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Die Reise

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09.09.2015
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Die Reise

Der Himmel färbt sich im Osten bereits rot, als Jan meine Reisetasche in den Peugeot hievt. Überquellende Autobahnen sind mir ein Graus, darum breche ich frühzeitig auf. Er zieht mich noch einmal fest an sich. Weiße Atemwolken steigen aus seinem Mund, als er mir eine gute Reise und viel Erfolg wünscht. Beides kann ich gebrauchen, doch ich könnte nicht definieren, was Erfolg in meinem Falle bedeutet. Egal, was immer wir erfahren werden, wir haben die richtige Entscheidung getroffen. Ich freue mich auf meine kleine Schwester, Sabrina. Und ich spüre die Erleichterung darüber, dass wir Geschwister uns wieder nahe sind. Auch wenn ich in Babelsberg lebe, treffen wir uns häufiger als in den Jahren zuvor. Was uns einst trennte, verbindet uns heutzutage. Und es sieht so aus, als hätten wir in all den Jahren nur in den Startlöchern auf die Chance gelauert, über die Sache mit Vater zu reden.

Bei Muttis Siebzigstem vor zwei Jahren hatten wir uns wieder mal die Köpfe heiß diskutiert und spekuliert. Als Sabrina das Wort Akteneinsicht aussprach, herrschte für einen Augenblick Schweigen.
„Nicht dein Ernst? Horch und Guck?“, fragte Robert dann.
„Warum nicht?“, sagte sie ruhig. „Ich denke, wir brauchen Klarheit.“
„Klarheit?“ Er lachte bitter und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was willst‘n finden, Schwesterchen, wenn der Fall nie aufgeklärt wurde.“
„Irgendwas“, sagte Sabrina und zuckte die Schultern. „Alles ist besser als das Rätselraten.“
„Bringt doch nichts, das Buddeln im Morast, Mensch Leute. Gibt bloß Mord und Totschlag, wenn du liest, dass dein bester Freund dich bespitzelt hat“, sagte Robert.
Ich schaltete mich ein. „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Du bist doch derjenige, der immer vermutet hat, dass man uns nach Strich und Faden verarscht hat.“
„Kinder!“, sagte Mutti, „irgendwann muss es doch auch mal gut sein.“ Bisher hatte sie still
dabeigesessen. „Die alten Wunden aufreißen, was soll das denn bringen?“
Sabrinas Augen blitzten, als sie Rehabilitation sagte, ganz langsam, jede Silbe betonend. Sie hatte recht, wir sollten endlich etwas tun, anstatt in Endlosschleifen zu palavern.
„Fast dreißig Jahre ist das jetzt her“, sagte ich. „Und die Leute zeigen immer noch mit Fingern auf uns. Das klebt doch an uns wie Hundescheiße.“
Mutti warf mir einen tadelnden Blick zu.
„Macht doch, was ihr wollt“, sagte Robert.
Und das taten wir auch. Sabrina und ich stellten einen Antrag an die Birthler-Behörde.

Das Verkehrsaufkommen auf dem Berliner Ring ist erträglich. Nachdem ich am Dreieck Potsdam auf die A9 aufgefahren bin, versuche ich mich zu entspannen, löse meine klebrigen Finger vom Lenkrad. Das ist ein Teil der Strecke, die er zweimal die Woche fuhr. Hier kannte er jeden Baum, jedes Gebäude, jedes Schlagloch. Er erschien mir immer beschwingt, wenn er auf Tour ging, so als würde eine Last von ihm abfallen.
Das Autoradio dudelt vor sich hin. In den Nachrichten geht es um Chile. Die Erde hat schon wieder gebebt. 7,2 auf der Richterskala. Die Berliner Polizei steht kurz vor der Aufklärung des Raubüberfalls auf das Pokerturnier im Hyatt. Ich drehe die Lautstärke höher. Am Wochenende haben bewaffnete und maskierte Männer eine Viertelmillion Euro erbeutet. Nicht zu fassen, wie dilettantisch sich die Gangster angestellt haben. Einer läuft ohne Sturmhaube direkt in eine Überwachungskamera. Ein Augenzeuge im Rollstuhl notiert sich das Kennzeichen des Fluchtfahrzeugs.
Da hatten die Täter, die '79 in die Spedition einbrachen, in der unser Vater arbeitete, schon mehr Glück. Die Beute: Lohngelder und Valutamittel. Verbrecherischer Diebstahl von Volkseigentum. Ein spektakuläres Ereignis für den Kreis, das schnell die Runde machte. Eine eigenartige Mischung aus Sensationsgier, Empörung und Bewunderung hatte die Menschen erfasst. Als wären sie zutiefst dankbar dafür, dass endlich etwas Verruchtes passierte, das sie aus ihrer Lethargie riss und die Fantasie beflügelte.

Meine Eltern hatten die Küchentür hinter sich geschlossen. Zum ersten Mal bedauerte ich, dass anstelle der Mauerdurchbrüche echte Türen vorhanden waren. Nun zog es zwar nicht mehr im Anbau, doch von den interessanten Unterhaltungen wurde ich ausgesperrt. Durch die Milchglasscheibe konnte ich die Schemen der beiden erkennen. Vater redete mit den Händen, ab und zu stand er auf, lief zwei, drei Schritte, setzte sich wieder.
Als ich die Küche betrat, hörte ich ihn gerade noch sagen: „… mein Bier auch Daheim trinken können. So eine verfluchte Scheiße.“
Er sah mich an, als hätte ich ihn bei etwas Verbotenem ertappt, und leckte an der Fingerspitze. Dann blätterte er weiter Scheine auf die Wachstuchdecke, einige Hunderter, stopfte den Packen in seine Zweitbrieftasche, die für die Kundengelder. Die Leute aus der Umgebung rannten uns die Bude ein. Er gefiel sich in der Rolle. Herbert Knaup, der Retter all der Vergessenen im Süden der Republik. Ein Robin Hood in der real existierenden Mangelwirtschaft, der in der Hauptstadt Konsumgüter beschaffte und mit dem betriebseigenen LKW beförderte.
„Man muss nur die richtigen Leute kennen“, sagte er immer. „Und gute Argumente haben.“ Dabei rieb er Daumen und Zeigefinger aneinander und lachte, sodass sein Goldzahn blitzte.
Ich überlegte, ob ich das Thema überhaupt anschneiden sollte. „Der Einbruch sorgt ja tüchtig für Wirbel. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was auf Arbeit und im Bus los war.“
Mutti murmelte: „Die übertrumpfen sich gegenseitig. Was der eine nicht weiß …“
Vater nickte abwesend und sagte wie zu sich selbst: „Tja, da ham se tatsächlich eingebrochen. Die verdammten Schweine.“
„Weiß man denn schon was Genaues?“, fragte ich und dachte sofort, dass ich keinen Deut besser war als all die übrigen Neugierdsnasen.
„Uns informiert man wohl?“ Vater lachte bitter. „Jeder Kollege soll vernommen werden. Die Kripo dreht jeden Stein um, das sag ich euch … bis sie was finden.“ Er knetete und rieb seine Hände, betrachtete sie, als wüsste er nicht, was er nun mit ihnen anfangen sollte. „Die Brüder haben sich ausgekannt. Wahrscheinlich Betriebsangehörige.“
Mutti war immer noch damit beschäftigt, Vaters Reiseproviant vorzubereiten. „Wo tu ich denn den Bohnensalat hin?“ Sie stellte die Frage so, als hinge von der Antwort der Weltfrieden ab.
Normalerweise würde Vater jetzt sagen: „Oh, jedes Böhnchen ein Tönchen“, und dazu meckern wie eine junge Ziege. „Lass dir was einfallen!“, war alles, was er brummte.
Dann stand er abrupt auf. Wir hörten ihn die Treppe hochpoltern und schauten uns verständnislos an.
Umgezogen, glatt rasiert und mit streng nach hinten gekämmten Haaren kam er zurück. Eine Rasierwasserwolke umgab ihn. Plötzlich hatte er es eilig. Er schnappte sich die Aktentasche aus speckigem Leder, mit der er immer aussah wie ein abgehalfterter Buchhalter.
„Na, dann. Bis Donnerstag.“ Vater stieg in seinen Jelcz, die Hauptstadt rief.

