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Ein Engel streift den Horizont
Zwei Flügel, so überwältigend wie die Segel eines großen Schiffes, welche die gewaltige Stärke des Windes nutzt, um selbst in tobenden Gewässern auf hoher See die Richtung zu halten. Ein Gesicht wie aus einem Gemälde. Langes blondes Haar bis zu den Schultern. Gedankenverloren gleitet er mit seinem grazilen, etwas schwermütigen Körper durch den Raum der Zeit.
Azazel wurde er im Himmelreich gerufen, doch sind die Pforten für ihn dorthin geschlossen worden. Ein kleiner Fehler war es, der ihm den Platz am Schoße seines Vaters für immer verwehrte. Seit der Ewigkeit schuftete er im Dienste seines Herrn. Und nun, nach dieser unendlichen Zeit, kommt bei ihm das erste Mal der Gedanke auf, dies zu hinterfragen. Wieso hat er sich so viel Mühe gegeben, im Himmel sowie im Erdenreich Liebe und Hoffnung zu säen, um letzten Endes nur Undank und Verachtung zu ernten. Nicht einmal einen Lohn. Nicht einmal irgendeine Art von Dank hat er erhalten für alles, was er geleistet hat. Und nun wird ihm klar, er war niemals ein Gehilfe, ein Arbeiter oder ein Bote für Gott, nein, er war nicht mehr als ein kleiner unbedeutender dreckiger Sklave. Er und die anderen Engel sind nichts als Abschaum im Auge des „großen Herren“. Er wurde nur für die niederen Arbeiten seines Herrn geschaffen. Die Unsterblichkeit wurde ihm nur gewährt, damit ihn nicht einmal der Tod von seiner Arbeit befreien durfte.
Er fühlt sich ganz dreckig bei dem Gedanken, sich sein Leben lang bei diesem niederträchtigen Kind eingeschleimt zu haben, nur um geliebt zu werden. Rache, er soll dafür bluten ihn so gedemütigt zu haben. Auch er wird merken, dass alles vergänglich ist, sogar seine Macht. Niemand soll mehr eine feste Rolle in seinem kranken Puppenspiel einnehmen, weder sterblicher noch unsterblicher Natur. Eine Revolution soll diese brave Welt aus ihren Ankern ziehen! Er wird den Menschen zeigen, er wird den Engeln zeigen, er wird Gott zeigen, wie er eine neue Utopie aus einem See aus Tränen und Blut erschaffen wird.