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Die Leoniden

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20.10.2002
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Die Leoniden

Beim Piepsen des Funkweckers öffnet sie die Augen. Vollkommene Dunkelheit, Stille und die Kühle der Nacht. Sie schaltet das störende Geräusch ab, tastet nach dem Lichtschalter, und beginnt fröstelnd, sich anzuziehen. Die Jogginghose und das alte Sweatshirt, drüber den ausgeblichenen Parka, alles sorgfältig bereitgelegt. Ihre Laufschuhe, noch lehmverkrustet vom Vortag. Als sie die Wohnungstür absperrt und das Stirnband über ihre kurzen Haare schiebt, ist es kurz vor vier Uhr früh.

Etwa eine halbe Stunde würde sie für die sechs Kilometer brauchen, sie ist eine gute Läuferin. Ob er schon auf sie wartet? Langsam läuft sie los, gleichmäßig die verlassenen Straßen entlang. Durch die Straßenlaternen erzeugte Schatten, unregelmäßig verzerrt, begleiten sie. Eine Katze flitzt über die Straße, springt hastig über einen Zaun, verkriecht sich im dichten Gebüsch eines Vorgartens, als sie vorbeiläuft.
Der kalte Herbstwind fährt ihr in die Haare. Ihr Atem wird bei den niedrigen Temperaturen mit jedem Schritt sichtbar. Sie genießt die klare Luft und die Stille, die die sonst hektischen Straßen reflektieren. Das einzige Geräusch an diesem jungen Morgen ist das Hallen ihrer eigenen Schritte auf dem leblosen Beton.
Etwa nach der halben Strecke, vorbei an den großen Markthallen, biegt sie in einen schmalen Feldweg ab.

Weit und unheimlich, tot, die längst abgeernteten Äcker links und rechts. Gras am Wegrand, bereits mit feinen Eiskristallen überzogen, Raureif. Der Mond scheint hell, Wind scheucht ein paar Wolkenfetzen über den Himmel.
Trotz der Kälte beginnt sie langsam zu schwitzen, unter dem Stirnband kleben die Haarsträhnen am Kopf.
Vor ihr kann sie schon den Waldrand sehen, dunkel und bedrohlich stehen die Fichten. Irgendwo, tief zwischen Bäumen verborgen, raschelt ein Tier, vielleicht ein Fuchs auf der Jagd? Die alten Bäume schaukeln, von Böen zerzaust. Der Weg verliert sich im Wald, sie läuft vorbei am Gebüsch, das unregelmäßige Gras unter den Sohlen, eine kleine Anhöhe hinauf, immer am Waldrand entlang.
Ob er wohl schon da ist? Fast wäre sie gestolpert, ein halb vermoderter Ast liegt gut verborgen und nicht zu erkennen im stumpfen Herbstgras.
Schon von weitem zeichnet sich die vermoderte Bank gegen den dunklen Himmel ab. Er ist nicht da. Sie wird langsamer.

Unter ihr liegt die Stadt. Verlassen sieht sie aus, nur wenige Fenster erhellt. Kein Ton dringt herauf zu ihr. Frieden und Ruhe.

Sie setzt sich auf das alte Holz. Die Augen blicken zum Himmel. Ihr Atem wird ruhiger, der verschwitzte Körper kühlt ab. Wie von selbst, ohne einen Gedanken daran zu verlieren, suchen ihre Hände nach den vertrauten Mustern... Ein Herz, die Initialen H und G trotz den harten Wintern, den schweren Gewittern der letzten Jahre noch gut zu fühlen...

In dem Augenblick huscht eine Sternschnuppe über das Dunkel der Nacht. Leblose Staubteilchen, mikroskopisch klein, die in der Erdatmosphäre zu dieser wunderbaren Erscheinung verglühen.
In diesem Moment hört sie, wie jemand den Hang herauf läuft. Sie bewegt sich nicht, wartet einfach, still und verzaubert. Der Schatten kommt auf sie zu, seine Hand legt sich wie ein warmer Hauch auf ihren Nacken. Zärtlich zieht er ihren Kopf an seinen Körper. Zwei weitere Sternschnuppen, sichtbar, trotz des hellen Mondes. Eng umarmt stehen sie, wärmen sich, blicken sich an.

 

Hey Maus, du beschreibst wirklich gut. Wirklich! Total geradlinieg zum Ziel. Es ist zwar nur ein Lauf, aber der ist wahnsinnig gut dargestellt.
"Kalter Herbstwind fährt ihr in die Haare", die Katze die sich verkriecht...ja, da hat man doch gleich Bilder im Kopf. Du kommst ohne Spannung aus, bekommst eine saubere Geschichte/Beschreibung hin.

