Hallo Blackwood,
so ganz verstehe ich die Gesamtschau Deiner Kritik nicht (einzelne Punkte schon). Eigentlich wollte ich nicht auf Deinen Dialog mit ababwa zurückgreifen, doch da Du da auf manches eingehst, was mir auch erklärungsbedürftig erschien, will ich diese Beiträge mit einbeziehen.
„Weiten wir nun das Hobby aus auf alles, was man in seinem Leben so tun kann, ist der philosophische Gehalt klar: Dinge, die man gerne tut, muss man nicht auf Teufel komm raus hinterfragen.“
Das Ausweiten auf „alles“ ist wichtig, doch Dein Schluss greift zu kurz: Es geht nicht um Dinge, die man gerne tut, nicht darum, dass man sie immer wieder hinterfragt, sondern um die plötzliche, übergreifende Erkenntnis ‚alles ist eitel’. Wie reagiert man darauf? Jemand schrieb (sinngemäß) „meinst Du, dass alles (im Leben) egal ist?“ Nein, meine ich nicht, deshalb der so wichtige Schluss, auch wenn er logisch nicht begründbar ist.
„Dinge, die man gerne tut, muss man nicht auf Teufel komm raus hinterfragen.“
- Muss man nicht, stimmt. Aber wenn man von der „Einsicht“ überfallen wird?
„Die Grundlosigkeit untermauert Deine Aussage wohl, aber ist dies nicht eine eher unrealistische Grundbedingung?“
Es ist immer eine schwierige Frage, wie ungewöhnlich eine Annahme in einer ‚normalen’
Geschichte sein darf. Eigentlich reicht es mir, wenn meine „Aussage untermauert“ wird. Es wäre vermessen, festzulegen, dass meine Grundbedingung über jede Kritik erhaben ist. Ich kann nur erläutern, warum ich die Umstände so gewählt habe, wie sie sind: Für mich ist die beschriebene Art der Einsicht ohne ein zwingendes Ereignis nicht unrealistisch. Ebenso, dies ist viel wichtiger, auch nicht für Haiku-Dichter, denen das Alltägliche plötzlich als etwas Besonderes gewahr wird (also ist mein Standpunkt nicht ein rein persönlicher). Dies passt zu der Aussage, dass es eigentlich keines herausragenden Grundes bedarf, um sich der Nichtigkeit des Strebens bewusst zu werden. Besondere Ereignisse sind weniger wichtig als besondere Sensibilitäten.
„Wir hinterfragen alles so gerne, weil unser Gehirn nun mal so beschaffen ist.“
Nur mal zur Absicherung: Mein Prot. hinterfragt nicht, weil er beschlossen hat diese spezielle Tätigkeit zu analysieren. Zu dieser ‚Beschaffenheit’ des Gehirns zählt auch, ohne besonderen Anlass Einsichten zu haben.
„Das Tennisspielen sehe ich hier allerdings kaum als Platzhalter für eine Wahrheit, sondern als ein Interesse.“
Es ist auch kein Platzhalter für Wahrheit, sondern eine von denen Situationen die „man in seinem Leben so tun kann“ und die zu der beschriebenen Einsicht führen können.
Du sagst „dass es weniger um Sport geht“, verharrst aber im Folgenden („Ich weiß: Sport ist gut für mich ...“) auf der Ebene des Tennisspiels. Kannst Du das bitte erläutern?
„Darf man denn sein Interesse nicht mal von mehreren Seiten beleuchten – man muss dafür ja nicht sein Subjekt verlassen.“
Für das, was Du beleuchtest, muss man nicht „sein Subjekt verlassen“. Doch für die Einsicht schon, sonst wäre es eine andere Geschichte.
„Wahrheiten zu hinterfragen macht nicht immer Sinn, Interessen zu hinterfragen sehr wohl.“
Mein Prot. hinterfragt keine Wahrheit, er erkennt eine.
„aber wo Zen vom ‚Ding an sich’ (bzw. den Dingen hinter den Dingen) spricht, spricht Deine Geschichte eben doch nur vom ‚Interesse am Ding’, was meinen zweiten Kritikpunkt untermauert.“
Sie spricht nur vom „Interesse am Ding“, wenn es um das Tennisspielen als Beispiel einer Tätigkeit geht. Die Einsicht spricht von den Dingen, ‚so, wie sie sind’.
„Zur Verdeutlichung:
Hätte Woltochinon z.B. von einem Mann geschrieben, der jeden Tag am Seeufer sitzt und aufs Meer hinaus schaut, weil es ihn glücklich macht, weil er sich dem Wesen des Meeres verbunden fühlt, dann wären die Kritikpunkte der Akausalität und des Interesses nichtig und die Parallele zum Zen-Spruch offensichtlich.“
Ich sehe da keinen Unterschied, ob sich jemand mit Tennisspielen oder auf das Meer schauen beschäftigt. Da beide Tätigkeiten Teil sind von dem, „was man in seinem Leben so tun kann“, könnte man in beiden Situationen die Einsicht haben - oder auch so weiter leben wie zuvor. Hinter beiden Beschäftigungen steht ein zweckgebundenes Interesse.
„Kann oder darf eine Wahrheit aus einem Interesse heraus definiert werden, ohne dass das Wesen der Wahrheit darunter leidet?“
“beruht eben aus dieser Tatsache, dass das eine objektiv sein sollte, das andere objektiv sein möchte und sollte, aber das Subjekt nie verlassen kann.“
So interessant dies ist, so gerne ich das auch hätte, wenn meine Geschichte diese Fragen beinhalten würde - ich meine, sie wäre damit total überinterpretiert. Natürlich kann man fragen, ob die Wahrheit der Einsicht des Prot. keine wirkliche ist, weil er sie auf die beschriebene Art gewonnen hat. Aber dies ist dann eine Überlegung aufgrund des Textes, aber nicht mehr eine mit Hilfe der Geschichte behandelbare Frage (ich meine damit, dass der Text hierfür keine Lösungsansätze bietet).
„und jetzt darfst Du mir den Vorwurf machen, ich würde zu viel drum herum denken…“
Dieser Vorwurf wäre ja fies... Du weißt doch, wie sehr ich Denker schätze?
Ich bin ja froh, wenn es zu solchen Diskussionen kommt, ich bekomme dadurch wichtige Anregungen. Außerdem ist mir diese Geschichte sehr wichtig, weil ich sie für ganz grundlegend in ihrer Aussage halte, trotz ihrer Schlichtheit und Kürze. (Meine Frau sagt sogar, dass sie die Quintessenz aller Philosophie enthält).
Lieber Blackwood, hoffentlich habe ich nicht aus versehen alle Deine Überlegungen in eine ‚falsche Schublade’ gesteckt (manchmal steht man ja nicht als Subjekt philosophierend neben dem Objekt und sucht nach apriorischen Erkenntnissen, sondern ist einfach ‚neber de Kapp’).
Also schreib mir, ich werde es sorgfältig lesen, und - ‚ich werde es gerne tun’.
LG,
tschüß... Woltochinon