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Selbstverstümmelung, Herabwürdigung
Inspiriert durch einen Artikel über sog. Sleep-Streamer: https://www.businessinsider.com/inf...on-speech-disturb-money-subscribe-donate-view
Die Summe seiner Teile
›Neue Hardware wurde erkannt. Das Gerät kann jetzt verwendet werden.‹
Wie gebannt starre ich in die nagelneue Webcam. Sie zu klauen war leicht, die Installation noch leichter. Ihr lidloses Auge glotzt mich an, stoisch, wartend … bis ich mutig genug bin, loszulegen. Mit einem Mal wird mir ganz warm. Das Herz schlägt, als hätte es zuvor nicht existiert.
Ist die Tür auch wirklich abgeschlossen? Sie ist es, trotzdem drehe ich den Schlüssel probehalber bis zum Anschlag. Regungslos stehe ich da, halte den Atem an, lausche in die Stille. Aus dem Wohnzimmer dringt gedämpft Omis rasselnder Husten. Nicht auszudenken, käme Omi herein während der Stream läuft. Nein, jetzt nicht an Omi denken, denk an die Schuhe!, schießt es mir durch den Kopf. Ja, die Schuhe, schon besser.
Makelloser Style in reinem Weiß, ›Air Jordan 5 Retro‹, für sündhafte 199,99 €.
Dann eier nicht rum, mach endlich! Ich wische die schweißnassen Hände an den Jeans ab und setze mich vor die Schrottkiste, die sich mein Computer schimpft. Klick, klackedi, klick, klick. Online passiere ich das Tor, wechsle auf die dunkle Seite. In einem anderen Tab checke ich den Inhalt meiner frisch eingerichteten Kryptobrieftasche. Kontostand: 0,00€. Beschissene Nullen. Das bin nicht ich. Ich zeig’s euch allen, ihr werdet schon sehen!
Der Mauszeiger fliegt hin und her, immer tiefer grabe ich mich durch die Schattenwelt dieses Kaninchenbaus, vorbei an Gras, Koks, Emma, Tille und lila Sprite, passiere Butterflymesser, Totschläger und Pistolen; und natürlich auch die zahllosen, sexuellen Perversitäten in allen erdenklichen Formen, Farben und Größen.
Schließlich bin ich am Ziel. Dort ist das Icon, dass der Typ mit dem Arm im Gips mir im Flüsterton beschrieben hatte, während wir beide auf dem Amt darauf warteten, dass endlich die eigene Nummer auf der Digitalanzeige blinkt: Ein blutendes Herz, von einem Jagdmesser aufgespießt.
Krieg mal deinen Puls unter Kontrolle. Du führst dich auf wie ein Mädchen, jetzt komm endlich klar! Meine Fresse. Warum stresst du dich so? Wenn es nichts für dich ist, hörst du halt wieder auf. Einmal tief durchatmen. Klick.
»…ein Junge. Was ist mit dir?«
»Hm?« Ich sehe auf. Was hat sie gesagt?
Omi schaut mich an. Die Stirn liegt in Falten, noch mehr als sonst. Sie sieht traurig aus. »Was?«, frage ich und esse noch einen Löffel der wässrigen Kohlsuppe.
Omi seufzt. »Misha … mein Junge«, sagt sie und knetet ihre knorrigen Hände, »Warum findest du keine Arbeit?« Ihr polnischer Akzent lässt das ›r‹ rollen, es klingt wie Arrrbeit. »Deine Mutter wäre so stolz auf dich, würdest du Medizin studieren, wie du es vorhattest.«
Nicht schon wieder! Wieso muss sie mir jede Woche damit kommen? »Meine Sachbearbeiterin hasst mich, Omi! Das habe ich dir doch schon erklärt. Hörst du mir nicht zu?«, frage ich, ohne vom Suppenteller aufzusehen. Außerdem habe ich jetzt Arbeit. Das waren gestern Abend hundert Euro, für fünf Minuten. Und so schlimm war es gar nicht. Nicht schlecht, für den Anfang. Das ist ein Stundenlohn von … ach, egal, sauviel. Heute noch so ein Ding und die Jordans sind auf dem Weg.
