Was ist neu

Die Rückkehr

Seniors
Beitritt
18.08.2002
Beiträge
1.978
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Die Rückkehr

Jemand schwamm zu mir, packte mich am Arm und lachte. Es war ein sehr ehrliches Lachen, und ich lächelte zurück. "Alles wird gut!", rief er. "Wer weiß, wer weiß...", sagte ich müde. Nachdem er von mir ließ und sich in die Lüfte erhob, sahen wir uns nie wieder.

"Wo geht es nach Futúrien", fragte ich meinen Nachbarn rechter Hand.
"Futúrien gibt es nicht. Warum sollte es?"

Und ich schwieg. Das Wasser schwappte mir mittlerweile schon bis in den Mund, denn ich hielt mich nur noch halbherzig an der Oberfläche. Ich glaubte wie alle an das Ende. Jeder Tritt in die Tiefe schien mir die letzte Kraft zu rauben, doch tatsächlich überkamen mich noch einige Wellen der Panik. Aber die Tiefe gierte unersättlich nach mehr.
Ob ich nur allein hier drinnen herum paddelte, oder mit dutzend anderen, gar hundert oder tausenden - egal.
Wurde einer dazu verführt, hinein zu gehen, sank ein anderer schon tot auf den Grund hinab. Nicht wichtig.
Ob es bald niemand mehr geben wird, der uns errettet, oder ob die Tiefe selbst eines grauenvollen Hungertodes stirbt, weil sie an uns armseligen Gestalten nicht satt wird, all dies ist völlig gleich.

Was ist die Tiefe, die einen nach dem anderen zu sich holt, und dann und wann vernichtende Fontänen ofenheiß in den Himmel spritzt, um all die jämmerlichen Glücksritter dort oben von ihrem siebten Himmel zu stoßen?

Die Tiefe ist wohl das einzige auf der Welt, deren Sinn einer näheren Betrachtung Stand hält. Es gibt nichts, was ihr die Zähne zeigt, sie lacht nur darüber; ist immerfort ihr eigener Trumpf. Die Tiefe ist das, wo ein jeder landet, der sich selbst sucht und auch noch findet. Und stets erkennt, dass man zu lange oben war, zu lange blind und taub und ganz Marionette. Doch die Tiefe offenbart einem auch die Gefangenschaft im Ich, da man ja doch ein ganz anderes wollte, und irgendwann denkt man müd' und angestrengt: "Warum noch sein?"

Wenn man nicht auf sich aufpasst, dann packt einen die Hoffnung. Genauso geschah es mir. Ich ließ meinen Kopf im Wasser ruhen, die Arme harrten irgendwo neben mir. Irgendwo sah ich mich eine Treppe hinunterstürzen und mir war zuerst ganz wohl dabei. Die Stufen jedoch, ganz allmählich wurden sie höher und härter, und ich fiel tiefer und tiefer. Das hätte ich natürlich dulden können, war mein Rückgrat doch hart gepanzert mit Trostlosigkeit. Während die Sache allerdings immer schneller ging und schließlich in einen Teufelskreis mündete, sah ich zufällig eine andere Frage: "Warum schon sterben?"

An dieser Stufe krallte ich mich fest. Bisher habe ich den Blick nach unten gerichtet und alle Fragen haben sich geähnelt, denn auch sie waren alle in die Tiefe gesandt. Diese Stufe war anders. Alle Stufen waren anders, merkte ich sodann, denn ich sah ihre Flanken, nicht ihre Trittflächen. "Warum steigst Du nicht hinauf?", fragten sie, "Warum tauchst du nicht auf?", "Warum lässt du dir nicht vom Lichte Freude schenken?". All diese Fragen leuchteten im Grün der Hoffnung.
Ich erkannte mit einem Mal, dass Hoffnung und Trostlosigkeit nicht zwei verschiedene Dinge, sondern schlicht und einfach voneinander die andere Seite sind. Sie unterscheiden sich ja nicht; jede treibt mich in ihr Innerstes, die Hoffnung in das Leben, die Trostlosigkeit in den Tod.

Und ich rannte die Stufen hinauf. Höher und immer höher ging es, und jede Stufe gab mir mehr Kraft zurück, als ich auf ihr, auf dem Weg hinunter verloren hatte. Irgendwann tauchte ich auf, sah abermals die trauernden Leute ihr letztes Dasein fristen, aber ich lachte trotzdem, trotz allem. Es würde ihnen gut tun, dachte ich.

"Alles wird gut!", rief ich vollkommen Glück erfüllt dem nächstbesten zu. Sie, die mich ermattet ansah, lächelte nur. "Wer weiß...", sagte sie leise.
"Ich fliege nach Futúrien. Willst du mitkommen?", fragte ich.
"Schon gern", sagt sie, "aber das nützt doch nichts. Hat ja keinen Sinn..."

Der große Vogel im grünlich schimmernd weißem Federkleid, den ich durch mein Lachen gerufen hatte, sollte mich nach Futúrien bringen. Er setzte sich aufs Wasser und ließ mich auf seinem Rücken Platz nehmen.
Ehe er mit kräftigen Flügelschlägen die Reise aufnahm, fasste ich mir ein Herz und packte sie noch. Erleichtert schien sie dann, setzte sich vor mir und umklammerte den Hals des Vogels.

Tatsächlich schossen noch ein paar Fontänen zu uns empor. Eine streifte sogar den linken Flügel und ließ darauf einen dunklen Fleck zurück, aber die Hoffnung konnte sich halten.

"Wissen Sie", rief unvermittelt der Vogel zu uns zurück, "es ist ja alles ganz leicht hier oben. Es passiert schnell, dass ihr die Kontrolle über euer Glück verliert und in den siebten Himmel geschossen werdet. Dort oben kann man sich schwer halten. Da gibt es starke Schicksalswinde, und eh' ihr euch verseht, stürzt ihr schon wieder in die bodenlose Tiefe hinab. Nein, das wünsche ich euch nicht - keinem. So schaut schön nach unten, gebt denen, die da vegetieren, etwas ab von eurem Glück. Die Schwarzen Wasser ziehen gierig an, aber ich halte euch. Schaut nur nach unten, ich weiß schon, wo es lang geht."

Und wir gehorchten. Wir sahen dann auch die Fontänen; der große Vogel konnte ganz auf den Horizont achten. Kam eine von links, stießen wir ihn sanft in die linke Seite, damit er nach rechts auswich, und genauso umgekehrt.

Es war wahrscheinlich, dass, während uns die Hoffnung nach Futúrien trug, irgendwo jemand von den Schicksalswinden des siebten Himmels überrascht wurde und den Halt verlor. Er würde in die bodenlose Tiefe stürzen und sich auch nicht lange in den schwarzen Wassern halten können.
Wer auch immer das sein mochte, wir gedachten seiner. Es schien allerdings, dass dies immer weniger Menschen widerfuhr, denn es kamen wahrhaftig mehr und mehr in das grenzenlose, unerreichbare Futúrien. Wir haben eine Ahnung, warum: Denn insgeheim wollen wir alle

LEBEN.

