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Ein Leben lang

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19.03.2003
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Ein Leben lang

Ein Leben lang

Sie liegt auf dem Rücken. Der schmutzige Fußboden unter ihr ist übersät mit Kellerasseln. Sie zieht Fliegen an. Man sieht sie deutlich im Gegenlicht der Tür.
Ihre Arme und Beine sind gefesselt. Die Haut an den Handgelenken ist blutig.
„Wirklich, Hanne!“, sagt Hannes Arbeitskollege Rudi. „Das ist abscheulich.“
Hanne schließt die Augen, um das Foto nicht mehr zu sehen.
Aber das funktioniert nicht. Sie sieht das Mädchen, wie es weint. Die Tränen laufen über das schmutzige Gesicht und hinterlassen Spuren. Sie weint still, hat aufgegeben. Ab und zu hört man einen tiefen Schluchzer, der von innen kommt.
Den der Angstwurm in ihr herauswürgt.
Die Unterhosen des Mädchens sind voll Urin und Kot.
Und voll Blut.
„So ein Unhold“, hört Hanne Rudi sagen, „gehört für immer weggesperrt!“
Hanne will die Bilder nicht mehr sehen, schließt energisch die Akte. Ein dicker Kloß klebt in ihrem Hals.
Theo nimmt die Akte aus ihren Händen. Sein Gesicht glüht vor Eifer.
„Ich werde es den anderen zeigen. Mal sehen was sie sagen.“
Ekel rumort in Hannes Magen. Sie möchte raus aus diesem Büro.
Sie will die Fortsetzung der Empörung nicht ertragen.
Das tote Mädchen kann sich nicht mehr wehren, wenn alle es anstarren.
Muss sich deren Blicke gefallen lassen.
Wo sie doch schon genug gelitten hat.
Dort im Dunkeln auf feuchtem Boden.
Vorne in der Registratur stecken sie die Köpfe zusammen. Betrachten das Mädchen.
Ihre weit gespreizten Beine.
Hanne hört, wie sie ihre Empörung abspulen, den Täter verurteilen und bestrafen.
Ihre Ohren klingen in einem hohen Ton.
Sie versteinert. Sie kann es selbst fühlen. Deren Sensationslust brennt auf ihrer nackten Haut. Sie meinen es nicht böse. Sie waren nicht dabei. Können nicht verstehen.
„Wie furchtbar“, hört sie.


„Furchtbar, wie du heute aussiehst“, sagt Hannes Mutter.
„Kannst du dich nicht richtig anziehen?“
Hanne ist richtig angezogen. Sie trägt einen weiten Pulli zu langen Hosen.
Ihre Mutter schüttelt den Kopf.
„Wozu kaufe ich dir all die Kleider, wenn du sie doch nicht trägst!“
Hanne weiß nicht, was sie sagen soll. Sie mag die Kleider nicht, die ihre Mutter so liebevoll ausgesucht hat. Sie möchte ihrer Mutter gefallen. So wie sie ist. Nicht ausstaffiert wie eine Puppe. Sie sieht die Missbilligung der Mutter, deren Mund fast wie ein Strich ist.
Aber warum kauft ihre Mutter all diese Sachen für sie, denkt sie jetzt ein wenig rebellisch. Sie will sie doch nicht! Laut sagt sie: „Ich muss los, Mama.“
Schnell schnappt sie sich ihren Rucksack und will hinausrennen. Durch den dunklen Flur. In den hellen Hof. Dort wo die Luft nicht muffig ist.
„Aber dein Frühstück!“, hallt es noch hinter ihr her.
Hanne tritt kräftig in die Pedale. Ihr Fahrrad ist schon alt. Ohne Gangschaltung. Sie wohnt am Berghang einesTals. Die Schule befindet sich im nächsten Ort auf der gegenüberliegenden Seite. So muss sie erst bergab zur Talsohle und dann wieder bergauf radeln.
Es gibt noch einen anderen Weg, der nicht so mühselig ist. Am Fluss entlang. Doch die Straße ist stark befahren. Nur ein schmaler mit weißem Strich gekennzeichneter Streifen grenzt ihn von der Fahrbahn ab. Hannes Mutter will nicht, dass Hanne dort fährt. Sie hat Angst, Hanne kommt dort unter die Räder eines Lastwagens.
Endlich ist Hanne in der Schule. Sie sitzt im ihrem Klassenzimmer zusammen gepfercht mit dem geburtenstarken Jahrgang der 10c.
Hanne sitzt ganz hinten. Die stickige Luft verursacht ihr Kopfschmerzen. Sie weiß nicht was sie sagen soll, als Herr Schwarz ihr eine Aufgabe stellt.
„Also weißt du, Hanne. So geht das nicht. Ihr habt bald Prüfung. Willst du denn durchfallen?“, hält er ihr vor.
Natürlich hat Herr Schwarz Recht. Hanne will nicht durchfallen. Aber was soll sie machen, wenn ihr Kopf doch so weh tut.
„Entschuldigung, Herr Schwarz“, sagt sie. „Mir ist nicht gut. Ich habe meine Periode.“
Sie sieht Herrn Schwarz rot im Gesicht unter seinen gelblichen Pusteln werden.
Freundlich sagt sie: „Es wäre nett, wenn Sie mir nach der Stunde alles noch mal erklären könnten.“
Wozu fragt sie ihn das? Bestimmt nicht, weil sie seine Nachhilfe benötigt. Nein. Sie will ihn verlegen machen. Ihm zeigen, wie unbeliebt er ist.
Die Schüler kichern. Die gelben Pusteln möchten platzen, so prall ist die rote Haut darunter.
Herr Schwarz ist noch unerfahren. Mit pubertären Teenagern kann er nichts anfangen. Er verhaspelt sich, als er zur Ruhe auffordert. Gott sei Dank unterbricht das Klingeln seine erfolglosen Bemühungen. Die Schüler stürmen hinaus. Einzig Hanne wartet noch im Klassenzimmer. Keck streckt sie ihre Brüste heraus, als sie an ihm vorbeigeht.
Herr Schwarz sieht ihr nach, sagt aber nichts mehr.