Mein Christophorus, der Schutzpatron der Autofahrer, ist ein blauer Affe aus Lapislazuli. Er schaukelt am Innenspiegel. Es ist der, der sich die Augen zuhält. Komischerweise werde ich das Gefühl nicht los, dass er mich beobachtet und sich über mich lustig macht. Ich gebe ihm einen Schubs und er taumelt betrunken um die eigene Achse.

Eine Woche später saßen wir um Omas Küchentisch. Sie hatte Kiefernscheite nachgelegt und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Die Herdplatte glühte und ich zog meine Strickjacke aus, weil die Hitze unerträglich wurde. So wie das Schweigen. Ich wollte schreien und wäre es nur, um überhaupt einen menschlichen Laut zu hören.
„Iss was!“, sagte Oma und deutet mit der Messerspitze auf die Büchse Leberwurst, die sie geöffnet hatte. „Von Schuberts, Hausschlachtung.“
In dem alten Steinkrug hatte sie ein Pilsner mit Zucker und Ei verquirlt und goss die bauchigen Senfgläser voll. Zum Glück schmeckte die trübe Brühe besser, als sie aussah. „Also noch immer nix?“, fragte Oma.
Mutti schüttelte den Kopf, ganz vorsichtig, als hätte sie Angst, ihre sortierten Gedanken könnten wieder durcheinandergeraten.
„Was der Kerl sich nur denkt?“, nuschelte Oma mit vollem Mund und schnitt sich noch ein Dreieck vom Leberwurstbrot ab. „Nach’m Westen abhaun, zuzutrauen wär‘s ihm ja.“
„Hör auf, Mutter!“, sagte Mutti leise. Nur die steile Falte zwischen den Augen verriet ihren Ärger. „Da muss etwas passiert sein, sonst wär er längst zurück.“
Es lief eine Fahndung nach unserem Vater. Gefahr der Republikflucht. Natürlich vermutete nicht nur die Kripo, sein Verschwinden könnte etwas mit dem Einbruch zu tun haben. Seit Tagen lebten wir in einer Blase, in der die einzige Gewissheit die Ungewissheit war. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem es keine Rolle spielte, welche Nachricht überbracht wurde, Hauptsache, es wurde überhaupt eine überbracht. Und ich schämte mich dafür.
Wir schauten uns erschrocken an, als es klingelte. Ich lief zur Haustür. Zwei fremde Männer standen vor mir. Gut gekleidet. Ernster Blick.
Mutti war mir gefolgt, schob mich sanft zur Seite. „Geh wieder rein!“
„Guten Abend. Frau Knaup?“, hörte ich einen der beiden in meinem Rücken sagen. „Wir müssen Ihnen …"
Ich lehnte mich von innen gegen die Küchentür. Meine Knie zitterten und ich fiel kopfüber in ein tiefes schwarzes Loch.

Die Abfahrt Coswig kommt näher. Sechs Buchstaben auf der Ankündigungstafel, die für einen atemlosen Moment sorgen. Wie jedes Mal, wenn ich diese Stelle passiere. Nie bin ich vorbereitet. Nie werde ich vorbereitet sein. Hier irgendwo in den Wäldern ist es geschehen. Die Bilder in meinem Kopf sind schlagartig da, lassen sich nicht vertreiben. Es nieselt. Novemberkälte. Stille im Wald. Nur ab und zu knackt ein Ast unter Vaters Sohlen, als er sich durch das Dickicht schiebt. Er kennt sich in der Gegend nicht aus. Er hat sich überhaupt nicht mehr ausgekannt. Und wir auch nicht.

Mutti verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie war nachmittags von einer Befragung oder Zeugenvernehmung, oder wie immer sie das nannten, nach Hause gekommen.
„Hier! Lies!“ Sie sah mich mit geröteten Augen an, schob das Stück Papier über den Tisch und putzte sich die Nase. Dann schaute sie aus dem Fenster in den regnerischen Tag, folgte den Spuren der Regentropfen, die über die Scheibe rannen, und schüttelte ununterbrochen den Kopf.
Wortlos nahm ich das Blatt, das aussah wie aus einem Schulheft gerissen. Der Abschiedsbrief. Eine Kopie. Das Original wurde sicherlich graphologisch bewertet. Für mich gab es keinen Zweifel, unverkennbar die Schönschrift unseres Vaters. Als hätte es noch eines allerletzten Beweises bedurft, dass er nicht zurückkommen würde.
Mein Herz hämmerte laut an den Brustkorb, als ich die Zeilen überflog. Ich las ein zweites Mal, konzentrierter, analytischer. Das waren also seine letzten Gedanken, sein letzter Wille. Wie hilflos muss er sich gefühlt haben, alleine in der Fahrerkabine, auf dem einsamen Parkplatz. Der Wortlaut gibt Rätsel auf, in den abgebrochenen Sätzen, zwischen den Zeilen steckt so viel Verzweiflung. Ich bin unschuldig … habe mit dem Einbruch nichts zu tun. Haltet zusammen … Verzeiht mir … will keine Verhöre auf mein Gewissen laden. Das sollte also die Erklärung dafür sein, dass er Mutti mit einem Berg Schulden und dem Nesthäkchen Sabrina sitzen ließ. Die geneigten Buchstaben wurden spitz und scharf wie Reißzähne, schnappten zu, bissen sich fest in meinem Verstand. Das war doch nicht der kampflustige Vater, wie ich ihn kannte, der Vater, der gerne mal aneckte, der lauthals hinausposaunte: „Alles Lumpen und Verbrecher.“ Hier schrieb doch ein erbärmlicher Feigling mit Muffensausen.
„Aber, wenn er unschuldig ist, wieso fürchtet er die Verhöre?“, fragte ich.
„Wer ist schon unschuldig?“, murmelte Mutti.
Mehr würde ich von ihr nicht erfahren.
Nach einer Weile zuckte sie mit den Schultern und sagte: „Nichts weiß ich, gar nichts.“

Willkommen im Freistaat Thüringen. Ich bin froh, als ich endlich am Kreuz Erfurt auf die A71 auffahre. Es ist mir die liebste, irgendwie wirkt sie so unberührt, wie frisch gewaschen. Die Gegend wird hügelig und bewaldet. Als ich die Scheibe herunterlasse, riecht der Fahrtwind nach Schnee und Heimat.
Das Schöne an Tunneln ist, dass sie irgendwann zu Ende sind. Doch der nächste liegt vor mir. Beinahe achttausend Meter Röhre. Ich drossle die Geschwindigkeit und starre auf die beiden Höhleneingänge, die wie die Augen eines lauernden Tieres zurückglotzen. Während ich in den Tunnel eintauche, glaube ich zu ersticken, lebendig begraben zu werden.

Sabrina und ich flankierten Mutti auf dem Weg zur Leichenhalle, in der der Verräter aufgebahrt lag. Kies knirschte unter unseren Sohlen.
„Wollt ihr ihn noch mal sehen, Abschied nehmen?“, fragte Mutti und sah durch Sabrina und mich hindurch.
„Nee, lieber nicht“, sagte Sabrina scheu.
Ich schüttelte den Kopf.
„Vielleicht besser so. Behaltet ihn so in Erinnerung …“
Nach der Obduktion hatte die Staatsanwaltschaft den Leichnam endlich frei gegeben, allerdings nur zur Erdbestattung. Angeblich konnte keine Fremdeinwirkung festgestellt werden. Doch Robert und Mutti klammerten sich an die Hoffnung, dass auch Gerichtsmediziner irren können.
Muttis Lippen zitterten, doch sie ging aufrecht die Stufen nach oben. Ich bewunderte ihre Stärke und fragte mich, wie sie es schaffte, nicht die Kontrolle zu verlieren.
Mir hatte sie zwei Faustan verabreicht. Der Schmerz verlor für kurze Zeit seine scharfen Kanten. Und so stand ich aufrecht wie ein Soldat vor dem Kiefernsarg und schaute mit trockenen, brennenden Augen in die Gesichter, bis sie zu einer bleichen Masse verschwammen.
Der Trauerredner sprach über den Mann im Sarg, als hätte er ihn zu Lebzeiten persönlich gekannt. Er pries seine Vorzüge: ein hilfsbereiter Kollege, ein fürsorglicher Familienvater. Kein Wort über Feigheit oder Schuld, kein Wort über den Strick um seinen Hals.

