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Durchschnittstyp

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15.04.2002
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Durchschnittstyp

Er war ein Versicherungsbeamter, nur einer unter vielen unbedeutenden Angestellten, die in ihren grauen Anzügen mit ihren grauen Krawatten in ihren viel zu kleinen Büros ohne Fenstern saßen und die Akten und Verträge der Kunden der Versicherungsgesellschaft, die auf ihren Schreibtischen landeten (sie kamen natürlich aus der unteren Abteilung), kontrollierten und weiterleiteten (natürlich an die höhere Abteilung). Er war einer von ihnen. Wenn man ihn genauer betrachtete war er ein Vorzeigeexemplar der mittleren Abteilung; er gehörte der Masse an, er verrichtete seinen Job zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten, er war unauffällig und hatte keine Ambitionen seine Karriere nach oben fortzusetzen.
Er begann vor fast zwölf Jahren in der Kontrollabteilung und arbeitete heute immer noch dort. Er war nicht dumm, aber sein Gehirn war eben nicht in der Lage mehr zu leisten oder schneller zu denken, als es es jetzt tat. Er war einfach ein Büroangestellter, wie es ihn millionenfach auf dem ganzen Planeten gab: Er war der Durchschnittstyp.

Sein Name war Bill.
Bill war 34.
Bill war glücklich verheiratet.
Bill hatte zwei wunderbare Kinder.
Kate war 33.
William und Sarah waren Zwillinge, sieben Jahre alt.

Heute.
Mittagspause.
Schweißgebadet verließ Bill sein kleines Büro. Die Stadt wurde seit Tagen von einer Hitzewelle heimgesucht und die Klimaanlage funktionierte schon die ganze Woche nicht. Die Hitz machte ihn fertig. Er wollte nachhause, weg von diesem Backofen, und heraus aus seinem verschwitzten und an der feuchten Haut klebenden Anzug. Sein morgens frisiertes Haar klebte inzwischen verfilzt an der Stirn und glänzte vor Schweiß. Unter seinen Augen bildeten sich Schweißperlen. Er wischte sie ab. Er ging durch den Gang hinaus ohne jemanden eines Wortes zu würdigen oder ihn nur anzusehen. Bill wollte nicht reden. Er wollte nur weg.

Er trat hinaus ins Freie. Ein neuer Hitzeschwall traf ihn. Die Sonne stand hoch am Himmel. Ihm kam alles so verschwommen vor.
Bill blickte auf den Horizont, er sah wie die weit entfernten Hochhäuser der Innenstadt im Dunst der heißen und feuchten Luft träge flimmerten. Er wandte sich ab und ging über den Parkplatz zu seinem Wagen. Er stieg ein. Im Wagen war es noch heißer, der Schweiß rann Bill in dünnen Rinnsalen sein Gesicht hinab, die feuchten Flecken unter seinen Achseln wurden zu nassen. Bill atmete durch. Er war draußen. Er stützte seinen Kopf auf das heiße Lenkrad und starrte in den Himmel. Seine Augen wurden zu Schlitzen, das helle Licht der Sonne blendete ihn. Er schloß die Augen. Er sah sein eigenes Blut rot schimmernd durch die Adern seiner Augenlider fließen. Das Sonnenlicht bildete einen grellen gelb-orangen Fleck auf seinen Lidern. Er drehte den Schlüssel im Zündschloß. Als der Wagen lief öffnete er seine Augen wieder und hob den Kopf vom Lenkrad. Bill fuhr langsam über den Parkplatz auf die Straße hinaus. Er kurbelte das Fenster hinunter, heiße, schwüle Luft kam durch die Öffnung herein. Er bemerkte es kaum, so weit weg erschien alles. Bill lenkte den Wagen abwesend durch den Mittagsverkehr. Er fühlte sich so leer. Als ob sein Gehirn keinen Gedanken zu Ende führen konnte ohne den roten Faden zu verlieren. Eine Ampel sprang auf rot, Bill bremste den Wagen ab. Rein mechanisch, nur durch Instinkt. Er stoppte und starrte die Ampel an. Das rote Licht, sein Blut. Es verschwand und wurde schwarz. Das gelbe Licht, die Sonne. Es wurde schwarz, wie das rote zuvor. Das grüne Licht, unbekannt. Starren. Die Sonne war verschwunden. Bill war so leer. Geräusche von hinten. Hupen. Bill erkannte die Geräusche und plötzlich auch das grüne Licht. Träge trat er auf das Gaspedal und überquerte die Kreuzung. Er würde bald zuhause sein, aber in seinem Kopf war alles so weit auseinander, er wußte nicht wo er war, wo er hinging. Er war wie ferngesteuert, aber er führte sich selbst ohne es zu wissen. Träumte er? Nein, er konnte sich an das Vergangene erinnern. Die Gegenwart war so verschwommen und unscharf. Das Denken fiel ihm schwerer, er schien es verlernt zu haben. Bill begann zu vergessen wie man denkt. Er war so leer.

