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Die Insel

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22.03.2006
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Die Insel

Der Sturm war vorüber und das Meer gerade dabei, sich zu beruhigen. Die Rettungsinsel war auf den, immer noch kraftvoll wogenden, Wellen kaum auszumachen. Wenn sich die Insel auf einen Wellenkamm erhob, sah man von oben, dank der Signalfarben, einen winzigen Punkt in der zerklüfteten Wasserlandschaft des unendlich erscheinenden Ozeans. Wenn die Insel jedoch in eines der tiefen Wellentäler hinabstürzte, sah man nichts als aufspritzende Gischt und das tiefe Blau der alles beherrschenden Wassermassen. Den Jungen hätte keiner von oben sehen können. Er verschmolz vollkommen mit der Eintönigkeit des Meeres, war zu klein, um gesehen zu werden, trug keine Signalfarben, die hätten Schimmern und eventuellen Rettern den Weg weisen können. Der Junge war allein und er hatte Angst. Die Kraft zum Schwimmen war, wie es schien, schon seit Stunden aus ihm gewichen. Er ließ sich treiben, konnte nichts anderes tun als sich treiben zu lassen und auf Rettung zu hoffen. Die Kraft der Wellen trieb ihn auf die Rettungsinsel zu, ohne dass er es bemerkte. Er hielt die Augen geschlossen, hatte noch nicht ganz aufgegeben, war jedoch dabei mit sich ins Reine zu kommen, sich auf sein Ableben vorzubereiten. Er betete, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab zu dem Moment, als er den Bug brechen sah, als er wusste, dass sie untergehen würden, dass dies der letzte sein würde, den dieses Schiff zu überstehen versuchte. In seinen Ohren hallte immer noch das Geräusch berstenden Holzes nach und die Schreie der Passagiere und der Besatzung, als sie alle begonnen hatten kopf- und ziellos über das Deck zu rennen. Der Junge hatte nicht lange gezögert. Er hatte gewußt, dass das Schiff untergehen würde. So schnell wie möglich war er in seine Kabine gerannt, um seine Rettungsweste zu holen. Seine Kabine hatte offen gestanden, und der Junge war eingetreten. Direkt vor ihm hatte ein Mann gestanden, der die Schwimmweste des Jungen an seine Brust gepresst hielt. Der Junge hatte nicht einmal Zeit gehabt seine Weste einzufordern. Er hatte einen pochenden Schmerz gefühlt, dort wo der Kinnhaken ihn getroffen hatte und nur noch die Tür hinter dem Dieb zuknallen hören.da hatte der Junge begriffen, dass die Zeit für ihn knapp wurde und ihm schauderte, als er an den Sog dachte, den das Schiff beim Untergang erzeugen würde. Er war gelaufen so schnell er konnte und einfach von Deck gesprungen. Dann war er geschwommen, bis sich seine Muskeln angefühlt hatten, als würden sie gleich reißen. Als er sich auf den Rücken gedreht hatte um sich treiben zu lassen, hatte er nur noch den Rumpf des Schiffes aus den Fluten ragen sehen und auch dieser war bald von den Wassermassen verschluckt worden. Er erschauderte angesichts der furchtbaren Erinnerung an diese schrecklichsten Minuten seines kurzen Lebens.
Plötzlich wurde er jäh aus seinen Gedanken gerissen, als seine Hand die Plastikverkleidung der Rettungsinsel berührte. Ein Adrenalinstoß mobilisierte seine letzten Kräfte und er schaffte es, sich ins Innere der Rettungsinsel zu hieven. "Der Junge muss weg", war das erste, was er hörte, nachdem sich der schwarze Nebel vor seinen Augen und in seinem Verstand wieder halbwegs gelichtet hatte. Er sah auf und blickte in zwölf Augenpaare, die alle in seine Richtung starrten. Aber sie sahen nicht ihn, sondern an ihm vorbei die Öffnung an, durch die er gekommen war und durch die, dank seines zusätzlichen Gewichtes nun Wasser eindrang.
"Der Junge muß weg", wiederholte die Stimme, "sonst werden wir alle sterben". Der Junge konnte nicht ausmachen, wer das gesagt hatte, sein Blick hatte sich noch nicht vollends geklärt, doch lähmende Angst umfing ihn beim kalten, unmenschlichen Klang dieser Stimme. "Wir können den kleinen doch nicht einfach sterben lassen", erwiderte eine Frauenstimme so kraftlos, dass es das Herz des Jungen fast zum zerspringen brachte. "Wir müssen, wenn wir überleben wollen", gab die kalte Stimme zurück. Schweigen erfüllte den Innenraum der Rettungsinsel, in dem der Wasserspiegel langsam aber stetig anstieg. "Der Junge muss...", setzte die kalte Stimme an, doch sie wurde von einem kräftigen Bass übertönt, der unter anderen Umständen jovial geklungen hätte: "Dann schmeiß du ihn doch auch wieder ins Meer oder traust du dich nicht, du feige Drecksau?". Der Junge begann, wieder Hoffnung zu schöpfen. Er war immer noch zu schwach, die Augen lange genug aufzuhalten, um etwas zu erkennen, doch von einer Bewußtlosigkeit war er inzwischen wieder weit entfernt. Ein Schock traf ihn, als auf einmal kalte, fischige Hände begannen, seinen Körper auf die Öffnung zuzuschieben.. Dann hörte er ein Klatschen, wie von einem Faustschlag und die kalten Hände verschwanden in das Nichts, aus dem sie gekommen waren. Der kräftige Bass fluchte, der Kalte gurgelte, die Frau schrie, Kampfeslaute drangen an das Ohr des Jungen.
Dann war alles vorbei und nur das schwere Atmen zweier Männer war noch zu hören. "Der Junge hat noch mehr Jahre vor sich als du! Wieso sollten wir nicht dich ins Wasser werfen?", trotz des Keuchens klang die Stimme des kräftigen Basses noch überaus imposant, doch sie wurde von der Emotionslosigkeit und Kälte der anderen Stimme zerschnitten wie Papier: "Und warum opferst du nicht dein Leben für die vielen Jahre, die er noch zu leben hätte?". Wiederum folgte ein langes Schweigen und wiederum hörte der Junge die Worte des Kalten, die ihn erstarren ließen:
"Der Junge muß weg". Das Schweigen wurde diesmal nicht gebrochen und so wartete der Junge, wartete auf die kalten, fischigen Hände, wartete auf das Meer, den Schmerz, die Erschöpfung.