Plötzlich legt Omi ihre Hand auf meine. Ich schaue auf. Ihr eh’ schon kleiner Körper scheint noch eingefallener, wie eine schrumpelige Frucht sieht sie aus. In den Augen glänzt ein feuchter Schimmer. »Misha … ich mache mir doch Sorgen um dich. Ich habe deiner Mutter versprochen …«, sie stutzt, ihr Blick liegt auf dem Pflasterrand, der unter dem Ärmel meines Shirts hervorlugt. »Misha, was ist das?«
Bevor sie es berühren kann, ziehe ich meine Hand weg und stehe auf. »Das ist nichts, Omi. Ich bin im Bad ausgerutscht und hab mich gestoßen. Hör mal, ich bin ziemlich müde und geh’ auf mein Zimmer. Danke fürs Essen.« Fast bin ich schon aus der Küche, da kommt mir ein Gedanke: »Omi? Haben wir eigentlich eine gute Schere?«
Gott, wie ich diesen Kackladen hasse! Alles hier im Wartebereich ist grau. Die Wände, der Teppich, die Türen, sogar die Uhren. Es ist, wie der Typ im Flur letztens gesagt hat, als wollte der Staat jeden positiven Gedanken der armen Schweine, die sich hier aufhalten müssen, im Keim ersticken. Grau in Grau in Grau. Bloß keinen Mut schöpfen, es könnte ja wieder bergauf gehen. Früher habe ich mich immer davon runterziehen lassen, doch jetzt nicht mehr. Ich beuge mich vor und wackle mit den Füßen. Scheiße, sehen die Treter geil aus! Und erst in Kombi, mit der Jacke. Beinahe zärtlich gleiten meine Finger über den mattschwarzen Stoff des Ärmels. Balenciaga, 1200,00 €. Das Teil ist Killer. Erneut durchströmt mich das Hochgefühl von gestern Mittag: einfach so in den Laden zu spazieren und mir etwas auszusuchen. Und dann diese Verkäuferin. Guckt dich an, als wärst du es nicht wert, als könntest du es dir nicht leisten. Von wegen! In der Umkleidekabine musste ich aufpassen, dass die Billigpflaster nicht abfielen, und die Anprobe tat auch ziemlich weh, doch das war es auf jeden Fall wert. Du solltest dir vom nächsten Geld bessere Pflaster kaufen. Und vielleicht noch Verbände. Und Schmerzmittel. Starke.
Die Digitalanzeige ruft meine Nummer auf. Betont lässig stehe ich auf, schenke dem Securitytypen ein Grinsen, schlendre zum Zimmer 315 und trete ein.
Frau Mörwes Blick ist wie immer, leicht abschätzig, mit einer Spur Vorverurteilung, die heruntergezogenen Mundwinkel unterstreichen ihren Look. Sie ist genauso grau wie alles andere. Deshalb passt sie so gut hierhin.
»Guten Tag, Herr Sadowski. Nehmen Sie Platz«, sagt sie.
Ich öffne meine neue Jacke und fläze mich ihr gegenüber in den Stuhl.
Sie schaut mich an, ihre Augen hängen für einen kurzen Moment am Edellogo auf Brusthöhe. »Herr Sadowski, ich habe Sie heute eingeladen, um mit Ihnen über Ihre nächsten Optionen zu sprechen.«
Lächeln! »Ich bin ganz Ohr.«
Sie tippt mit zwei Fingern etwas auf dem grauen Computer. »Ihre letzten sieben Vorstellungsgespräche ergaben durchweg Absagen. Bei der Vermittlung, zur Baustelle, im Februar, hat man Sie nach wenigen Tagen aus der Probezeit entlassen.«
Kein Scheiß, Sherlock. Erzähl doch mal was Neues. »Und?«
»… Und daher denke ich, sie sollten erst einmal über Ihre grundlegende Haltung nachdenken, bevor wir es erneut mit einer Anstellung oder einer Weiterbildungsmaßnahme versuchen.«
»Was genau meinen Sie?«
Frau Mörwes lehnt sich zurück. Was starrt die denn jetzt so? Ihr gefällt die Jacke nicht. Du kannst mich mal, du graue Tante.
»Herr Sadowski, Sie wirken auf mich wie jemand, der nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen. Sie sind doch noch jung, Sie sollten wirklich verinnerlichen, was es heißt, auch mal die Extrameile zu gehen, Teile von sich selbst aufzugeben, für ein höheres Ziel. Verstehen Sie, was ich Ihnen sagen will?«
»Teile von mir selbst aufgeben?«, frage ich. Fang jetzt nicht an zu lachen!