Er stoppte den Wagen auf der Garageneinfahrt. Er stieg aus. Auf seinem Rücken hatte sich ein großer feuchter Fleck gebildet, der seinen grauen Anzug an dieser Stelle schwarz erscheinen ließ. Er ging quer über den Vorgarten zur Eingangstür. Die Sonne brannte ihm auf den Kopf. Er wischte sich Schweiß von der Stirn. Er sperrte die Türe auf und betrat sein Haus.

Bill war zuhause. Stimmen. So weit entfernt. Er ging in die Küche. Seine Frau sagte etwas zu ihm, er verstand es nicht. Er antwortete ihr, hörte nicht, was er sagte. So weit weg. So leer. Lachen aus dem Wohnzimmer, seine beiden Kinder. Schweiß klebte an seinen Schläfen. Er sah aus dem Küchenfenster. Die Scheiben waren feucht, alles schien zu schwitzen. Er schloß die Augen. Das flimmernde Rot seines Blutes war wieder da. Pulsierend. Er drehte sich um, weg vom Fenster. In den Schatten des Zimmers. Seine Lider wurden schwarz. „Die Sonne ist verschwunden.“ hörte er sich sagen. Er öffnete die Augen. Er sah einen Gegenstand auf der Küchenplatte. Stimmen. Unbekannt. Er nahm das Messer in die Hand. Dann schob Bill das Messer seiner Frau in den Rücken, es ging ganz leicht. Kate schrie nicht. Nur ein schwaches, ersticktes Stöhnen. Ihr Arm griff an die Wunde. Bill zog das Messer heraus. Steckte es wieder in ihren Rücken. Heraus. Hinein. Heraus. Immer wieder. Das Stöhnen wurde schwächer. Kate sank zu Boden. Ihr sterbender Körper wand sich auf den kalten Fließen der Küche. Kate wimmerte leise. Bill kniete nieder. Er sah ihr in die Augen. Ihre glasigen Augen schauten zurück. Angst, Tod. Ihre Lippen zitterten. Bill zerschnitt ihre Wangen. Blut ergoß sich auf den Boden. Kates Unterkiefer klappte herunter. Bill konnte ihre Sehnen und Wangenmuskeln sehen. Aus der klaffenden Öffnung drang ein leises, weinendes Wimmern. Kates Augen füllten sich mit Tränen. Stimmen. Bill blickte auf.
Er sah seine Kinder. Weinend, ihre Blicke fassungslos zwischen ihrer sterbenden Mutter und ihrem mordenden Vater wechselnd. Er kannte sie nicht mehr. Sein Denken war fort. Bill existierte nicht mehr. Er sprang auf. Das Messer fuhr William in den Hals und durchtrennte seine Kehle und die linke Halsschlagader, bevor er sich bewegen konnte. Sein Mund füllte sich mit Blut und erstickte seinen Todesschrei. Sarah schrie. Bill hörte nichts. Es ging alles so langsam. Er war so weit weg. William fiel um. Blut floß aus seinem Mund und spritzte mit einem pulsierenden Strahl aus seinem zerstörten Hals. Sarah rannte ins Wohnzimmer. Kauerte sich in ein Eck; die Knie angezogen, mit den Armen umfaßt. Bill folgte ihr langsam. Stimmen. Panisches Weinen. Bill erkannte es nicht. Die Stimmen waren so weit weg, so unbekannt. Er ging auf Sarah zu. Sie zitterte. Die Augen fest verschlossen. Sie sah den Fußtritt nicht kommen. Bills Absatz traf sie über dem linken Auge. Der Stirnknochen des Kindes splitterte, das Fleisch um ihr linkes Auge wurde fortgerissen. Ein Fetzen aus Haut und Fleisch verdeckte ihr Auge, aus dem ein weißlicher Saft austrat. Blut floß über Sarahs Wange und über ihr blindes Auge. Gehirnflüssigkeit trat durch ihren zerschmetterten Stirnknochen und vermischte sich mit dem Blut zu einer gallertartigen Flüssigkeit. Sarahs siebenjähriger Körper zuckte spastisch. Bill trat noch einmal zu. Sarahs Kopf prallte an die Wand. Ihr Genick und ihr Schädel brachen. Blut floß aus ihrer Nase und aus ihrem gesundem Auge. Ihr Kopf klappte vornüber. Loses Fleisch baumelte von ihrer linken Gesichtshälfte. Blutiger Speichel tropfte aus ihrem totem Mund. Bill wandte sich ab. Keine Stimmen mehr. Er ging in die Küche und legte das Messer ab. Seine Frau lag in der Lacke ihres Blutes. Ihr loser Unterkiefer zitterte. Schluchzende Geräusche drangen aus dem blutigem Loch hervor. Kate weinte während sie starb. Tränen rannen an ihren Augenwinkeln herab. Bill hörte sie nicht, er war zu weit weg. Er stieg über sie hinweg und verließ das Haus.