„Dem hast du es aber gegeben“, empfangen Gaby und Regina sie.
„Hast du seinen Kopf gesehen? Seine Akne blüht heute besonders schön“, hänselt Gaby.
„Ich werde ihm mal mein Clearasil aufs Podest legen!“, kichert Regina.
Hanne lacht mit. Sie hat dieses Jahr schon zwei Tadel im Klassenbuch wegen Frechheit eingetragen bekommen. Einen dritten Tadel kann sie sich nicht mehr leisten. Aber Herr Schwarz trägt niemals Verweise ein. Der ist komplexzerfressen.
Daher muss er öfters herhalten, wenn es mit Hanne durchgeht.

Wenn sie den Mief nicht mehr erträgt.
Wenn es sie hinauszieht in die Welt außerhalb ihres Tales.
Wenn sie aus dem liebevollen Gefängnis ihrer Mutter ausbrechen möchte.

Seit ihr Vater tot ist, klebt die Liebe ihrer Mutter an ihr, wie zäher Morast.
Er lässt ihr keine Luft. Weil das so ist, wird Hanne störrisch, wie ein Esel.
Alles was die Mutter sagt, wird in den Wind geschlagen. Nichts kann die Mutter ihr recht machen. Dabei ist sie doch so liebevoll. Kocht wunderbares Essen. Spätzle mit Hirschragout oder Klöße mit Rotkraut. Hanne muss alles aufessen, damit die Mutter nicht weint. Hinterher geht sie auf die Toilette. Steckt sich den Finger in den Hals. Befreit sich von der Fürsorge.
Hanne ist dünn, nicht wie ein Strich, aber knabenhaft schon. Als sie Herrn Schwarz erzählt hat, sie hätte ihre Periode, ist es eine Lüge gewesen. Glatt ist sie über ihre Lippen gekommen.
Lügen sind Hannes Spezialität. Ohne diese käme Hanne nicht aus der Obhut ihrer Mutter heraus.
Statt beim Flötenunterricht zu sein, gammelt sie im Stadtpark des Kreisstädtchens. Lungert herum bei den anderen, die nicht wissen, was sie tun sollen.
Die Jungs geben an und die Mädchen kichern. Blicke werden verstohlen ausgetauscht. Hanne hat auch schon einen Jungen geküsst. Nicht richtig natürlich.
Nur die Lippen auf seine gepresst. Sie möchte gerne geküsst werden, so wie es sein soll: Die Zunge tief im Mund.

