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Die Taube

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16.02.2006
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Die Taube

Die Taube

Am 26. Oktober wurde ich endgültig wahnsinnig. Ich zog mir die straffe Gummihose an, nahm die alte faserige Jutetasche in die Hand und zog nun fortan von Haustür zu Haustür. Als man mir eindringlich zu verstehen gab das ich auf keinen Fall, schon gar nicht ohne jegliche Referenzen einfach so betteln könnte, versuchte ich mich erst einmal ein paar Tage im Obdachlosen-Milieu.

Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen schließlich Jahre.

Mein Bart war sehr lang geworden und die Gummihose spröde und rissig von Sonne und Kälte. Meine Haare waren zu einem verflitzten Wirrwarr, und meine Zähne zu fauligen Pflöcken geworden. Ich nahm erneut meinen alten faserigen Jutebeutel und zog nun fortan von Haustür zu Haustür. Als man mir eindringlich zu verstehen gab dass ich viel zu ungepflegt sei und was ich mir vor allem dabei denken würde so eine zerschlissene Gummihose zu tragen, wanderte ich weiter desillusioniert durch die Straßen.

Ich bog in einen Hauseingang und stieg die Treppen bis zum Dach hinauf. Oben angelangt war ich noch verwirrter. Dort war ein wunderschön dekoriertes Flachdach mit Swimmingpool und Palmen und exotische Musik drang von der Bar, wo ein leicht übergewichtig erscheinender Asiate Cocktails zubereitete..

Alles war vom Feinsten.

Braungebrannte vergilbte Weiber so ende fünfzig boten ihre vertrockneten Brüste feil. Ihre sich windenden Körper sehnten sich nach Jungfräulichkeit.

Auf dem Schornstein, der wie ein Obelisk das Dach dominierte, saß ein kleiner Junge. Rote Haare, rote Backen und mit einer rauchenden Pfeife in der Hand.

Nachdem ich in dieser grotesken Gesellschaft nicht weiter zur Kenntnis genommen wurde, bequemte ich mich an die Bar und verpasste mir diverse Schnäpse. Die Euphorie in mir, wuchs wie ein Atompilz und ich beschloss die Gummihose abzustreifen. Sie blätterte fast wie von selbst ab. Ich zog auch meinen Pullover aus Schurwolle aus und warf damit nach dem garstigen kleinen Jungen, der die ganze Szenerie mit seinen stechenden Augen argwöhnisch betrachtet hatte. Er ließ sich aber nicht beirren, zog weiterhin genüsslich an seiner Pfeife und schaute mir stumpf in die Augen.

So nackt wie ich nun dastand, fühlte ich mich frei.

Auch wenn keine dieser dekadenten Nobel-Weiber Anstoß an mir nahm. Eine der vergilbten Weiber fasste sich sogar unverblümt in den Schritt und kratzte sich in den Schamhaaren, die meterlang ( so schien es mir) aus ihrem String-Tanga hingen.

Langsam ging ich auf den Rand des Daches zu. Angelangt stellte ich mich mit Zehenspitzen genau auf den selbigen.

Noch einmal blickte ich zu dem kleinen Jungen mit seiner Pfeife und sagte: „ Junge... lass doch das rauchen sein!“

Dann sprang ich.

Das letzte woran ich mich erinnere ist eine kleine weiße Taube, die über mich hinweg flog und ein bittersüßes Liedchen gurrte.

Dann bin ich wohl gestorben. Es war ja auch wirklich sehr hoch.

 

Mmmh,
zu später Stunde habe ich die Geschichte jetzt nur einmal gelesen, weswegen ich sie vermutlich auch nicht so richtig durschaut habe.
Sehr gut gefällt mir der letzte Satz, das ist ein würdiger Abschluss für den Wahnsinnigen, der alles in allem doch noch sehr geordnete Beobachtungen und Beschreibungen hinbekommt trotz seiner Wahnsinnigkeit.
Nicht ganz zufrieden bin ich mit der Kategorieeinordnung in "Satire" denn es gibt m.E. kein Subjekt, keine Gruppe oder Ähnliches, das hier karikiert wird. Unter "Seltsam" hätte ich wohl erwartet, die Geschichte zu finden.