Draußen.
Er blickte in den Himmel. Er schloß die Augen. Das rote Flimmern kehrte zurück, auch der grelle orange-gelbe Fleck war wieder da. Er öffnete die Augen. Der grelle Fleck blieb einige Momente bestehen. Die Sonne war wieder da. Die Leere füllte sich. Das Denken kehrte zurück, Gedanken wurden klarer. Bill richtete seine verschwitzte Frisur zurecht und wischte sich den Schweiß aus seinem Gesicht. Er würde wieder in die Arbeit fahren, dachte er. Bill blickte auf seine Armbanduhr. Ein kleiner Bluttropfen verdeckte die Zeiger. Bill wischte ihn weg. Noch einundzwanzig Minuten bis zum Ende der Mittagspause. Er würde sich jetzt auf den Weg machen, dachte Bill, er wollte nicht zu spät kommen. Er hatte noch viel Arbeit zu erledigen.
Er ging auf seinen Wagen zu.
Die Sonne brannte ihm auf den Rücken.
Neuer Schweiß bildete sich auf Bills Stirn.

[ 19.04.2002, 22:26: Beitrag editiert von: Peter Koller ]

 

Anfangs erwartete ich eine ähnliche Szene wie die in einem Film mit Michael Douglas, wo er plötzlich mit dem Maschinengewehr durch die Gegend lief (habe den Titel vergessen). Trotz der Unterschiede ahnte man aber, was kam. Es wäre vielleicht besser gewesen, nicht so oft zu beteuern, daß er so ein "Durchschnittstyp" ist.

Die Beschreibungen in der Mitte:

"Sein Name war Bill.
Bill war 34.
Bill war glücklich verheiratet.
Bill hatte zwei wunderbare Kinder.
Kate war 33.
William und Sarah waren Zwillinge, sieben Jahre alt."

stören gewaltig im Wortfluß. Er wäre besser gewesen, die Informationen ohne Absätze in den Gesamttext miteinfließen zu lassen. Ich denke, es war Absicht, daß Du dies herausstellen wolltest, aber es wirkt hier nicht so gut. Dein etwas abgehackter Stil ist wohl auch gezielt gewählt, um die Denkweise des Protagonisten nachvollziehbar zu machen, und paßt eher als dieser Einschub hier.