[highlight]Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE (s. Profil)[/highlight]​

 

Hallo floh,

jeder steckt dann und wann in einer verzweifelten Phase und hat ähnliche Gedanken zur >Tiefe<, wie du sie hier beschrieben hast. An sich ist daran nichts auszusetzen - manchmal muß man halt durch.

Meine Vorredner haben in ihren Kommentaren die Hoffnung hervorgehoben, und ich finde diesen Hinweis gut. Was mich allerdings an deinem Text ein bißchen stört, ist die einseitige Sichtweise, denn die Probleme in der >Tiefe< sind oftmals viel komplexer als hier dargestellt. Beispiel: Du läßt deinen Darsteller Stufen herunterfallen, bis er gefragt wird: "Warum steigst du nicht hinauf?" - Es gibt Situationen, für die man nicht verantwortlich ist, und da ist solch eine Frage schlichtweg zu banal.
Überhaupt klingt deine Geschichte so, als wäre der Akteur einzig und allein an seiner resignativen Einstellung schuld und bräuchte nur einen kleinen Knopf umzuschalten. Natürlich kann jeder für sein Wohlbefinden etwas tun, aber du schreifst den wichtigen Faktor >äußere Umstände< nur am Rande (Zitat: "Schicksalswinde"). Dieser zeigt sich seinerseits in ungeheuer vielfältigen Facetten. Wenn du z.B. im Iran wohntest und wegen eines Erdbebens deine Habe und womöglich deine Familie verloren hättest, dann würdest du es verdammt schwer haben, Futurien wiederzufinden...

Im Grunde stimmte ich dir zu, daß jeder seine Situation positiv verändern kann, doch deine >Philosophie< wirkt etwas zu einfach auf mich. Der düster gezeichnete Doppel-Text von Kritiker und Zaza überblicken die Schwierigkeiten aus einem globaleren gesellschaftlichen Standpukt: Seltsam > Die Schlangen.

Ich finde es trotzdem schön und äußerst wertvoll, daß bei dir eine Ermutigung am Ende steht. So sollte es auch sein!
Schöne Grüße,
ababwa

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Heureka, gleich drei Kritiken auf einmal :D! Ganz lieben Dank :bounce:.


Ihr habt nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen hervorgehoben. Genauso wie ich mir das gewünscht habe. - Nein, natürlich habe ich nicht absichtlich Schwächen eingebaut :D; bei Veröffentlichung der Geschichte kam sie mir geradezu brilliant vor ;).

@kingofloss:
Danke, Zeitfehler gleich korrigiert. Zum anderen Punkt -> siehe Blackwood.
Vielleicht sollte ich nochmal nachfragen, denke ich mir: Bist du sicher, das mein Prot schon über sich selbst gegrübelt hat, als er noch, was ja möglich ist, im 7. Himmel war? Grübelst Du über dich selbst, wenn du grad auf einer Welle des Glücks surfst oder einen netten, geselligen verbringst?

Soweit so gut, schöne Geschichte, wunderbar abstrakt verpackt, bloß leider lässt sie mich mit dem Gefühl zurück, sie nicht richtig kapiert zu haben.
Hehe, erwischt! ;) Wenn Dir konkrete Fragen einfallen, gerne per PM, Chat oder hier.

@Blackwood:

Die grünlich schimmernde Hoffnung (fast schon wieder zu deutlich aufgetragen),
Jep, ich überlege schon, ob ich das nicht vielleicht rausnehme. Nur leider wohl ist die Hoffnung nun mal grün, naja, mal sehen.
Sprichst Du vom Tod? Von Hoffnungslosigkeit/Depression? Oder vom stetig gleichen Sog des Lebens, dessen Überwindung erst die Tore in die neue Welt aufstößt?
Weiß zwar nicht recht, was du mit letzterem meinst, aber ich spreche eher von ersterem, vielleicht mit einem Körnchen des anderen.

à propros Schluss: Bin deinem Rat zwar nicht direkt gefolgt, aber habe den Schluss etwas abgetönt - schau ihn dir am besten noch mal an...

@ababwa:
Die Geschichte entstand unter der Prämisse, dass es unendlich schwer sein muss, wenn nicht gar völlig illusorisch, in ihr allen möglichen Aspekte auf ein Thema Rechnung zu tragen. Nach meiner Schätzung müsste eine solche Geschichte rund 2.581.913.034 +- x Seiten umfassen. Und das wär mir dann doch etwas zu viel.
Mir blieb am Ende also gar nichts anderes übrig, die menschlichen Launen von einem bzw. zwei Standpunkt/en aus zu betrachten.
Insofern gilt es wohl, zu akzeptieren, dass manche?viele Leser diese Sicht zu banal / naiv / extrem / usw. finden. Rechtfertigungen bzw. unangeforderte(!) Erklärungen, so meine Erfahrung hier auf KG.de, bringen nichts. Man verrät sich da irgendwie selbst, vergibt noch sein letztes Hemd.
Gut ist schon, wenn Du ihr trotzdem etwas abgewinnen kannst :).

Also nochmal herzlichen Dank und einen guten Rutsch ins 2004.


FLoH.

 

Hallo Floh,
Deine Geschichte propagiert die Rückkehr ins Leben, mittels Hoffnung. Du erklärst die Trostlosigkeit als treibende Kraft in den Tod, weil der Sinn zu leben abhanden kommt.
Den Inhalt deiner Geschichte fasse so auf.
Dein Prot und die anderen Gestalten baden in ( ich meine es nicht böse) Selbstmitleid, weil Schicksalsschläge sie aus ihrer Euphorie geworfen haben. Sie resignieren, weil sie überzeugt sind, keine Kraft mehr zu besitzen, sich ihrer Aussichtslosigkeit zu stellen. Tatsächlich besitzen sie noch geheime Kraftreserven, die versuchen, mittels starker Ängste sich dem Unausweichlichem zu stellen.
Und während sie sich in Selbstmitleid suhlen, passiert etwas schier Unglaubliches.
In jedem steckt Überlebenswille. Wenn die Schmerzgrenze überschritten wird, dann kann es passieren, dass sich die eigene Wahrnehmung verändert.
Sind Schicksalsschläge nicht dazu da, neue Chancen zu ergreifen?
Z.B. könnte man erkennen, dass das bisherige Leben nicht selbstbestimmt war?
Die Trostlosigkeit demotiviert, die Hoffnung motiviert.
Der Antrieb, seine Belange durchzusetzen ist die Hoffnung.

Bis hier hin kann dir zustimmen, aber dann ist für mich der Handlungsablauf illusorisch und imaginär, denn dein Prot. ist blind vor Eifer, weil er möchte möchte dass auch andere daran teilhaben. Er rettet eine Leidensgenossin, obwohl sie ihre Schmerzschwelle noch nicht erreicht hatte.

