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Die Eichenhütte
Oma winkt, als sie mich durch die Glastür des Wohnzimmers sieht. Eigentlich wollte ich die Einkaufstüte nur schnell in die Küche bringen und wieder fahren. Aber sie hat sich schon aufgesetzt, musste sich dafür am Triangel festhalten, der über dem Pflegebett hängt.
„Wusstest du, dass die Eichenhütte ein Jahr leer stand, bevor die Schafe eingezogen sind?“, fragt sie. „Dein Opa war immer ganz besessen, wenn er mit einem neuen Projekt angefangen hat.“
„Ach war er das?“, frage ich, obwohl ich es weiß. Eigentlich will ich mir die alten Geschichten gar nicht anhören. Vor allem nicht an einem Sonntag. Wäre ich doch schon Samstag Abend mit den Einkäufen gekommen, dann hätte ich sagen können, dass ich müde bin, weil der Tag anstrengend war.
Seufzend lasse ich mich in den roten, abgenutzten Lederstuhl neben dem Bett fallen. Er ist das letzte Überbleibsel der Couchgarnitur. Sie wurde vom Pflegebett ersetzt. Seither schläft Oma im Wohnzimmer. Von dort hat sie die Haustür gut im Blick. Das beruhigt sie, jetzt, da sie kaum noch laufen kann.
„Oh ja! Einmal hat er versucht, Champignons in unserem Keller zu züchten!“
„Und? Hat es funktioniert?“
„Nein“, sagt Oma. „Aber ich durfte das Kellerfenster monatelang nicht öffnen, weil die Temparatur nicht schwanken sollte. Und ach, die Sprühflasche. Über Wochen ist er die Kellertreppe alle zwei Stunden hinuntergestiegen und hat herumgesprüht. Wegen der Luftfeuchtigkeit. Er hatte so viele Projekte, allein das Schaukelpferd, dass er dir geschenkt hat. Das hat er auch selbst gebaut!“
„Ja“, sage ich. „Das hat er mir erzählt.“
Oma nickt bedächtig. „Das wundert mich auch nicht. Darauf war er sehr stolz. Aber die Eichenhütte, die war etwas ganz Besonderes.“ Einen Moment schweigt sie, scheint in Erinnerung zu schwelgen. „Im ersten Winter ist er stundenlang am Küchenfenser gesessen und hat zur Hütte geschaut. Erinnerst du dich noch an das Fenster?“
Ich nicke.
„Es war ein furchtbarer Winter, tagelang hat es Pappschnee vom Himmel geschneit und da fragte mich dein Opa, was er denn machen soll, wenn das Dach der Hütte einbricht.“ Wieder schweigt sie, scheint sich in der Erinnerung zu verlieren. „Weißt du, ich hab sie mir auch oft angesehen, vom Fenster aus. Da sah man nur die Eichenkrone, die aus dem Dach wuchs. Nicht die morschen Seitenwände oder die schiefen Bretter.“
„So, als würde Leben aus ihr wachsen“, murmle ich. Sie war wirklich schön anzusehen. Ich habe selbst ja auch oft aus dem Fenster geblickt. Die Eichenhütte stand etwa dreihundert Meter vom Haus entfernt. Links eine Weide, auf der Schafe grasten, rechts ein Pferdegehege, das Jahre später an einen Bauern verkauft und zu einer Ackerlandschaft wurde. Auch den Badeteich, in dem ich meine erste Actionfigur verlor und auf dem wir früher oft Schlittschuh liefen, sah man vom Fenster aus.
„Einmal hat Opa dich dazu überredet, mit uns Schlittschuh zu laufen“, murmle ich. Ich weiß noch, wie sie sich an seinem Arm festgehalten hat, während die Beine ihr unter dem Körper wegrutschten. Lass‘ mich ja nicht los, hat sie gefaucht. Opa hat gelacht, aber sie ganz fest gehalten.