 

Hallo Deschain!

Deine Geschichte hat mich absolut überzeugt!
Anfangs war ich nicht ganz sicher, ob dies wieder einmal so eine typische "Schiffbruchstory" wird, aber dein wunderschöner Schreibstil hat mich weiter lesen lassen.
Die Pointe und die Thematik derSchlussszene haben mich dann auch vom Thema überzeugt.
Wirklich gelungen!:thumbsup:

Liebe Grüße
Kücken

 

Vielen Dank, Kücken

für diese wohlwollende Kritik! Eigentlich hatte ich erwartet, in der Luft zerrissen zu werden. Freut mich, dass sie dir gefallen hat!

 

Hallo Deschain,

mir hat deine Geschichte leider nicht ganz so gut gefallen. Sie schien mir ein bißchen in zwei Teile zu zerfallen, die Szene im Meer und die auf der Insel. Das Thema der Schlussszene fand auch ich interessant, wie entscheidet man sich, wer stirbt? Da gibt es übrigens ein schönes Stück, in dem drei Menschen auf einem Tisch im Meer treiben und überlegen, wer der drei als Nahrung für die anderen dienen soll. Wie gesagt: spannendes Thema, nur diese Spannung, die Dramatik der Situation hast du für mich nicht gut rübergebracht, das hättest du noch viel stärker zuspitzen können. Gut wiederum fand ich das offene Ende.

Um nochmal zur ersten Szene zu kommen: Mir kam der Junge sehr überlegt, sehr rational und erwachsen vor, er kommt z.B. mit sich ins Reine etc. Da hatte ich ehrlich gesagt gar kein Kind vor mir.