Ja der Eifer reicht für zwei, der Prot will es so und handelt, reißt sie mit. Sie ist scheinbar froh, klammert sich an die Hoffnung des Prot.

Wie geht es nun weiter? Wie ist die Prognose? Der Vogel ist Hoffnung und Mentor zugleich.
Es gibt Möglichkeiten, die Balance zu halten.
Vertrauen und Miteinander sind die Schlagworte. Zusammen seid ihr stark.

Du schließt daher deine Geschichte mit einer Utopie ab, da alle Menschen dieselbe Sehnsucht des Miteinander und Vertrauen verspüren, werden alle den Weg ins Wunderland erreichen.

Fazit: der erste Teil deiner KG überzeugt mich, während der zweite Teil sich meiner Meinung nach als doppeldeutiger Hoffnungsschimmer und Irrweg aus der Tiefe darstellt.

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Hallo kingofloss und Goldene Dame,

@kingofloss:
In der Tat könntest Du da glatt einen Widerspruch aufgedeckt haben. Und in der Tat könnte ich mich im Nachhinein aus der Verlegenheit winden und sagen, der Prot war nicht im 7. Himmel sondern irgendwo anders. Man kann schließlich auch in die Depression abrutschen, ohne vorher high gewesen zu sein. (Interessierte mögen sich vielleicht mal über das Krankheitsbild der "manischen Depression" erkundigen; vielleicht kann man die Geschichte auch dahingehend interpretieren... :hmm: )
Ebenso könnte ich anführen, dass vorher steht:

Was ist die Tiefe, die einen nach dem anderen zu sich holt, und dann und wann vernichtende Fontänen ofenheiß in den Himmel spritzt...
Dass also beide Möglichkeiten gleichwertig erwähnt werden und daher nicht sicher ist, wie der Prot in die Tiefe gekommen ist. Mir liegt nichts ferner, als den Leser zu bevormunden und hier eine vorzuschreiben. Daher: Such dir was aus :D. Eventuell werde ich die Stelle dennoch nochmal durch mein Gehirn drehen.

@Goldene Dame:
Wow, herzlichen Dank für deine Interpretation :kuss:.

Bis hier hin kann dir zustimmen, aber dann ist für mich der Handlungsablauf illusorisch und imaginär, denn dein Prot. ist blind vor Eifer, weil er möchte möchte dass auch andere daran teilhaben. Er rettet eine Leidensgenossin, obwohl sie ihre Schmerzschwelle noch nicht erreicht hatte.
Ja, das kann man dem Prot ankreiden, definitiv. Das unterstütze ich voll und ganz. Andererseits: Muss die Frau die Schmerzgrenze erst überschreiten?
Und ich frage mich: Ist der Zwang zum Glück ein Zwang, ich meine in Anbetracht des Schlusses? Naja, sei die Frage einfach mal unkommentiert in den Raum gestellt...

...werden alle den Weg ins Wunderland erreichen.
"Futúrien", lat. etwa 'Land der Zukunft', mit einem "Wunderland" zu vergleichen - wozu der fantastische Name leider verleitet -, ist sehr gefährlich, zumal es ja auch (selbstverständlich) "unerreichbar" ist. Oder was sagst Du, wenn irgendwann in der Zukunft(!), sagen wir mal am Tage des dd.mm.yyyy, der dritte Weltkrieg ausbricht? Nicht sehr wunderhaft...
Nichtsdestotrotz scheint der Name diese utopische Ansicht wohl zu fördern. Vielleicht fällt mir ja noch eine Alternative ein.

Fazit: der erste Teil deiner KG überzeugt mich, während der zweite Teil sich meiner Meinung nach als doppeldeutiger Hoffnungsschimmer und Irrweg aus der Tiefe darstellt.
Was meinst du mit dem zweiten Teilsatz konkret? Ich vermute aber, dass ich damit ganz zufrieden sein kann :).

Liebe Grüße,
FLoH.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo FloH
Geschrieben von floh
Wow, herzlichen Dank für deine Interpretation :kuss:.

Ups, danke für die Blumen ;)

Geschrieben von floh Ja, das kann man dem Prot ankreiden, definitiv. Das unterstütze ich voll und ganz. Andererseits: Muss die Frau die Schmerzgrenze erst überschreiten?

Natürlich, denn jetzt ist es nicht ihr eigener Wille, dass sie nach oben kommt. Sie klammert ihre Hoffnung an deinen Prot. und wird vielleicht erst später merken, dass sie nicht selbstbestimmt handelt, sondern nur mitgerissen war. Dein Prot wird mit ihr Konflikte haben, weil sie seine Erfahrung nicht gemacht hat. Es fehlt also die Basis, für deren Verschmelzung. ;)

Geschrieben von floh
Und ich frage mich: Ist der Zwang zum Glück ein Zwang, ich meine in Anbetracht des Schlusses? Naja, sei die Frage einfach mal unkommentiert in den Raum gestellt...


Da dachte ich au weia, niemand sollte zu etwas gezwungen werden, denn das ist eine Form von Menschenverführung wie sie selten gut aus geht. ZB. Sekten.

Geschrieben von floh
"Futúrien", lat. etwa 'Land der Zukunft', mit einem "Wunderland" zu vergleichen - wozu der fantastische Name leider verleitet -, ist sehr gefährlich, zumal es ja auch (selbstverständlich) "unerreichbar" ist.


Siehst du, du glaubst selbst, an die Unerreichbarkeit, deswegen nannte ich dein Land Wunderland.


Geschrieben von floh
Oder was sagst Du, wenn irgendwann in der Zukunft(!), sagen wir mal am Tage des dd.mm.yyyy, der dritte Weltkrieg ausbricht? Nicht sehr wunderhaft...

das ist eher ein ALbtraum, dem man ja gerne wundersame Utopien entgegenhält, weil der Sinn des Lebens unter dieser Zukunftsaussicht sofort entfallen würde.
Fazit: wer seine Zukunft nicht rosig ausmalt, wird auch nicht weiterleben wollen.
Der Motor des Lebens ist nun mal das weitgesteckte Ziel der Erfüllung seiner Sehnsüchte.


Geschrieben von floh
Nichtsdestotrotz scheint der Name diese utopische Ansicht wohl zu fördern. Vielleicht fällt mir ja noch eine Alternative ein.

Belass es dabei, sonst fällt meine Kritik in sich zusammen :D

Geschrieben von floh
Was meinst du mit dem zweiten Teilsatz konkret? Ich vermute aber, dass ich damit ganz zufrieden sein kann :).