Zu spät fällt mir auf, wie schwer die Stille zwischen uns wirkt, dass etwas gekippt ist. Omas Finger zittern, als sie zum Leibstuhl blickt. Sie benutzt ihn seit zwei Wochen. Eine Toilette im Wohnzimmer, weil sie es ohne Hilfe nicht mehr bis zum Bad schafft. „Ich habe ihn nicht verstanden“, flüstert sie. Ihre Stimme bricht, die Mundwinkel zucken. „Jetzt weiß ich, wie das ist.“
Ich presse die Lippen zusammen. „Habt ihr nicht miteinander gesprochen?“, frage ich, so als würde ich nicht wissen, dass es nicht mehr um Opa geht.
„Doch, doch.“ Oma wischt sich mit dem langen Ärmel über die Augen. Als sie fortfährt, tut auch sie so, als hätte sie nicht über Opas Zeit im Pflegeheim gesprochen und darüber, wie es ist, wenn man nichts mehr selbst tun kann. „Wusstest du, dass dein Opa die Bretter für die Eichenhütte selbst gesammelt hat?“
„Nein“, sage ich und versuche, interessiert zu klingen. „Warum?“
Oma zuckt mit den Schultern. „Ich hab ihm gesagt, dass er Günther fragen soll.“
„Den Tischler?“
„Ja genau. Aber dein Opa hat sie selbst gesammelt. Ein paar Bretter hat er aus dem Wald. Weißt eh, von dort wo ihr immer Parasol gesammelt habt, bei der Lichtung mit den Krokussen. Da gab es einen Hochsitz mit so morschem Holz, dass kein Jäger mehr raufsteigen wollte. Dein Opa war so verdreckt, ich hätte ihn am liebsten aus dem Haus gejagt. In den Händen hielt er vier oder fünf Holzbalken, die jeder andere einfach liegen gelassen hätte.“
„Den Hochsitz kenne ich noch“, werfe ich ein. „Das Gerüst steht heute noch da. Daneben haben die Jäger einen zweiten gebaut, auf dem bin ich mit Opa oft gesessen, da haben wir gejausnet, wenn wir Pilze gesucht haben.“
Großmutter nickt. „Ich hab euch beiden immer Milchschnitten eingepackt.“
„Ja, stimmt“, sage ich und wir lächeln einander an. Großvater wollte immer früh morgens in den Wald gehen, aber das hat Oma nicht davon abgehalten, noch früher in der Küche zu stehen und uns Brötchen zu richten. Mein Magen krampft, als mir klar wird, dass ich nie darüber nachgedacht habe. Es war selbstverständlich, so wie es für mich selbstverständlich sein sollte, ihr zuzuhören. Aber ich will nicht. Ich will nicht hören, wie schlecht es ihr geht und dass es nicht mehr so ist, wie es war und nie wieder so sein wird. Ich würde ihr gerne sagen, dass es wieder besser wird, doch ich glaube es nicht und darum schweige ich. Großmutter ist nicht krank, sondern alt. Und eigentlich würde sie gerne sterben, aber sie kann nicht. Noch nicht.
„Hab ich dir erzählt, dass einmal die Polizei vor unserer Tür stand?“, fragt Oma unvermittelt. „Wegen der Eichenhütte?“
Ich schüttle den Kopf. „Glaub nicht.“
„An den Samstagen, da hatte die Sperrmüllanlage ja immer offen.“
„Hat sie auch heute noch. Freitag den ganzen Tag und Samstag Vormittag.“
Oma nickt, weil es ihr egal ist. „Dein Opa hat sich dort immer auf die Lauer gelegt. Mir war das furchtbar unangenehm. Ich wollte nicht, dass die Leute mitbekommen, dass er Holz klaut.“
„Darum kam die Polizei?“ Das kann ich nur schwer glauben, immerhin schmeißen die Leute da ja nur die Dinge weg, die sie eh nicht mehr brauchen.
