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Drei zu eins

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07.09.2010
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Drei zu eins

Friedmann blieb vor der Haustür stehen. In einer Tüte befand sich das Essen. Das Fußballergebnis hatte er auch gegoogelt, es war kein überraschendes Ergebnis gewesen. Friedmann klingelte und Fritz, der Jüngere seiner Söhne, öffnete die Tür.
„Hey“, sagte Fritz.
„Hey, na? Alles senkrecht?“ Friedmann klopfte seinem Sohn auf die Schulter.
Fritz nickte und trat beiseite. Im Flur des Hauses hängte Friedmann, wie jeden Donnerstag, die Jacke an den Haken. Den Kopf in alle Richtungen drehend, sah er sich um. „Wo ist Augustin, mh? Wo bist du?!“, rief er.
Fritz nahm seinen Vater beim Oberarm und zog ihn durch den Flur in das Wohnzimmer. Augustin und Charlotte, die Mutter der Jungen, saßen über ein Kinomagazin gebeugt. Charlotte sah auf. „Hallo Friedmann.“
„Hallo Charli. Na Jungs? Freut ihr euch schon auf ein richtiges Essen?“
In Charlottes Gesicht hob sich eine Augenbraue. Friedmann sah sie entschuldigend an, dann zwinkerte er seinen Söhnen zu.
Augustin straffte seinen Rücken. „Hey“
„Hey. Was schaust du dir da an, mh?“ Friedmann ging mit männlich schwankendem Schritt auf Augustin zu und setzte sich ihm gegenüber. Charlotte stand auf. „Viel Vergnügen, ich geh dann mal in den Garten.“

„Was macht das Team?“, fragte Fritz. Es gehörte dazu, diese Frage zu stellen. Friedmann lachte, „Hahaa! Drei zu eins für die Guten! Jetzt geht es um die Wurscht!“
Er schlug sich auf die Schenkel. Fritz nickte.
„In der Schule hat Lukas Steinholz einen riesigen, kackenden Bären an die Wand gesprüht“, sagte Fritz. Augustin schüttelte grinsend den Kopf.
Mit der flachen Hand auf den Tisch schlagend, schmetterte Friedmann ein erneutes Gelächter. „Ha, da hat der alte Hausmeister ganz schön zu schrubben gehabt, was?“
Die Jungen sahen sich an.
„Der Hausmeister ist okay, es war einfach nur lustig.“
Kurz schwiegen sie. Friedmann fragte, ob die Jungs Hunger hätten.

Sie saßen zu dritt auf dem Sofa. Friedmann in der Mitte, die Söhne links und rechts, jeder einen mit Mischgemüse, Schnitzel, Kroketten und Ketchup schwer beladenen Teller auf dem Schoß. Augustin stocherte in seinem Essen herum und schob die Schnitzel beiseite. Sein Vater stieß ihn mit dem Ellenbogen an. „Iss nicht wie ein Mädchen.“ Er sah er zu Fritz. „Aha, du magst das Essen, was?“
„Aber es ist viel zu viel.“ Fritz beugte sich zu seinem Bruder herüber. „Augustin - gestern? Charlie wirft mir den Apfel zu und ich renn voll gegen den Schrank?“
Augustin lachte leise. „Du hättest ihn sehen sollen, das war elegant!“
Charlotte betrat das Zimmer. „Hey, Mama, hab ich gestern nicht jeden Tänzer übertroffen?“ Sie kicherte. „Und geschrien hast du.“
„Nicht lachen!“
„Ach Brüderchen“, Augustin schüttelte den Kopf, „du musst noch so viel lernen.“
„Zum Beispiel wie man sich in eine Regentonne setzt?“
„Das ist Jahre her.“
Friedmann sah zu Augustin. „In eine Regentonne? Wie hastn das angestellt?“
„Ach, war gar nicht so schwer. Nein, Charlie - Mama, wehe!“
Sie hatte Fotos aus einer Schublade geholt und zeigte sie nun herum. Ein jüngerer Augustin, der mit dem Hintern in einer Tonne steckte.
„Die sind doch alle schief, damit kannst du keinen Fotowettbewerb gewinnen, Mama. Und hier hast du mir den Fuß abgeschnitten, das ist brutal!“
Charlotte packte die Fotos zusammen. „Härte durch Schmerz, mein Sohn.“ Dabei lächelte sie und strich ihm über den Kopf. Dann stellte sie eine Schüssel mit Keksen auf den Tisch und verließ den Raum.
„Ha!“, machte Fritz, „Härte durch Schmerz, mein Sohn. Augustin, wer von uns beiden muss noch so viel lernen?“
Friedmann saß etwas irritiert zwischen seinen Söhnen.