Am Ende, okay, da wird es ein wenig kitschig. Ja..find ich. Meine die Sternschnuppen, aber warum nicht. Vielleicht käme es besser, wenn du diese Lichter nur angedeutet hättest.

Also ich würde mal sagen

sehr gelungen, klingt gut.

bis dann stefan

 

Hey Stefan,

Danke für Diene Antwort. Schön, dass Dir die Beschreibungen gefallen. KITSCHIG ?! Hey, hätt ich ihr einen Mörder auf den Hals hetzen sollen?!

Hm. Was mach jetzt mit einer kitschigen :mad: Geschichte?!

Die Sternschnuppen sind eigentlich wichtig. Sonst müsste ich den Titel ändern,und warum zur Hölle sollte sie dann mitten in der Nacht an den Waldrand laufen. Und Lichter andeuten... dann kommt noch in einer Kritik,dass ichs unter SF posten könnte mit den fliegenden Untertassen. Find ich. Oder hast Du Argumente dagegen?

In München hängen die Wolken leider tief...:(

Danke Dir für Deine Kritik. Schöne Grüße, Anne

 

Maus, Maus,

die Geschichte ist wunderschön. ich stell mir die noch schlafende Stadt vor, die Bank auf einer Anhöhe. Ihre Sehnsucht. Schön auch, dass du den Himmel miteinbezogen hast, mit seinen Sternenschnuppen.
Die Wärme, die von den beiden gespürt wird, ist fühlbar.
Viel Bauch ist da dabei. Super!!

Liebe Grüße - Aqua

 

HAllo Aqua!

Danke Dir für Deine Antwort. Schön, wenn Dir der Text gefallen hat, wenn die Wärme und das Gefühl angekommen ist.Fein, wenn sie Dir nicht zu kitschig erschienen ist.

Schöne Grüße, Anne :)

 

hi maus,
*hach* das fehlte noch, dass der barde seinen senf dazu abgeben muss.
weisst du, arche und ich sind seltenst einer meinung (waren wir jemals *grübel*??).
ich gebe ihm aber recht, ein sehr guter erzählstil mit einem (*hehe* welches wort nehme ich???) trivialen ende.
hey maus, sag doch mal selbst - der leser war jetzt sicherlich nicht super über das ende überrascht, oder?
deine geschichte lebt ganz allein von deinem erzählstil!
naja, ich war schon überrasccht, ich hatte eine doch überraschung erwartet und überraschender weise kam nix) *hehe*!
hätte "e" nicht ein vogel sein können?
oder ein sonnenaufgang, ein rasenmäher, oder der kumpel von chuck (arghhh - der typ verfolgt mich *hehe*) - ach ne, das wäre ja dann arches geschichte.
bye
barde

 

hallo Barde!

Schön, dass Du Deine Seelenverwantschaft zu Arche entdeckt hast, bei meiner Story. Danke für das Lob, das kann ich brauchen. Aber, verstehst Du, das Ende musste irgendwie so sein. Wie schon gesagt, so schnell kommt keine Geschichte mehr mit solchem "kitschigen, tivialen" :( Ende, keine Angst.

Vielen Dank für Deine Ehrlichkeit, Barde!

Schöne Grüße, Anne :)

 

seelenverwandtschaft mit arche?????? ne-oder?

es gibt nichts - aber auch GAR NICHTS, was wir beide gemein hätten.
das wollte ich mal betonen.
sorry, arch - nicht, dass du dich in meinem glanz noch spiegeln tust *HUAHUAHUAHUA*
baba
barde

 

Sag mal Maus, hat sich Deine Story gestern am späten Abend zugetragen? Würde zu unserem Wetter hier im Norden passen.
Der Spannungsaufbau ist Dir gelungen, zwischendrin dachte ich, es wäre nicht ein Mann, sondern ein besonderes Waldtier, auf das sie wartete, aber dann
kam Er - wie schön.
Grüße Heidi

 

hey Barde!

nett, wie man Dich mit einem einzigen Satz dazu bringen kann,ein 2. x zu antworten :D

Hallo Heidi!

ja, der Leonidenschwarm ist vorüber. In der Nacht von Montag auf Dienstag (habe die Story MO. Abend gepostet) konnte man, bei klarem Himmel angeblich tausende pro Stunde sehen... schön, wenn sie Dir nicht zu kitschig war. Ich hab mir nur eine glückliche Szene ausgemalt, im Kopf...
Danke fürs Lesen, schöne Grüße, Anne :)

 

Hallo Maus!

