soll tun, was ihm gesagt wird. (Noah baute die Arche) Und dieses Ding, dieser Staub vernichtet die Menschen (anstatt des Wassers?) ... du siehst, ich bin leicht verwirrt, aber ich denk drüber nach, das spricht mal für die kleine Story

Genau das ist der Zweck dieser kleinen Fingerübung.
Der Leser soll sich seine eigenen Gedanken darüber machen, ob Gerrit nun Schizophren ist, er wirklich Gott, oder einem Außerirdischen begegnet ...
Ich wollte hier keine klaren Anhaltspunkte geben.
Der Buchhändler ist es deshalb, weil er neu eröffnet hat, und Prospekte im gesamten Ort verteilen wird. Er ist daher ideal geeignet.

@Don Jorgo

Freut mich, dass sie dir gefällt, und dass der Text so funktioniert. Es ist eine spontane Idee gewesen, die ich nicht seitenlang auswälzen wollte.
Daher fand ich es in dieser Form ganz passend.
Und, du hast recht: Das "Wie" und "Warum" ist unwichtig. Es kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen.

@Salem

Ist doch klar, Gott ist ein Russe! :D
Ich fahre auf der Tell-Schiene? Hömma! So was will ich nicht hören. Ich fahre nie auf der Tell-Schiene.
Naja ... ein kleines Bisschen vielleicht :D

Euch dreien vielen Dank fürs lesen und kommentieren.

 

Ich les das jetzt zum dritten Mal und kapier die Geschichte immer noch nicht.
Muss aber gut sein, wenn ich sie so oft lese.
Aber, wo kommt diese verdammte Box denn her?
Das Wesen steht plötzlich neben seinem Bett, schön und gut, so ist das nachts. Die Todesbox, die liegt auf einmal aus dem nichts kommend auf dem Beifahrersitz. Hat dein Prot die vorher hingestellt und vergessen, dass er das getan hat? Oderhat das Wesen einen Autoschlüsssel? Ich bin verwirrt, aber da das deine Intention war, muss ich sagen: gelungen! Und wirklich, man macht sich unweigerlich seine Gedanken dazu... (hat ja fast etwas Krilliam Boldersoneskes... :D )

Frank

 

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