„Nein, nein, hör zu“, sagt Oma. „Auf jeden Fall gabs da einen Maschendrahtzaun –“
„Den gibt es auch heute noch.“
„Ja, dann weißt du eh, was ich meine“, sagt Oma und klingt ein wenig genervt. „Da lag er auf der Lauer, dein Opa, mit seinem Fernglas und das hat einer jungen Dame gar nicht gefallen. Die hat gedacht, er ist ein Spanner.“
„Auf der Sperrmüllanlage?“
„Keine Ahnung, was sie dachte. Sie hat ihn jedenfalls erkannt und angezeigt. Aber natürlich ist nichts rausgekommen. Er hat ja nichts gemacht.“
„Und was hat er von der Sperrmüllanlage geholt?“
Oma winkt ab. „Ach, alles Mögliche. Fernseher, von denen er glaubte, dass er sie noch reparieren könnte, große Kartons, Kästen und so weiter.“
„Für die Eichenhütte?“
„Nicht nur“, sagt Oma und denkt einen Moment lang nach. „Für die Hütte, da hat er das Holz geholt und die babyblauen Balken, weißt eh, die mit denen er die Fenster in der Nacht geschlossen hat.“
Ich nicke. Sie hatten spiralförmige Musterungen an den Seiten und wirkten wie eine Antiquität. Viel zu edel für die Hütte. „Die hat er dort gefunden?“, frage ich.
„Ja genau. Und einmal, da hat er Günther mitgenommen.“
„Den Tischler?“
„Nein, den Nachbar-Günther, der von dem er die Frösche gestohlen hat.“
„Achso“, sage ich. „Ich dachte nur, wegen der Balken, also dass ihm da vielleicht der Tischler geholfen hat.“
Oma schüttelt den Kopf. „Dein Opa hat nie jemand anderen an der Hütte arbeiten lassen, naja, zumindest, solange er es noch selbst konnte.“
Es wird wieder ruhig. Die Stille, der Leibstuhl. Omas Körper zerfallt, so wie Opas. So wie die Eichenhütte. „Eigentlich hat Opa ja den Laich gestohlen und nicht die Frösche“, sage ich schnell.
„Ah, dann hat er dir das erzählt?“
Ich zucke mit den Schultern. „Nicht, woher er den Laich hat, aber er hat mir gesagt, dass man immer die Eier nehmen muss und nicht die Frösche selbst, sonst bleiben sie nicht.“
„Er war schon ausgefuchst, dein Opa“, sagt Oma. „Auf jeden Fall hat Günther ihm gesagt, dass es dumm ist, eine Hütte um einen Baum zu bauen. Daraufhin hat er ein halbes Jahr nicht mehr mit ihm gesprochen!“
„Wirklich?“, frage ich und bin tatsächlich überrascht. „Die beiden waren doch immer so eng.“
„Waren sie“, sagt Oma. „Aber die Eichenhütte, die war etwas ganz Besonderes für deinen Opa.“
„Dabei ist es ja wirklich eine dumme Idee“, murmle ich. „Eine Hütte um einen Baum zu bauen, die wachsen doch. Ich weiß noch, dass Opa das Dach jährlich repariert hat. Klar, dadurch haben wir auch ne Menge Zeit dort verbracht und auf dem Dach zu jausnen, war lustig, aber all die Arbeit ... es wäre sicher leichter gewesen, wenn er eine normale Hütte gebaut hätte.“
„Praktisch war es sicher nicht“, meint Großmutter. „Aber dieses Gefühl, etwas mit seinen eigenen Händen zu schaffen, zuzusehen, wie es wächst ... ich hatte ja meinen Garten. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, wenn man etwas erntet, vor allem, wenn es etwas ist, dass heraussticht – eine neue Sorte zum Beispiel oder etwas, was bei den Nachbarn nicht wächst. Manchmal ist es auch eine Faszination, die andere nicht verstehen, aber für einen selbst, da zahlt es sich aus. Das ist diese besondere Arbeit, die, die den Geist jung hält, weißt du? Verstehst du das?“
Ich nicke. Aber eigentlich verstehe ich es nicht. Für mich sind die Ruhestunden, in denen ich mich durch die Streaming-Apps klicke oder mit Freunden Snaps hin und her schicke entspannender, als die Arbeit im Freien. Und so ein Herzensprojekt, das habe ich eigentlich nicht. Gerade diese sich wiederholenden Dinge, ob es nun ein Garten, das Mähen des Rasens oder die jährliche Reparatur eines Daches ist, wie soll so etwas erfüllend sein?