Na ja, spontan fiel mir beim Lesen deiner Geschichte eine Selbstgruppe ein, die sich gemeinsam mittels eines Therapeuten zusammen findet. Alle erzählen wie schlecht es ihnen geht. Der Therapeut versucht geschickt deren Wahrnehmungen zu lenken, einer nach dem anderen verändert sich und jeder entwickelt sich anders. Dein Prot spürt neue Lebensfreude, schießt über das Ziel hinaus, wird mitreißend. Das eigentliche Problem hat er noch nicht erkannt.
Daher ist seine Hoffnung illusionär. Da setzt meine Kritik an, denn voraussichtlich wird er erneut scheitern.
Alles beginnt von vorne, er ist unten und wird vielleicht beim nächsten Mal merken wo seine Wahrnehmung in Fantasien abdriften und warum.

Bist du mit meiner Erklärung zufrieden?:)

Guten Rutsch
Liebe Grüße,
Goldene Dame

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

(deine quote-tags sind futsch)

Hallo Goldene Dame,

Fazit: wer seine Zukunft nicht rosig ausmalt, wird auch nicht weiterleben wollen.
Der Motor des Lebens ist nun mal das weitgesteckte Ziel der Erfüllung seiner Sehnsüchte.
Hehe, guter Gedanke.

[referTo:unerreichbar]
Futúrien ist deshalb unerreichbar, weil die einmal erreichte Zukunft ja zur Gegenwart bzw. zur Vergangenheit geworden ist. :idee:? - Was würdest Du von einem Seemann halten, der überzeugt ist, jemals dem Horizont die Hand schütteln zu können? (Jetzt sag' mir nicht, der Horizont hätte keine Hand :D)

[referTo:Selbsthilfegruppe]
Wo die Leser nur immer hindenken, tststs... :D.


FLoH.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi FloH
Geschrieben von floh referTo:Selbsthilfegruppe]
Wo die Leser nur immer hindenken, tststs...


War das etwa ein Trugschluss?
:silly: :hmm:

Goldene Dame

 

Geschrieben von floh

[referTo:unerreichbar]
Futúrien ist deshalb unerreichbar, weil die einmal erreichte Zukunft ja zur Gegenwart bzw. zur Vergangenheit geworden ist. :idee:? - Was würdest Du von einem Seemann halten, der überzeugt ist, jemals dem Horizont die Hand schütteln zu können? (Jetzt sag' mir nicht, der Horizont hätte keine Hand :D)

[referTo:Selbsthilfegruppe]
Wo die Leser nur immer hindenken, tststs... :D.

FLoH.


Was die Selbsthilfegruppe angeht muss ich der Dame (die mich übrigens irgendwie an Endes kindliche Kaiserin erinnert -> golden ;)) zustimmen. Das Ende scheint mir wirklich zweifelhaft, vielleicht weil ich nicht allzuviel von Positivierung und Idealisierung der Zukunft halte -> Pessimist..

Es stellt sich doch die Frage, warum wir in die Zukunft wollen und was da so tolles ist. Woher weiß du zum Beispiel, dass der Weg über die Hoffnung der richtige ist? Die Hoffnung ist doch selbst zwiespältig. Denn das Problem das sie aufwirft, ist meiner Meinung nach das der Passivität. Wenn man sich nur noch an Hoffnung krallt, sich von ihr tragen lässt mit verklärten Illusionen der Zukunft, die mit dem Wunderland, dem Paradies ja eben nicht gleichzusetzen ist, kann der Vogel unter einem auf einmal in Nichts aufgehen. Und das alles, ohne vorher im siebten Himmel zu sein sondern nur mit dem Ausgangspunkt einer Hoffnung, die dazu verleitet stumm hoffend in die Zukunft zu ziehen anstatt sie aktiv zu gestalten, sich gewissermaßen selbst Flügel wachsen zu lassen.

In diesem Sinne ist mir der Seemann, der dem Horizont die Hand schütteln will lieber, da er um diese Zukunft zu erfüllen selbst segelt.

Sicher gibt Hoffnung Kraft und Auftrieb, allerdings ist der Grat zwischen Untergang und Überschwang schwer zu halten. In Hinblick nicht auf eine unerreichbare sondern zuvorderst zwar erreichbare aber nicht einzuschätzende, nicht determinierte Zukunft ist ein aktiver, schwererer, weniger von zu starker Hoffnung geprägter Weg meiner Meinung nach vorzuziehen. Dieser nämlich könnte im Zustand des Unterwegs das Wunderland schaffen, zu dem der Hoffnungsvogel nicht zwingend führt.

Das Thema ist groß, aber ich bin von gestern irgendwie noch zu stark angeschlagen um besser zu argumentieren.

In Hinblick auf das letzte Wort jedoch kann man wohl nur zustimmen: Das Leben ist in jedem Fall vorzuziehen und wertzuschätzen. Und auch die Hoffnung darf nicht sterben. Man darf sich nur nicht zu stark mitreissen lassen von ihr.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo floh,

über folgenden Satz bin ich gestolpert:

Zitat:
Die Tiefe ist wohl das einzige auf der Welt, deren Sinn einer näheren Betrachtung Stand hält.

Sieht man die Tiefe als Tod (was bei Deinem Text durchaus schlüssig ist oder als Depressionen, also Leid), dann ist unklar, warum hier die Frage nach dem Sinn „einer näheren Betrachtung stand hält.“ Worin liegt der Sinn?

LG,

tschüß… Woltochinon

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hallo gelfling, hallo Woltochinon :).

Danke, dass auch ihr euch mit meiner Geschichte auseinander gesetzt habt.

@gelfling:
Hehe, bin erfreut über das Diskussionspotenzial dieser Geschichte. Es handelt sich um etwas, was ich als Autor im Vornherein nun überhaupt nicht abschätzen kann, insofern ist wohl eher von Glück zu sprechen.
Zu deinen interessanten Gedanken wäre es ein bisschen komisch, eine Gegenposition einzunehmen. Weder der Pessimismus, noch der Optimismus ist das Gelbe vom Ei. Und trotzdem hat die Grundhaltung doch eine fundamentale Wirkung auf unsere Zukunft, da wir diese ja subjektiv wahrnehmen. Ich frage mich, wieso sich durch den Pessimismus hemmen lassen. Dadurch verschenken wir nur Energie und Zeit ans Nichts, nicht an unsere Zukunft. Durch den Optimismus, sogesehen eigentlich Zweckoptimismus, jedoch mobilisieren wir unsere Kräfte erstmal. Und der Motor des Optimismus ist nichts als die Hoffnung, die wiederum durch Erfolg genährt wird. Und, wahrlich ist es letztendlich herzlich egal (!!!), ob die Hoffnung nun erfüllt oder enttäuscht wird. Bei letzterem findet man schnell eine andere (so ist es wie mit den Weibern :D), die erfüllt werden kann. Ergo: Hoffnung zum Zwecke.

Wenn man keine Hoffnung hat, kann man genauso gut ... ihr wisst schon. Aber das hat genauso wenig Sinn für den Optimisten wie die Hoffnung für den Pessimisten. Ihr seht, es nimmt sich nichts, absolut gar nichts, welche Grundhaltung man einnimmt, beide mögen da von gleicher Verblendung zeugen. Sucht euch eine aus und gut ist, sozusagen. Insofern hat mein Schluss nicht weniger recht als ein anderer, der den Tod befürwortet und zum Pessimismus bekehrt.

