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Ein dämlicher Trick

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22.11.2005
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Ein dämlicher Trick

Alles begann recht früh, kurz nach meinem Einzug: Das Erste, was mir auffiel, war das allmähliche Dichterrücken der Wände, grau–weiße Kalkputzwände, von mir nur sehr lieblos mit dilettantisch eingerahmten Möchtgerngemälden beworfen, die mit der Zeit und durch den dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen waren. Unwesentlich und nicht nachzumessen, die Millimeter, die mir täglich in meiner Abwesenheit, während ich auf der Arbeit mein Leben verblutete, genommen wurden. Aber doch bemerkte ich, wie mein Raum, mein Raum zur Entfaltung, von Tag zu Tag schrumpfte.
Ich versuchte, es zu ignorieren, hatte mit meinem neuen Job auch genug Last, doch als ich mich nur noch gebückt fortbewegen konnte, mich durch den Türrahmen hinausquetschen musste, und schließlich die Nächte in Embryohaltung auf einer zusammengedrückten Matratze kauerte, da wurde mir klar, dass mein Leben enger wurde, dass ich es anscheinend nicht wert war, so viel Platz zu verschwenden. Platz, der für wichtigere Menschen wertvoller genutzt werden konnte. Auch glich mein Fenster, aus dem ich in den trockenen Himmel schaute, nun einer Schiffsluke, aus der ich nicht mehr in den Himmel schauen konnte; dabei sah ich doch so gerne die Vögel fliegen.
In den Bahnen, in denen ich zur Arbeit fuhr, las ich immer häufiger in den Schmierblättern, denen niemand ein Wort glauben mochte, mit dem Gesicht an die käsige Scheibe gedrückt, die Brille bohrte sich schon ins Gesicht, von der neuen Politik der Räumlichkeit. Platz sollte nun nach Wertigkeit vergeben werden.

Eines Tages, es war just letzte Woche, gab man mir die Wahl, so meine Interpretation der ganzen Geschichte: Ich kam heim, streckte und dehnte mich ein letztes Mal so, wie es mir mein Chiropraktiker empfohlen hatte, und kroch verdutzt in einen großen Raum, so groß, wie das Apartment ursprünglich war.
Der dämliche Trick, meine Wahl, bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.
Ich betrachtete ihn, stellte mich auf den Stuhl, wägte verschiedene Möglichkeiten, eigentlich nur zwei, ab, listete Vor– und Nachteile beider Möglichkeiten auf, was ein eindeutiges Unentschieden ergab, zog den Strick sogar schon fest um meinen Hals, hätte nur noch den Stuhl beiseite stoßen brauchen …
Doch so leicht und mit einem so billigen Trick kann man mich, Fritz Hogendam, nicht beiseite räumen! So leicht kriegen diese Schweine mich nicht unter, hab ich mir gesagt und den vorhandenen Platz genossen, bis die Wände wieder gegen mich vorrückten. Nicht mit mir, nicht mit Fritz Hogendam!
Auch nutzte ich die Zeit um diese Schrift zu verfassen. Also, Mitbürger und Mitbürgerrinnen, liebe Mitmenschen, Leidensgenossen und Mitunterdrückte, lasst euch nicht unterkriegen, lasst euch nicht vertreiben! Jeder Mensch hat das Recht zu existieren, und dafür solltet auch ihr euch entscheiden.

Euer
Fritz Hogendam

 

Hallo Aris,

dieser Text konnte mich nicht überzeugen. Das beginnt mit klemmigen Sätzen, dem darüber hinaus umständlichen Satzbau, einem schwachen Sprachrhythmus, einigen stilistischen Fehlgriffen, geht weiter über eine parabelhafte Geschichte- die ich eher langweilig fand, dem fehlenden Spannungsbogen, und scheinbar unmotivierten Schlüssen der Hauptfigur.... Anders formuliert: Die Idee hat etwas, nur die Umsetzung finde ich nicht gelungen.