Suhl ist mir fremd, so als wäre ich noch nie hier gewesen. Es hat sich einiges verändert in den letzten zwei Jahrzehnten. Wenn ich das Navi nicht hätte, wäre ich verloren. Eingepfercht in den engen Talkessel wirkt die Stadt, als wolle sie ausbrechen aus dem Korsett. Heute sind es Discounter, die eine Nummer zu groß wirken, damals sozialistische Vorzeigebauten, eifrig aus dem Boden gestampft. Selbstüberschätzung im Großen wie im Kleinen.
Das Trauma meiner Jugend hat mich gerade eingeholt. Ich stehe inmitten des Chaos und schmecke den Mörtelstaub auf der Zunge. Vater hat große Pläne mit dem Elternhaus von Mutti. Anbauen. Modernisieren. Wir hausen zu fünft in einer provisorischen Küche und zugigen Schlafzimmern. Auf den Möbeln liegt eine permanente Staubschicht. Es geht nicht vorwärts, irgendetwas fehlt immer: Estrich, Fliesen, Türen, Fenster, Geld. Beinahe nicht vorstellbar, denn wenn jemand in der Lage ist, das Notwendige zu organisieren, dann unser Vater mit seiner florierenden Ich-AG, am Rande der Legalität. Mein Mund ist trocken und ich nehme die Flasche vom Beifahrersitz. Das Wasser schmeckt nach Zement.
Sie haben Ihr Ziel erreicht, verkündet das Navi erneut, als ich in der Parkbucht zum Stehen komme. Eine halbe Stunde zu früh. Um den Kopfschmerz zu lindern, massiere ich die Schläfen. Es hat zu schneien begonnen, keine Seltenheit für Anfang März in dieser Höhe. Pulverschnee legt sich auf die Frontscheibe, sodass die Umrisse des nüchternen, einfallslosen Sechzigerjahrebaus verwischen. Das perfekte Gebäude für die Aufbewahrung von brisantem Material. Zweckdienlich, klinisch kalt.

Und mit einem Mal sitze ich wieder im Wartburg, der auf dem kleinen Platz zwischen dem Gemüseladen und der Mohren-Apotheke steht. Wie jeden Freitag hole ich Mutti von der Arbeit ab, um gemeinsam zum Wochenendeinkauf zu fahren. Allmählich kriecht mir die Kälte in die Knochen. Gerade als ich nachschauen will, wo sie bleibt, öffnet sie die Wagentür.
„Musstest lange warten, heute, was?“, sagt sie abgehetzt, als hätte sie einen Hundert-Meter-Lauf hinter sich, doch sie lächelt. Die Windschutzscheibe ist von der Atemluft beschlagen, mit der bloßen Hand wischt Mutti über das Glas und schaut hinaus. Ich reiche ihr einen Baumwolllappen.
„Siehst du? Da drüben, den hellen Wartburg?“ Mutti macht eine Bewegung mit dem Kopf.
Gegenüber entlang des Bürgersteigs parkt eine Reihe Autos, nichts Ungewöhnliches.
„Na und“, sage ich, „wer soll das sein?“
„Na, wer wohl? Meine Schutzengel.“
„Die Kripo?“
„Nicht direkt“, sagt Mutti.
Es dauerte eine Weile, bis der Groschen bei mir fällt. „Die Stasi? Was wollen die denn von dir?“ Mir wurde heiß und ich trommelte ungeduldig mit den Fingern aufs Lenkrad. „Und das erwähnst du mal so ganz nebenbei?“
Mutti lässt sich mit der Antwort Zeit. „Ich soll darüber nicht sprechen. Außerdem sag ich’s dir ja gerade.“
„Die denken tatsächlich immer noch, wir haben das Geld.“ Mein Lachen hörte sich an wie das Schnauben einer aufgeregten Stute.
„Die stecken fest“, sagt sie hilflos, als wäre es ihr Mitverschulden, und sie wirkt, als würde sie zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben.
„Acht Jahre“, sage ich, „acht Jahre fischen die schon im Trüben. Und den Pappnasen fällt nix Besseres ein, als wehrlosen Witwen aufzulauern.“
„Die kommen aus Suhl“, erzählt Mutti ruhig weiter, als wäre das ein Grund, der die Observation rechtfertigen würde. „Manchmal fahren sie einfach im Schritttempo neben mir her, manchmal, wenn sie noch Fragen haben, bringen sie mich auch zum Bahnhof.“
„Das glaub ich jetzt nicht.“ Ich schüttle den Kopf. Das Gespräch erscheint mir unwirklich, fast wie ein böser Traum. Ich bin nicht sicher, was mich mehr aufbringt, Muttis Gleichmut oder die allgegenwärtige Präsenz und die unverhohlene Drohung: Irgendwann kriegen wir euch!

Es klopft an die Seitenscheibe und ich schrecke aus meinen Gedanken hoch. Sabrina steht neben dem Fahrzeug, ganz in Pudertönen. Die blonde Kurzhaarfrisur frech gestylt. Sie ist das junge, helle Pendant zu mir. An mir ist alles dunkel. Siehst gut aus, kleine Schwester, denke ich zärtlich. Während ich aussteige, merke ich, wie verspannt meine Arme und Beine sind.
„Wie war die Fahrt?“, fragt Sabrina. Sie hält einen Schirm über mich. Bei unserer Umarmung ist er im Wege. Wir lachen.
„Ganz okay.“
„Meine auch.“
Sie hakt sich bei mir unter und sagt unvermittelt: „Erzähl mir was von Papa!“
Damit habe ich nicht gerechnet und ich suche den Boden ab, als könnte ich die Antwort zwischen den Schneekristallen finden.
„Mm, er war … er war unglaublich. Von einer Sekunde zur anderen konnte seine Stimmung ins Gegenteil umschlagen. Na ja, ein Choleriker halt. Er hat mir den vollen Suppenteller aufgesetzt, als ich mich geweigert habe, die eklige Kartoffelsuppe zu essen. Da war ich vier oder fünf.“
„Wusst ich’s doch. Dass du die Nummer bringst“, sagt sie und grinst mich an. „So, und jetzt was Schönes!“
Ich muss lächeln. „Gut. Kennste die?“, sage ich und stupse sie am Oberarm. „Als ich vierzehn war, und Robert elf …“
„Logisch war er elf“, unterbricht sie mich.
„Ja, also, … Robert elf, da fanden wir auf dem Dachboden ein Versteck. Stangenweise Ernte 23 und Marlboro, kartonweise Dujardin und Jägermeister. Namen, die wir damals nur aus der Fernsehwerbung kannten, aber nicht von den Tausend Tele-Tips.“
„Westware“, sagt Sabrina.
„Klar. Robert behauptet, aus ‘nem Intershop an der Autobahn. Auf jeden Fall hat Robert sich reichlich bedient und mit seinen Freunden geteilt. Die haben gequalmt wie die Stadtsoldaten. Glaub es oder nicht! Zu meiner Jugendweihe standen dann Schnaps und Zigaretten in rauen Mengen auf den Tischen, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt.“
„Heiße Ware, ganz schön riskant“, sagt Sabrina.
„Denke schon. Vielleicht brauchte Vater den Nervenkitzel. Wird seine stille, private Rebellion gegen das System gewesen sein, wollte es schädigen. Was weiß ich.“
„Idiotisch. Und dann hat er Schiss vor den Verhören?“
„Ja, der Rebell tritt die Flucht an, bringt seine Familie in Teufels Küche“, sage ich und der Zorn grummelt wieder in meinen Eingeweiden.
„Na, dann komm! Es wird Zeit. Vielleicht finden wir ein paar Hinweise.“
Sie schließt den Schirm, schüttelt den Schnee ab, während ich die Pendeltür festhalte. Vielleicht bekommen wir eine Ahnung, wer der Mann war, den wir Vater nennen.
Sabrina schaut mich eindringlich an, legt ihre Hand auf meinen Arm. „Bereit?“, fragt sie.