Ich habe diese Geschichte geschrieben, weil meiner (medienbeeinflussten?) Meinung nach die ganze Welt in die "Tiefe" fällt. Dagegen wollte ich ein bisschen angehen ;). Ich selbst bin bisher Zweckpessimist gewesen und habe das einfach satt. Das Risiko einer Depression ist horrende.

Und auch hier gilt wieder: Reine Hoffnung in Überdosis ist schädlich, da gebe ich dir recht. Man sollte ihre Enttäuschung auf jeden Fall einkalkulieren. Um's mal so auszudrücken: Alles kann man in seinem Wert erhöhen, indem man ihm etwas seines Gegenteils beimischt :).
Und ein zweites Mal hast du recht: Passive Hoffnung ist innen hohl. Ich habe keine Kontrolle darüber, ob sie erfüllt oder enttäuscht wird. In diesem Fall würde ich mich wohl versuchen einzumischen, wenn das moralisch vertretbar ist. Andererseits rechne ich um so mehr damit, dass sie zerplatzen könnte. Naja...

@Woltochinon:
Der Kernsatz der Depression ist mE: "Alles ist so sinnlos..."
Die Tiefe muss da logischerweise eine Ausnahme sein, denn die ist es ja gerade, worauf die Depression bzw. der Pessimismus zusteuert.
So hat der Satz "Die Tiefe ist wohl das einzige..." nur aus der pessimistischen Perspektive Gültigkeit. Es erübrigt sich also die Frage nach dem objektiven Sinn...

hier die Frage nach dem Sinn „einer näheren Betrachtung stand hält.“
Nicht die Frage danach, sondern der Sinn selbst. Wie gesagt, in der richtigen Depression hat nur die Tiefe einen Sinn, weil sie nicht in "Alles ist sinnlos..." inbegriffen ist.

Es grüßt
FLoH.

 

Lieber FLoH!

Daß mir die Geschichte bisher entgangen ist, ist ja wirklich eine Schande! :D
Ob das vielleicht am Titel lag? :susp: Ich weiß es nicht.

Also dann fang ich mal an, das wird wohl eine Mischung aus Interpretation und Meinungsbeigabe…;-) (aber das mach ich ja eh fast immer so…) Man könnte ja auch Diskussion dazu sagen.


Jemand schwamm zu mir, packte mich am Arm und lachte. Es war ein sehr ehrliches Lachen, und ich lächelte zurück. "Alles wird gut!", rief er. "Wer weiß, wer weiß...", sagte ich müde. Nachdem er von mir ließ und sich in die Lüfte erhob, sahen wir uns nie wieder.
Hier unterscheidest Du klar den Optimisten vom Pessimisten. Der Optimist aktiv, der Pessimist passiv, träge.
Daß die beiden sich nicht mehr sehen, deute ich so, daß der Optimist eben einfach schneller vorwärts kommt. Man könnte natürlich auch meinen, es ginge ihm eben nur gut, das ist aber nicht unbedingt der Fall.
Dazu noch ein Zitat aus Deinen Kommentaren:

»Der Kernsatz der Depression ist mE: "Alles ist so sinnlos..."
Die Tiefe muss da logischerweise eine Ausnahme sein, denn die ist es ja gerade, worauf die Depression bzw. der Pessimismus zusteuert.
So hat der Satz "Die Tiefe ist wohl das einzige..." nur aus der pessimistischen Perspektive Gültigkeit. Es erübrigt sich also die Frage nach dem objektiven Sinn...«

– Hier komme ich nämlich noch mehr zu der Vermutung, daß Du Depression mit Pessimismus gleichsetzt, und umgekehrt Optimismus mit ~Glück (?). Dem kann ich nicht zustimmen, denn ich hab sowohl Depressionen, als auch bin ich Optimistin. Für mich ergibt die Tiefe keinen direkten Sinn – im Gegenteil: Sinnlos erscheint einem doch alles andere nur aus der Tiefe heraus. Ist man hingegen nicht unten, sondern weiter oben, hat die Tiefe schon überhaupt keinen Sinn.


"Wo geht es nach Futúrien", fragte ich meinen Nachbarn rechter Hand.
"Futúrien gibt es nicht. Warum sollte es?"
Würde »rechter Hand« weglassen, ein Nachbar linker Hand kommt eh nicht vor, oder hab ich ihn überlesen oder gar den Sinn der rechten Hand nicht erkannt?
Der Nachbar ist also auch Pessimist. Für den Optimisten gibt es viele Futúriens: Jedes kleine Ziel kann ein Futúrien sein. Da der Protagonist aber danach fragt, scheint er doch ein bisschen dran zu glauben, also kann er sooo pessimistisch ja nun auch wieder nicht sein.

Und ich schwieg.
Er ist sich vielleicht unsicher, was er nun glauben soll?
Würde das »Und« streichen, »Ich schwieg« alleine macht sich mindestens genauso gut…


Das Wasser schwappte mir mittlerweile schon bis in den Mund, denn ich hielt mich nur noch halbherzig an der Oberfläche.
Also, jetzt wird mir das grad erst bewußt: Wenn da unten Wasser ist, dann wäre der Tod ja unausweichlich, wenn es einen nur weit genug in die Tiefe zieht. Ich frag mich grad, ob Du das so gemeint hast? Dann wäre ich in den letzten Tagen bestimmt abgesoffen…


Ich glaubte wie alle an das Ende. Jeder Tritt in die Tiefe schien mir die letzte Kraft zu rauben, doch tatsächlich überkamen mich noch einige Wellen der Panik. Aber die Tiefe gierte unersättlich nach mehr.
Mit dem ersten Satz hab ich Probleme: Meinst Du, im positiven Sinn glauben, also daß das Ende eine Lösung ist (erlöst) und so? Weil, daß es das Ende an sich gibt, ist ja unbestritten, daran muß man nicht erst glauben.
Daß jeder Schritt in die Tiefe einem Kraft raubt ist oberflächlich betrachtet richtig, so fühlt es sich an. Tatsächlich ist die Kraft aber immer in einem drin, nur versteckt sie sich immer besser, je weiter man hinunterkommt. Mal findet man sie dann langsam wieder, mal weckt sie irgendein glücklicher Zufall plötzlich wieder auf, zum Beispiel die Worte eines lieben Menschen.
Die Wellen der Panik – ich nehme an, damit meinst Du das, wenn man merkt, es geht bergab, und sich in der Verzweiflung noch fangen will, sich vielleicht an irgendwas zu klammern versucht, oder versucht, seinen Frust irgendwo abzuladen, aber dann doch hinunterfällt. *platsch*


Ob ich nur allein hier drinnen herum paddelte, oder mit dutzend anderen, gar hundert oder tausenden - egal.
Wurde einer dazu verführt, hinein zu gehen, sank ein anderer schon tot auf den Grund hinab. Nicht wichtig.
– entweder »mit dutzenden« oder »mit einem Dutzend«
Sollte vielleicht heißen, daß der einzelne in der Masse nicht zählt. Oder vielmehr, daß er für die anderen nicht zählt, die selbst oben sind? Oder, daß es für ihn selbst egal ist, wie viele noch das gleiche Schicksal trifft?


