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Die Pubertät

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14.04.2006
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Die Pubertät

Die Pubertät
Es verläuft bei jedem völlig anders: manche verschließen sich in ihrem Zimmer und bauen ein Kolloseum aus Kaugummis, andere randalieren in der Schule, andere wieder stehen eine Stunde früher auf, um sich das Gesicht zuzukleistern und so viele pinke Sachen anzuziehen, wie nur möglich, andere setzen sich anschaulich für Vegetarismus und Tierschutz ein und reißen einem den Hamburger aus der Hand und halten dir dann eine Standpauke, andere sitzen tagelang vor dem Computer und chatten und ballern auf das bemitleidenswerte Moorhuhn, andere werden zum Punk und kaufen sich für 140 Euro viel zu große Springerstiefel bei eBay und tauchen eines Nachts heulend bei einem auf, weil ihre Mutter ihre Ratte ins Klo geworfen und dann abgespült hat, einige denken, sie wären Spiderman und müssten die Welt vor dem Bösen retten, zum Beispiel vor Mathearbeiten und täuschen deshalb einen Epileptikeranfall vor, andere brechen in das Auto ihrer Eltern ein, machen damit eine Spritztour durch das Maisfeld und parken anschließend in einem Supermarkt ...
Die Pubertät...
Ich konnte so ausführlich berichten, da dies alles, wirklich alles auf Tatsachen beruht. Diese Geschichten hörte ich alle nacheinander von Freunden und Bekannten: Lotte hämmerte um zwei Uhr nachts mit ihrem neuen Nasenring an meiner Tür, und wegen Laura durfte ich zwei Monate lang kein Fleisch in ihrer Gegenwart essen, ich durfte mit Julia und ihren Eltern ein neues Auto aussuchen, ich kenne dank Sebastian beide Spiderman-Filme auswendig.
Doch ich habe die Arschkarte gezogen. Ich bin gefühlvoll und sensibel wie nie.
Ich lese bis tief in die Nacht, gehe früh morgens mit Tapsy spazieren, stehe ewig vorm Tiefkühlregal und entscheide, welchen Jogurt ich nehmen soll, liebe Locken und Lipgloss, denke über den Sinn des Lebens nach, schau mir „Sofies Welt“ an und heule beim achten Mal genauso wie beim ersten, erschrecke mich über das Schellen des Telefons und Klingeln an der Tür, besuche regelmäßig meine Oma und lasse mir Geschichten von früher erzählen, höre Mariah Carey zum Einschlafen, summe Lovesongs im Physikunterricht,
ich trinke ausschließlich Latte Macciatto mit extra viel Zucker, schlendere stundenlang durch die Passagen und kaufe schließlich ein Rüschentop und einen Strauß Tulpen, flippe aus, wenn keine Blumen in meinem Zimmer stehen, trage ausschließlich pinke Socken, verkrieche mich gern in der Bibliothek und versuche zu zeichnen.
Nein, ich bin nicht verliebt!
Na und, ist doch völlig normal, würde man nun sagen. Nicht bei mir!
Bei „Titanic“ weinte ich, weil all die schönen Teller kaputtgehen. Ich verachtete Leute, die pinke Sachen trugen. Ich hörte ausschließlich WIZO, The Sex Pistols und KoRn. Das einzige, was ich las, war das Mathematikbuch und etliche Bestseller von Stephen King, wie „The Body“. Ich blickte meine Freundinnen angewidert im Kino an, als sie alle im Chor anfingen zu schluchzen und ihre Taschentücher zückten. Man fand mich öfters mit den Jungs Fußball spielen, als bei einer Pyjamaparty mit einer Gurkenmaske im Gesicht. Ich saß mit meinen Papa wie gebannt vorm Fernseher und fieberte mit bei der EM.
So gut wie jeder ist über meine Verwandlung mehr oder weniger entzückt. Meine Mutter erklärt ihren dauergewellten Freundinnen am Telefon, ich werde jetzt eine Frau. Meine Freunde, von denen nun nur noch Freundinnen geblieben sind, schleppen mich zu endlosen Shoppingtouren und auf Pyjamapartys bin ich nun Stammgast. Meine Oma hat endlich jemanden, der etwas über ihre erste Liebe Gregor hören möchte und der ihre steinharten Schockkekse mag. Die Nachbarn freuen sich unglaublich über die Abwesenheit der zarten Klänge von KorN. Meine achtjährige Schwester freut sich wahnsinnig auf die rosa Klamotten, die sie später mal von mir erben wird. Die Lehrer sind verblüfft, wie friedlich ich geworden bin und meine Mitschüler nicht mehr mir dem Feuerlöscher bedrohe.
Alles in Einem habe ich mich unbegreiflich verändert. Das ist klar. Und ich weiß nicht, ob ich die alte Hannah zurückhaben will. Es ist doch ganz schön, so wie es jetzt ist. Ich bin ein Mädchen! Ja, das bin ich. Und ich sollte mich auch so benehmen. Jawohl, ich sollte rosa mögen und ja, ich sollte bei Liebesfilmen heulen und ja, ich sollte Einkaufen lieben und ja, ich sollte Mariah Carey hören ...
Oder nicht? Ich meine, dies ist doch normal oder? Manchmal vermisse ich es doch nach dem Fußballtraining verschwitzt, dreckig und k.o. nach Hause zu kommen und eine volle Flasche Cola auf einmal zu tanken.
Einmal hörte ich meinen Papa meine Mutter fragen :
„ Lara... das geht doch vorbei, oder?...“
Ich war empört! Was soll vorbei gehen? Es ist doch keine Krankheit, keine Bronchitis, die man mit Antibiotika behandeln muss. Und wenn doch, dann wie sieht dann so eine Antibiotika aus? Zwei Karten zum nächsten Fußballspiel und die neue Platte von SlipKnot?
Nein, das sicher nicht!
Ich fürchte, ich habe keine andere Wahl, als einfach nur anzuwarten. Warten. Oh ja, warten, was als nächstes mit mir geschieht. Vielleicht stürme ich nackt mitten in ein wichtiges Fußballspiel, wer weiß? Vielleicht werde ich ja auch Chef-Redakteur bei BRAVO.
Jedenfalls werde ich davon berichten, denn es macht einen unbeschreiblich frei, wenn man über sich selbst schreibt.