Gruss

Thomas

 

Hallo Nachtschatten

Danke für 2 Kommentare. Das bedeutet wohl, du beschäftigst dich richtig mit der Geschichte, oder die Geschichte beschäftigt dich. :D

Er sagt es zwar zuerst, am Anfang, aber er sagt, es ist ein dämlicher Trick GEWESEN.
Im Nachhinein betrachtet, sagt er auch noch.
Jetzt wieder logisch?

Vielleicht setze ich es auch noch mal unten drunter. Mal abwarten.

Hi Bluomo

Wenn man eine befremdliche, surreale und beklemmende Stimmung erschaffen möchte, dann ist es notwendig, die Syntax auch so zu wählen, also unpraktische, ungewöhnliche Satzformen nehmen. Trotzdem sollte Rhythmus da sein, das stimmt schon. Wenn ich den nicht getroffen habe, dann muss ich ran.
Etwas genauere Angaben von dir, wären mir da sehr hilfreich.

Ich würde nie eine längere Geschichte in diesen Satzformen schreiben, aber um die Stimmung einzufangen, ist es denke ich, bei dieser Art von Geschichten so nötig.

Einen Spannungsbogen wollte ich nicht. Wie willst du das in einer halben Seite hinbekommen?

Was ist der Schlüssel der Hauptfigur?

lieben Gruß
Robert

 

Hey Aris,

Das Erste, was mir bewusst wurde, war das allmähliche Dichterrücken der Wände
Hier hätte ich unter realen Lesebedingungen die Geschichte abgebrochen. „Bewusst wurde“ und dieser eingeschobene Nebensatz, der Nominalziel (Dichterrücken) alles typische Kennzeichen für einen bürokratischen Stil. Wenn du das –und so verstehe ich deine Kommentare- als Stilmittel verwendest, musst du mir bis dahin einen unglaublich guten Hook geliefert haben.

grau – weiße Kahlputzwände, von mir nur sehr lieblos und sporadisch mit gefundenen Postern und dilettantisch eingerahmten Möchtgerngemälden, mit der Zeit und dem dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen, behangen.
26 Wörter zwischen Subjekt und Prädikat. Und der Satzbau des Einschubs ist auch fragwürdig –zumal er zu allem Überfluss noch von Adjektiven und Adverbien erdrückt wird. Na ja, es ist ja gewollt, also spar ich mir das Kritisieren.

Aber doch bemerkte ich es, wie mein Raum
Das „es“ braucht es aber wirklich nicht –Bürokratie hin oder her.

wie es mir mein Chiropraktiker empfohlen hatte
Ich weiß nicht wieso, aber für mich gibt es kaum etwas Realeres als einen Chiropraktiker, da du hier eine Groteske schreibst, wirkt es für mich wie ein Fremdkörper.

hätte nur noch den Stuhl beiseite kicken brauchen
„Kicken“ passt so gar nicht zur sonstigen Sprache.

vor der ich auch sofort meine Matratze vorfand, von der ich
Vor der –vorfand- vor der

Wenn man eine befremdliche, surreale und beklemmende Stimmung erschaffen möchte, dann ist es notwendig, die Syntax auch so zu wählen, also unpraktische, ungewöhnliche Satzformen nehmen.
Nein, eigentlich muss man nur so tun, als wäre die Syntax unpraktisch, sie muss dem Leser unpraktisch erscheinen, darf es aber im Kern nicht sein, denn sonst geht die Absicht voll und ganz auf den Lesegenuss und ohne Lesegenuss verpufft alles andere, weil der Leser das Ding wegklickt. Deshalb ist es ja eine hohe Kunst, ungewöhnliche Stile auszuprobieren, weil man dabei immer die Nachteile ausgleichen muss und eben nicht so einfach sagen kann: Muss so sein, passt schon.

Es ist aber die Frage, ob diese Geschichte eine „Befremdliche, surreale und beklemmende“ Stimmung braucht und ob die durch die Sprache geleistet werden muss. Eigentlich ist die Handlung auch so schon surreal genug und würde in einer beiläufigen Plaudersprache vielleicht noch stärker wirken. Jetzt hast du zwar ebenfalls eine beiläufige Sprache, aber kein Parlando, sondern ein bürokratisches Rumgehacke und –gebolze. Ich erkenne den Zweck nicht. Solche Sprache wird normalerweise doch nur benutzt, um Komik zu erzeugen. Dies tut sie hier nicht. Und die ganze Sache wirkt dadurch auf mich auch nicht beklemmender, sondern wenn überhaupt dann artifiziell, konstruiert und pseudo-literarisch.