„Erinnerst du dich noch an den Futtertrog in der Eichenhütte?“
Ich lache leise. „Natürlich. Ich war im Frühling fast jeden Tag dort, weil ich hinten bei der Nische nachgeschaut hab, ob es wieder Katzenbabys gibt.“
Großmutter nickt. „Dein Opa hat den Trog selbst gebaut, aber dabei hat er nicht daran gedacht, dass in der Hütte ja auch der Eichenstamm ist. Darum musste er ein Loch aus der Mitte des Troges sägen, damit er ihn überhaupt an der Hüttenwand befestigen konnte. So entstand dann diese Nische, in der die Katzen ihre Babys zur Welt brachten.“
„Das wusste ich nicht“, sage ich und aus irgendeinem Grund wird mir warm, als ich daran denke. Es war schon eine schöne Zeit damals. Ich saß oft mit Großvater zusammen auf dem Dach. Wir aßen im Schatten, den die breiten Äste der Eiche über uns spendeten, während unter unseren Hintern die verschiedenfarbigen Ziegeln hin und her rutschten. Manchmal redeten wir über Tiere oder über das Malen – denn Opa malte Landschaften – oder ich erzählte ihm von meinem Alltag. Oft saßen wir still da, lauschten dem Blöken der Schafe, hörten, wie die Frösche quakten und manchmal, wenn die Zeit passte, sahen wir die ersten, vorsichtigen Schritte der Kätzchen.
Ich weiß noch, dass Großvater täglich vier Karotten und Äpfel einpackte, die er dann den Pferden über den Zaun gab. Es waren vier Stück. Zwei Gescheckte, ein Schwarzes und ein Rotbraunes. Mit Letzterem war er einmal kollidiert, bevor es das Gehege gab. Es hatte ihn an der Hausecke überrascht und umgerannt. Drei Wochen war er im Krankenhaus gewesen, auf einem Auge fast blind und dazu bekam er einen leichten Herzinfarkt. Daraufhin entstand das Gehege.
„Die Fische im Teich, die hat dein Opa von Günther“, sagt Oma.
Ich blicke sie fragend an.
„Den Nachbars-Günther, der mit den Fröschen.“
Ich nicke.
„Und das Futter für die Katzen, das hab ich immer gekauft. Weil ich nicht wollte, dass sie sich zu weit von ihrem Nachwuchs entfernen müssen. Ach ja, das Vogelhäuschen, das auf dem Ast der Eiche hing, das hat deine Urgroßtante, die Resi gebaut.“
„Ja spannend, wie sich das alles zusammengesetzt hat“, sage ich unbeeindruckt, weil ich mich an Urgroßtante Resi gar nicht mehr erinnern kann.
„Die Hasenkäfige auf der Hinterseite der Eichenhütte hat dein Opa für dich gebaut, weil er wollte, dass dort auch für deine Häschen Platz ist, falls du sie einmal mitgebracht hättest.“
„Die hat dann der Marder geholt“, sage ich.
Oma lacht leise. „Ja, so ist die Natur. Grausam und endlich.“
„Redet ihr beiden wieder über den Tod?“
Ich blicke auf, als mein Vater auf einmal in der Tür steht.
„Hier wird nicht gestorben!“, sagt er mit ernstem Blick und kommt ans Bett.
„Verhindern kannst du’s nicht“, gibt Oma zurück, mit mehr Energie in der Stimme, als ich gewohnt bin.
„Wir haben über die Eichenhütte gesprochen“, sage ich. „Und über meine Hasen, die vom Marder geholt wurden.“
„Ich habe dir immer wieder gesagt, dass du die Käfigtüren schließen musst“, sagt Vater.