Als die Schule endlich zu Ende geht, will Hanne schnell nach Hause radeln. Es ist heiß. Bald sind Sommerferien. Hanne freut sich darauf. Mehr als einmal am Tag denkt sie daran, ihren Großvater zu besuchen. Er wohnt am Meer. Ist so gänzlich anders als ihre Mutter. Bietet der Einhalt, wenn sie Hanne zu sehr bevormundet.
Die Mutter sträubt sich, dorthin zu fahren. Weiß einfach, Hanne liebt ihn sehr. Fühlt Eifersucht, weil es ihr Vater ist, der sie nie so geliebt hat, wie jetzt sein Enkelkind.
„Es ist zu weit weg“, sagt sie.
„Mit dem Zug nur acht Stunden“, bettelt Hanne.
Die Mutter gibt nach. Schuldbewußt denkt sie, vielleicht tut es ihr gut, wenn sie vom Großvater verwöhnt wird.
In Gedanken packt Hanne ihren Koffer für die Reise. Sie bemerkt es nicht, als sie oben am Berg durch Scherben fährt. Scherben, die ihren Reifen zerschneiden.
Auch das noch! Ein Plattfuß!
Sie will das Fahrrad schieben, aber der Schlauch löst sich von der Felge und stoppt das Rad am Schutzblech. Hanne muss es erst reparieren. Sie hat kein Flickzeug dabei! Hanne schmeißt ihr Rad über den Feldrain. Sie hat es so satt, in der Hitze zu stehen. Unten schlängelt sich im Tal der Fluss. Daneben führt die Straße. Ich werde den Weg auf der Straße nehmen, beschließt sie. Und schon ist sie wieder obenauf.
Das Fahrrad könne sie später holen. Besser noch: Die Mutter würde ein neues mit Dreigangschaltung kaufen.


„Man hat zuerst ihr Fahrrad gefunden“, echot es von vorne aus der Registratur.
Corinna sagt:„Die armen Eltern.“
„Hast du das gelesen?“, ertönt es.
„Was denn?“, fragt eine aufgeregte Stimme.
„Der Täter hat schon mal eine geschändet. Saß im Gefängnis.“
„Seht mal hier. Ihre Eltern am Fundort!“

Warum nur sehen sie sich diese Bilder an. Hanne versucht es doch auch zu vergessen. Es geht sie doch nichts an. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft soll doch nur den Anspruch der Eltern auf die Lebensversicherung beweisen.
Nur deshalb wird sie angefordert. Vertraulich!
Natürlich versteht sie deren Betroffenheit. Es ist auch schlimm für die Eltern.
Zu wissen, dass ihr Kind geschändet wurde, bevor es sterben musste.

Ihr Tod ist gewiss Albtraum genug.
Aber der Albtraum wird schrecklicher.


Hanne läuft an der Straße entlang. Sie will nach Hause, als ein Auto neben ihr hält.
Es ist Herr Schwarz, der sie fragt: „Soll ich dich mitnehmen?“ Sie steigt ein. Ihr Mathelehrer fragt: „Soll ich dir Nachhilfeunterricht geben?“
„Worin denn?“ fragt sie übermütig. Legt ihre Hand auf seinen Oberschenkel.
Herr Schwarz nimmt ihre Hand von sich herunter. „Lass den Unsinn, Hanne“.
„Warum denn?“ Ganz tief in Hanne wächst etwas heran. Es ist eine Hitze, die sich über ihre Beine ausbreitet. Sie fühlt, wie sie ihr nachgeben möchte. Sie spreizt ein wenig ihre Beine. Herr Schwarz ist unaufmerksam geworden. Fast hätte er die Ausfahrt zu Hannes Haus übersehen. Er muss scharf abbiegen, um die Kurve zu nehmen. Hanne fällt gegen ihn. Mit dem Gesicht auf seine Brust. Sie riecht seinen Schweiß unter den Achseln. Ein fremder Geruch und faszinierend. Sie bleibt länger als nötig, dort liegen. Sie wünschte, er würde sie küssen. Das tut er natürlich nicht. Er ist doch ihr Lehrer. Aber seine Hose zeigt Hanne deutlich eine Wölbung. Als Herr Schwarz ihren Blick darauf bemerkt, wird er wieder rot. Seine Pickel stören Hanne auf einmal nicht mehr. Im Gegenteil: Sie findet ihn süß, möchte ihre Zunge in seinen Mund stecken. Ganz tief bis dorthin, wo der Brechreiz beginnt.
Vor ihrem Haus steigt sie aus. Winkt ihm nach, als er davonbraust.