Gruß
Quinn

 

Hey Quinn

Einen guten Hook? Noch mal für Langsamdenker, was damit gemeint ist.

Wenn ich das pseudo literarisch einfach mal überlese, wofür ich dir ins Gesicht spucken könnte, dann ist die Kritik wirklich hilfreich.

vor der ich auch sofort meine Matratze vorfand, von der ich
Vor der –vorfand- vor der
Gerade das hier ist unverzeilich!
und schon verbessert.

Ich hatte eine Ursprungsgeschichte, in "normaler" Sprache, die ich mittlerweile leider leider gelöscht habe. Die hätte ich dir schicken können. Sie hat mir so nicht gefallen. So wie hier gefällt sie mir. Wenn auch du nicht in den Rhythmus kommst, dann muss ich ändern. Will aber noch Kommentare abwarten.

grau – weiße Kahlputzwände, von mir nur sehr lieblos und sporadisch mit gefundenen Postern und dilettantisch eingerahmten Möchtgerngemälden, mit der Zeit und dem dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen, behangen.
26 Wörter zwischen Subjekt und Prädikat. Und der Satzbau des Einschubs ist auch fragwürdig –zumal er zu allem Überfluss noch von Adjektiven und Adverbien erdrückt wird. Na ja, es ist ja gewollt, also spar ich mir das Kritisieren.

, von mir nur sehr lieblos und sporadisch mit gefundenen Postern und dilettantisch eingerahmten Möchtegerngemälden behangen, die mit der Zeit ...

Ja, so gehts auch, ist im Grunde aber egal. Schön, dass du Wörter zählst. :D

statt bewusst wurde vielleicht auffiehl ? meinetwegen. Was du sonst so gegen diesen ganz normalen Satz hast, ist mir schleierhaft.

Na ja, es ist ja gewollt, also spar ich mir das Kritisieren.
gewollt heißt ja nicht, dass ich nicht mit mir reden lasse. Du hast mir gute Gründe genannt, aktiv zu werden.

Danke


Und Gruß

 

Hey Aris,

Einen guten Hook? Noch mal für Langsamdenker, was damit gemeint ist.
Wikipedia ist dein Freund. Es ist einfach der sprichwörtliche Haken, mit dem ein Text seinen Leser packt und nicht mehr loslässt. Ein Text hat einen dann eben am Haken.

Wenn ich das pseudo literarisch einfach mal überlese, wofür ich dir ins Gesicht spucken könnte
Ich hatte vorher, was ganz anderes geschrieben und will mir nicht ausmalen, welche schrecklichen Drohungen du mir dann entgegengebracht hättest. Weil wir uns nicht kennen, wollte ich allerdings höflich sein. Na ja. :)

Ja, so gehts auch, ist im Grunde aber egal.
Um mal Rudi Völler zu zitieren: Ja, gut, äh, wenn du meinst.

Was du sonst so gegen diesen ganz normalen Satz hast, ist mir schleierhaft.
Was ich gegen diesen Satz und Stil habe, habe ich eigentlich zum Ausdruck gebracht.
Bürokratischer Stil eben: Nominalstil, eingeschobene Nebensätze, usw. usf.
Oder um’s anders zu sagen: Das, was mir auffiel, ist einfach, und ich spreche hier von diesem konkreten Text, das Nichtvorhandensein eines flüssigen Stils, die Abwesenheit lebendigen Ausdrucks sowie die geringe Anzahl an Verben pro Wort.

