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Die Waage

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15.08.2005
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Die Waage

Unter mir ist raues, feuchtes Holz. Alt und geschwärzt von der Zeit. Der Himmel ist fast so dunkel wie der Abgrund zu meinen Seiten. Eine Brücke? Von weitem kann ich den Ozean hören, ein beständiges, bedrohliches Murmeln, tief unter mir.

Es ist keine Brücke. Der Boden unter meinen Füßen beschreibt eine Biegung nach Oben und bricht dann abrupt ab. Das Selbstgespräch des Wassers ist hier am Rand anders. Laut, körperhaft. Die Unruhe treibt mich zum anderen Ende, beim Gehen stelle ich mir das Konstrukt von außen vor, als einen Steg. Unwillkürlich denke ich an ein Schiff, so groß, dass es von der schwarzen Wasseroberfläche bis an das Holz reicht, Segel in alterndem Weiß, schummrige Lichter. Der Geruch von nassem Tabak.
Nicht einschlafen.

Am anderen Ende. Es ist kein Steg. Die Schwingung miteinbedacht vielleicht eine Waage, symmetrisch bis auf eine Hütte, die einsam auf dem Holz steht, es bis zum Rand ausfüllend. In einem anderen Licht würde sie einladend aussehen, am Morgen, bedeckt mit Neuschnee.
Die Tür ist nicht abgeschlossen. Ich fühle unter den Griff und erwarte das kalte Metall eines Schlosses, aber da ist nur raues, feuchtes Holz.
Unter Widerstreben stöhnend öffnet sich mir die Tür, mit dem mühsam kriechenden Licht auf ihren Schultern.
Eine Öllampe. Ein alter Mann daneben, seine trüben Augen knapp über das aufgeschlagene Buch schauend, in mein Gesicht. Seine Tochter oder seine Enkelin mit ebenso ungläubigem, fast apathischem Blick auf dem Sofa liegend, ihre blassgoldenen Haare und ihr adeliges Gesicht im Kontrast mit den Farben und den Formen, dem feuchtdunklen Holz um sie.
Sie sind fast reglos und atmen langsam und schwer. Ich schenke ihnen keine Aufmerksamkeit.
An der Wand mir gegenüber hängt ein Gemälde in schwachem Grün und leuchtendem Weiß. Eine Wüstenstadt. Ein Bauwerk aus bleichen Steinen, das wie eine Pagode aussieht, darin ein Mann mit langen Haaren und ruhigem Blick. Nächster Eingang.

Ich schlage die Augen auf und höre die Palmenblätter im Wind schwingen, ein gleichmäßiges, leises Geflüster knapp über mir.

 

Hallo memorion!

Ich würde jetzt "Willkommen auf kg.de" sagen, aber du bist ja schon eine ganze Weile hier. Und da das so ist: Bitte, kommentiere auch ein paar Texte von anderen. Diese Forum kann nur auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit funktionieren. (Es gibt hier durchaus einige, die Texte von "Schmarotzern" grundsätzlich nicht kommentieren - was vielleicht die bisherige Leere unter deinem Text erklärt.)

Zum Text:

"Das Konstrukt bricht in einer Neigung nach Oben abrupt ab." => Kann ich mir nicht vorstellen. Vermutlich, weil ich mir bei einer Neigung etwas Abfallendes vorstelle. (Nach dem Blättern im Wörterbuch ist klar, dass ich recht habe. Eine Neigung bezeichnet eine Absenkung, etwas Abfallendes.)

"Das Selbstgespräch des Ozeans ist hier" => Wieso hier? Aus deinem Text geht nicht hervor, dass sich dein Protagonist entscheidend von der Stelle bewegt hat. Und wie kommt er auf Ozean? Bisher hast du nur von Wasser gesprochen - was allerlei Deutungen zulässt.

"beim Gehen stelle ich mir das Konstrukt von außen vor, als einen Steg. Unwillkürlich denke ich an ein Schiff," => Wenn er sich einen Steg vorstellt, wie kommt er dann auf ein Schiff? Das ist doch etwas vollkommen anderes.

"Unwillkürlich denke ich an ein Schiff, so groß, dass es von der schwarzen Wasseroberfläche bis an das Holz reicht" => Kapiere ich auch nicht.

"öffnet sich mir die Tür, mit dem mühsam kriechenden Licht auf ihren Schultern." => Die Tür hat Schultern, auf denen Licht kriecht? Das sieht für mich nur wie ein Fragezeichen aus.

"Sie sind reglos wie Statuen und atmen langsam und heftig." => Wenn sie so heftig atmen, sind sie nicht reglos.

