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Die Höhle
Tag 8
Ich kann sie nicht mehr hören. Heute musste ich wieder die Akkus wechseln. Die Lampe brennt ununterbrochen. Es müsste jetzt früher Abend sein, und ich werde die Akkus nur noch fünfmal wechseln können. Bis dahin sollte es Mittwoch sein.
Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, in Sarahs Rucksack zu suchen. Sie hatte ihn schließlich immer noch an.
So sehr ich mir die Ruhe auch gewünscht hatte ... jetzt, wo sie da ist, kommt sie mir unheimlich und beklemmend vor. Ich werde versuchen, ein wenig zu schlafen.
Gerade hat jemand an die Wand geklopft. Zuerst dachte ich, ich würde das träumen. Aber das Klopfen war da. Ich werde jetzt erst einmal wach bleiben.
Tag 9
Seit dem Klopfen gestern ist nichts mehr geschehen. Mir tun die Gelenke weh. Ab und zu ändere ich meine Sitzposition, doch die Krämpfe kommen allmählich immer heftiger. Diese Stille macht mich fertig. Ich muss schlafen, aber ich traue mich nicht. Ich muss endlich wieder schlafen.
Ich höre sie wieder. Als ich vorhin aufgewacht bin, waren sie noch leise. Inzwischen wieder so wie vorgestern. Es macht mich fertig. Ich weiß nicht, was ich lieber will: Die unerträgliche Ruhe, oder die Unerträglichkeit dieser Laute. Diese Klagelaute. Es klingt wie weinender Wind. Nur aggressiver. Ich habe Angst.
Bald werde ich den Akku tauschen müssen.
Tag 10
Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie es sein wird, wenn ich kein Essen mehr habe. Nun ist alles aufgebraucht. Gott sei Dank habe ich Wasser. Ich habe Wasser. Gott sei Dank.
Die Laute haben wieder nachgelassen. Sie stellen mir eine Falle. Ich kann hier nicht raus ... kann hier nicht raus. Hoffe, die anderen suchen mich.
Hoffe, die anderen sind noch am Leben. Habe diese Dinger nicht gesehen. Höre nur ihre Klagelaute. Es klingt wie bitteres Weinen. Sie weinen, und sie warten, dass ich rauskomme. Sarah stinkt erbärmlich. Habe ihren Körper in die Ecke geschoben. Die Lampe brennt ununterbrochen. Ich werde schon wieder müde und mein Kopf schmerzt.
Tag 11
Um ganz ehrlich zu sein: Sie müssten längst da sein. Niemand wird mich hier rausholen. Das Heulen ist schlimm. Es klingt gespenstisch. Und warum kommen sie nicht einfach rein und beenden das Ganze?
Vorhin habe ich wie ein kleines Kind geschluchzt. Da kam dann wieder dieses Klopfen gegen die Felswand.
Sie lauern. Sie haben es nicht eilig.
Ich glaube, meine Hand ist gebrochen. Es fühlt sich alles ganz komisch an, wenn man so viele Tage beinahe unbewegt herumsitzt. Ich muss den Akku wechseln.
Morgen ist Mittwoch. Dann werde ich kein Licht mehr haben. Gott sei Dank habe ich Wasser.
Tag 12
Dunkel. Ich hoffe, man kann das noch lesen. Ich kann nicht anders. Ich muss hier raus. Hoffentlich sind sie weg. Ich bin kein Pessimist. Den morgigen Tag trage ich schonmal ein. Ich muss da durch. Ich werde nun gehen.
Tag 13