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Drei zu eins
Friedmann blieb vor der Haustür stehen. In einer Tüte befand sich das Essen. Das Fußballergebnis hatte er auch gegoogelt, es war kein überraschendes Ergebnis gewesen. Friedmann klingelte und Fritz, der Jüngere seiner Söhne, öffnete die Tür.
„Hey“, sagte Fritz.
„Hey, na? Alles senkrecht?“ Friedmann klopfte seinem Sohn auf die Schulter.
Fritz nickte und trat beiseite. Im Flur des Hauses hängte Friedmann, wie jeden Donnerstag, die Jacke an den Haken. Den Kopf in alle Richtungen drehend, sah er sich um. „Wo ist Augustin, mh? Wo bist du?!“, rief er.
Fritz nahm seinen Vater beim Oberarm und zog ihn durch den Flur in das Wohnzimmer. Augustin und Charlotte, die Mutter der Jungen, saßen über ein Kinomagazin gebeugt. Charlotte sah auf. „Hallo Friedmann.“
„Hallo Charli. Na Jungs? Freut ihr euch schon auf ein richtiges Essen?“
In Charlottes Gesicht hob sich eine Augenbraue. Friedmann sah sie entschuldigend an, dann zwinkerte er seinen Söhnen zu.
Augustin straffte seinen Rücken. „Hey“
„Hey. Was schaust du dir da an, mh?“ Friedmann ging mit männlich schwankendem Schritt auf Augustin zu und setzte sich ihm gegenüber. Charlotte stand auf. „Viel Vergnügen, ich geh dann mal in den Garten.“
„Was macht das Team?“, fragte Fritz. Es gehörte dazu, diese Frage zu stellen. Friedmann lachte, „Hahaa! Drei zu eins für die Guten! Jetzt geht es um die Wurscht!“
Er schlug sich auf die Schenkel. Fritz nickte.
„In der Schule hat Lukas Steinholz einen riesigen, kackenden Bären an die Wand gesprüht“, sagte Fritz. Augustin schüttelte grinsend den Kopf.
Mit der flachen Hand auf den Tisch schlagend, schmetterte Friedmann ein erneutes Gelächter. „Ha, da hat der alte Hausmeister ganz schön zu schrubben gehabt, was?“
Die Jungen sahen sich an.
„Der Hausmeister ist okay, es war einfach nur lustig.“
Kurz schwiegen sie. Friedmann fragte, ob die Jungs Hunger hätten.
Sie saßen zu dritt auf dem Sofa. Friedmann in der Mitte, die Söhne links und rechts, jeder einen mit Mischgemüse, Schnitzel, Kroketten und Ketchup schwer beladenen Teller auf dem Schoß. Augustin stocherte in seinem Essen herum und schob die Schnitzel beiseite. Sein Vater stieß ihn mit dem Ellenbogen an. „Iss nicht wie ein Mädchen.“ Er sah er zu Fritz. „Aha, du magst das Essen, was?“
„Aber es ist viel zu viel.“ Fritz beugte sich zu seinem Bruder herüber. „Augustin - gestern? Charlie wirft mir den Apfel zu und ich renn voll gegen den Schrank?“
Augustin lachte leise. „Du hättest ihn sehen sollen, das war elegant!“
Charlotte betrat das Zimmer. „Hey, Mama, hab ich gestern nicht jeden Tänzer übertroffen?“ Sie kicherte. „Und geschrien hast du.“
„Nicht lachen!“
„Ach Brüderchen“, Augustin schüttelte den Kopf, „du musst noch so viel lernen.“
„Zum Beispiel wie man sich in eine Regentonne setzt?“
„Das ist Jahre her.“
Friedmann sah zu Augustin. „In eine Regentonne? Wie hastn das angestellt?“
„Ach, war gar nicht so schwer. Nein, Charlie - Mama, wehe!“
Sie hatte Fotos aus einer Schublade geholt und zeigte sie nun herum. Ein jüngerer Augustin, der mit dem Hintern in einer Tonne steckte.
„Die sind doch alle schief, damit kannst du keinen Fotowettbewerb gewinnen, Mama. Und hier hast du mir den Fuß abgeschnitten, das ist brutal!“
Charlotte packte die Fotos zusammen. „Härte durch Schmerz, mein Sohn.“ Dabei lächelte sie und strich ihm über den Kopf. Dann stellte sie eine Schüssel mit Keksen auf den Tisch und verließ den Raum.
„Ha!“, machte Fritz, „Härte durch Schmerz, mein Sohn. Augustin, wer von uns beiden muss noch so viel lernen?“
Friedmann saß etwas irritiert zwischen seinen Söhnen.
Bald schob Augustin seinen noch halbvollen Teller beiseite. Er griff nach den Keksen.
„Willst doch mal was auf die Rippen kriegen, oder? Komm, iss noch was“, sagte Friedmann zu seinem Ältesten.
„Ich bin schon satt.“
„Komm schon, sei kein Baby, nur ein bisschen.“
„Keinen Hunger.“
„Augustin, stell dich nicht so an. Wirst es doch fertig bringen, noch eine Erbse zu essen!“
„Eine Erbse?“
„Ja, das wird doch nicht zu schwer sein.“
„Und was hast du dann davon?“
Friedmann holte tief Luft. Dann atmete er wieder aus und ließ nur ein letztes Bisschen Atem für seine Worte übrig. „Iss sie einfach.“
Doch sein Sohn aß Kekse.
Nach dem Essen schauten sie wie jeden Donnerstag die Simpsons. Friedmann hatte seine Arme um die Schultern der Jungs gelegt.
Dann war es acht Uhr und sie verabschiedeten sich. „Nächstes Mal aber bitte kein Fleisch“, sagte Augustin.
Friedmann verließ das Haus.
Während er zu seinem Auto ging dachte er an das Flugticket, dass in seiner Wohnung auf dem Küchentisch lag. Der Fußball würde ihn schon noch vermissen lernen, American Football hieß sein neues Spiel.