Ihr Geburtsdatum ist der 15. April gewesen. In der Geburtsurkunde stand:
Maria Höfert, geboren in München.
Eltern: Die Krankenschwester Isolde Höfert geb. Braun und der Tischler Hans Höfert.
Maria ist deren einziges Kind.

Sie sitzen vor Hannes Schreibtisch. Gefasst beantragen sie die Auszahlung der Versicherungssumme. Die Beerdigung soll ihrer würdig sein. Kostet Geld.
Geld, was sie nicht haben, da der Vater schon lange arbeitslos ist. Er weint.
Seine Frau streichelt ihn über den Rücken. Auch ihre Augen sind ganz verquollen.
„Mit diesem Geld sollte unsere Maria einmal studieren, wissen Sie“?, erklären sie Hanne.
Nein, sie weiß es nicht. Woher auch? Diese Menschen, die da vor ihr stehen, sind ihr unbekannt. Erst diese Versicherungspolice hat sie zusammengeführt. „In der Regel sollen die Menschen ihre Versicherung ja erleben, nicht?“, sagt Herr Höfert mit einer Stimme, die Hanne unter die Haut geht.
Ihre Haare stellen sich auf, als sie der Stimme weiter zuhört.


Ihre Haare stellen sich auf, als seine Zunge mit ihrem Ohr spielt, sanft leckt. Ihre Spitze, drängt sich zwischen Lippen durch Zähne hindurch. Ihr Mund öffnet sich weit, genießt, wie sie sich vortastet bis an die Gaumensegel. Statt zu würgen, schluckt sie seinen Speichel, stößt ihre Zunge in seinen Mund. Hanne ist gespannt wie ein Bogen. Seine Hände wandern über ihre Hüften, streichen behutsam die hervorstehenden Beckenknochen. Sein Becken reibt sich an ihrem. Sie fühlt seine feuchte Gliedspitze zwischen ihren Schenkeln, seine Lippen fest um ihre Brust. Saugen ihre Gier heraus, die sie aufbäumen lässt, als er in sie eindringt, seine Schwere auf ihr liegt. Sie will ihn ganz. Tief hinein soll er zu ihr kommen. Sein Gesicht glänzt. Schweißtropfen rinnen über seine Brust auf ihren Nabel. Sie setzt sich auf, leckt seinen Schweiß von der Haut. Er schmeckt salzig. Sie fühlt seine Stöße schneller werden. Sie mag es so, presst seinen Unterleib mehr an sich. Mit einer Kraft, die sie ihm nie zugetraut hätte, schneidet er ihre Seele aus dem Körper. Sein Samen spritzt in sie. Sie fühlt sein Pulsieren und ist glücklich.
Glücklich, ihn in sich zu haben. Ihn zu fühlen. Ihm nahe zu sein.
Zärtlich streicht sie über seine Narben, die sein Gesicht entstellen.
Sein Samen findet den Weg, den nie zuvor ein anderer beschritten hat.
Er durchdringt die zarte Haut der einen Zelle, vermischt sich mit ihr. Sie teilen sich, immer wieder, bilden einen Strudel in der Zeit.

Hanne bemerkt ihre Schwangerschaft nicht. Da sie ihre Periode noch nicht gehabt hat, ist sie in ihrer Verliebtheit auch blind. Natürlich darf keiner von der Beziehung erfahren. Ihre Mutter nicht und auch ihre Schulfreunde nicht. Ihr Geheimnis prickelt, macht sie lebendig und schöner. Ihre Mutter freut sich, als Hanne runder wird. Endlich, denkt sie, ist Schluss mit dem ewigen Hungern. Hanne will auch nicht mehr zum Großvater fahren. Sie spielt viel Flöte in der Kreisstadt. Sie üben für eine Aufführung, hat sie der Mutter erzählt.