Ein paar Fehler hab ich gefunden, vielleicht magst du sie ausbessern:

Er verschmolz vollkommen mit der Eintönigkeit des Meeres, war zu klein, um gesehen zu werden, trug keine Signalfarben, die hätten Schimmern und eventuellen Rettern den Weg weisen können.
schimmern
Er ließ sich treiben, konnte nichts anderes tun als sich treiben zu lassen und auf Rettung zu hoffen.
Vielleicht findest du für das zweite "treiben lassen" ein Synonym?
Er hatte einen pochenden Schmerz gefühlt, dort wo der Kinnhaken ihn getroffen hatte und nur noch die Tür hinter dem Dieb zuknallen hören. Da hatte der Junge begriffen, dass die Zeit für ihn knapp wurde
Wir können den Kleinen doch nicht einfach sterben lassen
"Dann schmeiß du ihn doch auch wieder ins Meer oder traust du dich nicht, du feige Drecksau?".
Der Punkt ist zuviel
Ein Schock traf ihn, als auf einmal kalte, fischige Hände begannen, seinen Körper auf die Öffnung zuzuschieben..
...und hier auch einer

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Deschain,

wow, Kompliment. Mir ging es ähnlich wie Kücken, deine Geschichte hat mich überzeugt. Nicht nur der Inhalt und die von Juschi schon erörterte Fragestellung "Wer muss sterben?", auch deine Sprache hat mir sehr gut gefallen, alles ist wirklich lebendig geschrieben, als wäre man hautnah dabei, sehr flüssig und sehr emphatisch.

Was du vielleicht noch einbringen kannst, so als Verbesserungsvorschlag: Schreie der um das versinkende Schiff herum ertrinkenden Menschen, auf dem Wasser schwimmende Leichen etc.

(Sorry, habe gerade den Krebsgang von Grass gelesen (nicht, dass ich dir jetzt ankreide, dass du nicht so wie er schreibst ;)), aber da wurde dem Leser so richtig die bei solch einem Schiffsungklück aufkommende Panik geschildert, was mir an deiner Geschichte noch ein bißchen gefehlt hat.)


Aber im Ganzen hoffe ich, dass es demnächst noch merh Geschichten solcher Art von dir zu lesen gibt!

Viele Grüße,
Sebastian

 

Hallo Deschain

Wow, ich bin völlig überwältigt von deiner Geschichte.
Ich wollte das einfach nur sagen!
Die Sprache ist sehr gelungen, da sie nicht übertrieben wirkt und das Ganze so echt und wirklich wirken lässt!

Note 1 mit *


Lass dich von Kunst beflügeln...
kinky

 

Hallo Deschain,

Deine Sprache gefällt mir auch recht gut, aber formal lässt sich noch jede Menge an Deinem Text machen:

Zum einen streust Du die Kommata sehr willkürlich über den Text, daran solltest Du dringend arbeiten.
Dann fehlt mindestens eine Leerstelle zwischen zwei Sätzen.
Hin und wieder Absätze erleichtern das Lesen ungemein.
Und dieser Satz hier macht überhaupt keinen Sinn:

Er betete, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab zu dem Moment, als er den Bug brechen sah, als er wusste, dass sie untergehen würden, dass dies der letzte sein würde, den dieses Schiff zu überstehen versuchte.
Der letzte was?

Hm.
Keine neue Idee, aber das macht erstmal nichts. Auch keine wirklich schlechte Umsetzung, nur meiner Meinung nach eine zu flüchtige. Der Text arbeitet auf den Moment hin, in dem die Rettungsinsel überfüllt ist und daher unterzugehen droht. Hier sollte auch das Hauptaugenmerk liegen: Was genau tun die Menschen, um ihren Tod zu verhindern? Wer reagiert wie, wer will den Tod des Jungen, wer glaubt, sie hätten alle Platz, wer versucht, einen der anderen hinauszuwerfen?
Hier gibt es noch einige Ansätze, um den Text wirklich rund zu gestalten. Viel Spaß dabei, ich bin aufs Ergebnis gespannt! :)

Ach ja: Das Alter des Jungen wird nicht klar. Auf der einen Seite reagiert er sehr überlegt, handelt erwachsen, ist also mindestens Teenager, körperlich ausgewachsen (er schwimmt vom Schiff weg etc.), auf der anderen Seite wirkt er wieder wie ein kleines Kind, zum Beispiel, als er die Insel erreicht. Das solltest Du auch noch deutlicher machen.