Ob es bald niemand mehr geben wird, der uns errettet, oder ob die Tiefe selbst eines grauenvollen Hungertodes stirbt, weil sie an uns armseligen Gestalten nicht satt wird, all dies ist völlig gleich.
Es gibt sowieso niemanden, der einen »rettet«. Man kann nur sich selbst retten, wobei man jedoch Hilfe annehmen kann.
Wie die Tiefe allerdings einen Hungertod stirbt, kann ich mir nicht vorstellen, da sie ja nichts Lebendes ist. Und wenn man auch sagt bzw. dabei das Gefühl hat, es zöge einen in die Tiefe hinunter, so ist es in Wirklichkeit ja doch nichts, das von außen zieht, sondern es ist ein Vorgang in uns drin.


Was ist die Tiefe, die einen nach dem anderen zu sich holt, und dann und wann vernichtende Fontänen ofenheiß in den Himmel spritzt, um all die jämmerlichen Glücksritter dort oben von ihrem siebten Himmel zu stoßen?
Wie gesagt, ich meine nicht, daß sie holt, sondern wir uns zu ihr begeben, wenn auch unbewußt und ungewollt. – Würde ich das nur passiv sehen, wäre jede Arbeit daran überflüssig, denn gegen etwas, das mich von außen zieht, kann ich mich ja wohl nicht wehren. – Also geht auch hier der Protagonist als Pessimist hervor, denn er sieht die Sache ja passiv und somit ist jeder Versuch zwecklos, dagegen anzukämpfen.


Die Tiefe ist wohl das einzige auf der Welt, deren Sinn einer näheren Betrachtung Stand hält.
…aus pessimistischer Sicht.


Es gibt nichts, was ihr die Zähne zeigt, sie lacht nur darüber; ist immerfort ihr eigener Trumpf.
Siehst Du, wenn ich mich zum Beispiel bemerkbar mache, wenn ich wieder mal unten bin, dann ist das ein Der-Tiefe-die-Zähne-Zeigen. Wenn mir dann jemand die Hand gibt und mir wieder auf hilft, kann ich ihr sogar die Zunge zeigen. :p


Die Tiefe ist das, wo ein jeder landet, der sich selbst sucht und auch noch findet.
Zunächst würde ich mal das »ein« streichen: wo jeder landet
Und dann frag ich mich natürlich, ob Du das wirklich ernst meinst…


Und stets erkennt, dass man zu lange oben war, zu lange blind und taub und ganz Marionette. Doch die Tiefe offenbart einem auch die Gefangenschaft im Ich, da man ja doch ein ganz anderes wollte,
…oder ob Dir das Sich-selbst-Finden vielleicht so fremd ist, daß Du Dir das nicht vorstellen kannst. Wer er selbst ist, ist keine Marionette, das ist nur jemand, der nicht er selbst ist.
Gefangenschaft im Ich? Wer oder was sollte denn darin gefangen sein? Wenn ich ich selbst bin, und nicht versuche, etwas zu sein, was sich irgendjemand vorstellt, dann kann ich doch nicht in mir selbst gefangen sein. Entweder bin ich ich, oder eben nicht. Wenn ich es nicht bin, kann ich gefangen sein.
Ich habe auch noch nie gehört, daß jemand, der er selbst ist (sich gefunden hat oder es immer schon war), ein anderes Ich wollte. Denn wenn ich ich bin, dann kann ich ja so sein, wie ich möchte, es zwingt mich niemand, anders zu sein.
Äh, und ein bisschen zu viele »man« sind da drin, die ich eigentlich in Geschichten gar nicht besonders mag…


Wenn man nicht auf sich aufpasst, dann packt einen die Hoffnung.
*g* Dein Protagonist fühlt sich also wohl da unten und wollte aufpassen, daß sie ihn nicht packt?


die Arme harrten irgendwo neben mir. Irgendwo sah ich mich eine Treppe hinunterstürzen
zweimal »irgendwo« – wobei ich doch denke, daß die Arme noch am Körper dran waren, also nicht wirklich »irgendwo« sein konnten ;-)


und mir war zuerst ganz wohl dabei. Die Stufen jedoch, ganz allmählich wurden sie höher und härter, und ich fiel tiefer und tiefer.
Aha… Fällt er denn die Stufen in einem durch bis hinunter, oder bleibt er auf manchen zwischendurch liegen, denkt vielleicht, er wäre schon ganz unten, bevor er doch noch eine Stufe weiter fällt, und dann noch eine, usw.?


Das hätte ich natürlich dulden können, war mein Rückgrat doch hart gepanzert mit Trostlosigkeit. Während die Sache allerdings immer schneller ging und schließlich in einen Teufelskreis mündete,
Ich denke, die Sache selbst ist bzw. wird der Teufelskreis. Wenn die Sache in einen Teufelskreis mündet, dann wäre der Teufelskreis schon vorher da, in den sich die Sache nur noch einfügt – der Teufelskreis existiert aber alleine nicht.
Trostlosigkeit = ohne Trost sein, sich auch keinen erwarten (Pessimismus) – kann das wirklich ein Panzer sein?


sah ich zufällig eine andere Frage: "Warum schon sterben?"
Klingt mir wenig überzeugend. Menschen, die so weit hinunterkommen, haben ja meistens eine gewisse Erziehung hinter sich, und da fände ich es glaubwürdiger, wenn ihm zum Beispiel eine innere Stimme mehr so im Befehlston sagen würde: »Aber du kannst doch noch nicht sterben! (Schäm dich, sowas zu denken!)« Oder etwas anderes in der Art, damit würdest Du auch den Protagonisten eher so zeichnen, daß er nicht er selbst ist, also nicht sich selbst fragt, sondern automatisch tut, was er gelernt hat.


"Warum steigst Du nicht hinauf?", fragten sie, "Warum tauchst du nicht auf?", "Warum lässt du dir nicht vom Lichte Freude schenken?". All diese Fragen leuchteten im Grün der Hoffnung.
Um mir diese Fragen wirklich im Grün der Hoffnung leuchtend vorstellen zu können, fehlt ihnen etwas positiv Aufforderndes. Wenn ich da unten bin, und jemand stellt mir diese Fragen (in so einer Situation nerven Warum-Fragen überhaupt bis aufs Blut), ist die Antwort: »Weil ich nicht kann…«
Außerdem kommt die erste Frage, so, wie sie da steht, von jemandem, der ebenfalls da unten ist – sonst müßte es »herauf« heißen. ;-)


Ich erkannte mit einem Mal, dass Hoffnung und Trostlosigkeit nicht zwei verschiedene Dinge, sondern schlicht und einfach voneinander die andere Seite sind. Sie unterscheiden sich ja nicht; jede treibt mich in ihr Innerstes, die Hoffnung in das Leben, die Trostlosigkeit in den Tod.
Daß er solche Erkenntnisse hat, gestehe ich ihm noch zu, …


Und ich rannte die Stufen hinauf.
…aber real kann man die Gefühle nicht mit dem Hirn steuern. Damit meine ich, daß ihm die Erkenntnis nicht gleich die Kraft geben kann, die Stufen hinaufzulaufen. Die Gefühle hinken dem Denken weit hinterher.