Das Erste, was mir auffiehl
(auffiel ohne „h“ übrigens, jetzt wo du den Satz verschlimmbessert hast)

Gruß
Quinn

 

Hi Aris,
ich kann mich bei deiner Geschichte nicht so recht entscheiden,ob sie mir denn gefallen hat oder nicht.
Also die Grundidee finde ich schon mal sehr gut, die Umsetzung jedoch lässt mich unentschieden mit dem Kopf wackeln.
Der eigenwillige Schreibstil will im ersten Teil noch wesentlich besser passen, als im zweiten. Generell ist mir der Bruch nach dem Absatz einfach zu heftig.
Und doch scheint es wieder zusammen zu passen.
Vielleicht bin ich auch einfach nur zu müde.
Und überhaupt, warum wandern die Wände plötzlich auf mich zu...

Ich werde die Kg morgen noch mal lesen und im ausgeruhten Zustand verkünden, ob sich meine Wahrnehmung irgendwie geändert hat

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Quinn

Das ist also ein Hook. Um den Leser am Haken zappeln zu haben, brauche ich eine Angel, und einen Köder.

Bist du etwas erzürnt? Über den Text? Über mich? Hab ich dich am Haken baumeln?

Es geht schon lange nicht mehr um Gefallen oder Nichtgefallen. Eine Geschichte lebt in den Reaktionen, in den Kommentaren, deren Steuer ich in der Hand habe, die schon durch die Geschichte geschrieben stehen.
Die Bürokratie des Lebens erzürnt, so wie die Bürokratie der Syntax erzürnt.
Und an was geht der Prot meiner Geschichte am Ende und während der ganzen Geschichte kaputt? An der Bürokratie?! , die hier übermächtig auf ihn einwirkt, und ihr Ziel niemals verfehlt

Aber das ist Pseudogesülze, oder nicht?

Warum ich auffiel unbedingt mit h schreiben wollte, ich weiß es nicht. wundert mich, diese kleine Peinlichkeit.
Auch habe ich deine Ratschläge dankend entgegen genommen. Denn da geht es um Sprachsauberkeit, bei der du mir sehr geholfen hast.

Hi weltenläufer

Da bin ich mal gespannt, wie es morgen aussieht, wenn ein neues Licht auf die Sätze geworfen wird.


lieben Gruß

 

Hallo Aris,

Es ist, im Nachhinein betrachtet, ein wirklich dämlicher Trick gewesen.

Schwacher Einstieg, macht mich nie sonderlich neugierig.

Alles begann recht früh, kurz nach meinem Einzug: Das Erste, was mir auffiel, war das allmähliche Dichterrücken der Wände, grau – weiße Kahlputzwände, von mir nur sehr lieblos mit dilettantisch eingerahmten Möchtgerngemälden beworfen, die mit der Zeit und dem dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen waren.

Umständlicher Nominalstil, obwohl du das klemmige immerhin rausgeworfen hast. Zu dem Nominalstil passt aber dann das zerlaufen nicht.

Unwesentlich und nicht nachzumessen, die Millimeter, die mir täglich in meiner Abwesenheit, während ich auf der Arbeit mein Leben verblutete, genommen wurden. Aber doch bemerkte ich es, wie mein Raum, mein Raum zur Entfaltung, von Tag zu Tag schrumpfte.

Hier das verblutete- und wieder ein etwas klemmiger erster Satz.

Ich versuchte, es zu ignorieren, hatte mit meinem neuen Job auch genug Last, doch als ich mich nur noch gebückt fortbewegen konnte, mich durch den Türrahmen hinausquetschen musste, und schließlich die Nächte in Embryohaltung auf einer zusammengedrückten Matratze kauerte, da wurde mir klar, dass mein Leben enger wurde, dass ich es anscheinend nicht wert war, so viel Platz zu verschwenden. Platz, der für wichtigere Menschen wertvoller genutzt werden konnte.

Hier wechselt der Erzählstil ein wenig, klarere Rhythmik.

Auch glich mein Fenster, aus dem ich immer in den trockenen Himmel schaute, nun mehr einer Schiffsluke, aus der ich nicht mehr in den Himmel schauen konnte; dabei sah ich doch so gerne die Vögel fliegen.

Schwach. Bietet nichts interessantes.