Es passiert auf einem Schulausflug. In München. Sie waren im deutschen Museum.
Hanne hat plötzlich Bauchschmerzen. Ihr ist ganz flau. Schnell geht sie auf Toilette.
Die Schmerzen ziehen am Rücken entlang. Hanne hat das Gefühl, sie bekommt starken Durchfall. Sie presst. Etwas Glitschiges rutscht aus ihr heraus. Instinktiv fängt sie es auf. Sie kann nicht fassen, was sie in Händen hält. Was soll sie tun. Sie beißt mit den Zähnen die Nabelschnur durch, verbirgt das Kind unter ihre Bluse. Sofort schnappt der kleine Mund nach ihrer Brustwarze. Während das Kind saugt zieht die Gebärmutter sich noch einmal zusammen, etwas rutscht noch einmal aus Hanne heraus in die Toilette. Hanne läuft mit dem Kind aus dem Museum. Sie rennt. Weiß nicht wohin. Dann legt sie es vor eine Haustür und klingelt.
Gott sei Dank ist Fön. Dann wird es nicht erfrieren, denkt sie noch, als sie verschwindet.
Hanne schleicht sich zurück zur Jugendherberge. Noch ist keiner zurück. Sie säubert sich, beseitigt alle Spuren.
Als ihr Mathelehrer sie später fragt, wo sie gewesen sei antwortet sie: „Ich war hier Herr Schwarz. Ich hatte Bauchschmerzen."
Ich habe meine Regel bekommen, erklärt sich Hanne das viele Blut, das zwischen ihren Beinen hervorquillt. Sie fühlt ein bischen Stolz, als sie im Supermarkt Binden und Tampons einkauft. An das Kind denkt sie nicht.


Hanne ist übel als sie der Stimme weiter zuhören muss. Es ist wie ein Krampf ihrer Eingeweide. Sie versucht den Schmerz zu ignorieren. Verschwommen sieht sie auf ihrem Schreibtisch das Foto in der Akte.
Marie liegt auf dem Rücken. Der schmutzige Fußboden unter ihr ist übersät mit Kellerasseln. Sie zieht Fliegen an. Man sieht sie deutlich im Gegenlicht der Tür.
Ihre Arme und Beine sind gefesselt. Die Haut an den Handgelenken ist blutig.

Die Stimme erzählt: „Wir konnten keine eigenen Kinder bekommen. Marie wurde uns durch einen Engel gebracht. Man hat sie vor unsere Haustür gelegt. Meine Frau hat sie gefunden. Wir sind mit ihr ins Krankenhaus gefahren. Ein Neugeborenes. Ganz winzig, wie ein Püpchen sah sie aus. Sie hat uns angelacht, als wollte sie sagen: ich bin ein Geschenk Gottes an Euch."
Herr und Frau Höfert weinen. Sie halten sich an den Händen fest.
„Die Fürsorge erlaubte uns, das Kind in Pflege zu nehmen. Später haben wir sie dann adoptiert.“

Hanne weint mit. Sie denkt an ihr Kind. An seinen Mund, wie es an ihrer Brust saugt.
An einem 15.April im deutschen Museum.

 

Hallo lukas,
Bisher habe ich noch nie zu lesen bekommen, der Aufbau meiner Geschichte sei zu offensichtlich schön, als dass er gut sein könnte?

Was mir auffällt, da ich schon ein paar Texte von dir gelesen habe, ist, dass sich deine Erotik/Sex-Szenen doch immer sehr gleichen, so sind sie zwar für sich betrachtet apart, aber im Zusammnehang doch langweilig.
Welche Geschichten meinst Du? Was haben andere Geschichten mit dieser zu tun?
Du sagst es doch selbst: Für sich appart. So sollte es auch sein. Daher verstehe ich deine Kritik in ihrem Kontext nicht.
Wie man einen Text aufbaut, das beherrscht du ohne Zweifel, aber es wäre noch besser, wenn man den Aufbau als solchen nicht erkennen würde, da es dir nicht nur um die Form geht, was ich glaube, sondern um den Inhalt.

Die Form soll den Inhalt transportieren. Wenn ich mir bei der Form besonders viel Mühe gemacht habe (schlicht und augenscheinlich), dann auch, um das Vielschichtige im Inhalt meiner Geschichte leichter zugänglich zu machen.
Leider bist du auf den Inhalt nicht eingegangen: Nur soviel, als dass er für dich eine leere Hülse war, wenn ich dich richtig verstanden habe. Insofern habe ich dir den Inhalt trotz augenscheinlicher Leichtigkeit im Aufbau nicht nahe bringen können.
Danke für diesen Hinweis.
Ich warte noch ein paar Stellungnahmen ab, bevor ich meinen Text in diese Richtung hin, überarbeite, ok?