Bald schob Augustin seinen noch halbvollen Teller beiseite. Er griff nach den Keksen.
„Willst doch mal was auf die Rippen kriegen, oder? Komm, iss noch was“, sagte Friedmann zu seinem Ältesten.
„Ich bin schon satt.“
„Komm schon, sei kein Baby, nur ein bisschen.“
„Keinen Hunger.“
„Augustin, stell dich nicht so an. Wirst es doch fertig bringen, noch eine Erbse zu essen!“
Eine Erbse?“
„Ja, das wird doch nicht zu schwer sein.“
„Und was hast du dann davon?“
Friedmann holte tief Luft. Dann atmete er wieder aus und ließ nur ein letztes Bisschen Atem für seine Worte übrig. „Iss sie einfach.“
Doch sein Sohn aß Kekse.

Nach dem Essen schauten sie wie jeden Donnerstag die Simpsons. Friedmann hatte seine Arme um die Schultern der Jungs gelegt.
Dann war es acht Uhr und sie verabschiedeten sich. „Nächstes Mal aber bitte kein Fleisch“, sagte Augustin.
Friedmann verließ das Haus.
Während er zu seinem Auto ging dachte er an das Flugticket, dass in seiner Wohnung auf dem Küchentisch lag. Der Fußball würde ihn schon noch vermissen lernen, American Football hieß sein neues Spiel.

 

Hallo Streifenkaninchen, 3:1 ist das Mischungsverhältnis in der Familie, nachdem der Vater zu Besuch kommt. Außerdem scheint es auch das Ergebnis eines Fußballspiels zu sein, an dem "die Guten" beteiligt sind. Wolltest du eine Verbindung zwischen Geschlechterverhältnis und Fußballergebnis herstellen?
Also ich hab auch nach zweimaligem Lesen keine Brücke finden können und auch was Fußball in der Geschichte zu suchen hat bleibt rätselhaft. Zu Beginn, am Schluss und in dem Gespräch tauchen da geheimnisvolle Andeutungen auf, die nicht verdeutlicht werden. Damit lässt du den Leser allein. Dabei finde ich den Dialog an sich, die beschriebenen Situationen und den Tonfall gut. Der regelmäßige Besuch des Vaters, der von der Familie getrennt lebt, würde schon ein Szenario für eine Gesellschafts-Geschichte abgeben, aber die sehe ich hier nicht.
Grüße
Kubus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kubus,

ob die Geschichte wirklich hier hin gehört, wusste ich auch nicht, aber es schien mir noch das passendste zu sein.

Schade, dass der Zusammenhang mit dem Titel nicht so ganz rübergekommen ist, also mit Geschlechterverhältnissen hat das nix zu tun. Und der Fußball steht für den Vater, sein Verhältnis zu den Söhnen, ...

Ich bin einfach gespannt, ob es vielleicht sonst jemand aus dem Text herausliest? Es ist nämlich irgendwie mein größtes Problem, dass meine Texte zu kryptisch sind, falls in nächster Zeit aber kein anderer dahinterkommt, gebe ich natürlich gerne preis, wie Titel und Fussball in die Geschichte passen.

Schöne Grüße!

------

Also:

Der Vater kommt nur einmal pro Woche zu besuch, er hat keine richtige Beziehung zu seinen Söhnen, sie lassen sich von ihm nicht erziehen, er ist die eins. Und die anderen sind die drei (zwei Söhne und eine Mutter), so ist die Familie aufgeteil.

Fußball ist ein Thema, das jedes Mal routinemäßig angesprochen wird, die Söhne fragen den Vater nach dem Ergebnis, aber keinen interessiert es um des Spiels Willen, das Thema ist lediglich etwas, das zu der Beziehung zwischen Vater und Söhnen dazugehört.

So, das nochmal, falls irgendwann jemand über die Geschichte stolpern sollte ;)

Gruß!

 

Hallo!

Ich finde diese Geschichte sehr verwirrend, vor allem die Dialoge und wer hier wer ist. Seine Kinder Fritz und Augustin zu nennen ist schon grandios, das passt ja mal gar nicht.
Die Dialoge werfen viele Rätsel bei mir auf, sie wirken seltsam konstruiert und nicht natürlich. Es entsteht kein Bild, kein "Film" beim Lesen.

Und dann das Ende...nein, also ich kann mit der KG nichts anfangen, sorry!

 

Hallo NikitaF,

Schade, dass da kein Film abläuft.
Verwirrend? Ja, das habe ich mir gedacht, dass ich in diese Falle mal wieder getappt bin. Also was Kubus schreibt, dass Fußball und Titel verwirren, das kann ich nachvollziehen, aber man kann nicht erkennen, wann wer was sagt? Komisch, weil es doch fast immer explizit dasteht.


Danke für den Kommentar!

 

Salve Nesolagus,

ich mochte Deine fiese feine Geschichte, über die Du in Deinen Antwortbeiträgen gar nicht so viel hättest sagen müssen - ich finde sie vllauf selbsterklärend.

Da ist der Kindsvater, der sich, als die Söhne klein waren, aus dem Staub gemacht hat bzw entsorgt wurde. Die wirklich wichtigen familienverbindenden Erlebnisse hat er verpasst und verpasst sie weiterhin (wie Kinder, die sich in die Regentonne setzen und gegen den Schrank laufen). So bekommt er nicht mit, wie einer der Söhne wohl zum Vegetarismus konvertiert.