In den Bahnen zur Arbeit las ich immer häufiger in den Schmierblättern, denen niemanden ein Wort glauben mochte, mit dem Gesicht an die käsige Scheibe gedrückt, die Brille bohrte sich schon ins Gesicht, von der neuen Politik der Räumlichkeit. Platz sollte nun nach Wertigkeit vergeben werden.
Meine Dusche hatte ich alsbald zur multifunktionalen Kochdusche / (Schrägstrich) Toilette umfunktionieren können, vor der ich auch sofort meine Matratze fand.

mit dem Schmierblättern, denen niemanden-- paßt irgendwie nicht.
Das mit der Politik.... fand ich als Begründung schwach, auch wenn ich ahne, dass es etwas mit der politischen Entscheidung zu tun hat, dass Lebensraum für Harz4 Empfänger vorgegeben wird.
Und bitte die Erklärung in die Geschichte eingliedern und nicht nur einfügen.

Eines Tages, es war just letzte Woche, gab man mir die Wahl, so meine Interpretation der ganzen Geschichte: Ich kam heim, streckte und dehnte mich ein letztes Mal so, wie es mir mein Chiropraktiker empfohlen hatte, und kroch verdutzt in einen großen Raum, so groß, wie ich das Apartment angemietet hatte.

just letzte Woche- Bruch der Sprache, dann Nominalstil, wieder verbisch.

Der dämliche Trick, meine Wahl, bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.

Der Strick baumelt von der Decke

Ich betrachtete ihn, stellte mich auf den Stuhl, wägte verschiedene Möglichkeiten, eigentlich nur zwei, ab, listete Vor – und Nachteile beider Möglichkeiten auf, was ein eindeutiges Unentschieden ergab, zog den Strick sogar schon fest um meinen Hals, hätte nur noch den Stuhl beiseite stoßen brauchen …

Nominalstil

Doch so leicht und mit einem so billigen Trick kann man mich, Fritz Hogendam, nicht beiseite räumen! So leicht kriegen diese Schweine mich nicht unter, hab ich mir gesagt und den vorhandenen Platz genossen, bis die Wände wieder gegen mich vorrückten. Nicht mit mir, nicht mit Fritz Hogendam!

Hier wird es ganz schwach, weil du aus der surrealen Situation nun in eine ganz andere Situation überschwenkst. Wenn es vorher mal poetisch war, sorgsam formuliert, dann mal wieder nicht, ist es hier ganz schwach ausformuliert.
Hier kommt für mich ein massiver Bruch der Geschichte.

Auch nutzte ich die Zeit um diese Schrift zu verfassen. Also, Mitbürger und Mitbürgerrinnen, liebe Mitmenschen, Leidensgenossen und Mitunterdrückte, lasst euch nicht unterkriegen, lasst euch nicht vertreiben! Jeder Mensch hat das Recht zu existieren, und dafür solltet auch ihr euch entscheiden.

Überflüssig, und furchtbar, weil jetzt die Geschichte ausgedeutet wird.

Insgesamt:
Es gibt in den meisten Geschichten eine Erzählstimme, die den handwerklichen Kitt für die Geschichte liefert, und eine Figurenstimme, die erzählt. Je nach Geschichte wird die Erzählstimme nur wenig lenkend eingreifen, und normalerweise kaum wahrnehmbar sein.
Du hast aber verschiedene Stile in dieser Geschichte, mal klemmiger Nominalstil, dann poetisch, dann literarisch, und dann unliterarisch im Stil einer Bildschlagzeile. Insgesamt sehr uneinheitlich, im Klang, Ton und der Stilhöhe oder -tiefe.

Der Anfang ist schwach, weil du einen Rahmen bastelst, der im Titel schon drin ist- viel interessanter wäre es mit den Wänden anzufangen. Und dann wechselt die Geschichte kurz vor dem Ende aus dem surrealen in eine andere Ebene, die überhaupt nicht passt.
Der Spannungsbogen wäre hier einfach, wenn er beginnt zu erkunden, warum die Wände zusammengehen, statt es irgendwann zu erklären.
Und ganz furchtbar am Ende, dass er das aufschreibt und ausdeutet... das ist ungefähr wie der letzte Satz "Und dann erwachte er aus einem Traum".