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

puh, ganz schön heftig. Wie das Leben manchmal so spielt.
Ich muss aber ehrlich gesagt gestehen, dass ich beim Lesen nicht so ganz durchgeblickt habe. Also Hanne arbeitet bei einer Versicherungsgesellschaft, die nun den Eltern des toten Mädchen die Versicherungssumme auszahlen muss.
Sie sieht das Foto, ist geschockt. Dann machst du einen Sprung und gehst in Hannas Vergangenheit, dass habe ich zunächst einmal nicht so direkt geschnallt, erst, als man erfuhr, dass sie noch zur Schule ging.
Dann ist Hanna mit dem Fahrrad unterwegs, hat einen Platten, läßt das Fahrrad liegen und geht eine Straße entlang, auf der sie laut ihrer Mutter nicht gehen soll.
In der nächsten Szene heißt es dann wieder, dass sie in der Registratur sagen, man hätte zuerst ihr Fahrrad gefunden.
Da war ich dann erneut verwirrt und dachte, ist denn jetzt Hanna auch getötet worden? Aber nein, kann ja nicht sein, weil sie ja diejenige ist, die bei der Versicherung den Fall des toten Mädchens bearbeitet.
Dann kommt wieder in der Rückblende, dass sie schwanger wird (ich nehme mal an von Herrn Schwarz) , das Kind gebährt und es vor einem Haus ablegt. Das Kind, das jene Leute adoptieren und dass dann vergewaltigt und getötet wird - Hannas Kind.
In irgendeinem Absatz heißt Hanna aufeinmal Susanne. Soll Hanna eine Abkürzung sein?

Zwei Sachen noch, die mir aufgefallen sind:

Sie bemerkt nicht, als sie oben am Berg durch Scherben fährt.
Hört sich hier nicht besser: ...dass sie oben am Berg durch Scherben fährt?

Das Fahrrad könne sie später holen. Besser noch: Die Mutter kaufe ein neues mit Dreigangschaltung.

Hört sich irgendwie komisch an. Vielleicht: Das Fahrrad würde sie später holen können. Besser noch: Die Mutter würde ihr ein neues mit Dreigangschaltung kaufen.

Die Geschichte an sich hat mir schon gefallen, vielleicht hat mir ja auch nur die spanische Hitze das Gehirn vernebelt, dass ich Schwierigkeiten hatte, sie richtig zu verstehen. :D

LG
Blanca :)

 

Liebe Blanca,
Du hast den Inhalt trotz Hitze richtig erfasst. Schön, wenn sie dir gefallen hat. :)
Auch die Susanne gehörte nicht dahin. Ist mir bei der Korrektur entgangen :Pfeif: (Das ist ein Lieblingsname von mir, den ich aber schon in meiner Geschichte Haut verwandt habe)

Verben konjugieren ist nicht so mein Steckenpferd. Da ich Hanne in der Gegenwart agieren lasse, ist der Präsenskonjunktiv m.M.n.
könne von sie kann, während es bei der Mutter in naher Zukunft beim Futurkonjuktiv mit würde kaufen richtiger ist.

In dem Satz sie bermerkt es nicht, als , hatte ich es vergessen. Dann ist als besser als dass

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren
Liebe Grüße
von hier nach Spanien
Goldene Dame

 

Ola!

Also mir hat die Geschichte sehr gefallen, auch wenn ich zuerst an den Übergängen/Rückblenden auch etwas verwirrt war. Vielleicht kannst du die irgendwie kenntlich machen.
Aber sonst: die bedrückende Stimmung kommt wunderbar rüber. Auch die Beschreibung von Hanne, wie sie unter der erdückenden Liebe ihrer Mutter leidet, finde ich sehr gelungen. Dein Stil ist schön flüssig und gut verständlich.

Alles in allem eine schön geschriebene traurige Geschichte. Ich bin beeindruckt.

Gruß,

Felsenkatze

 

Hallo Goldene Dame,
ich habe aber einen Teil immer noch nicht ganz verstanden, und zwar die Stelle, an der die junge Hanna das Fahrrad liegen läßt und zu Fuß die Straße am Fluß entlang geht. In der nächsten Szene unterhalten sich ein paar in der Registratur darüber, dass man zuerst das Fahrrad gefunden hat. Ist damit jetzt das Fahrrad von Marie gemeint? Dann schreibst du, dass Der Täter früher schon mal jemanden geschändet hat. Ist damals Hanna auch von dem gleichen Typen mißbraucht worden?
Ach menno, klär mich mal auf. :D

LG
Blanca

 