»Manchmal muss man sich von alten Dingen trennen, um eine neue, frische Sicht zu erhalten, Herr Sadowski. Andernfalls sehe ich bei Ihnen mittlerweile leider wenig Chancen, Sie noch erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln.«
Ich beuge mich vor, dabei merke ich, wie die Schmerzmittel langsam nachlassen. »Frau Mörwes, ich weiß genau, was Sie meinen. Aber wissen Sie was? Ich werde mich nicht länger mit Ihnen und Ihrem grauen Dasein aufhalten, denn ob Sie es glauben oder nicht, ich habe Menschen gefunden, denen etwas an mir liegt. Die mich wertschätzen, für das, was ich anzubieten habe. Und diesen Menschen habe ich unglaublich viel zu geben! Schönen Tag noch«, sage ich, stehe schwungvoll auf und gehe hinaus, ohne mich noch einmal umzudrehen.
Auf dem Heimweg beiße ich mir allerdings beinahe durchgehend auf die Zunge, denn es tut jetzt richtig weh, das Shirt scheuert über die beiden Wunden, dort, wo die Brustwarzen fehlen.
›Beep … Beep … Beep …‹.
Die Kassiererin scannt meine Einkäufe, in der Geschwindigkeit einer bekifften Schnecke. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist der Arbeitsplatz an der Baumarktkasse ihre ganz persönliche Vorhölle, die schäbige, senfgelbe Dienstkleidung ihr Totenhemd.
Eigentlich ist sie ganz hübsch. ›Beep … Beep‹. Ich verstaue alles im brandneuen Rucksack von Valentino. Die Abdeckplane, das Seil, den Hammer, die Kneifzange, die Gartenschere, das Teppichmesser.
»Das macht 52,44 €«, sagt sie, ohne mich anzusehen.
Als ich ihr den Hunni gebe, sieht sie dann doch hin. Die Glatze gefällt ihr nicht. Wenn sie wüsste. Die hat den Rucksack bezahlt. Und anders als Brustwarzen wachsen Haare schließlich nach. Quasi eine Kapitalanlage mit stetig steigendem Wert. Ich grinse sie an. »Stimmt so«, sage ich, als sie mir das Rückgeld geben will. Ja, jetzt findest du mich interessant, was?
»Wir dürfen kein Trinkgeld annehmen, sorry.« Sie reicht mir die Scheine und Münzen, kurz berühren sich unsere Hände. Sind das da Narben, auf ihrem Handgelenk?
»Dann lass mich dich davon zum Essen einladen«, schlage ich vor. »Wann hast du heute Feierabend?«
Während sie mich taxiert, drehe ich unauffällig den Rucksack, so, dass das Designerlogo für sie zu sehen ist. Komm schon, Baby, sag ja!
»Haste ein Auto?«, fragt sie.
»Ob ich ein Auto habe? Na klar!«, lüge ich und lache. Autsch.
»Was denn für eins?«
»Wirst schon sehen. Wann soll ich hier sein?«
»Hol mich um neun ab. Ich warte hinten, auf dem Parkplatz.«
>18:10 ›The_Rich_Kid‹ hat den privaten Stream gestartet
>18:15 ›OG_Steinar88‹ ist dem privaten Stream beigetreten
>18:15 OG_Steinar88: hallo?
>18:16 The_Rich_Kid: hi.
>18:16 OG_Steinar88: hey. na, alles klar?
>18:17 The_Rich_Kid: klar. was soll ich machen?
>18:18 OG_Steinar88: nicht so schnell kleiner. hast du das werkzeug besorgt?
>18:18 The_Rich_Kid: ja. ist alles da.
>18:19 OG_Steinar88: ich seh schon. gut sehr gut.
>18:19 The_Rich_Kid: also?
>18:20 OG_Steinar88: wie gehts dem arm?
>18:21 The_Rich_Kid: geht schon. zeckt ein bisschen
>18:22 OG_Steinar88: hast du dir die salbe gekauft?
>18:23 The_Rich_Kid: noch nicht. Keine zeit.
>18:23 OG_Steinar88: mit brandwunden scherzt man nicht. Du solltest wirklich auf mich hören.
>18:24 The_Rich_Kid: sonst noch was?
>18:24 OG_Steinar88: nein
>18:25 The_Rich_Kid: also?
>18:27 OG_Steinar88: nimm die kneifzange.
>18:29 The_Rich_Kid: okay. und jetzt?