Die Details der Tötungen waren schockierend. Obwohl "abgedroschene" Handlungen beschrieben werden und man alles bereits erwartet bzw. geahnt hat, lassen einen die Einzelheiten, besonders die, wie er die Tochter tötet, erschaudernd und tief betroffen zurück. Besonders, da ein ähnlicher Fall hier bei uns in Neuseeland gerade in den Schlagzeilen war. Der Ehemann hat seine Frau und Tochter niedergemetzelt und war zur Arbeit zurückgekehrt, als sei nichts geschehen. Hat auf der Beerdigung noch wie wild einen vorgespielt, grauenhaftes Theater, Journalisten kommentierten, daß seine "Vorführung" oskarreif war. Er hat 18 Jahre gekriegt.

Nun, wenn man sich Dein Profil ansieht, hofft man doch, daß Du nicht ähnliche Gedanken hast... ;) :p .

Geschockt hast Du mich, und wie. "Weiter so", sollte ich jetzt sagen, aber ich bin noch ein wenig :messer: :aua: ;)

 

Hallo Peter Koller,
erstmal herzlich willkommen auf KG.de! :prost:

Deine Geschichte hat mir von Deiner Art zu erzählen her gut gefallen. Du hast den "Burn-Out" des Protagonisten gut beschrieben.
Allerdings fand ich den Inhalt irgendwie flach. Naja, "flach" ist vielleicht das falsche Wort. Mhh..ich weiß auch nicht genau. Eigentlich stimmt in meinen Augen alles mit der Geschichte, aber das gewisse Etwas fehlt, dass sie mir auch wirklich gut gefällt.

Vielleicht liegt es daran, dass die Story für mich eigentlich keine wirkliche Horrorgeschichte ist - auch wenn die Taten des Mannes Horror sind. Würde die Geschichte in Alltag oder Gesellschaft stehen, würde ich sie unter anderen Gesichtspunkten beurteilen.
Mhh..

@Roswitha
Du meinst "Falling Down".

Ugh

 

Hallo Peter,

Willkommen bei uns in der kg.de :prost:

Als ich deine Geschichte gelesen hab, habe ich auch an M. Douglas gedachte.
@ Ros. Hieß der nicht "Falling Down?"

Von daher hab ich es auch schon kommen sehen.
Du hast diese Geschichte recht emutionslos erzählt. Das gibt sehr schön den Eindruck von der Stupidität, die an der Charaktäre nagt.

Alles in allem aber eine gute Geschichte.
Auf jedenfall ein guter Einstieg.
ICh war auch ein bißchen erschüttert, nachdem er seine Tochter getötet hat. :eek2:

Alles liebe,
und immer schön gruselig bleiben

Rub. :baddevil:

 

Hallo!

Ein Fetzen aus Haut und Fleisch verdeckte ihr Auge, aus dem ein weißlicher Saft austrat.
Ich habe schon mal ein Auge aufgeschnitten (im Rahmen des Studiums, ein Kuhauge, bitte keine falschen Verdächtigungen :) ) und im Augeninneren gibt es keine weiße Flüsssigkeit, sondern dort liegt der sogenannte Glaskörper. Dieser ist komplett farblos, durchsichtig (sehr hilfreich wenn man damit sehen will :) ) und hat die Festigkeit von Gelee... :teach: wichtigmach

Soviel dazu. Zur Geschichte gibts nur eines zu sagen - schockierend. Alles ziemlich "gut" beschrieben, obwohl es gerade bei solchen Tötungsgeschichten interessant gewesen wäre, eihn wenig mehr über die Vorgeschichte, den Grund seines Wahnsinns zu erfahren. Aber sonst ganz gut, meiner bescheidenen Meinung nach. :p

 

@Martin
Buäh..Du bist ja eklig.. <img border="0" alt="[kotz]" title="" src="graemlins/kotz.gif" />
Bei sowas würd ich glatt in Ohmacht fallen oder auf das Sezierbesteck kotzen..