Bilder tauchen auf, schieben sich vor das Gebirge meiner Wut. Wir umringen stumm das offene Grab. Robert balanciert eine Schubkarre voll Mörtel über die wackelige Bohle, strauchelt kurz. Vater lacht, sein Goldzahn blitzt in der Sonne. „Los weiter! Keine Schwachheiten spüren lassen, Großer!“ Wir wandern durch den Wald. Vater hat einen Arm um Muttis Schulter gelegt, mit der anderen Hand schlenkert er einen Dederonbeutel, in dem Sabrinas Töpfchen steckt. Wir schreien die Bäume an: „Wie heißt der Bürgermeister von Wesel?“ Sabrina plappert alles nach. Robert und ich dürfen auf der Pritsche des LKW mitfahren, obwohl das verboten ist. Doch darum schert sich Vater einen feuchten Kehricht. Wir schieben die Plane zur Seite, stecken unsere Köpfe nach draußen und winken, wenn wir einen Passanten sehen. Ich spaziere zwischen meinen Eltern, sie halten meine Hände. „Flieg, Engelchen flieg“, ruft Papa vergnügt. Ich jauchze, mir wachsen Flügel und schon schwebe ich durch die Luft.

Ich schließe die Augen. Ich bin bereit.

 
Verwendete Wörter
Kopfüber, Zeuge, Rollstuhl, Lapislazuli, Flügel

Während ich in den Tunnel eintauche, glaube ich zu ersticken, lebendig begraben zu werden.

»Wie poltert es! – Abscheuliches Geroll
Von Schutt und Erde, modernden Gebeinen!
Ich kann nicht lachen und kann auch nicht weinen,
Doch nimmt's mich wunder, wie das enden soll!

Die Menschen sind ein lügnerisch Geschlecht
Und haben in das Grab hineingelogen,
Den ernsten Moder schnöd' mit mir betrogen –
Weh, daß die Lüge an sich selbst sich rächt!

Die Lügner gehn von hinnen ungestraft,
Ach, aber ich, die Lüge, muß bekleiben,
Daß sich der Tod ergrimmt an mir kann reiben,
In Tropfen trinkend meines Lebens Kraft!
...«
aus: Gottfried Keller »Lebendig begraben« I,​


Meine Eltern hatten die Küchentür hinter sich geschlossen. Zum ersten Mal bedauerte ich, dass anstelle der Mauerdurchbrüche echte Türen vorhanden waren. Nun zog es zwar nicht mehr im Anbau, doch von den interessanten Unterhaltungen wurde ich ausgesperrt.

Jeder wüsste gerne, was hier und dort so vor sich geht, von wem über was gesprochen wird und lauscht – selbst ich hab mich schon dabei erwischt, aber über die politisch gewollte Systematik hab ich insbesondere durch Wolf Biermanns Autobiographie »Warte nicht auf bessre Zeiten!«, erfahren und „Neugierdsnasen“ sind wir alle, selbst wenn wir es ganz gut tarnen können – insofern ist Deine gelungene Geschichte eine besondere und „abenTeuerliche“ Ergänzung, wenn ich das mal so sagen darf,

liebe peregrina,

da verkrafte ich sogar die Markennamen Peugeot, Ernte 23 und Marlboro – letzteres die vermeintliche Freiheit des Cowboys verherrlichend, tatsächlich aber Hilfs- und Zeitarbeiter, welche die großen Herden der Landbarone zusammenhielten und Richtung Chicago trieben und deren Job endete, wenn das Vieh in den Schlachthöfen Chicagos verarbeitet wurde.

Bissken Flusenlese – Stand Sonntag, 19:01 MEZ

Beides kann ich gebrauchen, doch ich könnte nicht definieren, was Erfolg in meinem Falle bedeutet.

Warum zwomal „können“, wenn auch das zweite als Konjunktiv getarnt, als wäre das Modalverb in seiner binären Wertigkeit – man kann etwas oder eben nicht (selbst wenn es immerhin „halb“ gelingt)

Eingepfercht in den engen Talkessel wirkt die Stadt, als wolle sie ausbrechen aus dem engen Korsett.
Wie realistisch ist eine als-ob-Situation? Nicht die Bohne! Also Konjunktiv irrealis „als wollte sie ...“

Bisher hatte sie still dabei gesessen.
„dabeisitzen“ ein Wort

Er sah mich an, als hätte ich ihn bei etwas Verbotenem ertapptKOMMA und leckte an der Fingerspitze
das „und“ setzt den Hauptsatz „er sah …“ fort und der Nebensatz „als hätte …“ ist zu Ende

Ich wollte schreien, und wäre es nur, um überhaupt einen menschlichen Laut zu hören.
Warum das Komma? Das „und“ vertritt es an sich vorzüglich, selbst wenn der kojunktiefe Teil durch das neutrale „es“ als Satzsubjekt zum Hauptsatz mutiert ...

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hey @peregrina ,

als all die übrigen Neugierdsnasen
Da stimmt doch was nicht...

Normalerweise würde Vater jetzt sagen:
Müsste das nicht "hätte Vater jetzt gesagt" heißen, ist ja eine Rückblende.

„Wir müssen Ihnen …
Anführungszeichen fehlen..

Die geneigten Buchstaben wurden spitz und scharf wie Reißzähne, schnappten zu, bissen sich fest in meinem Verstand.
Gefällt mir.

Der Schmerz verlor für kurze Zeit seine scharfen Kanten.
Schön!

Eingepfercht in den engen Talkessel wirkt die Stadt, als wolle sie ausbrechen aus dem engen Korsett.
Ich würde das zweite streichen.

Mein Mund ist trocken und ich nehme die Flasche vom Beifahrersitz. Das Wasser schmeckt nach Zement.
Schön, wie die Gedanken sich in die "Realität" schleichen.

Sie haben ihr Ziel erreicht,
Ihr

„Na, dann Komm!
Komm groß?

Hat mir gut gefallen, die Geschichte. Das Ende auch. Ich mag deinen entspannten Stil, die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit hast du gut hinbekommen. Erst hatte ich Angst, dass es eine Geschichte über den Schmuggel zwischen Ost und West ist, aber dann ist es komplexer geworden. Sehr menschlich und subtil eindrücklich, immer wieder spannend und gleichzeitig schockierend, was in der DDR so abging.

Viele Grüße,
rainsen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @MRG,

nun wird es aber Zeit, dass ich in die Puschen komme. Ich wusste gar nicht, was ich antworten sollte angesichts der vielen Worte des Lobes. Auf jeden Fall erst mal danke fürs Lesen und den sehr ausführlichen Leseeindruck.

bin beeindruckt von deiner Geschichte. Die gehört jedenfalls zu meinen Favoriten. Ich bin darin versunken, war von deiner sprachlichen Präzision begeistert und auch das offene Ende fand ich passend.
Huch, danke für die Anerkennung. Du bringst es auf den Punkt: Ich versuche tatsächlich, präzise zu formulieren. Wie du unschwer an meinem kleinen Exkurs in deine Winterreise erkennen kannst. Zeit nehmen, kräftige Verben einsetzen, immer nach dem besten Ausdruck suchen. Ich denke aber, dass ich nun an einem Punkt angekommen bin, an dem ich den Prozess umkehren will. Nicht mehr so geschniegelt und gebügelt, sondern verrückt und wild und unkonventionell schreiben. Jetzt muss mir nur noch jemand verraten, wie ich aus meiner Haut schlüpfen kann. :lol:
Und dass du mit diesem offenen Ende klar kommst, freut mich noch mal besonders.
Das ist ein Problemchen, an dem sich die Geister scheiden.

Besonders gut fand ich die Atmosphäre, die du aus der Autofahrt und den Erinnerungen gebastelt hast. Ich hatte fast selbst das Gefühl, im Auto zu sitzen und die Gedanken bzw. Erinnerungen an mir vorbeifliegen zu sehen. Wahnsinn, wie gut auch deine Beschreibungen sind, das war ein Lesevergnügen. Ich habe auch ehrlich gesagt keine Verbesserungsvorschläge, bis auf eine Minikleinigkeit. Das kam mir alles sehr vollendet und durchdacht vor.
Na ja, ohne das kriegerische Volk wäre ich sicher nicht da, wo du mich siehst.

„Was willst‘n finden, Schwesterchen, wenn der Fall nie aufgeklärt wurde.“
Ich finde es gelungen, wie du immer mal wieder etwas in den Dialogen fallen lässt. In diesem Fall hat das für mich betont, dass da noch etwas nicht geklärt ist, das hat auch mich mysteriös gewirkt und zu meinem Spannungserleben beigetragen.
Ja, da hab ich versucht, die Informationen, wie Zweck der Reise und worum es überhaupt geht, nur scheibchenweise an den Leser weiterzureichen. Klassische Vorgehensweise.
Scheint funktioniert zu haben.