>18:30 OG_Steinar88: deine ohrläppchen. wie viel?
>18:35 The_Rich_Kid: 8k
>18:35 The_Rich_Kid: für eins.
>18:35 OG_Steinar88: in ordnung
>18:35 The_Rich_Kid: okay es geht los
>18:36 OG_Steinar88: warte!!! gib mir ne minute
>18:38 The_Rich_Kid: bist du noch da?
>18:39 The_Rich_Kid: hallo?
>18:40 OG_Steinar88: kann losgehen. mach es langsam. und guck dabei in die kamera. schau mich an.
>18:47 ›OG_Steinar88‹ hat den privaten Stream verlassen
MyWallet.com: Zahlungseingang verzeichnet: +16.000,00€
>18:50 ›The_Rich_Kid‹ hat den privaten Stream geschlossen
Puh, das war knapp. Da steht sie. Gottseidank hat sie sich umgezogen. Mein Puls beruhigt sich, als ich erkenne, dass ihre private Kleidung noch immer weniger Wert ist, als meine eigene.
Sie öffnet die Beifahrertür und steigt ein. »Hi. Pünktlich, auf die Minute.«
»Na klar, bin schließlich gut erzogen worden«, antworte ich.
Sie lächelt, während sie den Gurt anlegt. »Schickes Auto haste.«
»Ich wusste, es gefällt dir.« Hat sie es gesehen? Fuck, sie hats gesehen.
»Was ist denn mit deinen Ohren?«
Cool bleiben. Lächeln. »Ach so. Das war ’ne Wette.«
Sie lacht. »Hast dir selbst Löcher gestochen, oder was? Sind das selbstgemachte Pflaster?«
In gespielter Entrüstung weiche ich so weit von ihr weg, wie es der Platz im Audi zulässt. Sehr gut. »Bitte? Das ist hochwertig medizinisches, fleischfarbenes Verbandsmaterial!«
»Also … Pflaster.«
Gib ihr recht. Ja, Mull und Pflaster.
»Du bist schon ein Spinner, kann das sein?«
Ihr Lächeln ist ansteckend. Schau ihr tief in die Augen.
»Hat es sich wenigstens gelohnt?«
Häh? »Was?«
Ein Kopfnicken, in Richtung des Ohrs. »Die Wette. Hast du gewonnen?«
Ihre schlanken Knöchel zieren die Riemchen der Billoschuhe, weiter aufwärts enden die Beine unter einem schwarzen Minirock, wahrscheinlich von C&A. Unter der roten Bluse pressen die Brüste gegen den Stoff, ich sehe die Warzenhöfe durch das Rot schimmern.
»Sehe ich etwa aus wie ein Verlierer?«, frage ich und starte den Audi.
Fingernägel sind überbewertet. Alkohol in Kombination mit Schmerztabletten hingegen nicht. Alkohol hilft. Ich glaube, ohne den guten alten Jack hätte ich es nicht so weit gebracht. Der Audi ist Geschichte, ab jetzt fahre ich Porsche. Also, wenn die Wunden irgendwann verheilt sind. Im Moment bist du Porschebesitzer, kein Porschefahrer. Ich esse auch keine Kohlsuppe mehr, ich gönne mir täglich. Kurz habe ich überlegt, auch Omi etwas von Feinkost Klotzer mitzubringen, aber das wären ja Perlen vor die Säue.
Und dann, einfach so, ist Omi tot. Und du bist schuld. Warum hast du die stinkende Tupperdose nicht besser versteckt? Ich habe einfach nicht nachgedacht. Was dachtest du denn, würde mit der kranken Frau passieren, wenn sie die abgeschnittenen Brustwarzen, Ohrläppchen und herausgerissenen Fingernägel findet? Scheiße. Ja. Scheiße. Und jetzt?
Meine Unterkiefermuskeln krampfen und ich schwitze wie ein Schwein; kann mich einfach nicht entscheiden. Erneut nehme ich die Zange aus dem Mund und lege sie wieder auf den Schreibtisch, greife zur Whiskeyflasche und trinke noch einen großen Schluck.
Meine Follower drängen mich, loszulegen, Zeit ist schließlich Geld.