Ich rolle mit den Augen. „Und du sagst es immer noch.“
Er zieht mir leicht an meinem Ohr, neckt mich ein wenig. „Apropos Eichenhütte. Ich weiß genau, dass du dich in der Nacht immer aufs Dach geschlichen hast.“
„Als ich im Kindergarten war, stimmt. Da hab ich immer gesungen“, erinnere ich mich. Ich hab mich damals immer in Omas Nachthemd aus dem Haus geschlichen. Mit dem weißen Hemd, den dunklen Haaren und ganz ohne Schuhe hätte man mich für einen Geist halten können. Über den Hasenstall kletterte ich aufs Dach und setzte mich auf den ersten breiten Ast. Dabei sang ich gar nicht so oft, eigentlich lauschte ich viel öfter dem Rauschen des Flusses, dem müden Blöken der Schafe und dem Quaken der Frösche im Teich. Eigentlich sang ich nur, wenn es gruselig wurde.
„Laut und schief“, quittiert mein Vater.
Erneut rolle ich mit den Augen, kann mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. „Naja“, sage ich schließlich und stehe auf, lege dabei Oma eine Hand auf die Schulter. „Ich hab noch was vor, also lasse ich euch zwei mal alleine.“
Großmutter nickt, küsst mich zurück, als ich ihr einen Kuss auf die Wange hauche. Vater boxe ich beim Vorbeigehen in die Seite. Er japst, verwuschelt mir das Haar und setzt sich auf den roten Lederstuhl.
Ich blicke nur kurz zurück, speichere das Bild ab. Oma wie sie im Krankenbett sitzt, den Kopf zu Papa gewandt, müde lächelnd. Papa, dessen Augen fast so müde sind, wie Omas. Als ich ins Auto steige, frage ich mich, wie viele Sonntage ihr noch bleiben und wer mich an die Eichenhütte erinnern wird, wenn sie nicht mehr ist. Vielleicht tue ich es dann selbst. Vielleicht erzähle ich meinen Kindern irgendwann die Geschichte.
Was ist eigentlich passiert, dass ich sie so sehr aus dem Blick verloren habe? Auch nach dem Kindergarten, als ich in die Schule kam, verbrachten Opa und ich den Sommer bei der Eichenhütte. Irgendwann erlaubte er mir sogar, alleine zur Hütte zu gehen, so lange ich die Schafe, Pferde, Kätzchen und Fische fütterte. Erst spät begriff ich, dass er mich alleine losschickte, weil es ihm zunehmend schwerer fiel. Er schaffte es nicht mehr, aufs Dach zu steigen, um die Ziegelsteine zu befestigen. Bald waren auch die dreihundert Meter vom Bauernhaus zur Eichenhütte zu beschwerlich, um sie jeden Tag zu meistern. Sicher sah er vom Küchenfenster aus, wie die Eichenhütte zerfiel.
Ich weiß noch, dass die Schafe an den Bauern verkauft wurden, der später das Pferdegehege zu einem Acker machte. Ich habe keine Ahnung, wer die Pferde nahm. Als Großvater dann ins Heim musste, fütterte niemand mehr die Katzen bei der Hütte. Auch Oma war bereits zu alt, als dass sie die Strecke jeden Tag hätte meistern können. Außerdem war alles verwuchert und verwachsen, jetzt, da es keine Schafe mehr gab. Und der Stamm im Inneren der Eichenhütte war so breit geworden, dass das Holz um ihn angestrengt knirschte. Bei jedem Windstoß lösten sich die Schrauben und morsche Bretter brachen aus den Wänden der Hütte. Die Ziegel rutschten vom Dach, hinterließen große Löcher, sodass das Holz im Inneren faulte. Und als Großvater starb, verkaufte Oma Haus und Grund. Der künstlich angelegte Teich wurde mitsamt den Fischen zugeschüttet, das sommernächtliche Quaken der Frösche verstummte und das Holz, das einst die Hütte gewesen war, wurde auf einen großen Haufen mitsamt den babyblauen Balken geschlichtet und im Osterfeuer verbrannt. Übrig blieb die Eiche.
