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Die Gefangenschaft
Die Gefangenschaft
Johannes hockte tief geduckt in dem Feigengestrüpp, als plötzlich vor der Lichtung Silhouetten auftauchten. Er vermutete, dass die Reiter wohl nun kamen, die er erwartete, die Legion vom Tempelberg. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob es nicht doch Feinde sind. Die Pferde, deren Anzahl er auf zwölf zählte, bewegten sich nun in einem schnelleren Tempo auf die Lichtung zu. Sie hielten der Mitten der Lichtung an und der Anführer des Trupps rief zu seinen Gefährten:
„Freunde! Absitzen! Wir machen eine kleine Pause, wechselt die Verbände, gebt ihm etwas zu trinken und Essen. Der muss wohl schon einen ordentlichen Hunger haben.“
Johannes sah nur elf Reiter auf ihren Rössern sitzen. Da sah er, dass zwischen zwei Pferden eine Pritsche an den Sätteln festgezurrt war, auf welcher ein verletzter Krieger lag.
„Wie lange müssen wir noch ungefähr reiten, um an der Burg zu sein?“, fragte einer der Reiter und wandte sich somit an den Anführer.
„Eine Stunde, das ist sicher. Wenn wir keine Probleme bekommen, ansonsten dauert es länger“, gab Leif als Antwort zurück.
Nach diesem kurzen Wortwechsel schaute der Anführer zum Verletzten und ließ danach seine Blicke über den Rand der Lichtung schließen. Als er fast die ganze Lichtung abgesucht hatte, blieb sein Blicke in der Bewegung stehen und fixiertien kurzzeitig einen Punkt. Im Dunkeln der Nacht hatte er eine Reflexion wahrgenommen, die nur von Augen herstammen konnte. Aber um sich nicht selber zu verraten, drehte er sich zu seinen Gefährten um und gab drei von ihnen mit einem Handzeichen bescheid, die Tiere zum naheliegendem Fluss zu führen. Darauf hin wurde die Wache eingeteilt.
Johannes, welcher diese kleine Schar von Reitern belauschen wollte, sah dieses nicht. Er konnte nicht sehen, dass der Anführer David auf die gegenüberliegende Seite der Lichtung zuschritt und in das Unterholz eindrang. Johannes wog sich in Sicherheit, aber urplötzlich umfasste ihn ein Gefühl von Kälte und er spürte eine Hand auf seinem Gesicht. Er versuchte diese von sich zu drücken, um somit seinen Angreifer in einen Bodenkampf zu verwickeln. Dazu kam es erst nicht und er spürte, wie die andere seinen Hals zudrückte, so lange, bis er bewusstlos am Boden lag.
Nachdem seine Besinnung wieder zu ihm trat, spürte er einen stechenden Schmerz, sowohl in den Handgelenken als auch an den Fußknöcheln. Johannes wusste sofort, dass er gefangen genommen wurde, und blickte nun doch etwas unglücklich drein. Jesus Christus nun ist die Zeit gekommen, in der ich dich bitte mir all meine Sünden zu vergeben und mich von meinem Schicksal zu befreien. Ich bin bereit die Reise in das gelobte Land zu beginnen, und vor dein himmlisches Gericht zu treten.
Sanctificetur nomen tuum:
Adveniat regnum tuum :
Fiat voluntas tua,
Sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum quotidianum da nobis hodi,
et demitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittmus debitoribus nostris.
Et ne nos a malo.
Amen"
„Mit welchem Priester soll ich beten, mein lieber David?“ fragte Johannes mit einem leichten Ansatz von Ehrfurcht und Vorfreude in seiner Stimme. Es war eher eine Vermutung, als eine konkrete Antwort.
„Woher kennst du meinen Namen?“, fragte der doch sehr überraschte Anführer, er schreckte zurück.
„Natürlich mit dem ehrwürdigen Pater, der es sich zur Aufgabe gemacht hat das ...“. „Evangelium jeden guten und hörbereitem Schaf zu vermitteln“, unterbrach ihn Johannes, der des weiteren hinzu fügte.
„Johannes ist mein Name, und ich bin ein Diener des einzigen und barmherzigen Gottes.“
David war anzumerken, dass er sich nicht wohl fühlte und in ihm ein Gefühl von Furcht aufstieg.
„Johannes? Der Täufer? Der beste Freund unseres Führers Leif?“, fragte dieser sehr überrascht und musterte seinen Gefangenen. Diese Blicke hätten fast jemanden umbringen können und selbst die dicksten Mauern durchschlagen.
„Genau der, und du bist David, einer der Ritter, die seit neun Jahren in Jerusalem leben und die Pilger unter ihren Schutz stellen. Oder wie du auch oft genannt wirst, `Der Erzengel Gabriel der Neuzeit`, oder täusche ich mich da?“, antwortete Johannes auf die vorangegangene Frage.
„Genau der, du alter Gauner!“, stieß David vor lauter Überraschung hervor.
„Warte ich will dich von den Riemen befreien.“
„Danke, aber ich bedarf bei dieser Sache nicht deiner Hilfe“, entgegnete Johannes, und stand schon direkt neben David, welcher sich nur verwundert umdrehte und wohl versuchte, irgendwo eine Antwort zu finden. Denn Johannes wurde, nachdem er von David besiegt wurde sowohl an den Händen als auch an den Füßen mit Riemen gebunden.
Doch dieses stellte kein Hindernis für seine muskulöse Gestalt dar, denn er brauchte während des betens nur seine Muskeln etwas mehr zu stärken um die Fesseln zu sprengen. Dadurch gingen die Schnittwunden fast bis auf den Knochen. Jedoch kannte er weder Schmerz noch Gnade, er konnte auch keine Liebe im menschlichen Sinne empfinden. Er empfand nur Gott gegenüber die Liebe und Zuneigung, denn er war ein sehr gläubiger Mensch und diente in seiner Jugend Gott auf die Weise, dass er die meiste Zeit seiner Jugend im Kloster verbrachte, wo er unterrichtet wurde, Gottes wunderbare Schöpfungen näher kennenlernte und später auch sein Zölibat ablegte. Kreidebleich, als ob er den Teufel persönlich vor sich stehen hätte, sah David den sich gegenüberstehenden Johannes nun an, der sich nun die Handgelenke rieb, um wieder ein Gefühl in den Händen bekommt.
„Hast du ein Gespenst gesehen? Oder warum bist du auf einmal so blass?“ fragte nun Johannes, als er langsam auf David zuschritt um ihm die Hand zu reichen.
„Nein, aber ich bin nur überrascht dich wiederzusehen. Wir glaubten dich schon tot. Wir haben dich nicht mehr gesehen und nur deine Bibel am Grabe Christi gefunden“, entgegnete David.
„Nun gut, aber ich habe mich aus dem Gefecht befreien können, um Leif umgehend Bericht zu erstatten, dass wir verraten und überfallen wurden.“
„Also hatte Leif anfangs mit seiner Vermutung doch Recht, als er die Reliquien an sich nahm und sie in Sicherheit brachte.“