Gruss

Bluomo

 

Hallo Aris,

auch der heutige Tag will keine wirkliche Klarheit über mich kommen lassen. Ich bleibe hin- und hergerissen, was deine Kg angeht.
Eigenwillig, trifft nur zeilenweise meinen Geschmack. In meinen Augen als Experiment anzusiedeln, was durchaus seine Berechtigung hat, von mir (Banause) aber vielleicht nicht in seiner ganzen Tiefe durchdrungen wird.
Wie auch Gestern schon liegt für mich die größte UNstimmigkeit in der deutlichen Zweiteiligkeit der Kg.
Irgendwo im Hinterkopf kitzelt zwar immer noch, dass es passt, aber Überwiegend ist der Eindruck eines zweiteiligen Puzzles, deren Teile mit Gewalt zusammengefügt wurden.

Hoffentlich hat sich die "Spannung" für dich gelohnt. Konstruktiveres weiß ich nicht von mir zu geben.
Eine Sache wäre jedoch noch auf tipplicher Ebene. Und zwar dein Umgang mit den Biindestrichen.
Gleich am Anfang:

war das allmähliche Dichterrücken der Wände, grau – weiße Kahlputzwände
Leerstellen tilgen ->grau-weiße
listete Vor – und Nachteile
ebenso -> Vor- und Nachteile

Leerzeichen gehören da nur hin, wenn du einen Einschub lieferst, den du - aus welchen Gründen auch immer - nicht mit dem handelsüblichen Komma abtrennen möchtest ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Thomas

Ist nett von dir, dass du dir so viel Mühe gemacht hast. Ich hab schon ein bischen rumgeändert und werde noch weiter dran arbeiten.
Mit allem bin ich nicht einverstanden, so weigere ich mich z.B. das zerlaufen zu streichen, und ein paar andere Dinge auch. Aber ich habe mit deinen Vorschlägen gearbeitet und vieles versucht umzusetzen.

Mit einheitlicher Sprache hatte ich ja schon immer meine Sprache. Auch wenn ich es nicht für so wichtig halte, wie du das anscheinend tust, möchte auch ich, dass der Rhythmus stimmt.

Der Prot ruft übrigens viel zu spät zur Revolte auf, denn seinen Lebensraum hat er sich ja schon nehmen lassen! Das ist es, worauf diese Geschichte zielt: Die Einstellung der menschen, sich erst aufzubäumen, wenn es schon fast zu spät scheint, wenn schon was passiert ist.

und @weltenläufer daher geht es hier auch nicht um Gefallen oder Nichtgefallen, sondern ums Erkennen oder nicht Erkennen.

Danke dir für die Info mit den Bindestrichen.

lieben Gruß

 

Hallo Aris,


du sagst:

„Einen Spannungsbogen wollte ich nicht. Wie willst du das in einer halben Seite hinbekommen?“

- Eigentlich ist diese Aussage nicht motivierend, deinen Text zu lesen, aber es ist wohl nur ein Zufall, dass ich beim aktivieren der Druckversion an diesem Satz hängen blieb. Also, ich könnte dir Geschichten nennen, die den Spannungsbogen geschafft haben …


Eine aussagekräftige Konstruktion:

„während ich auf der Arbeit mein Leben verblutete“


Eine gute Idee:

„Platz sollte nun nach Wertigkeit vergeben werden.“

Interessant für die gesellschaftliche Diskussion, denkt man an Werte (Illusionen?) wie Selbstverwirklichung und Freiheit.

Die Schlüsselszene (die Stuhlsequenz) ist zu kurz, welch innerer Kampf, welche Emotionen müssten hier auffällig werden!
Jedenfalls eine interessante Geschichte.

Du solltest dem Leser die Sache nicht unnötig schwer machen, es gibt doch einige textliche Schwierigkeiten:


„Kahlputzwände“

- Kalkputz?

„Möchtgerngemälden beworfen, die mit der Zeit und dem dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen waren.

- Möchtgerngemälden beworfen, die mit der Zeit und durch den
dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen waren.
- Warum „beworfen“? (Waren es auf die Wand gemalte, nicht gerahmte Werke, ginge das eher).