Ich mag dieses Fließende ihrer Gedanken, habe ich gerne gelesen und ganz wie nebenbei hast du auch den Rollstuhl eingebaut.
Und den Zeugen reingesetzt. :D

Die Leute aus der Umgebung rannten uns die Bude ein. Er gefiel sich in der Rolle. Herbert Knaup, der Retter all der Vergessenen im Süden der Republik. Ein Robin Hood in der real existierenden Mangelwirtschaft, der in der Hauptstadt Konsumgüter beschaffte und mit dem betriebseigenen LKW beförderte.
Die Charakterisierung des Vaters ist dir gelungen, ich finde das sehr stimmig und besonders gut fand ich auch später die Beschreibung, dass er wie ein abgehalfterter Buchhalter aussah.
Das ist natürlich eine Wertung der Erzählerin. Könnte aber auch eine Andeutung sein, dass sein Ende naht.

„Weiß man denn schon was Genaues?“, fragte ich und dachte sofort, dass ich keinen Deut besser war als all die übrigen Neugierdsnasen.
Deine Protagonistin hat etwas Hartes an sich, sie geht hart mit sich und der Welt ins Gericht. So habe ich das verstanden.
Ja, könnte man so lesen. Sie ist schon sehr kritisch, sich selber gegenüber, aber auch was die Geschäftemacherei des Vaters anbelangt. Nach dem Suizid zeigt sich, dass sie auch schwer vergeben kann.

Eine sehr starke Stelle, finde das Wort "Lapislazuli" auch bemerkenswert natürlich eingebaut. Denke das liegt daran, dass der Fokus nicht auf dem Stein an sich liegt, sondern eben auf dem Schutzpatron der Autofahrer.
So im Nachhinein denke ich, dass es besser gewesen wäre, ich hätte wenigstens einen Begriff der Vorgaben als zentrales Element gewählt und die Geschichte drumrumgebastelt. So wie du beispielsweise deine KG um den Rollstuhl.

Nach’m Westen abhaun, zuzutrauen wär‘s ihm ja.“
Das steht im Raum, das ist die Anklage gegen den Vater, wenn ich das richtig herauslese.
Unter anderem. Er ist verschwunden, da ist Republikflucht die naheliegende Vermutung. Nach dem Suizid mutmaßen dann alle, dass er in den Einbruch verwickelt war. Und dann beginnen die Ermittlungen in diese Richtung.

Es lief eine Fahndung nach unserem Vater. Gefahr der Republikflucht. Natürlich vermutete nicht nur die Kripo, sein Verschwinden könnte etwas mit dem Einbruch zu tun haben.
Hier greifst du dann wieder die aktive Kripo auf, ja ich kann das als Leser total gut nehmen und ich finde das plausibel. Generell hatte ich das Gefühl, dass du dir sehr sicher bist, was das Erzählen deiner Geschichte angeht.
Ja, ich recherchiere gründlich und achte darauf, dass ich mir selber kein Bein stelle, indem mein Plot nicht wasserdicht ist beispielsweise. Aber ganz ohne Wasserschaden geht es nie ab.

Die Abfahrt Coswig kommt näher. Sechs Buchstaben auf der Ankündigungstafel, die für einen atemlosen Moment sorgen. Wie jedes Mal, wenn ich diese Stelle passiere. Nie bin ich vorbereitet. Nie werde ich vorbereitet sein.
Unglaublich, würde auch gerne so schreiben können. Ich habe das richtig genossen, hatte auch einen atemlosen Moment wegen deiner Verwendung der Sprache.
Jetzt hör aber auf! Deine Schreibe wirkt doch auch sicher. Und du bist noch so jung, dir stehen doch alle Türen offen. Einfach dranbleiben, am Schreiben.
Die Betonung liegt auf angeblich, sie wollen es nicht wahrhaben, es nicht akzeptieren. Das macht auch die Spannung in deinem Text aus und dass du es am Ende nicht einfach auflöst finde ich stark. Habe von Malcolm Gladwell gehört, dass die Geschichten, die uns am meisten beschäftigen, zumeist nicht aufgelöst werden. Ich finde, dass deine Geschichte in diese Kategorie gehört, ohne dass ich mich als Leser betrogen gefühlt habe.
Deine Aussage finde ich total spannend. Das kannte ich so nicht. Wer möchte nicht, dass seine Geschichte in Erinnerung bleibt? Aber aus diesem Grund habe ich mich natürlich nicht für dieses Ende entschieden. Es passt einfach zu dem Versuch der Familie, über die Stasi-Akten an neue Infos zu kommen. Denn die Chancen stehen, denke ich, nicht so gut.
Wenn wir nur Geschichten vorgesetzt bekämen, die keine Auflösung bieten, wo wir doch danach lechzen, also wenn das zur Regel werden würde, da würde ich mir das Lesen abgewöhnen.
Es hat zu schneien begonnen, keine Seltenheit für Anfang März in dieser Höhe. Pulverschnee legt sich auf die Frontscheibe, sodass die Umrisse des nüchternen, einfallslosen Sechzigerjahrebaus verwischen. Das perfekte Gebäude für die Aufbewahrung von brisantem Material. Zweckdienlich, klinisch kalt.
Das meinte ich oben mit den Beschreibungen. Du hast da bei mir einen Nerv getroffen, ich lese das einfach gerne, fühle mich richtig gut abgeholt und habe fasziniert in meinen Laptop geschaut bei deiner Geschichte.
Hat sicher was mit gleicher Wellenlänge zu tun, mit Vorlieben, Geschmack und und und.

Sie hakt sich bei mir unter und sagt unvermittelt: „Erzähl mir was von Papa!“
Mit der Frage habe ich nicht gerechnet
Hier wie oben angekündigt die Kleinigkeit: Wenn ich es richtig sehe ist es eine Aufforderung und keine Frage, oder? Da bin ich ganz kurz gestolpert.
Mit Recht, mit Recht gestolpert! Sehr gut beobachtet!
Ursprünglich fragt Sabrina ihre ältere Schwester: „Wie war unser Vater eigentlich so als Mensch? Ich kann mich kaum erinnern.“ Und da ist mir aufgefallen, dass die Geschwister am Anfang der Geschichte zur Geburtstagsfeier exzessiv über den Vater diskutieren und ich fand die Frage deppert. Die Frage wurde zur Aufforderung und im Nachsatz hab ich‘s verpennt zu ändern. Mach ich bald. Dankeschön!

Ja, mein Kommentar ist nicht optimal, was Verbesserungsvorschläge angeht. Liegt einfach daran, dass ich es für eine fein ausgearbeitete Geschichte auf einem hohen sprachlichen Niveau halte. Mich hast du abgeholt.
Das freut mich natürlich. Mittlerweile hab ich mich an die Komplimente gewöhnt. Von mir aus kann das immer so weitergehen.

Vielen Dank für deinen ausführlichen Komm, die Fehlersuche und die Wertschätzung, die du meiner KG entgegenbringst.

Liebe Grüße

peregrina

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Lieber @Isegrims,

danke für deinen Besuch, ich hab mich mächtig gefreut, und möchte an dieser Stelle gerne loswerden, dass ich es großartig finde, mit welcher Leidenschaft und Konsequenz, hier die Challengebeiträge besprochen werden. Du marschierst auch in vorderster Front, ich hinke hinterher.

Die einzige Geschichte der Challenge, die ich noch nicht gelesen hatte. Hat sich gelohnt zu warten bis zum Schluss. Da schwingt eine Menge mit, die Verwundungen einer ganzen Generation. Ein wirklich relevanter Text, dankeschön, der zudem sprachlich und dramaturgisch ausgezeichnet umgesetzt wurde.
Danke für die Blumen!
Zwei Punkte möchte ich dir mitgeben.
Der Text baut eine Menge Spannung auf. Ich Leser möchte gerne wenigstens ein Teil der Wahrheit über den Vater kennenlernen, ach was, möglichst alles, besonders das, was sich aus den Stasiakten ergibt, aber nichts kommt, die Geschichte endet im Vagen, was ich enttäuschend finde, auch etwas mutlos.
Was die Kritik zum offenen Ende betrifft, stehst du ja nicht alleine. Ich verstehe natürlich deine Bedenken und den Wunsch nach Auflösung. Zu einer deiner Geschichten hatte ich dir vor Jahren etwas Ähnliches Geschrieben (der Prota kehrt an den Ort seiner Kindheit zurück, Blumen, Großvater), da fand ich das auch so enttäuschend. Und ich hatte dir auch geschrieben, dass ich solche Lösungen im Roman entsetzlich unfair, fast als Verarsche empfinde.