Ach, ist die schön! :)

Ich finde sie gar nicht zu kitschig geschrieben, es ist halt eine kitschige Szene, aber das ist ja zwischendurch auch mal ganz schön, angenehm, beruhigend...
Ja, und wärmer ist mir jetzt auch geworden, allerdings ist mir vorher auch kälter geworden, bei Deinen Beschreibungen...;)

Bei

das unregelmäßige Gras unter den Sohlen,
mußte ich kurz anhalten. - Unregelmäßiges Gras, gibt es regelmäßiges? Ich würde vielleicht, aufgrund der vorhergehenden Beschreibung, daß es schon teils gefroren ist, schreiben "das knirschende Gras" oder sowas ähnliches.

Alles liebe,
Susi

 

Hallo Susi!

Danke für Deine Antwort - freut mich, dass es Dir nicht zuuu kitschig ist..., dass es Dir gefällt.
Und wenn Dir kalt und warm dabei wird, ja, dann ist sie so bei Dir angekommen, wie ich es mir vorgestellt hatte. :) Das ist gut.
Bei dem unregelmäßigen Gras hab ich an einen buckligen, unregelmäßigen Untergrund gedacht, Du hast recht, ist nicht gut so, die Stelle... muss nochmal überlegen, wie ich es besser formulieren könnte.
Danke fürs lesen, liebe Grüße, Anne :)

 

Hallo Maus,

Deine Geschichte ist so schlicht, halt Alltag, aber doch sprachlich und begrifflich ausgefeilt. Die Gegensätze zwischen aktiven und passiven Darstellungen sind sehr gelungen: anziehen - lehmverkrustet, die Läuferin - er wartet, loslaufen - lebloser Beton, tote Äcker - gehetzte Wolkenfetzen usw.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Wolto!

Ja, es ist Alltag... und dennoch ein besonderer Moment. Vielen Dank fürs Lesen, wenn Dir die Darstellung gefallen hat, freut mich das. Ich hab mich bei den Beschreibungen schon angestrengt...und es ist gut, wenn Dir das aufgefallen ist. Danke!

Schöne Grüße, Anne :)

 

Hi Anne!
Ich finde die Geschichte sehr schön- und überhaupt nicht kitschig *grinz*
Aber irgendwie kann ich mich nicht so recht an den Titel gewöhnen... die Sternschnuppen stehen für mich eher im Hintergrund & eine besondere Bedeutung derselben kann ich auch nicht erkennen... eben ein schönes Bild, romantisch...
Ciao, Tanja-chan

 

Hallo Bo, hallo Tanjah!

vielen Dank fürs Wiederausgraben udn kommentieren der Geschichte. :)
Freut mcih sehr, wenn Euch die Stimmung gefallen hat!
Tanjah, Du hast schon recht, der Titel steht eigentlcih cniht stellvertretend für die Geschcihte...nur wollte ich eigentlich eine Geschcihte üerb Sternschnuppen schreiben, und die jetzige passt nicht zum Titel.
Darüber ahbe ich noch garnicht nachgedacht, vielleicht sollte cih den titel wirklich ändern. Ich wüsste nur nicht, in was... na, mal überlegen.

liebe Grüße an Euch beide
Anne

 

Hehe, obwohl ich ja eigentlich immer was zu meckern habe, lass ich das hier mal, dazu ist die Geschichte einfach zu sympathisch :)
Außerdem vertraue ich mal darauf, dass die anderen schon alles gesagt haben.
Wieso der Titel nichts mit der Geschichte zu tun hat, ist mir allerdings auch nicht ganz klar :hmm:

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Hallo Wolkenkind!

Danke für Dein Lob, freut mich sehr. :) Der Titel war ein Arbeitstitel, ich wollte eine Geschichte über die Sternschnuppenschwärme "Leonieden" schreiben, die im November zu sehen sind...meine Geschichte ist genau in diesem Zeitraum veröffentlicht. Nur, dass sich die Geschichte eben nciht um meine eigenen Vorgaben gekümmert hat und ganz anderes geworden ist, als sie sollte. Wenn sie Euch so gefällt, ist das allerdings nciht so schlimm, dnke ich... ;)

liebe Grüße
Anne

 

Hallo Anne,
schön, eine Geschichte von Dir, die ich noch nicht kannte. Hat mir sehr gut gefallen. Schön bildlich und irgendwie ruhig formuliert. Auch wenn das Ende auf manche hier etwas kitschig gewirkt hat, ich fands gut. Das Leben ist schon hart genug:D , da ist es doch angenehm ab und zu auch mal Geschichten mit Happy End zu lesen.:)

LG
Blanca

 

hallo Blanca!

vielen Dank fürs lesen un den Kommentar. Ja, mal eine Geschichte mit happy end - das hat mich richtig Überwindung gekostet ;)
Danke: :)

liebe Grüße
Anne

 

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