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Dragomir
Dragomir
In einer Welt - viele,viele Jahre vor unserer hektischen und ruhelosen Episode - lebte einst ein Drache in Zeiten des Umbruchs.
Sein Name war Dragomir.
Er war ein mächtiger, starker und tapferer Drachenbursche, den nichts so schnell aus den Bahnen warf.
Viele Kämpfe hatte er schon bestritten und ging aus allen siegreich, wenn auch verletzt hervor. Seinen Körper zierten unzählige Narben zu denen allen er eine Geschichte hätte erzählen können, wenn du gewagt genug gewesen wärest, ihn zu fragen. Mit jeder dieser Narben auf seinem großen, schuppigen Körper hatte sich auch eine Geschichte oder ein leiner Erinnerungsfetzen in seinem Gehirn eingenistet, zu deren Abruf er stets in der Lage gewesen wäre.
Doch die vergangene Zeit warf in Dragomir unendlich viele Fragen auf.
Egal wohin ihn seine mächtigen Schwingen trugen, er war dort immer allein.
Oft flog er über bewaldete Flächen, große breite Spiegel aus Wasser und breite Flächen aus feinstem Sand.
Immer suchte er nach alten Freunden, mit denen er Millionen von Jahren seines, nun langsam älter werdenden Lebens verbracht hatte.
Sein Blick forschte hoffnungsvoll nach dem alten Drachenmeister Dorodin, der ihm all seine verzweifelten Fragen hätte beantworten können.
Doch egal wohin er flog oder wie sehr er seine treuen Augen anstrengte, immer glitt sein Blick ins Leere.
Nie sah er die Schwingen seiner alten Freunde sorgenfrei im Meer dahingleiten oder einen großen, schuppigen Wanzt faul in der Sonne liegen.
Auch Dorodin trohnte nicht auf seinem angestammten Platz auf der höchsten Spitze eines mächtigen Hügels, der, so machte es den Anschein, in einem gewaltigen Meer aus Baumkronen zu ertrinken drohte.
In Dragomir stieg ein erdrückendes Gefühl der Angst auf, das ihn unruhig werden ließ.
Er konnte sich nicht erkären wohin seine Freunde so plötzlich gegangen sein könnten und warum sie nicht mit ihm gesprochen hatten bevor sie die Reise antraten.
Eines Tages beschloss Dragomir, sich wieder auf die Suche zu machen - wie schon unzählige Male vor diesem Tag.
Er drückte sich mit all seiner Kraft vom weichen, mit Graß und Moos bewachsenen Boden ab und seine mächtige Gestalt stieg gen Himmel.
Der Drache beschloss in den Teil des Reiches zu fliegen, vor dem ihn seine Eltern und die anderen weisen Drachen in seiner, nun weit zurückliegenden Jugend immer gewarnt hatten.
Wo sonst sollten die Anderen sein, er hatteschon das ganze, ihm bekannte Reich abgesucht.
Also glitt er hoffnungsvoll durch die Luft. Gen des ihm unbekannten und erwartungstragenden Gebietes.
Dragomirs Blick war starr auf die, sich schnell verändernde Landschaft unter ihm gerichtet.
Nach einem langen flug, der ihn erschöpft werden ließ erblickten seine müden Augen etwas in der Ferne.
Der Drache war nicht fähig aus dieser Weite zu erkennen, was sich vor ihm bewegte.
In seinem Kopf hallten immer und immer wieder die warnenden Worte seiner, schon längst an den fernen Platz der alten Drachen gereisten Eltern wieder.
" Mein Sohn, du must mir eines versprechen:
Verirre dich niemals in deinem langen Dasein in den verbotenen Teil des Reiches. Dort ist es sehr gefährlich für uns Drachen. Egal was geschehe, lasse deine Schwingen niemals in diesen Teil gleiten."
Er verringerte seine Geschwindigkeit, war aber nicht gewillt umzukehren und in das bekannte Reich zurüczufliegen. Für Die Umkehr war sein Herz zu erfüllt von Hoffnung und der freudigen Erwartung endlich, nach einer langen Suche die ersehnten Gesichter seiner Freunde zu sehen.
Nach einem langsamen und leisen Anflug, den sein Vater ihm gelehrt hatte waren seine Augen fähig zu sehen, was sich dort unten bewegte.