 
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Hallo Lemmon,

Pubertät ist sicherlich ein "spannendes" Thema. Du gehst die Sache weitgehend äußerlich an. Dass Pubertät sich auch sehr stark in solchen Äußerlichkeiten offenbart ist sicher richtig. Aber eben nicht nur. Insofern ist das eben nur ein Teil der Pubertät. Meiner Ansicht nach der unwichtigere Teil. Interessanter wären sicher die inneren Prozesse, die zu all den von dir geschilderten Äußerlichkeiten führen. Vor denen hast du dich ein wenig gedrückt.

Unterhaltsam finde ich die Geschichte trotzdem, und sie hat ganz bestimmt einen gewissen Wiedererkennungswert für Pubertrierende oder jene, die sich noch an dieses Kapitel ihres Lebens mehr oder weniger erinnern können.

Der Einstieg mit der Aufzählung, wie sich dieser extreme Wandlungsprozess äußert, ist nach meiner Ansicht nicht besonders elegant gelöst, das könnte man sicher etwas interessanter gestalten. Und dort wären auch schon die besten Möglichkeiten gewesen, eine Mischung aus äußeren und inneren Prozessen zu wagen. Diese Möglichkeiten hast du etwas uninspiriert verspielt.

Du hast dir ein gewaltiges Thema erwählt und hast aus einem Elefanten eine Mücke gemacht. Doch wie du formulierst und wie du dein Konzept angegangen bist verleitet mich zu der Annahme, dass du es bestimmt noch tiefsinniger hinkriegen könntest - möglicherweise ging es dir aber tatsächlich nur um das Oberflächliche. Dann ist es okay. Aber mir etwas zu wenig.