Ich habe meine Entscheidung für genau dieses Ende bisher mehrmals versucht zu begründen. Hier mal eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ausreden: :Pfeif:

An Lakita gerichtet:
Auch wenn mir bewusst war, was ich damit anrichten kann, hab ich mich für diese Schlussvariante entschieden. Sie passt einfach zur Thematik Erkenntnisgewinnung durch Akteneinsicht.
Es gibt eine Fassung, da finden die Schwestern einen Hinweis in den Unterlagen. Der löst den Fall natürlich nicht gänzlich, aber die beiden sind beruhigter. Dieser Schluss war so abartig märchenhaft. An anderer Stelle hab ich geäußert, es fühlte sich für mich an, als ob ich Zuckerguss über einen Misthaufen gießen würde. Ich wollte mich einfach nicht verbiegen, nur um die Leseerwartung zu erfüllen.

Und für Linktofink:
Einerseits ist die Reise in der Gegenwart das Vehikel, das die Geschehnisse von damals zum Leser transportieren soll.
Andererseits ist aber dieser Weg dennoch nicht ohne Bedeutung für die Erzählerin. Ich hatte gehofft, dass der Leser erkennt und akzeptiert, dass in ihr ein Prozess angestoßen ist, der zumindest dazu führt, dass sie ihre Haltung zum Suizid des Vaters überdenkt.

Der Plot der KG lehnt sich an den Suche-Plot an, natürlich nicht hundert Prozent, denn meine Prota muss bis Suhl keine Hindernisse überwinden, um eine Entwicklung zu durchlaufen. Aber bei diesem Plot ist es nun mal nicht selbstverständlich, dass die HF das Objekt der Begierde findet, in dem Falle konkrete Hinweise. Die Suche kann auch ergebnislos enden bzw. die HF findet etwas Unerwartetes. Hier lernt die HF etwas über sich: Sie erkennt, dass sie ihre Verbitterung ablegen muss. Ich dachte, ich hätte diese Botschaft ganz dezent, so mehr hinter den Zeilen, einflechten können.

Dann das mit den Zeiten, dieser Wechsel aus Präsens und Präteritum. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um damit zurechtzukommen, zumal du auch noch historisches Präsens benutzt. Über eine längere Strecke sind die von dir gewählten Lösungen gut, aber im Rahmen einer Kurzgeschichte könnte man zumindest darüber nachdenken, ob es Alternativen gibt.
Ja, ja, das Spiel mit den Zeiten. In der KG wird wieder mal klar, dass ich es mag.
Experimentieren würde ich es nicht nennen, aber zocken schon. Bei der Koffer-Challenge hast du mir ja schon zum vorsichtigeren Umgang geraten. Das wundert mich, weil du doch selbst gerne etwas wagst, experimentelle und avantgardistische Texte verfasst.
Ich schau mir das noch mal an. Könnte mir vorstellen, dass beim ersten Sprung in die Vergangenheit deutlicher werden muss, wo und wann die Handlung angesiedelt ist. Möglich, dass das eine entscheidende Stelle ist, an der der Leser sich bisher nicht echt abgeholt fühlt.

„Nicht dein Ernst? Horch und Guck?“, fragte Robert dann.
„Warum nicht?“, sagte sie ruhig. „Ich denke, wir brauchen Klarheit.“
Horch und guck, ist das ein spezieller Ausdruck?
Dachte, das wäre geläufig. So wurde die Stasi im Volksmund genannt, ja. U.a. sicher, um ihr den Schrecken zu nehmen.

na ja, das hätte auch einer fotografieren können, der nicht im Rollstuhl sitzt
Absolut! Ist ein bisschen Drückebergerei dabei. Ich wollte erst die Oma bei der Trauerfeier in den Rollstuhl setzen. Aber was hätte das der Geschichte gebracht?

auch der Lapislazuli ist eher ein Zufallsprodukt
Nee, volle Absicht. Aber natürlich weiß ich, was du mir sagen willst: Die Begriffe wahllos im Text verstreut, anstatt wenigstens einen davon ins Zentrum zu stellen, um den sich die Geschichte dann winden kann. Asche auf mein Haupt.

In dem alten Steinkrug hatte sie ein Pilsner mit Zucker und Ei verquirlt und goss die bauchigen Senfgläser voll. Zum Glück schmeckte die trübe Brühe besser, als sie aussah.
wow, muss ich probieren, für solche Rezepte bin ich immer empfänglich
Mach das! Ersetzt garantiert eine vollwertige Mahlzeit.
ch bin unschuldig … habe mit dem Einbruch nichts zu tun. Haltet zusammen … Verzeiht mir … will keine Verhöre auf mein Gewissen laden. Das sollte also die Erklärung dafür sein, dass er Mutti mit einem Berg Schulden und dem Nesthäkchen Sabrina sitzen ließ. Die geneigten Buchstaben wurden spitz und scharf wie Reißzähne, schnappten zu, bissen sich fest in meinem Verstand.
feiner Vergleich
Zuerst hatte ich bissen sich fest in meinem Fleisch stehen. Kiroly meinte, es sei kein körperlicher Schmerz, doch eher der Verstand, der angefressen wird.

„Aber, wenn er unschuldig ist, wieso fürchtet er die Verhöre?“, fragte ich.
„Wer ist schon unschuldig?“, murmelte Mutti.
bisschen erwartbar, diese Antwort
Interessant, dass du die Antwort als erwartbar empfindest. Ich dachte, das wäre besonders rätselhaft. :confused:

Als ich die Scheibe herunterlasse, riecht der Fahrtwind nach Schnee und Heimat.
Das Schöne an Tunneln ist, dass sie irgendwann zu Ende sind.
während das frisch klingt
Hehe, frisch, weil am Ende des Tunnels Frischluft wartet.

Ich spaziere zwischen meinen Eltern, sie halten meine Hände. „Flieg, Engelchen flieg“, ruft Papa vergnügt. Ich jauchze, mir wachsen Flügel und schon schwebe ich durch die Luft.
Engelchen Flieg, wer mochte das nicht, eine schöne Erinnerung!
Kennen wir alle, Abheben ist herrlich.


Dankeschön für deine Gedanken und wertvollen Impulse.
Ein sturmfreies Wochenende und liebe Grüße von
peregrina

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Hi @peregrina, ich nochmal.
Du gibst wohl nie auf, lieber @linktofink ?
Na ja, wenn‘s anders wäre, stündest du nicht da, wo du heute rangierst. :bounce:
Und außerdem ist es total schön, dass du dich so engagierst, um meiner Geschichte noch den richtigen Schwung zu geben.

Was ich meinte, war das Ganze komplett ohne Rahmenhandlung spielen zu lassen, also auch ohne Kripo-Ermittler. Aber ich sehe ein, das wäre eine ganze andere Geschichte, kein Suche-Plot sondern das Erleben einer Ausnahmesituation und die Auswirkungen des unerklärlichen Verschwindens des Vaters auf die Familie.
Gut, da sind wir uns einig, das wäre eine andere Geschichte.

Aber bitte nicht vergessen, dass die Rahmenhandlung bzw. das ständige Springen in die Vergangenheit auch den Zweck erfüllt zu zeigen, dass so ein Ereignis noch Jahrzehnte später nachwirken kann.

Ich würde ihn auch verschwunden sein lassen, gar nicht aufklären, dass er sich erhängt hat.
Oh, oh, Vorsicht! Das offene Ende könnte eine gewisse Unzufriedenheit beim verehrten Leser erzeugen.