Doch sah er nicht die ersehnte Drachen sondern etwas, was er nicht zuordnen konnte.
Ihm fremdartige Tiere, die keine Schwingen besaßen und sich seltsam auf dem Boden fortbewegte. Auch konnte er keine, in Fels gebauten Höhlen sehen sondern standen diese dort frei und ungeschützt im offenen Land. Diese Tiere waren sehr klein und besaßen einen, ihm seltsam erscheinenden Panzer.
Dragomir war unentschlossen. Sollte er doch zurückkehren, in der taurigen Gewissheit seine Feunde nicht im verbotenen Teil des Reiches gefunden zu haben - oder sollte er hinunterfliegen und die femden Wesen nach Auskunf fragen?
Der Drache brauchte nicht lange zu überlegen. Die Sehnsucht nach seinen Freunden überwiegte in seinem großen herzen und er entschloss sich hinunterzufliegen.
Was dann geschah, war zu fremd und zu eigenartig als das der Drache es hätte verstehen können.
Schon als die fremden Wesen ihn sahen schienen sie in Panik zu geraten. Sie liefen wild dureinander, stießen schreiend gegeneinander und der größte Teil floh in ihre Höhlen.
Der Drache wusste nicht was geschah, war zu verwirrt um umzukehren, dachte nicht das sie vor ihm wegliefen.
Er suchte doch nur seine Freunde.
Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz im linken Bein und im selben Moment nahm er erstaunt wahr, das die Tiere ihn mit Sachen bewarfen. Mit spitzrn Gegenständen, die ihm Schmerzen bereiten sollten.
Voller Panik und gedankenloser Leere beschloss Dragomir zurückzufliegen.
Er wusste nicht warum diese Tiere so feindselig ihm gegenüber waren und lenkte seine Schwingen gen des ihm bekannten Reiches.
Er flog, so schnell ihn seine Flügel trugen.
Doch blickte er nochmals zurück, wollte wissen ob diese Wesen ihn immernoch angriffen.
Dragomir erblickte jedoch nicht die ihm immernoch feindselig gegenüberstehenden Kreaturen sondern etwas, das er nie hätte sehen wollen.
Neben einer dieser Höhlen sah er sie.
Die prunkvollen Schwingen seiner Freunde, die großen, schupiggen Panzer in denen kein Leben mehr steckte.
All das verstreut auf dem drechikgen, staubigen Boden und inmitten dieses grausigen Anblicks lag, mit Augen, in denen sich keine Seele mehr spiegelte, der Kopf Dorodins.
Dragomir flog.
Er Flog von Trauer, Verzweiflung und Ungläubigkeit getragen in die Weiten des beannten Reiches, bis er erschöpft weit weit weg von diesen abscheulichen Tieren an einem see zur Ruhe kam.
Dort saß er, auf einem großen Stein inmitten des Wassers. In gedankenloser Stille, trauernd - weinend. Jede einzelne Träne, die aus diesen großen Augen hinab ins Wasser stürzte erzeugte kleine Wellen.
Wellen, die sich im See verloren genauso wie Dragomir sich in seine Trauer verlor.
Er wusste seine Freunde waren tot. Nun hatte er Niemanden mehr mit dem er durch die Lüfte segeln, im Wasser schwimmen oder in der Sonne faul sein konnte.
Er war der einzige Drache im großen, unendlich weiten Reich.
Wie konnten diese Tiere das nur tun?
Seine Freunde töten, die Körper derer aufbewahren und wie Abfall auf der schmutzigen Oberfläche dieser Welt lagern?
Was Dragomir nicht wusste war, das er wohl auf die gierigste, egoistischste und skruppelloseste spezies getroffen war, die das Universum wohl hergab.
Er war den Menschen begegnet!
Der Drache lebte nicht mehr lang.
Er starb - starb an Einsamkeit und der Gewissheit immer allein zu sein.
Und mit diesem mächtigen und wundervollen tier - mit Dragomir starben die Erinnerungen an eine Zeit, die faszinierender und wohl auch schöner nicht hätte sein können.
Eine Zeit, in der Frieden herschte -
eine Zeit, in der der Mensch noch nicht den gesamten Erdball besiedelte.