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Die Reise

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16.08.2010
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Die Reise

Sobald es dunkel wurde versammelten sie sich am Fluss. Die Gestrandeten, die Überflüssigen, die Unerwünschten. Sie wärmten sich am Feuer und rieben sich die Hände über den Flammen. Und sie erzählten von ihren Reisen, die so unterschiedlich waren wie die verwitterten Gestalten selber, die im flackernden Licht fast gespensterhaft wirkten.
Da war der alte Berber, der eigentlich längst in Rente sein sollte. Aber Berber kennen keine Rente und so würde er immer weiter reisen. Die kühlen Nächte machten ihm klar, dass es bald wieder an der Zeit war, Richtung Süden zu ziehen. Er würde seine Runden drehen, bis eines Tages eine ganz andere Reise beginnen würde.
Neben ihm die schmächtige 15jährige Punkerin mit dem tapsigen Hundekind. Mit 13 Jahren hatte sie ihre Reise begonnen. Noch nicht stark genug, sich zu wehren, hatte sie dennoch beschlossen,. dass es genug sei und sich auf den Weg gemacht. Keine große Reise in Schritten gemessen, aber riesig, was die Entfernung vom alten Leben betraf.
Dann der Transsexuelle. Als Mädchen geboren und doch zeitlebens eher Mann gewesen. Nirgends dazugehörig, immer am falschen Platz, hatte er sich eines Tages aus der Welt der Frauen davongemacht und doch die Welt der Männer nicht erreicht. Seine Reise würde erst enden, wenn er erkannt haben würde, dass man nicht einteilen konnte in Männer und Frauen, dass man sich nicht zugehörig fühlen konnte zu genormten Figuren, die kein eigenes Leben hatten. Aber davon war er noch weit entfernt, er würde noch lange reisen und suchen müssen, um anstatt einer Frau oder eines Mannes sich selbst zu finden.
Zwischen ihnen die kräftige schwarze Frau, früher als Soldatin über Berge und durch Täler gezogen, um zu töten. Dann als sie nicht mehr töten , aber auch nicht selbst Opfer werden wollte, musste sie die Reise ins Leben antreten. Auch auf dieser Reise, zu Fuß durch die Wüste und im morschen Schiff über das Meer, begleitete sie der Tod. Jetzt war sie gestrandet, dem Tod davongelaufen, aber auch sie noch nicht im Leben angekommen. Zu viele Erinnerungen waren noch in ihr und hielten sie gefangen in der Vergangenheit.

Dann und wann stellten sich frisch gewaschene, sauber gekleidete und gut genährte Zuhörer dazwischen. Man wusste nicht, waren sie kurz davor ihre eigene Reise zu beginnen und suchten nach erfahrenen Begleitern oder trieb sie nur die Neugier ans Feuer, so als wollten sie einmal durch das kleine Guckloch ihrer Sicherheit ins Abenteuer sehen ohne irgendetwas zu riskieren.
So versammelten sie sich Abend für Abend am Fluss, der sie mit seinem ruhigen Dahinfließen im abendlichen Feuerschein glauben machte, am Ziel ihrer Reise angekommen zu sein. Und manchmal gaben sie sich dem Anschein hin, glaubten eine Nacht lang, wirklich angekommen zu sein, und spürten doch spätestens beim Aufgehen der Sonne, dass sie sich getäuscht hatten. Dass die Reise noch lange nicht zuende war, vielleicht niemals enden würde.

 

Hallo mafalda,

ich mag deine kleine Geschichte. Sie spricht diese innere Sehnsucht an, sich so wie man ist zu akzeptieren und akzeptiert zu werden. Das Ganze ist stimmungsvoll im archaischen Bild Lagerfeuer am Fluss - Freiheit - verpackt. Hat mir gut gefallen!

Es sind, glaub ich, ein paar Kommasachen drin, aber ich kenne mich da mit den Regeln nicht so aus und setze auch meistens zuviele, sodass ich jetzt lieber nichts Falsches sage.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo mafalda,

ich bin mir uneins mit diesem Text. Zum einen finde ich die Idee der Lebensreise ganz in Ordnung. Auch aus den verschiedenen Typen, die sich am Fluß zusammenfinden, kann man einiges machen. Ein paar schöne Formulierungen und Gedanken habe ich in Deinem Text gefunden, aber so ganz passt das für mich nicht zusammen, denn ich finde die Geschichte nicht, dazu bleibst Du viel zu sehr auf Abstand zu Deinen Figuren.

Da war der alte Berber, der eigentlich längst in Rente sein sollte. Aber Berber kennen keine Rente und so würde er immer weiter reisen. Die kühlen Nächte machten ihm klar, dass es bald wieder an der Zeit war, Richtung Süden zu ziehen. Er würde seine Runden drehen, bis eines Tages eine ganz andere Reise beginnen würde.

Das mit dem Berber z.B. Das bleibt mir alles viel zu vage, nur angerissen. Hast Du Dich mit dem Volk der Berber beschäftigt? Weißt Du wie die Berber leben in Nordafrika? Das mit der Rente ist eine nette Idee, aber es charakterisiert die Person leider nicht.

Und so geht das mit den anderen Typen weiter. Was treiben die da zusammen? Über was reden sie? Überhaupt fehlt mir der Konflikt in diesem Text. Da gäbe es doch bestimmt Potential, so verschieden die Lebensreisen der Beteiligten sind.

Soweit meine Gedanken zu Deinem Text,
liebe Grüße
Giraffe :)

 

Berber ist die Bezeichnung, die Obdachlose für sich selbst verwenden, anstelle des herablassenden Begriffs "Penner".

 

Hallo noch mal,

sorry, dass Obdachlose sich als "Berber" bezeichnen, wusste ich nicht. Das habe ich noch nirgends gelesen. Mir ist unter der Bezeichnung nur das Nomadenvolk Nordafrikas ein Begriff. Ich hatte mich auch gewundert, aber man kann halt nicht alles wissen.

Schönen Abend
Giraffe.

 

Hallo mafalda!

Genau wie Giraffe, finde auch ich die Geschichte nicht.
Es gibt keine Hauptfigur, daher auch keine Handlung mit einer Entwicklung, nur einen allwissenden Erzähler, der über einer Szenerie schwebt und von den Personen am Flussufer Kurzbeschreibungen zum Besten gibt.
Die Schicksale der Figuren sind zu kurz angerissen, um tieferes Verständnis oder gar Mitgefühl zu erzeugen. So reichen die Charaktere nicht über Klischees hinaus.
Ein Beispiel:

Neben ihm die schmächtige 15jährige Punkerin mit dem tapsigen Hundekind. Mit 13 Jahren hatte sie ihre Reise begonnen. Noch nicht stark genug, sich zu wehren, hatte sie dennoch beschlossen,. dass es genug sei und sich auf den Weg gemacht.
Was war denn da genug? Welche Gründe hatte sie für ihre gefährliche Reise?

Einem Romantitel angelehnt, würde ich sagen: Am Flussufer nichts Neues (obwohl ich dem Roman damit Unrecht tue).

Gruß

Asterix

 

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