Ugh

 

Hallo ihr da über mir!

danke für die netten Willkommensgrüsse. Ich hab die Seite eigentlich nur zufällig entdeckt (auf hackermovies.de war ein Link von einem User) und dann gleich was gepostet. Die Story ist schon 9 Jahre alt und kommt aus so einer Phase von mir, wo ich eine Menge Splatterpunk gelesen hab...

Dass sie vorhersehbar ist, war mir klar, ich hab halt gehofft, dass die Brutalität am Ende die mangelnde Originalität wett macht.

Und ob sie in der Rubrik Alltag besser aufgehoben wäre? Jetzt wo ich dran denk.. vielleicht schon, dort wirkt sie sicher stärker als da in "Horror", weil hier ja die Leser hartgesottener sind.
Wenn ich sie verschiebe, bleiben dann eure Kritiken dran oder sind die dann weg?

Alles Gute, Peter

PS: Hoppala, das mit der Anatomie ist aber ein böse Schnitzer. Werde das nächste Mal vorher ein paar Leute zerschnipseln, damit mir sowas nimmer passiert! :D

[ 15-04-2002, 15:02: Beitrag editiert von: Peter Koller ]

 

Hallo Peter!
Wenn Deine Geschichte verschoben wird, bleiben die bisherigen Antworten erhalten. Frag einen der Mods (hier: Pain, Pandora, Ben Jockisch, raven), ob sie Deine Story verschieben können - am Besten per PM oder Email.

ich hab halt gehofft, dass die Brutalität am Ende die mangelnde Originalität wett macht.
:lol: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.
dort wirkt sie sicher stärker als da in "Horror", weil hier ja die Leser hartgesottener sind.
:drool:

Ugh

[ 15-04-2002, 15:05: Beitrag editiert von: Bibliothekar ]

 

Moin!

Nichts neues im Horrorland, möchte ich zu dieser Geschichte sagen, aber auch, wenn die Geschichte in "Gesellschaft" stehen würde, hätte ich einen solchen Verlauf wohl kommen sehen. Die fast schon standardisierte Beschreibung der stupiden, eintönigen, entmenschlichten, modernen Büroarbeitswelt, schon zu häufig gelesen.
Die wiederholte Betonung, der Protagonist sei "der Durschnitsstyp" zielt ja schon darauf ab, den Leser durch den jähen Ausbruch aus dem stumpfsinnigen Alltag zu schocken. Leider erwartet man diesen Ausbruch schon nach der Lektüre des Titels, da eine Geschichte über den langweiligen Arbeitstag eines Durchschnittstrottels sehr arm an Interessantem wäre.
Man kann das Ganze als "Gesellschaftskritik" betrachten, allerdings eine wenig originelle. Wenn es die Leere und die Langeweile seines Lebens sind, die den Protagonisten dazu bringen, diese Wahnsinnstat durchzuführen, hätte das zuvor besser und konsequenter herausgearbeitet werden müssen. So wirkt die Story, als ob sie lediglich ein etwas unmotivierter Aufhänger für exzessiven Splatter wäre (worauf die Anmerkung des Autors ja bereits hindeutet).
Deutlich besser ist die Verbindung derartiger Themen und Storyelemente in Bret Easton Ellis' berüchtigtem Roman "American Psycho" gelungen.
Die Unmittelbarkeit, mit der der Leser in "Der Durchschnittstyp" ins Geschehen geworfen wird, erinnert tatsächlich an den Film "Falling Down" und verhindert auch, dass sich eine wirklich eindrucksvolle Wirkung entfaltet, es bleibt nur die Gewalt hängen.
Dass der Protagonist danach wieder zur Arbeit gehr als wäre nichts gewesen ist ein netter Aspekt, aber dadurch bekommt man den Eindruck, als sei der Typ ohnehin psychisch krank (verstärkt dadurch, dass sich sein Wahnsinn "an" und "abzuschalten" scheint), und eine eventuell beabsichtigte Gesellschaftskritik verpufft. Oder ist er doch durch seinen Job wahnsinnig geworden? Wer weiß...