Grüße von Rick

 

Hallo Lemmon,

Die Art, wie du das Thema angegangen bist, hat mir gefallen.
Ich konnte auch mal grinsen ;)

Trotzdem gefällt mir irgendwie das Fazit nicht.
Willst du uns mit der Geschichte sagen, dass in der Pubertät die Ursache für das Phänomän der Pinkvorliebe von Mädchen liegt?
(Das hieße ja, dass ich immernoch nicht drin stecke!)
Oder dass Mädchen irgendwann so werden MÜSSEN?
Ist Hannah zufrieden mit ihrer Entwicklung? Es hört sich an manchen Stellen nicht so an...
Naja, über die Tücken der Pubertät lässt´s sich streiten :p

BB, Jussy

 
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Liebe Lemmon,

ich finde, du hast die Pupertät sehr treffend aus Sicht des Prots beschrieben. Für mich kommen die Veränderungen, die da stattfinden und die Zerissenheit gut rüber

Ich bin ein Mädchen! Ja, das bin ich. Und ich sollte mich auch so benehmen.Oder nicht? Ich meine, dies ist doch normal oder?

Auch finde ich nicht,dass du nur bei Äusserlichkeiten bleibst:

Ich bin gefühlvoll und sensibel wie nie.

denke über den Sinn des Lebens nach,

ausserdem lese ich viel zwischen den Zeilen. Und da du ja altersmäßig genau mitten drin bist mußt du in der Tat:
Oh ja, warten, was als nächstes mit mir geschieht.
Das war für mich einer der schönsten Sätze, da du es einfach akzeptierst wie es ist!
Der lange Rede kurzer Sinn: gefällt mir super, Hut ab, insbesondere in Anbetracht deines Alters, hoffentlich liest man noch einiges von dir.
Habe deine Geschichte empfohlen!

Liebe Grüße
Katinka

 

Halloo
Incubus vielen Dank für deine Kritik! Hm was will ich damit sagen?Vielleicht nicht das alle Mädchen pinke Sachen tragen oder tragen MÜSSEN. Ich finde nur, dass es bei vielen so ist und das mit dem Pink und vielleicht auch nur etwas anders für die Stilrichtung der Teenies. Da kann ich echt von mir selbst reden ;-) Ob Hannah zufrieden ist? ich glaub das weiß sie selbst nicht-

KatinkaH: Viiieelen Dank-für das Lesen-hat mich echt gefreut , wie begeistert du von meiner Geschichte warst.Ich versuche so viel wie möglich zu schreiben ;-)

 

Hey Lemmon,

Jedenfalls werde ich davon berichten, denn es macht einen unbeschreiblich frei, wenn man über sich selbst schreibt.
Kann ich dir nur zustimmen. Ein toller Monolog, ich bin echt amüsiert. Facettenreich und sehr kurzweilig rübergebracht. Die Bandwurmsätze sind dir gut gelungen.

Sauber Mädchen!

 

Interessant, aber nicht überzeugend

Hallo Lemmon,

ich finde deine Grundidee interessant. Eine Art Monolog eines jungen Mädchens, die sich selber auf dem Weg zur Erwachsenden beobachtet.
Aber mir gefällt die Umsetzung nicht. Deine Schachtelsätze finde ich anstrengend. Mag sein das es eine Ausdrucks- und Kunstform von dir ist, aber ich denke das Wesentliche geht verloren. Man überliest sich schnell und es entsteht ein Durcheinander.
Versuche manchmal auf kürzere Sätze umzusteigen, die würden den Effekt des Wiedererkennungswertes deutlich steigern meine ich.
Es wird wohl vielen Mädchen so gehen, die sich von einem Tag auf den Anderen total gewandelt haben. Jedoch hat deine Geschichte eine Art Tagebuchflair, was gewiss nicht negativ sein muss, aber in diesem Falle meines Erachtens nach nicht geglückt ist. Würde diese Geschichte einen gezielteren Aufbau erhalten und würdest du in manchen Situation nicht nur oberflächlich Aspekte aufeinander aufbauen, kann man viel daraus machen. Und noch viel mehr Mädchen würden sagen: Stimmt.

MfG
Venuslich

 

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