Hallo Goldene Dame,
fazinierende Geschichte. Die Übergänge von Gegenwart und Vergangenheit finde ich nicht störend oder verwirrend, ich fand sie gekonnt. :)
Den Konflikt zwischen Mutter und Tochter, der im Prinzip ja eigentlich keiner sein sollte ist sehr schön gestaltet. Die erdrückende Liebe und Überfürsorge lenkt Hanne einfach in die falsche Richtung. Hätte Hanne mehr Freiraum gehabt, hätte sie ihn sich nicht im übertriebenen Maße holen müssen. Dann wäre ihre Tochter nie geboren worden und wäre nicht auf so grausame Art gestorben. Viel Leid wäre dadurch erspart worden. Seltsam, wie verdreht und verknüpft die Schiksale verschiedenster Menschen so sein können.
Dein Stil ist beneidenswert! :thumbsup:
Liebe Grüße
Susie

 

Hallo Felsenkatze,
Die Übergänge sollen dazu verführen genauer zu lesen. Ich freue mich, wenn dir Hannes Geschichte nahe gehen konnte. Schön wie du auch ihr Leid gesehen hast.
Hallo Blanca,
es soll natürlich spannend bleiben, aber es war das Fahrrad von Marie gemeint, über das sich vorne in der Registratur unterhalten wird. Der Täter hat schon mal jemanden geschändet. Wen, habe ich offen gelassen, damit an dieser Stelle die Spannung der Geschichte nicht verloren geht. Am Ende klärt sich doch, welches Band Hanne mit Marie verknüpft. Du hattest es doch auch schon richtig wiedergegeben. :)

Hallo Kürbiselfe
Vielen Dank für dein Feedback zum Mutter-Tochterkonflikt. Schön dass du auch seinen Anteil an Hannes und Maries Geschichte gesehen hast.

Danke fürs Lesen und Eure Anerkennung
Goldene Dame

 

Hi Goldene Dame,

mal wieder eine wunderbare Geschichte. :)

Mit deiner KG machst du klar, es gibt keine Tat im Leben, die uns nicht irgendwann wieder einholt.
Auch wenn diese Erkenntnis für deine Prot, eine einsame ist.
Denn niemand hat, wenn ich das richtig sehe, von ihrem Kind gewußt.

Ich frage mich, wie kann eine Frau so etwas ertragen?
Okay, dass Kind weggeben zu haben ist schon nicht einfach. Doch kann man sich mit dem Gedanke beruhigen, dass es ihm schon gut gehen wird.

Aber dann einen Teil von sich selber, geschunden und ermordet zu sehen?
Meine Seele würde nie mehr zur Ruhe kommen.
Quälende Fragen, was wäre wenn? Furchtbar!!!

Habe deine KG zweimal gelesen, weil mich zuerst auch die Rückblenden etwas irritiert hatten.
Beim zweiten mal allerdings, las es sich ganz flüssig.

Wünsche dir noch eine gute Nacht. :)

liebe Grüße,
coleratio

 

Guten Morgen liebe coleratio :kuss:


Aber dann einen Teil von sich selber, geschunden und ermordet zu sehen?
Meine Seele würde nie mehr zur Ruhe kommen.
Quälende Fragen, was wäre wenn? Furchtbar!!!

Ich weiß auch nicht, woher der mobide Gedanke in mir kam. Irgendwie hat es mich geschüttelt, als ich mich kürzlich auf unserer Redaktionssitzung an eine Begebenheit aus meinem früheren Arbeitsleben erinnert habe. Ich hatte mal einen Fall zu bearbeiten, indem eine Ermittlungsakte angefordert war. Obwohl ich dieses Foto vor Jahren und nur für Sekunden gesehen hatte ist es mir in seiner ganzen Abscheulichkeit in Erinnerung geblieben. Mein Körper hat sich ebenso erinnert. Alles was ich damit verbunden hatte der Ekel, die Übelkeit im Magen...

Das musste ich wohl los werden :messer:

Na ja, dieses Gefühl alleine reicht ja nicht für eine Geschichte.
Aber unsere Medien bieten ja Futter genug ein eine daraus zu machen.
Mich hatte das Thema unbemerkt ein Kind zu bekommen fasziniert.

Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll, glaubte das sind alles Märchen. Bei meinen Recherchen habe ich aber ein Körnchen Wahrheit gefunfen.

Der Rest ist Inspiration aus meinem Urlaub.