Aus dem Augenwinkel sehe ich den Chatverlauf und die steigenden Zahlen, das ›Ka-Ching!‹ klingelt im Sekundentakt. Fast alle wollen, dass ich mit den Schneidezähnen anfange. Ihr Wichser! Ich bin vielleicht besoffen, aber nicht blöd. Scheiß drauf. Ich greife zur Zange und sperre meine Kiefer weit auf, es schmeckt metallisch. Die Pumpe wummert wie Old School Hip Hop, unweigerlich denke ich an mein Lieblingsalbum von 50 Cent: Get Rich or Die Tryin’. Mir wird schlecht. Ich setze die Zange an einen von den kleinen, links unten, an. Der wird bestimmt nicht soo weh tun? Hör auf zu heulen, verdammt! Doch die Tränen kommen ganz von allein, ich kann nichts dagegen tun. Ein Schluchzen kriecht aus meiner Kehle und ich schließe die Augen.
Stilvolle Beerdigungen sind schweineteuer. Normale Begräbnisse kosten ja schon so einiges. Natürlich macht der Bestatter große Augen, als ich ihm den Scheck überreiche.
»Herr Sadowski! Was um Himmels willen ist denn mit Ihnen passiert?«
Autounfall! »Outounpfoll.« Sinkt die Anzahl der Zähne unter einen bestimmten Schwellenwert, ist eine klar verständliche Artikulation nur noch schwer möglich. Ein Kater ist dabei auch keine Hilfe.
»Ein Autounfall? Oh Gott, das tut mir schrecklich leid. Ich wünsche ihnen eine schnelle Genesung für …«, er gerät ins Stocken, schaut auf meine behelfsmäßig bandagierte, linke Hand. Nach der Nummer mit den Zähnen war der Griff zum Hammer ein Kinderspiel, ja, fast schon befreiend!
»Pfönpfaffa Tümmabug.« Fünffacher Trümmerbruch. Weil es fünf Finger sind. Also … noch. Dafür braucht es nun wirklich kein Medizinstudium.
»Ja, ähem, also … alles Gute für Sie. Oh … Herr Sadowski, ich glaube, diese Herren dort wollen zu Ihnen?«
Sie sind zu zweit, tragen halbwegs vernünftige Anzüge und klären mich auf. Über Omis Schulden. Die jetzt wohl mir gehören. Sie benutzen dabei Wörter wie Erbrecht und Schuldanerkenntnis. Zeigen mir einen Wisch, mit meiner krakeligen Unterschrift darauf, wenige Tage alt. Warst du so weggetreten, vom Schnaps und den Pillen? Dein Ernst? Ich bin am Arsch.
Im Gegensatz zu früher haben es Menschen mit gewissen körperlichen Einschränkungen im digitalen Zeitalter definitv leichter, ihren Alltag zu gestalten, als dies früher der Fall war. Sämtliche Streamingdienste bieten Untertitel an, Essen kann bestellt werden, ohne dass man sein Gegenüber auch nur einmal hören muss. Man braucht nicht mehr in den Puff zu gehen, sondern kann sich im Darknet die Nutten nach Hause bestellen. Diese Bitches machen für Geld einfach alles, egal wie du aussiehst. Immer vorausgesetzt, man kann sich den Scheiß leisten. Aber du hast recht. Wozu, frage ich mich, braucht man heutzutage noch Ohren?
>14:35 ›The_Rich_Kid‹ hat den privaten Stream gestartet
>23:30 ›OG_Steinar88‹ ist dem privaten Stream beigetreten
>23:30 OG_Steinar88: hey.
>23:30 OG_Steinar88: na, alles klar?
>23:33 The_Rich_Kid: nein.
>23:33 OG_Steinar88: wieso? was ist denn los
>23:40 The_Rich_Kid: zu wenig übrig
>23:40 OG_Steinar88: was meinst du?
>23:44 The_Rich_Kid: zu wenig von mir
>23:46 The_Rich_Kid: zu viele
>23:48 The_Rich_Kid: schulden
>23:49 The_Rich_Kid: zuviel
>23:49 OG_Steinar88: verstehe
>23:50 OG_Steinar88: warte mal kurz
>00:00 OG_Steinar88: noch da?
>00:01 The_Rich_Kid: ja
>00:02 OG_Steinar88: https://www.ikbonn.de/augenklinik
>00:03 OG_Steinar88: ich kenn da jemanden der dir helfen kann
>00:04 OG_Steinar88: hast du noch das teppichmesser?
>00:10 The_Rich_Kid: ja
>00:10 OG_Steinar88: gut. Hol es.