„Aber doch bemerkte ich es, wie mein Raum, mein Raum zur Entfaltung, von Tag zu Tag schrumpfte.“

- bemerkte ich, wie (spart auch „es“


„Auch glich mein Fenster, aus dem ich immer in den trockenen Himmel schaute, nun mehr einer Schiffsluke, aus der ich nicht mehr in den Himmel schauen konnte; dabei sah ich doch so gerne die Vögel fliegen.“

- „immer“ schaut er nicht. Wiederholung „mehr“.


„In den Bahnen zur Arbeit las ich immer häufiger in den Schmierblättern, denen niemanden ein Wort glauben mochte“

- In den Bahnen, mit denen ich zur Arbeit fuhr … denen niemand …


„Meine Dusche hatte ich alsbald zur multifunktionalen Kochdusche / (Schrägstrich) Toilette umfunktionieren können, vor der ich auch sofort meine Matratze fand.“

- „(Schrägstrich)“ was wird dadurch ausgesagt? Ist der Leser blind?
- Dieser Absatz ist unverständlich, man vermisst den Bezug zu dem Vorhergehenden. Das wäre anders wenn: `umfunktionieren müssen´ (oder: umfunktioniert). Warum fand er „sofort“ die Matratze? Hat er sie vorher vergeblich gesucht?

„kroch verdutzt in einen großen Raum, so groß, wie ich das Apartment angemietet hatte.“

- wie als ich (geht natürlich noch besser)


„Der dämliche Trick, meine Wahl, bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.“

- welche „Wahl“?

„Vor – und Nachteile beider Möglichkeiten auf“

Vor- und

L G,

tschüß Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Wolto

Da bist du über eine nicht so seriöse Aussage von mit gestolpert, stimmt schon. Aber ist ja auch gut, darauf aufmerksam gemacht zu werden.
Ich wollte hier nicht unbedingt einen Spannungsbogen.

Aber ich werde den angesprochen Teil, der sich dafür etwas zu eignen scheint, etwas ziehen. obwohl da zu viel Emotion eher unpassend ist, denn es geht ja darum, dass sich Fritz schon zu viel gefallen lässt, und eher auf die Barikaden geht, wenn ihm eh schon der Raum genommen wurde. Er lässt sich zu viel gefallen.

Danke auch für die anderen Hinweise und Vorschläge.

Möchtgerngemälden beworfen, die mit der Zeit und durch den
dicken Rauch aus früheren Unterkünften befremdlich zerlaufen waren.
- Warum „beworfen“? (Waren es auf die Wand gemalte, nicht gerahmte Werke, ginge das eher).
das soll nur zeigen, wie warlos er die GEmälde aufgehangen hat. halt quasi einfach drangeworfen.
Tropische Figur: Verbmetapher: Personifinikation
GAnz noch der schönsten tropischen Figur von Trakl: "Am meinem Fenster weint die Nacht"

Der dämliche Trick, meine Wahl, bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.“

- welche „Wahl“?

Die Wahl, sich aufzuhängen. Darum dreht sich ja die Geschichte teilweise auch.
lieben Gruß

 

Hallo Aris,

Zitat:

„das soll nur zeigen, wie warlos er die GEmälde aufgehangen hat. halt quasi einfach drangeworfen.
Tropische Figur: Verbmetapher: Personifinikation
GAnz noch der schönsten tropischen Figur von Trakl: "Am meinem Fenster weint die Nacht“

Als Sprungtropus könnte man „drangeworfen“ vielleicht sehen. Was mich stört: Du willst sagen, dass die Bilder an der Wand sind. Wenn man sie dranwirft gehen sie u. U. kaputt, hängen aber nicht. Hättest du `bekleckert´ gewählt, wäre das Wahllose auch vertreten und die Bilder hingen an den Wänden.
(Ein wenig Werbung :) - Die häufigsten Redefiguren kann man auch im Metaphernthread nachlesen).