Tja, wirklich seltsam - in dem Sinne, dass ich nichts verstanden habe. Es liest sich so, als hättest du aufgeschrieben, was du in der Nacht geträumt hast (natürlich ohne jegliche Bearbeitung, und ohne einen Gedanken an die Leser zu verschwenden).

Ich kann mit deinem Text absolut nichts anfangen.

Grüße
Chris

 

Hallo Chris.

Schade, dass du so wenig mit dem Text anfangen konntest. Trotzdem danke für die Kritik und die Verbesserungsvorschläge.

"Das Selbstgespräch des Ozeans ist hier" => Wieso hier? Aus deinem Text geht nicht hervor, dass sich dein Protagonist entscheidend von der Stelle bewegt hat. Und wie kommt er auf Ozean? Bisher hast du nur von Wasser gesprochen - was allerlei Deutungen zulässt.

Es wird direkt keine Bewegung des Protagonisten erwähnt, aber in Verbindung mit dem Zeilenumbruch und dem vorangegangenen Satz wird mMn. klar, dass er sich jetzt an einem der Enden des Konstrukts befindet.
Die Reihenfolge der Erwähnung von Ozean und Wasser habe ich vertauscht. (Die Sache mit der Neigung ist auch korrigiert.)

"beim Gehen stelle ich mir das Konstrukt von außen vor, als einen Steg. Unwillkürlich denke ich an ein Schiff," => Wenn er sich einen Steg vorstellt, wie kommt er dann auf ein Schiff? Das ist doch etwas vollkommen anderes.

Ein Steg ist ein "Ins Wasser hineingebauter, blind endender Landungssteg"(wikipedia). Natürlich hat das Wort auch andere Bedeutungen, aber mein Bekanntenkreis hat auch mehrheitlich zuerst an den Steg zum Anlegen von Schiffen gedacht. Insofern sollte dieser Übergang verständlich sein.

"Unwillkürlich denke ich an ein Schiff, so groß, dass es von der schwarzen Wasseroberfläche bis an das Holz reicht" => Kapiere ich auch nicht.

Ein Schiff, so groß, dass es von der Wasseroberfläche, die der Prot tief unter sich wahrnimmt, bis an das Holz des vermeintlichen Steges reicht.

"öffnet sich mir die Tür, mit dem mühsam kriechenden Licht auf ihren Schultern." => Die Tür hat Schultern, auf denen Licht kriecht? Das sieht für mich nur wie ein Fragezeichen aus.

Nein, die Tür hat keine Schultern. Aber das Licht, das im Innern der Hütte heller ist als draußen, dringt durch die sich langsam öffnenden Spalten. Das wollte ich damit ausdrücken.

"Sie sind reglos wie Statuen und atmen langsam und heftig." => Wenn sie so heftig atmen, sind sie nicht reglos.

Der Statuenvergleich ist hier zu stark, stimmt. Ist gestrichen. Aber dass sie reglos im Sinne von bewegungslos sind und dabei heftig und langsam atmen, scheint mir nicht abwegig.

Tja, wirklich seltsam - in dem Sinne, dass ich nichts verstanden habe. Es liest sich so, als hättest du aufgeschrieben, was du in der Nacht geträumt hast (natürlich ohne jegliche Bearbeitung, und ohne einen Gedanken an die Leser zu verschwenden).

Im Großen und Ganzen:
Ich wollte keinen eindeutigen, klaren Text schreiben, wenn er mir dabei allzu unverständlich geraten ist, tut’s mir leid. Ich werde aber noch ein paar andere Meinungen einholen, bevor ich die halbe Geschichte über den Haufen schmeiße.

Grüße, memorion

 

Hallo memorion!

"Ich werde aber noch ein paar andere Meinungen einholen, bevor ich die halbe Geschichte über den Haufen schmeiße." => Na, wegen mir brauchst du nichts über den Haufen zu werfen. Ich teile dir nur meine Lesersicht mit. Was du damit anfängst, ist deine Sache.

"Ein Steg ist ein "Ins Wasser hineingebauter, blind endender Landungssteg"(wikipedia)." => Traue nie wikipedia. Naja, auch nur meine Meinung. Aber ein Steg ist nicht nur ein Landungssteg, ein Steg kann auch über ein Bächlein führen u.s.w. Meine Bekannten würde also etwas ganz anderes sagen als deine Bekannten.

"Ein Schiff, so groß, dass es von der Wasseroberfläche, die der Prot tief unter sich wahrnimmt, bis an das Holz des vermeintlichen Steges reicht." => Ja, gut. Mir ist das zu schwammig beschrieben, aber ich kann Texte, in denen man interpretieren muss, auch nicht leiden. Es sollte hier eine eigene Rubrik für so etwas geben, dann würde ich das gar nicht erst lesen.