Das Auseinanderfallen der Familie durch zermürbende Spekulationen, Anfeindungen der Nachbarn, Observation durch die Stasi, usw. könntest Du dann mMn viel unmittelbarer zeigen (und wirklich zeigen) als retrospektiv und mit großem Abstand erinnert, weißt?
Natürlich in dieser Konstruktion ginge es dann in erster Linie um den Prozess, wie die Familie zerfällt, wie sich jedes Familienmitglied in seinen eigenen Schmerz vergräbt, anstatt zusammenzurücken und sich auf die Stärke der Familie zu besinnen.

Klar, nach dem "So, und jetzt was Schönes!" kommen auch einige nette Erinnerungen. Dass dadurch eine Versöhnung eingeleitet wird, ein Erkenntnisgewinn folgt, hab ich leider nicht rausgelesen, mir persönlich war das zu dezent. Da wäre für mich ein anderes Instrument sehr viel dienlicher, wie z.B. wenn die Mutter ihr einen neuen Fakt auftischt, etwas enorm Positives über den Vater, was die Prota noch nicht wusste, eine Art Geheimnis. Und dieses Geheimnis hat die Mutter ihr damals nicht offenbart, weil es sie selbst in ein schlechtes Licht rückt. Aber jetzt nach dreißig Jahren, wo sie sieht, dass die Familie wegen der Vergangenheit auseinanderdriftet, legt sie die Karten auf den Tisch, um den Riss zu heilen.
In den Jahren meiner WK-Mitgliedschaft übe ich konsequent, um nicht verbiestert zu sagen, wie krieg ich unterschwellige Botschaften zum Leser, ohne sie auszusprechen.
Okay, war dann wohl etwas zu unterschwellig.
Du hast wirklich super Ideen, ich bin dir unendlich dankbar, da wäre ich echt nicht draufgekommen. Ein Familiengeheimnis, positiv besetzt. Cool!
Da muss ich aber aufpassen, dass die Mutti nicht gleich zu Beginn der Geschichte, nämlich bei der Geburtstagsfeier, sich verplaudert, da wäre die KG grade mal eine Seite lang. Vorstellen des Konflikts und Auflösung desselben im ersten Akt. :read:
Nur mal so, um dich weiter zu quälen. :D Peace, l2f
Du quälst mich nicht, du regst meine grauen Zellen zum Widerspruch an. Alles prima!
Herzlichen Dank!

Auch für dich ein harmonisches Wochenende und ein lieber Gruß
peregrina

 

Liebe @Silvita,

nochmals heißen Dank für deinen Besuch. Du merkst schon, dass ich dir mit deinen Sieben-Meilen-Stiefeln kaum hinterherkomme.

Wobei ich denke, man entwickelt sich automatisch weiter. Manchmal ganz unbewusst. Wenn ich mir heute Texte anschaue, die ich vor zwei Jahren geschrieben hab, muss ich echt schmunzeln :D
Das kenne ich natürlich auch. In älteren Texten versammeln sich all die interessanten Baustellen, um die man tunlichst einen großen Bogen machen sollte. Ich denke, das auffälligste Merkmal von Anfängertexten sind die Adjektivlastigkeit und die Verwendung von Phrasen. Und der Drang des Autors, unbedingt „literarisch“ wertvoll zu formulieren, ist natürlich nicht zu übersehen.

Schwierig, schwierig! Ich hab's mal probiert, aber der KG fehlte total Spannung. Da braucht man Raffinesse und Fantasie, um den Plot zu entwerfen, womöglich spezielle Kenntnisse der Kriminalistik.
Oja. Grad das Plotten ist echt schwer. Ich versuche seit Jahren nen Krimi / Thriller (als Roman, nicht KG) zu schreiben, und scheitere immer am PLOT.
Ach, sag? Das Vorhaben ist ja spannend.
Hab jetzt fix mal nachgesehen, du hast deinen Roman hier eingestellt. Clevere Entscheidung. Da wünsche ich dir Kreativität bei der Umsetzung und das Wichtigste überhaupt: Durchhaltevermögen.

Kicher :) Schön, dass es mit dem Freuen klappt. Wer weiß ... Vielleicht irgendwann auch mit dem Krimi :rotfl:
Ich denke, bei der Kurzgeschichte bin ich besser aufgehoben. Das sind mir zu viele Fäden im Roman, die sind schnell mal verknotet, sodass ich die Übersicht verlieren würde.
Aber für dein Romanprojekt: toi, toi, toi.

Eine sonnige Woche und liebe Grüße
peregrina

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Lieber @Friedrichard,

herzlichen Dank für deinen Besuch. Schön öfters hab ich es erwähnt, ich werde nicht müde, mein Sprüchlein zu wiederholen: Du bist und bleibst eine treue Seele.

Erstaunlich, welch großartige Lyrik dir in den Sinn kommt bei meinen bescheidenen Tunnelerlebnissen.

Während ich in den Tunnel eintauche, glaube ich zu ersticken, lebendig begraben zu werden.


Die Lügner gehn von hinnen ungestraft,
Ach, aber ich, die Lüge, muß bekleiben,
Daß sich der Tod ergrimmt an mir kann reiben,
In Tropfen trinkend meines Lebens Kraft!
...«
aus: Gottfried Keller »Lebendig begraben« I,​
Auch wenn ich mich mehr zur Prosa hingezogen fühle, so finde ich das Gedicht von Keller beeindruckend.

Jeder wüsste gerne, was hier und dort so vor sich geht, von wem über was gesprochen wird und lauscht – selbst ich hab mich schon dabei erwischt, aber über die politisch gewollte Systematik hab ich insbesondere durch Wolf Biermanns Autobiographie »Warte nicht auf bessre Zeiten!«, erfahren und „Neugierdsnasen“ sind wir alle, selbst wenn wir es ganz gut tarnen können – insofern ist Deine gelungene Geschichte eine besondere und „abenTeuerliche“ Ergänzung, wenn ich das mal so sagen darf,
Natürlich darfst das sagen. Eine Zusammenfassung, die nichts zu wünschen übrig lässt. Ich freue mich über deine Einschätzung.

Eingepfercht in den engen Talkessel wirkt die Stadt, als wolle sie ausbrechen aus dem engen Korsett.
Wie realistisch ist eine als-ob-Situation? Nicht die Bohne! Also Konjunktiv irrealis „als wollte sie ...“
Danke! Ich krieg noch die Krise! Wie du dir denken kannst, hab ich die Tabelle immer noch nicht gemacht. Deine Erklärungen sind total logisch, das leuchtet mir alles ein. Immer. Aber den Unterschied zwischen K I und II habe ich scheinbar nicht verinnerlicht. Ich hoffe immer, dass ich intuitiv erfasse, wann welcher zum Einsatz kommt. Aber es bleibt mir wohl nix anderes übrig, als dass ich mich intensiv damit beschäftige.

Die Kommas, denke ich, hab ich schon ausgetauscht. So ein kleiner Lapsus kann mal passieren, oder?

Gern gelesen
Danke Friedel. Der Mensch freut sich.

Alles Gute für dich, bleib gesund und munter!

Liebe Grüße von peregrina


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Hallo @rainsen,

auch dir vielen Dank für’s Reinschauen und fürs Aufspüren der letzten verbliebenen Leichtsinnsfehler. Man kann sich ja jedes Mal nur wundern, was man selbst und auch andere Leser übersehen. Ich hoffe stark, dass ich alle Stolpersteine aufgelesen habe.

als all die übrigen Neugierdsnasen
Da stimmt doch was nicht...
Was meinst du damit? Zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftig, aber den Begriff gibt es wirklich.

Normalerweise würde Vater jetzt sagen:
Müsste das nicht "hätte Vater jetzt gesagt" heißen, ist ja eine Rückblende.
Dem Konjunktiv ist die Zeitform egal, sagt @Friedrichard immer.
Ich denke, beide Varianten sind möglich, aber ich bin kein Konjunktiv-Experte.

Die geneigten Buchstaben wurden spitz und scharf wie Reißzähne, schnappten zu, bissen sich fest in meinem Verstand.
Gefällt mir.
Mir auch. :lol:

Eingepfercht in den engen Talkessel wirkt die Stadt, als wolle sie ausbrechen aus dem engen Korsett.
Ich würde das zweite streichen.
Auch so eine Sache: Hunderte Male gelesen, ist mir nicht aufgefallen. Hab deinen Vorschlag glatt umgesetzt.

„Na, dann Komm!
Komm groß?
Na ja, heißt doch der Komm. :) Sorry, hab's schon geändert.