Wie auch immer, ist auch nicht so wichtig mit der Kategorie.

Bis jetzt erschließt sich mir der Selbstmord des Protagonisten noch nicht so ganz. Verbunden mit den Gedanken

Alles war vom Feinsten

gehe ich mal davon aus, dass es ein Selbstmord à la "Man soll aufhören wenn es am schönsten ist." sein könnte.

Ich denk noch ein bisschen nach und dann meld ich mich vielleicht noch mal...

Ich erhoffe mir natürlich auch noch ein paar Anregungen von Mitlesern.

Viele Grüße,
Sascha W.

 

Willkommen von Hasel,

tja eine Satire? Über die Abgestumpftheit der Menschheit? Flach, sehr flach, wenns das sein sollte. Ansonsten geht es mir so wie SaschaWausK, dass ich nicht so recht weiß, was genau das satirische Thema sein soll.

Was mir an der Art deiner Darstellung ins Auge fällt, ist, dass erheblich viel Ungereimtes und Unlogisches vorhanden ist, weshalb ich auch eher auf die Idee käme, dass die Geschichte mehr in "Seltsam" passen würde.

Wozu z.B. zieht der Protagonist eine Gummihose an? Ist dies das Zeichen fürs Verrücktwerden? Es ist nicht ganz nachzuvollziehen, das wäre ja so als sollte die Aussage sein, dass jeder Gummihosenträger ein Stadtstreicher und Bettler ist. Dann versteh ich nicht, weshalb grad die zerschlissene Hose ein Grund dafür sein sollte, kein Geld mehr erbetteln zu können. Soll das heißen, mit ordentlicher Gummihose gings, aber ist sie zerschlissen dann nicht mehr? Seltsame Logik.
Klar und ein Bettler gelangt auch automatisch ungehindert auf so ein Pooldach mitten die Schickeria hinein. Reiche haben immer alle Türen offen stehen? Das ist auch nicht erklärt, wieso er erstens überhaupt meint, ausgerechnet in diesem Haus bis in die Höhe steigen zu müssen, es sei denn, er hat vor vom Dach zu springen und schon gar nicht ist klar, weshalb er so ungehindert in diese Gesellschaft gelangt und auch noch was zu trinken bekommt.

Das, was ich wirklich höchst ironisch fand, war die Bemerkung des Protagonisten, bevor er springt. Von dieser Art hätte es wesentlich mehr in deiner für mich immer noch höchst rätselbehafteten Geschichte bedurft.


Lieben Gruß
lakita

 

Guten Tag,
mit der falschen Kategoriewahl stimme ich überein. Ich hatte auch geschwankt zwischen "Seltsam" und "Satire". Kann man eigentlich nachträglich das Genre wechseln? Ich kenne mich noch nicht aus im Forum...
Zur Geschichte: Ich stimme SaschaWausK in dem Punkt zu, inwiefern es meinen Protagonisten in den Suicid treibt.
Die Gummihose sehe ich nicht als Beweis für den Wahnsinn, sondern ist sie eher als Objekt der Dehnung anzusehen; welches unter positiven wie negativen Einflüssen zur zer(rissen)heit neigt.
Das Schickeria-Sicherheitslücken-Problem lasse ich im Hinblick auf das Ergebnis außer Acht, da mein Protagonist ja nicht wahrgenommen wird.

Ich danke für die Resonanz auf meine Geschichte. Und ich freue mich natürlich weiterhin über viele Anregungen.

Viele Grüße
von Hasel

 

Klar, kann man die Geschichten verschieben.

Also auf deinen Wunsch nun von Satire zur Abteilung "Seltsam"

 

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