Zitat:
Der dämliche Trick, meine Wahl, bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.“

- welche „Wahl“?
Die Wahl, sich aufzuhängen. Darum dreht sich ja die Geschichte teilweise auch.


Eigentlich kann es heißen:

„Der dämliche Trick bestand darin, dass in der Küche ein Strick an der Decke baumelte, ein Stuhl stand darunter.“ Ich hatte nun die Wahl …

Oder: Mein dämlicher Trick …

„Wahl“ bezieht sich auf „Trick“, ein „Trick“ ist keine „Wahl“ (auch nicht die eigene). Korrekt muss es heißen (wenn man „Wahl“ unbedingt will): Der dämliche Trick, den ich gewählt hatte bestand …

Oder: Der Trick meiner Wahl


Alles Gute,

tschüß Woltochinon

 

Hi Wolto

Ich denke noch mal drüber nach, wie ich es mit dem Trick und der Wahl nun schreiben werde.

dran geworfen muss ich leider stehen lassen. Sei nicht sauer, aber ich finde es gut und man kann es verstehen.

In deinem Poesiealbum bin ich schon Konsument!

lieben Gruß

 

Hi Aris,

während du mit Formulierungen etwas selbstverliebt übers Ziel hinausschießt, vermasselst du bei diesem Text leider das Ende.
Ich habe nichts gegen Briefe als Stilmittel, aber dein letzter Absatz im Aufruf zum Widerstand raubt deinem Text Interpretationsdimensionen.
Während es vorher nämlich auch der eigene Wert sein kann, den wir uns einschränkend zugestehen, verlagerst du es mit diesem Absatz nur ins Außen, dabei ist doch beides eine nachdenkenswerte Möglichkeit. Du könntest zum Beispiel offen lassen, ob die Räume sich tatsächlich wieder verengen, wenn er sich fürs Leben entscheidet und es auch nutzt.

Die an die Wände geworfenen Möchtegerngemälde sind in sofern unstimmig, da es zu "gerahmte Bilder an die Wand werfen" eine feste Sprachbedeutung gibt. Es ist von Dias die Rede. Alle anderen Rahmen würde bei der Tätigkeit zerbrechen. Dias aber können nicht mit der Zeit durch den Rauch aus früheren Unterkünften verlaufen.
Eine andere Möglichkeit wäre noch, der Prot hätte selbst nach der Methode eines Jackson Pollock ein Bild an die Wand geworfen, besser gesagt Farbe, aus der das Bild erst entsteht, das könnte dann zwar verlaufen, wäre aber im Zweifelsfall nicht mitzunehmen.
Solche Formulierungen jedenfalls lesen sich für mich nach wie vor als krampfhaft um Originalität bemüht. Selbst wahllos wirft man keine Bilder an die Wand. Sie würden ohne Nagel herunterfallen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim

Danke für die Kritik.

Sprachlich wie immer übers Ziel geschossen. Die Trope mit den an die Wand geworfenen Gemälden mag nicht so ganz stimmig sein, aber das sind Metaphern nur sehr sehr selten, und realistisch nie. Daher denke ich, dass ihr da zu realistisch und anti poetisch an dieses Bild rangeht. Das hörst du jetzt nicht gerne, der Wolto bestimmt auch nicht, aber ich finde es aussagekräftig zur Lebenseinstellung des Prot. Ich denke drüber nach, denn die Geschichte funktioniert ja auch ohne diese Trope. Dann mit den Dias hast du mich überzeugt! Wenn man das im Hinterkopf hast, funktioniert das Bild nicht mehr!

Und es ist genau dieser Interpretationsfreiraum, den ich nicht wollte, sim. Hier in Gesellschaft habe ich schon immer Stellung bezogen, in all meinen Geschichten. so auch hier. Ich wollte, dass der Leser das viel zu späte Aufbäumen des Fritz erkennt. Es scheint nicht so ganz zu funktionieren, oder es ist wiedermal eine Geschichte, die ich euch alten Hasen nicht mehr zu erzählen brauche.
Aber auch der Gedanke, den Interpretationsraum offener zu gestallten, finde ich interessant. Mal sehen, ich kann dir nichts versprechen.

lieben Gruß

 

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