Hat mir gut gefallen, die Geschichte. Das Ende auch.
Interessant! Ja die Leserschaft zerfällt in zwei Lager.
Es gab ja schon mal eine andere Schlussversion (nicht eingestellt), gestern hab ich mich noch mal drangesetzt, um eine Art Erklärung anzuhängen. Was die Schwestern erfahren haben und was das für Auswirkung auf die Zukunft hat. Aber ich stieß auf enormen inneren Widerstand, das fühlte sich so verkehrt an, dass ich den Plan wieder fallen ließ.

Ich mag deinen entspannten Stil, die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit hast du gut hinbekommen.
Auch eine wichtige Rückmeldung. Du warst nicht irritiert durch das Springen durch die Zeit, nicht orientierungslos durch die Ortswechsel. Schön.

Erst hatte ich Angst, dass es eine Geschichte über den Schmuggel zwischen Ost und West ist, aber dann ist es komplexer geworden. Sehr menschlich und subtil eindrücklich, immer wieder spannend und gleichzeitig schockierend, was in der DDR so abging.
Na ja, im Mittelpunkt steht die Familie, ihr Alltag in der DDR und dann ein Ereignis, das alles auf den Kopf stellt. Ich muss das noch mal erwähnen, die Stasi ist an den Ermittlungen beteiligt, weil sie auch Strafverfolgungsorgan bei schweren Delikten war, die Kripo also "unterstützt" hat. (Ich wusste das auch lange nicht.) Wenn ich über Schockierendes schreiben wollte, dann über Zwangsadoptionen oder dem verdammten Schießbefehl am antiimperialistischen Schutzwall.

Danke für deine interessanten und hilfreichen Gedanken.

Dir eine kreative, entspannte Woche und liebe Grüße
peregrina

 

Hey @peregrina,

Was meinst du damit? Zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftig, aber den Begriff gibt es wirklich.
Sorry, war etwas unspezifisch ausgedrückt - ich hab den Begriff tatsächlich noch nie gehört, aber dann hab ich wieder was gelernt :)

Dem Konjunktiv ist die Zeitform egal, sagt @Friedrichard immer.
Stimmt, das hab ich so aus seiner Feder auch schonmal gelesen...tja!

das fühlte sich so verkehrt an, dass ich den Plan wieder fallen ließ.
Ist doch gut, dass du es versucht hast, wenn du dir unsicher warst. Das Gefühl, dass es verkehrt war, ist dann das eindeutige Zeichen gewesen, dass du es lassen solltest.

Na ja, im Mittelpunkt steht die Familie, ihr Alltag in der DDR und dann ein Ereignis, das alles auf den Kopf stellt. Ich muss das noch mal erwähnen, die Stasi ist an den Ermittlungen beteiligt, weil sie auch Strafverfolgungsorgan bei schweren Delikten war, die Kripo also "unterstützt" hat. (Ich wusste das auch lange nicht.) Wenn ich über Schockierendes schreiben wollte, dann über Zwangsadoptionen oder dem verdammten Schießbefehl am antiimperialistischen Schutzwall.
Klar, der Auszug aus der Familiengeschichte ist der Kern.
Klingt jedenfalls so, als hättest du da noch einiges auf Lager, was du in Geschichten verpacken könntest, finde ich spannend! Ein Kumpel von mir ist mit seinen Eltern, als er noch ziemlich klein war, aus der DDR geflohen, über die damalige Tschechoslowakei glaube ich. Er kannte nur Teile der Geschichte, aber ich hab sofort gedacht: Das müsste man aufschreiben. Da ist mir auch noch nicht so viel von begegnet, was die Flucht aus dem Osten angeht..
Von Zwangsadoptionen habe ich tatsächlich auch noch nichts gehört - fände ich sehr spannend zu lesen, also ja, schreib doch nochmal was... ;)

Viele Grüße,
rainsen

 

Liebe @peregrina

nochmals heißen Dank für deinen Besuch. Du merkst schon, dass ich dir mit deinen Sieben-Meilen-Stiefeln kaum hinterherkomme.

Gern geschehen.
Gar kein Problem. Ich hab auch Phasen, in denen kaum Zeit für die Wortkrieger bleibt. :)

Das kenne ich natürlich auch. In älteren Texten versammeln sich all die interessanten Baustellen, um die man tunlichst einen großen Bogen machen sollte. Ich denke, das auffälligste Merkmal von Anfängertexten sind die Adjektivlastigkeit und die Verwendung von Phrasen. Und der Drang des Autors, unbedingt „literarisch“ wertvoll zu formulieren, ist natürlich nicht zu übersehen.

Oja. Da stimme ich zu. Und bei meinen alten Texten ist schrecklich viel TELL drin. Das erschüttert mich immer wieder :D

ch, sag? Das Vorhaben ist ja spannend.
Hab jetzt fix mal nachgesehen, du hast deinen Roman hier eingestellt. Clevere Entscheidung. Da wünsche ich dir Kreativität bei der Umsetzung und das Wichtigste überhaupt: Durchhaltevermögen.

Vielen Dank. Das ist sehr lieb von Dir :) Was den Roman angeht hab ich schon seit längerem ne Blockade und bin mir nicht mehr sicher, ob ich noch voll hinter ihm stehe. Mal sehen.

Ich denke, bei der Kurzgeschichte bin ich besser aufgehoben. Das sind mir zu viele Fäden im Roman, die sind schnell mal verknotet, sodass ich die Übersicht verlieren würde.
Aber für dein Romanprojekt: toi, toi, toi.

Das kann ich sehr gut verstehen.
Vielen Dank.

Ich wünsche Dir auch eine schöne Restwoche und sende ganz liebe Grüße,
Silvita

 

Hallo @rainsen,

danke für den Zweitbesuch! Und entschuldige, dass ich dich so lange warten ließ.

das fühlte sich so verkehrt an, dass ich den Plan wieder fallen ließ.
Ist doch gut, dass du es versucht hast, wenn du dir unsicher warst. Das Gefühl, dass es verkehrt war, ist dann das eindeutige Zeichen gewesen, dass du es lassen solltest.
Hab ich mir auch gedacht, immer schön auf den Bauch hören. Aber ich bin wie das Aprilwetter. Jetzt gibt es doch ein fertiges Ende. Mal abwarten, ob ich es noch anhänge.

Ein Kumpel von mir ist mit seinen Eltern, als er noch ziemlich klein war, aus der DDR geflohen, über die damalige Tschechoslowakei glaube ich. Er kannte nur Teile der Geschichte, aber ich hab sofort gedacht: Das müsste man aufschreiben.
Das ist brisantes Grundmaterial, kann eine spannende Geschichte draus werden. Mach doch mal ein Interview mit dem Kumpel und seinen Eltern. So Zeitzeugen sind nicht mit Geld zu bezahlen.

Da ist mir auch noch nicht so viel von begegnet, was die Flucht aus dem Osten angeht..
Ganz konkret mit Fluchtplänen und deren Umsetzung fallen mir spontan Der Tunnel (2001) und der Kinofilm Ballon (2018) ein.
Ansonsten gibt es einige Fernsehproduktionen, die das Thema zumindest anreißen.
Von Zwangsadoptionen habe ich tatsächlich auch noch nichts gehört - fände ich sehr spannend zu lesen, also ja, schreib doch nochmal was... ;)
Ja, das hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Ich kann ja mal drüber nachdenken, ob ich mich in diesem Genre einnisten will.

Dann machs mal gut. Heute ist rainsen-Tag, und wenn nichts dazwischen kommt, schaffe ich noch einen Besuch deiner Challenge-Geschichte. :D

LG von peregrina


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Alle guten Dinge sind drei, liebe @Silvata. Mittlerweile sind wir beide etwas vom Weg abgekommen. :lol:

Vielen Dank. Das ist sehr lieb von Dir :) Was den Roman angeht hab ich schon seit längerem ne Blockade und bin mir nicht mehr sicher, ob ich noch voll hinter ihm stehe. Mal sehen.
Das ist aber sehr schade. Ich weiß, wie sich das anfühlt, wenn man feststeckt. Aber vllt. findest du einen Weg, um dich neu zu motivieren. Ich drück jedenfalls die Daumen.

Ich wünsch schon mal ein sonniges Wochenende.
LG von peregrina

 

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