Grüße
Chris

 

Hallo memorion!

Beim ersten Lesen mochte ich die Geschichte nicht so sehr und hab mir eher gedacht: Was soll das? Aber dann hab ich sie noch einmal konzentriert gelesen und jetzt muss ich sagen: Hat mir sehr gefallen. :) Was nicht heißt, dass ich sie nicht verbesserungswürdig finde!

Deine Geschichte kann man wirklich nicht so nebenher lesen, da muss man sich auf jedes Wort konzentrieren. Vielleicht war das so gewollt, aber die Bilder entstanden bei mir nur sehr schwerfällig, aber dafür waren sie um so schöner. Ich glaube, daran solltest du noch arbeiten, dem Leser das ein bisschen erleichtern. Einige Formulierungen fand ich auch recht umständlich, dazu aber später.

Wie schon gesagt, das Szenario das du erschaffen hast, hat mir sehr gut gefallen. Trotzdem bleibt bei mir der Eindruck, dass die Geschichte irgendwas sagen will, das Problem ist aber, wenn das so ist, dann hab ichs nicht gerafft. :p Ein schöner Traum vielleicht? Jemand läuft auf einer überdimensionalen Holzwaage, unter der sich das Meer befindet. Es ist dunkel, und irgendwo auf dieser Waage steht eine Hütte. Der Protagonist (ob jetzt männlich oder weiblich ist ja egal) betritt diese Hütte und findet einen alten Mann und ein Mädchen, sowie ein Bild. Und das Ende, ist der Prot dann in das Bild "eingestiegen"? Also, vielleicht war er erst in einem Bild gefangen und geht dann ins nächste, so wie in dieser einen Werbung, bei der aus einem Bild das nächste wird usw. Mehr kann ich daraus nicht interpretieren. Was der Mann und das Mädchen dort verloren hatten, ist mir auch ein Rätsel, sehr verwirrend. Aber das Ganze steht ja auch unter Seltsam. ;) Das ist es auf jeden Fall!

Aber nichtsdestotrotz finde ich, dass du an dem Text arbeiten solltest, ob nun seltsam oder nicht, verstehen sollte man ihn schon. Raum für Interpretationen kann ja trotzdem bleiben.

Details:

Von weitem kann ich den Ozean hören,
Das Konstrukt bricht in einer Biegung nach Oben abrupt ab.
1. nach oben 2. Konstrukt verwendest du ein paar Sätze später nochmal, da findest du sicher ein Synonym.
Das Selbstgespräch des Wassers ist hier anders,
Wo? Der Prot hat sich doch noch kein Stück bewegt. Oder ist damit etwas anderes gemeint? Jedenfalls ist es konfus. ;)
Nicht einschlafen.
Sehr schön.
Sie sind reglos und atmen langsam und heftig. Ich schenke ihnen keine Aufmerksamkeit.
Hier widerspricht sich wirklich alles. Sie atmen langsam, gleichzeitig aber heftig? Und wenn sie heftig atmen, wie können sie dann regungslos sein? Der Prot beachtet die beiden nicht weiter, gibt aber eine detaillierte Beschreibung von ihnen ab?

Also, im Großen und Ganzen hat mir deine Geschichte gefallen, irgendwie mystisch, du solltest aber noch daran feilen.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo apfelstrudel.

Schön, dass die Geschichte bei dir etwa so angekommen ist, wie ich sie mir gedacht hatte. Hat mich wirklich gefreut. Und danke für die Verbesserungsvorschläge.

Manche Abschnitte, die du kritisiert hast, kamen schon Chris seltsam vor - jetzt weiß ich, dass diese anscheinend nicht das gewollte Bild transportieren. Ich hab sie etwas abgeändert und hoffentlich die Verständlichkeit verbessert.

Nur die Sache mit der Aufmerksamkeit werde ich erstmal so stehen lassen. Ich wollte mit der Beschreibung des alten Mannes und des Mädchens eher flüchtige Eindrücke des Protagonisten wiedergeben, insofern ist das "Ich schenke ihnen keine Aufmerksamkeit" passend. Diese Absicht sollte ich in der Beschreibung noch verdeutlichen, aber dafür nehme ich mir lieber ein bisschen Zeit.

Ich weiß zwar nicht, welche Werbung du meinst, aber dass der Protagonist quasi von einem Gemälde in das nächste stolpert, stimmt. Und diese etwas traumartigen Bilder beim Leser zu erzeugen war mein Ziel bei der Geschichte.

Grüße, memorion

 

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