Der Stil, in dem die Geschichte verfasst ist obendrein nicht wirklich ausgereift, wirkt holprig und abgehackt.
Ein Beispiel:

Er begann vor fast zwölf Jahren in der Kontrollabteilung und arbeitete heute immer noch dort. Er war nicht dumm, aber sein Gehirn war eben nicht in der Lage mehr zu leisten oder schneller zu denken, als es es jetzt tat. Er war einfach ein Büroangestellter, wie es ihn millionenfach auf dem ganzen Planeten gab: Er war der Durchschnittstyp.
In diesem Abschnitt beginnt jeder Satz mit "Er". Und die meisten Sätze des Textes sind immer gleich aufgebaut. Subjekt, Prädikat, Objekt, immer wieder, extrem monoton. Auch, wenn das beabsichtig ist, macht es mir wenig Freude, das zu lesen.

An dem Text müsste man noch ein wenig arbeiten, damit er überzeugender wird.

Anmerkung: Während ich diese Kritik verfasst habe, wurde die Geschichte von "Horror" nach "Alltag" varschoben.

[ 15-04-2002, 15:36: Beitrag editiert von: Ben Jockisch ]

 

Komisch, daß alle an Falling Down denken, hab nachgeschaut und er ist tatsächlich aus dem selben Jahr wie die KG (1993). Ich kann mich aber beim besten Willen nicht erinnern, ob ich sie vor oder nach Falling Down geschrieben habe. Ist vielleicht nur ein Zufall, denn wenn ich von irgendwas inspiriert war, dann war das damals eher "Last House on the Left" von Wes Craven, "Combat Shock" von Buddy Giovannacio und die Splatterpunkanthologie von Paul M. Sammon als von 0815-Hollywood ;)

Ben:

Ich kann die Story gar nicht besser machen, sie ist eben nicht mehr als ein altes Schülerstück, aber ich bin auch heute noch der Meinung, daß man sich zwischen psychologischer Schilderung und exzessiver Gewaltdarstellung entscheiden muß, beides läßt sich, finde ich, nicht unter einen Hut bringen (zumindest könnte ich es nicht tun). Es kommt darauf an was man erreichen will. Um jemanden zu fesseln, schadet ein guter Charakter und eine entsprechende Handlung sicher nicht, will man aber wen schockieren, reicht eine superkurze Story ohne viel drumherum vollkommen aus. Denn interessieren hier die Hintergründe? Nein, es passiert was Schreckliches, wie es dazu kommt ist irrelevant. Das finde ich so toll am Splatterpunk (eigentlich eine blöde Bezeichnung), die Geschichten sind oft wie ein grundloser Hammerschlag auf den Kopf und nie kommender Rettung. :D

Alles Gute, Peter

PS: Schwierig wird es nur, wenn man so etwas schon 100x gelesen hat und es mit bereits mit Schulterzucken hinnehmen kann.. dann ist die Geschichte zum Wegschmeissen. Wo kein Schock, da kein Erfolg :dozey:

 

@Peter:

Wenn "Splatterpunk" nur das ist, was du schilderst, dann ist das offenbar nichts für mich.

Ob die Geschichte nun in "Alltag" passt, sei auch mal dahingestellt.

 

Seas Peter!
Huh, zwiespältige Story! Ich fang mal an:

Die Story liest sich recht flüssig und ich finde den Stil, dieses stakkatoartige Aufzählen und fast hypnotische Wiederholen bekannter Tatsachen teilweise wirklich interessant!
Jedenfalls habe ich mich an keiner Stelle des Textes gelangweilt.