Irgendwann tauchte ich auf, sah abermals die trauernden Leute ihr letztes Dasein fristen,
Ist mir nicht ganz klar. Da jeder in so einer Situation meist sehr alleine ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie er die anderen ihr letztes Dasein fristen sieht. Ja, Du sagtest anfangs schon, daß es wohl mehrere wären, aber die sind doch irgendwie jeder für sich isoliert, oder siehst Du das anders? Bist Du in depressiven Phasen unter vielen Menschen?


"Alles wird gut!", rief ich vollkommen Glück erfüllt dem nächstbesten zu.
dem Nächstbesten
Das geht etwas schnell, daß er vollkommen glückerfüllt ist. Scheint einen kräftigen Sprung ins Trampolin gemacht zu haben…;-)


Sie, die mich ermattet ansah, lächelte nur. "Wer weiß...", sagte sie leise.
"Ich fliege nach Futúrien. Willst du mitkommen?", fragte ich.
"Schon gern", sagt sie, "aber das nützt doch nichts. Hat ja keinen Sinn..."
sagte sie
Die beiden treffen sich also auf entgegengesetzten Wegen, sie auf dem Weg nach unten, er auf dem Weg nach oben. Und er möchte sie mitnehmen. Wobei das ja durchaus eine Hilfe sein kann, wenn er ihr auch Trost und/oder Verständnis geben kann.


Der große Vogel im grünlich schimmernd weißem Federkleid, den ich durch mein Lachen gerufen hatte, sollte mich nach Futúrien bringen. Er setzte sich aufs Wasser und ließ mich auf seinem Rücken Platz nehmen.
im grünlich schimmernd weißen Federkleid
Diese Sache mit dem Vogel erscheint mir zu passiv. Der Protagonist scheint insgesamt völlig fremdbestimmt zu sein.


"Wissen Sie", rief unvermittelt der Vogel zu uns zurück, "es ist ja alles ganz leicht hier oben. Es passiert schnell, dass ihr die Kontrolle über euer Glück verliert und in den siebten Himmel geschossen werdet. Dort oben kann man sich schwer halten. Da gibt es starke Schicksalswinde, und eh' ihr euch verseht, stürzt ihr schon wieder in die bodenlose Tiefe hinab.
Ich kann mir vorstellen, daß der Protagonist Angst hat vorm siebten Himmel, weil ihm das Gefühl des Glücks unbekannt ist, aber daß der Vogel ihn warnt, erscheint mir unlogisch, da der wohl weiß, daß nicht das Glück es ist, das einen wieder tief fallen läßt. Im Gegenteil stärken einen solche Phasen doch. Glück muß man eigentlich auch nicht kontrollieren, und zwischen Glück und der Tiefe gibt es ja noch ein breites Spektrum an, sagen wir mal »neutralen« Stimmungen, die weder übermäßiges Glück, noch Depression bedeuten.
Und wenn ich auch noch was zur bodenlosen Tiefe sagen darf: Als es mir die letzten Tage so ging, war ich am Grund unten, und ich meine: Die Tiefe hat einen Boden, der besteht aus Sand und ist die letzte Schicht vorm Selbstmord. Erst, wenn man sich da ganz hineingräbt, ist es soweit. Normalerweise steckt man aber höchstens eine Zehe hinein. ;-)


Nein, das wünsche ich euch nicht - keinem. So schaut schön nach unten, gebt denen, die da vegetieren, etwas ab von eurem Glück. Die Schwarzen Wasser ziehen gierig an, aber ich halte euch. Schaut nur nach unten, ich weiß schon, wo es lang geht."
Die schwarzen Wasser
Vielleicht sehe ich ja den Vogel völlig falsch, aber müßte er nicht wissen, daß man Glück nicht abgeben kann? Und warum rät er ihnen, nach unten zu schauen? Er will, daß sich die beiden nur treiben lassen, also sich ihm ausliefern, ohne selbst aktiv zu sein? (Ein komischer Vogel…*lol*)


Und wir gehorchten.
Gehorchen ist jedenfalls nicht Man-selbst-Sein. Es ist ein Über-sich-bestimmen-Lassen.


Wir sahen dann auch die Fontänen;
Ach ja, das mit den Fontänen hab ich schon oben nicht ganz verstanden, wobei ich oben eher den Eindruck hatte, es hinge vielleicht mit Zeitungsmeldungen zusammen, die von Selbstmördern etc. berichten. Aber den Eindruck habe ich hier nicht. Bin gespannt auf Deine Erklärung. ;-)


Es war wahrscheinlich, dass, während uns die Hoffnung nach Futúrien trug, irgendwo jemand von den Schicksalswinden des siebten Himmels überrascht wurde und den Halt verlor. Er würde in die bodenlose Tiefe stürzen und sich auch nicht lange in den schwarzen Wassern halten können.
Du siehst irgendwie die ganze Welt depressiv, hm? Also, es gibt schon noch Leute, die da nicht so weit hinunterfallen. Unterhalb des siebten Himmels ist das ganz normale Leben, in dem es genauso Glück und Traurigkeit gibt, aber eben nicht in der Ausprägung, daß man gleich von einem Extrem in die eine oder andere Richtung sprechen kann. Und das läßt Du irgendwie ganz aus, dabei ist es doch das Normalste.


Wer auch immer das sein mochte, wir gedachten seiner.
Das scheint mir sehr übertrieben zu sein.


Es schien allerdings, dass dies immer weniger Menschen widerfuhr, denn es kamen wahrhaftig mehr und mehr in das grenzenlose, unerreichbare Futúrien. Wir haben eine Ahnung, warum: Denn insgeheim wollen wir alle
LEBEN.
Ja, wenn es nur ums Wollen ginge…


Zusammenfassend will ich sagen, daß mir die Geschichte sehr unreif vorkommt. Unreif nicht in der Ausführung, die ist richtig gut!, aber in den Anschauungen. Wobei das mehr eine Feststellung als ein Kritikpunkt ist – in Deinem Alter war ich lang nicht so weit wie Du bist, da war mir das alles noch nicht einmal bewußt. So gesehen kann ich Dir trotz meiner vielen Kritikpunkte nur Bewunderung aussprechen.