Auch seine Versuche, wenigstens im Heranwachsendenalter die Entwicklung der Männlichkeit positiv zu beeinflussen, lässt die Restfamilie, die sich selbt genügt, ins Leere laufen. Weder John-Wayne-Wiegeschritt noch Machosprüche, der Sohn möge nicht wie ein Mädchen essen, fruchten.

Schön finde ich auch, wie Du das Gefüge ambivalent hältst. Es bleibt unklar, ob Exfrau und Söhne nichts von den auswanderungsplänen erfahren, weil sie das, was sie im Inneren bewegt, selbst nicht mitteilen, oder ob der Prot sowohl unfähig ist, das Wesentliche zu hören, als auch, es auszusprechen.

Übrigens fand ich es jederzeit klar, wer redet. Im Gegenteil, an manchen Stellen hätte man übererklärende Halbsätze durchaus streichen, und dafür der Mutter einen Auftritt mehr gönnen können, aus dem hervor geht, wie sie zu ihrem Ex steht.

So schlecht ist die Geschichte nicht, dass eine Überarbeitung nicht lohnte - zumindest eine Korrektur der Komma- udd RS-Fehler, die herauszusuchen ich zu müde bin. Exemplarisch nur hier:

„Hey, na? alles senkrecht?“,

Das war Dein Erstling auf KG.de, nicht wahr? ME ein gelungener, und damit ein sehr verspätetes willkommen vom

Leopard

 

Hallo Leopard :)

Ich bin sehr erleichtert, dass Du was mit der Geschichte anfangen kannst. Dass Du sie auch noch verstanden hast, ohne dass ich etwas erklären müsste, freut mich sogar fast am meisten. Deine Zusammenfassung stimmt absolut mit dem überein, was ich im Kopf hatte :D

Im Gegenteil, an manchen Stellen hätte man übererklärende Halbsätze durchaus streichen, und dafür der Mutter einen Auftritt mehr gönnen können, aus dem hervor geht, wie sie zu ihrem Ex steht.

Ja, diese ganzen ",sagte ..." mache ich tatsächlich, damit keine Verwirrung aufkommt und übertreibe da wohl oft. Das werde ich mir nochmal anschauen.

Kurz bevor ich die Geschichte reingestellt habe, hab ich sie gekürzt, es fiel vor allem eine Szene weg, die die jetzige Beziehung der Eltern erahnen lässt. Vielleicht neheme ich die wieder rein. Mal gucken.

Zuerst muss ich allerdings Zeit für die Überarbeitung meiner aktuellen Geschichte finden, kann ein kleines bisschen dauern.

Das war Dein Erstling auf KG.de, nicht wahr?

Nicht ganz, mein Zweitling. Den Erstling hast Du auch kommentiert ;) Sie heißt "Georgs Urlaub" und ist in der Versenkung verschwunden, da war ich nämlich gerade zu lange im Urlaub...

Danke für den Kommentar und
Salve!

 

Hallo,

mir gefällt deine Geschichte auch. War ebenfalls garnicht verwirrt und fand die Dialoge ganz plastisch.
Nur einer der letzten Sätze: Nächstes Mal bitte kein Fleisch, kam mir nicht ganz so klar vor, vielleicht weil ich durchs lesen nicht ganz drauf gestoßen wurde, ob es dem Jungen nicht schmeckte, oder zuviel war, oder er Vegetarier war und weil der Satz nach der Mutter klingt.

Ausserdem würde ich gern das Gesicht des Vaters sehen, wenn er die Gespräche der Jungen verfolgt: ob er neugierig zuhört und sich um Lächeln bemüht, oder ob er verloren dasitzt und die Wände betrachtet, oder ob er mit Luchsaugen aufsaugt, was er kriegen kann. Ich seh ihn bloss Haha, sagen und Schenkel klatschen, aber das kann man auf so viele Arten tun. Aber immerhin machst du mit deiner Geschichte neugierig und sie ist auf jeden Fall eine Überarbeitung wert.

An der Mutter bin ich eigentlich nicht so sehr interessiert und die anderen kommen ja auch ohne sie aus.

Am Besten liebe ich die schöne, gefühlvolle Art, das eigentlich Unsagbare über die Essensmanieren auszudrücken.

Gelungen!
Liebe Grüße, Simone

 

Hallo Simone!

Ohje, jetzt habe ich mich noch gar nicht für den Kommentar bedankt, das hole ich schnell nach ... also: danke :)

freut mich, dass Du die Geschichte gelungen fandest.

Ich habe die Geschichte jetzt hauptsächlich formal geändert, nur ein paar kleine inhaltliche Änderungen. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, mehr zu ändern, wollte sie aus allen Nähten platzen und nicht mehr ganz stimmen.

schöne Grüße!

 

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