Was weniger positiv auffiel:

Zum einen, wie bereits angeklungen, der abgedroschene Plot. Mit ein bisserl mehr Charakterisierung und ohne das nervige "Er ist ein totaler Durschnittstyp" könntest du einen überzeugenderen Spannungsbogen aufbauen.
Wenn jemand ähnliche Storys noch nie gelesen hat, wird sie sicher überzeugen; für "alte Hasen" wie meiner einer ist die Handlung einfach zu durchschaubar und überraschungslos.

Um auf den Stil zurückzukommen: An einigen Stellen wirkt er sonderbar und ziemlich merkwürdig:

Ein neuer Hitzeschwall traf ihn. Die Sonne stand hoch am Himmel, so verschwommen.
"So verschwommen"? :confused:

Dann schob Bill das Messer seiner Frau in den Rücken
Schon klar, was du meinst, klingt aber trotzdem nicht astrein! Schreib etwas wie das bewährte "das Messer glitt wie Butter durch ihr zartes Fleisch" oder so in der Art.
Als Splatterpunk-Fan fällt dir schon was ein! :D

Und bitte, bitte, bitte! lösche diese grausigen Apostrophs im Plural! Im Amerikanischen heißt es "Sarah´s cheek", im Deutschen aber immer noch "Sarahs Wange". :)

Was mir zudem noch unangenehm auffiel: Was du an Eindrücken schilderst, befasst sich zur Hälfte ausschließlich mit der Hitze! Nach dem zehnten "Er wischte sich die Stirn ab, wo der Schweiß aufgrund der Hitze sich sammelte" wird´s echt lästig.

Alles in allem: Okay-Geschichte, die man entscheidend verbessern könnte. Trau dich einfach! :)

 

Puuh, warum so viel Lob? Diese Geschichte war meiner Meinung nach absolut vorhersehbar und ein bischen Gemetzel reicht nicht für eine interessante Story. Warum muß der gute Bill denn auf einmal morden, wenn er sich so ausgebrannt fühlt? Ein heißer Tag reicht für mich nicht als Begründung, da hätte ich mir mehr Hintergrund gewünscht. Alles in allem war das ein klischeehafte und einfach gestrickte Kurzgeschichte.

[ 21.04.2002, 01:25: Beitrag editiert von: MondoBurger ]

 

@mondoburger

Es soll ja Leute geben, die laufen einfach Amok, weil sie ihr Bier verschüttet haben. Oder gekündigt wurden. Oder weil ihnen auf einmal ihre Tapete nicht mehr gefällt.

Um durchzudrehen muß man nicht gerade den psychologischen Hintergrund eines Hannibal Lecter haben. Oder denkst du, die täglich in der Zeitung erwähnten Mordfälle sind meisterhaft geplante Aktionen von irgendwelchen Superhirnen?

Peter

[ 21.04.2002, 09:28: Beitrag editiert von: Peter Koller ]

 

@ Peter Koller
Ich rede hier nicht von "meisterhaft geplanten Aktionen". Bei den meisten Mordfällen oder Amokläufen, wie in diesem Fall, steckt jedoch mehr dahinter als Sonnenschein und Achselschweiß. Warum greift er gerade seine Familie an, hat die ihm etwas getan. Oder geht es ihm um die eine gewisse Lustbefriedigung, die er durch das Morden stillt? Über diesen Hintergrund hätte ich gern etwas mehr erfahren, besonders im Hinblick auf die Tatsache, daß der Amoklauf größtenteils unterbewußt abläuft (Den Eindruck hatte ich zumindest). Hauptsächlich richtete sich meine Kritik jedoch an die Vorhersehbarkeit. Wer Falling Down gesehen hat, kann sich in etwa denken, was passiert.

 

@Rainer:

"das Messer glitt wie Butter durch ihr zartes Fleisch"
Huh, da halte ich mich wohl in Zukunft lieber von Butter fern; nicht, dass sie durch mein Fleisch gleitet und mich noch verletzt! :eek:

 

Ben, du Depp!!! :D
Das ist halt so ein Klischeesatz, ich weiß, klingt dämlich, aber man liest ihn ziemlich oft.

 

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