Und ich weiß, man sollte eine Kritik nicht aufs Alter beziehen, normalerweise. Aber bei dem Thema geht es nicht anders, weil es nichts ist, was man in ein paar Wochen, Monaten oder wenigen Jahren lernen kann. Ja, man kann Psychologie studieren, dann weiß man verstandesmäßig viel, aber das Fühlen kann man nicht lernen (weshalb es auch so viele schlechte Therapeuten gibt) – der beste Beweis dafür ist, daß man nicht mit dem Verstand aus so einem Loch herausfindet. Ich weiß doch (bin ja nicht blöd), daß es keinen Sinn hat, ja sogar völlig kontraproduktiv ist, in diesem Loch zu sitzen, trotzdem kann ich immer erst wieder raus, wenn das Gefühl wieder stimmt. Also nicht durch die geistmäßige Frage »Warum jetzt schon sterben« (die würde doch in der Situation eher zu Begründungen führen).
Das Gefühl ist träge, und so Änderungen, die derart in die Tiefe gehen, dauern ihre Jahre. Aber Du bist wohl am richtigen Weg. ;-)

Ach ja: Leben heißt übrigens das Jetzt genießen – das andere (Futúrien) wäre Streben. ;-)

Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Floh,

Du schreibst über ein Grundproblem der Menschheit, Glück (Hoffnung) im Bewusstsein des allzeit möglichen Todes zu erlangen. Die Analogie Treppe - `Erkenntnisstufen´ finde ich gut, andere Metaphern (Vogel, Tiefe ...) zu abgenutzt.

„Ich erkannte mit einem Mal, dass Hoffnung und Trostlosigkeit nicht zwei verschiedene Dinge, sondern schlicht und einfach voneinander die andere Seite sind. Sie unterscheiden sich ja nicht; jede treibt mich in ihr Innerstes, die Hoffnung in das Leben, die Trostlosigkeit in den Tod.“
Hoffnung und Trostlosigkeit unterscheiden sich schon, auch wenn sie räumlich nicht trennbar sind, wie in Deiner Aussage.
„"Warum steigst Du nicht hinauf?", fragten sie, "Warum tauchst du nicht auf?", "Warum lässt du dir nicht vom Lichte Freude schenken?". All diese Fragen leuchteten im Grün der Hoffnung.
Ich erkannte mit einem Mal“ - gerade am entscheidenden Punkt, der Erkenntnis, geht alles ziemlich flott, zu einfach: „Warum tauchst du nicht auf?“ - Ach ja, dann mach ich´s halt, Ampel auf dem Weg nach oben schaltet auf `Grün´, schon erkenne ich mit einem Mal... dann:

„ich weiß schon, wo es lang geht."

Noch einige Änderungsvorschläge:

"Wo geht es nach Futúrien", fragte ich meinen Nachbarn rechter Hand.
"Futúrien gibt es nicht. Warum sollte es?" - der ausgeführte Satz würde heißen: `Warum sollte es es geben?´ Dies kann man umgehen, wenn man anstelle von „gibt es“ `existiert´ schreibt.

Jeder Tritt in die Tiefe schien mir die letzte Kraft zu rauben, doch tatsächlich überkamen mich noch einige Wellen der Panik. Aber die Tiefe gierte unersättlich nach mehr. - „tatsächlich“ impliziert einen Gegensatz, der aber nicht vorhanden ist (`zusätzlich überkamen´). „Aber“ - das klingt so, als wenn die Tiefe normalerweise nicht „nach mehr“ gieren könnte, wenn man die letzte Kraft geraubt und „Wellen der Panik“ bekommt.

Die Tiefe ist wohl das einzige auf der Welt, deren Sinn einer näheren Betrachtung Stand hält. - Einzige. Dessen Sinn finde ich günstiger (Bezug auf das Einzige).

Es gibt nichts, was ihr die Zähne zeigt, sie lacht nur darüber - worüber lacht sie? Ihr werden die Zähne ja nicht gezeigt.

Die Tiefe ist das, wo ein jeder landet, der sich selbst sucht und auch noch findet. - Diese unpersönliche Erzählweise klingt belehrend, wie eine Abhandlung zur Beantwortung der oben gestellten Frage. `Die Tiefe ist das, wo ich gelandet bin weil ...

da man ja doch ein ganz anderes wollte - ´“da“ leitet eine Folgerung ein, die ich aber nicht erkennen kann. „Anderes“ muss sich ja auf „Ich“ beziehen. Warum erkennt man die „Gefangenschaft im Ich“ weil man ein anderes (welches?) wollte?

die Arme harrten irgendwo neben mir. - `harren´ heißt warten

Die Stufen jedoch, ganz allmählich wurden sie höher und härter, und ich fiel tiefer und tiefer. - „Jedoch“ leitet einen Gegensatz ein. Der ist nicht genannt. Das „härter“ werden klingt unglaubwürdig, passt nicht zur verwandten Analogie (der Fall wird härter, schmerzhafter).

"Alles wird gut!", rief ich vollkommen Glück erfüllt dem nächstbesten zu. Sie die mich ansah - Nächstbesten. „Sie“ steht im Gegensatz zu `der´ (der Nächstbeste). Anstelle von „Sie“: Es war eine Frau. Sie sah mich ...

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Häferl, hallo Woltochinon,

ich bedanke mich erstmal für eure sehr konstruktiven Kritiken. Da ich momentan leider keine Zeit habe, bzw. mein bisschen Freizeit gerade für ein heißeres Eisen opfern "muss" und ich daher nicht genug Konzentration für meine diese Geschichte aufbringen kann, bitte ich um ein wenig Geduld, werd mich wieder melden :).

@Häferl:
Ja, ein Allerweltstitel, nicht? Aber er bleibt, bis mir zufällig ein besserer Titel einfällt.

@Woltochinon:

„"Warum steigst Du nicht hinauf?", fragten sie, "Warum tauchst du nicht auf?", "Warum lässt du dir nicht vom Lichte Freude schenken?". All diese Fragen leuchteten im Grün der Hoffnung.
Ich erkannte mit einem Mal“ - gerade am entscheidenden Punkt, der Erkenntnis, geht alles ziemlich flott, zu einfach: „Warum tauchst du nicht auf?“ - Ach ja, dann mach ich´s halt, Ampel auf dem Weg nach oben schaltet auf `Grün´, schon erkenne ich mit einem Mal...
Hätte ich mir selbst eine Kritik geschrieben, wäre dies auf jeden Fall ein Punkt gewesen. Ich werde mir dazu etwas einfallen lassen. Auch die grün leuchtenden Fragen würde ich hier und heute unter Kitsch verbuchen.

Sicher ist, die Geschichte braucht noch etwas Nachbearbeitung. Eure Kritiken werden mir gewiss dabei helfen.


FLoH.

 

Hallo Floh,

danke für Deine Rückmeldung, bin froh, am richtigen Punkt angesetzt zu haben. Weiterhin viel Erfolg!

Tschüß... Woltochinon

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom