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Ein Häppchen für zwischendurch
Manche Gefühle liegen auf der Hand. Freude oder Nervosität sind auf den ersten Blick zu erkennen, ein Lächeln, am Finger kauen sind klare Symptome. Aber manchmal, geht es mir so, dass ich nicht weiß, was ich fühle.
So ist es bei Nina. Sie ist ein aufgewecktes Mädchen, das viel lacht. Warum also möchte ich sie immer am liebsten sofort an die Wand klatschen, wenn ich sie nur sehe?
Mein Kalender zeigt den 3. August. Ein schöner, sonniger Tag zeichnet sich ab.
Zarte Sonnenstrahlen werfen kleine Lichtpunkte an die Wand. Ich quäle mich aus dem Bett und bereite mich auf einen neuen Tag vor.
Im Bus unterhalte ich mich mit einer Klassenkammeradin, als Nina dazu steigt.
„ Hi!“, ruft sie strahlend schon von weit weg und kurz darauf fliegen einige Küsschen durch die Luft. Meine Klassenkammeradin verfällt in eine Umarmung mit Nina und ich frage mich ernsthaft, ob ich etwas verpasst habe.
„ Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sagt sie und mir dämmert, was ich verpasst habe. Ich pule etwas an dem Flaum meines Sitzes herum und Nina ist so vertieft darin von ihrem Geburtstag zu erzählen, dass sie ganz vergisst, dass ich eigentlich auch noch gratulieren müsste. Ich bin ganz froh darüber.
Mir kommt es spätestens bis zur zweiten Pause so vor, als ob der heutige Tag nur ein einzigen Sinn hätte: Ninas Geburtstag zu feiern. Oder anders gesagt – Nina dabei zu unterstützen ihren Geburtstag unter die Leute zu bringen.
„ Hey, ich habe heute Geburtstag! Weißt du’s schon?“, brüllt sie, während der Pause, quer über den Flur jemanden zu, von dem ich nicht mal wusste, dass sie seinen Namen kennt, nur um einen Glückwunsch mehr einzuheimsen.
Ich lehne mich an die Wand und gebe mir einen Moment um Nina zu beobachten. Aufgeregt hopst sie auf und ab und wedelt mit ihrer Tuppadose herum, in der, so vermute ich zumindest, ihr Geburtstagkuchen einmal gewesen war. Eine Menschentraube hat sich um sie versammelt und ich versuche zu ergründen, was sie an ihr finden. Ist es ihre fröhliche, offene Art?
Auf mich wirkt sie eher nervtötend und lästig.
Vielleicht kann ich sie nicht leiden, weil ich die Geschichten um sie herum wahr nehme. Bekomme ich doch mit, wie sie ihre Freunde hängen lässt sobald sie einen festen Freund hat. Und habe ich selbst gemerkt, wie sie mich als Freundin gewinnen wollte, als sie vor zwei Jahren zu uns gezogen ist, aber als ich mich sträubte und sie irgendwann genug Freunde hatte, mich fallen ließ.
Ich fiel nicht tief, aufgefangen von meinen Freunden, auf die ich mich verlassen kann, aber trotzdem lässt es mich offenbar etwas in Nina sehen, was die anderen nicht sehen.
Ich sehe hinter ihrer freundlichen Art, die zickige Seite, die sie mir allzu oft entgegen bringt.
Und das nur, so vermute ich, weil ich ihr nicht verfallen bin. Weil ich sie nicht anhimmele wie eine Göttin.
Ich möchte andere nicht verurteilen, die dies, zumindest im Ansatz, tun, aber vielleicht, nur vielleicht, werden auch sie irgendwann fallen, wenn sie ihren Nutzen vollbracht haben.