Liebe Grüße
chaosqueen

 

Friedvolle Grüße

Eigentlich hatte ich erwartet, in der Luft zerrissen zu werden.

Wunsch gewährt! Die Idee zu der Geschichte ist so gut, das ich sie selber schon mal hatte. Den Microkosmos Rettungsinsel als Spiegel einer hemmungslosen Gesellschaft, die sich mit ihrem Egoismus in den Untergang manövriert, bietet sich halt einfach an.

Um so wichtiger ist die gute Umsetzung, und die ist bei Dir völlig daneben gegangen. chaosqueen hat die Kritikpunkte schon angesprochen, ich möchte sie nochmal verdeutlichen und intensivieren, denn ich finde nicht, das Dir bei der Geschichte auch nur irgendetwas gelungen ist.

Der Satzbau ist so schlecht, das ich mich zwingen mußte, weiter zu lesen. Schachtelsätze mögen hier und da sinnvoll sein, aber sie gleich am Anfang so inflationär zu benutzen, wie Du das tust, vergrault den Leser. Zudem bietest Du keinen Ansatzpunkt für das Interesse des Lesers. Da treibt ein Junge auf offener See, och - wie herzergreifend! Wie alt ist denn der? Für einen 80jährigen ist ein 30jähirger noch ein Junge.

Soll heißen, wir erfahren in einer Geschichte, in der es wohl um Menschlichkeit geht, nichts über die Menschen, die in ihr vorkommen. Daran mußt Du auf jedenfall arbeiten, wenn die Geschichte gut werden soll. Bau die Szene auf der Insel aus, gib den Menschen dort Charakter. Mach aus den zwölf Augenpaaren zwölf Augen, das erleichtert Dir die Aufgabe. Arbeite die Charatere aus, ihre Vergangenheit, Lebensläufe, schreibe Dir auf, was sie bisher erlebt haben. Wenn Du die Protagonisten kennst, die in der Insel sitzen, kannst Du sie auch richtig agieren lassen. Wenn Du dann noch Deine komplexe Schreibweise über Bord wirfst, und Du Deine Sätze einfacher strukturierst, kann da eine richtig gute Geschichte draus werden.

Kane

 

Hallo Deschain,

vor allem am Anfang stört dein Satzbau. Der Stil könnte Absicht sein, doch später geht es einigermaßen besser weiter, also ist es doch eher ungünstiger Zufall, der wirkt.
Die Schlüsselszene, die Situation in der Rettungsinsel – kommt zu kurz gegenüber anderen Beschreibungen. Aber selbst in der Kürze findet man einige zum Nachdenken interessante Elemente, vor allem, wenn man das Szenario nicht nur auf die Rettungsinsel, sondern auf die Gesellschaft im Allgemeinen bezieht.


„dass dies der letzte sein würde, den dieses Schiff zu überstehen versuchte“

- „den“ - wen?


„Seine Kabine hatte offen gestanden, und der Junge war eingetreten“

- „eingetreten“? Das klingt so gemütlich - und das bei der Situation!

„Tür hinter dem Dieb zuknallen hören.da hatte der“

- hören. Da

„Er erschauderte angesichts der furchtbaren Erinnerung an diese schrecklichsten Minuten seines kurzen Lebens.“

- die schrecklichsten

„Körper auf die Öffnung zuzuschieben..“

- zuzuschieben…


„Der kräftige Bass fluchte, der Kalte gurgelte“

- gurgelte - das muss man mehr beschreiben, um es vom Zähneputzen abzuheben.

L G,

tschüß… Woltochinon

 

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