Danke fürs Lesen und für die netten Worte, die du für meine Geschichte gefunden hast. :)


Liebe Grüße
von Ost nach West über den Michel und Dom

Goldene Dame

 

hallo goldene dame,
auch ich habe deine geschichte mit interesse - aber zugegebenermaßen auch mit mühe - gelesen. nach dem zweiten lesen habe ich mich aber zurechtgefunden; deine folgenden erklärungen haben es bestätigt.

was für mich nicht klar ist: das kind wurde von hanne weitestgehend ausgetragen (das baby konnte schon mit dem mund nach der brustwarze "schnappen"!). selbst die mutter hat sich darüber gefreut, dass hanne "rundlicher" wurde. und jetzt kommt es: nach der geburt merkt kein mensch, dass sie jetzt plötzlich NICHT mehr schwanger und mit baby-bauch ist? das ist unwahrscheinlich und sehr konstruiert.

weiter unlogisch:

Sie wohnt im Tal. Die Schule befindet sich im nächsten Ort auf der anderen Seite. So muss sie erst bergab und dann wieder bergauf radeln.
- wenn sie schon im tal wohnt, warum muss sie dann zuerst ABWÄRTS fahren?

Insgesamt meine ich, die geschichte würde noch packender und dichter, wenn du unnötige stellen ersatzlos streichen, oder zumindest kürzen würdest, z.b.:

- die lange szene, die die unfähigkeit von lehrer schwarz und die provokation von hanne zeigt (kürzen!)

- wunsch nach besuch beim großvater (ersatzlos streichen, denn es hat keinen bezug zur geschichte und führt den leser nicht weiter. es verwirrt den leser bestenfalls!

gut haben mir diese stellen gefallen:

[/QUOTE]Den der Angstwurm in ihr herauswürgt.

ANGSTWURM scheint mir eine passende wortschöpfung zu sein in diesem zusammenhang
Hanne hört, wie sie ihre Empörung abspulen, den Täter verurteilen und bestrafen.
solche standardsätze werden wirklich ABGESPULT

wernige gut haben mir gefallen:

„So ein Unhold“, hört Hanne Rudi sagen,
- UNHOLD scheint mir hier zu zahm zu sein. SCHWEIN würde mir besser gefallen!
Ein dicker Kloß klebt in ihrem Hals.
- STECKT ihr im hals, oder VERSCHLIESST ihr den hals (nur vorschläge, bitte!)
Theo nimmt die Akte aus ihren Händen. Sein Gesicht glüht vor Eifer.
- worüber EIFERt er denn?
Ihre Ohren klingen in einem hohen Ton.
- sind "klangohren" der neueste modehit?

herzliche grüße
ernst

 

Hallo Ernst,

Das Unwahrscheinliche wollte ich in der Hauptsache auch nicht wahrscheinlich machen, da ich es ja selbst kaum glauben kann, wie so etwas unbemerkt sein kann. :Pfeif:

Per PN können wir uns gerne darüber austauschen :D

Aber Magersüchtige haben ihre Möglichkeiten, wie alle Süchtigen, perfekt ihre Heimlichkeiten zu verbergen .
Hanne ist jedenfalls nicht aufgeflogen.

Insofern macht es vielleicht Sinn, wenn die verdrängte Vergangenheit durch Maries Tod ihr bewusst gemacht wird.

Du kennst doch sicherlich als Nachbar der Alpen die Berge. :confused: oder.
Man kann doch an Berghängen des Tales auf und ab fahren oder nicht? Wenn so nun mal die Nebenstraßen zur stark befahrenen Hauptstraße in der Talsohle liegen ;)

Streichen möchte ich nicht so gerne, meine Handlungsebenen sind vielschichtig ineinander verflochten. Jeder Satz hat in meinen Augen seinen Sinn, trägt zur Handlung bei. Außerdem ist die Sprache so schnörkelos, dass da schon ein Satz mehr reinpasst, um die Stimmung herzustellen.

Die Sensationsgier, wollte ich auch nicht so übermäßig zur Schau stellen. Wertungen wie Schwein und andere Kraftausdrücke halte ich daher für unangebracht. Eifer ist schon hart genug, um Voyeure mit der Nase darauf zu stoßen.

Klangohren sind nicht modisch, sondern eine unheimliche Erkrankung, die stressgeplagte Menschen sehr gut kennen.

Vielen Dank für die lobenden und kritischen Worte.

Goldene Dame


Grüss Gott Häferl,

Im Urlaub habe ich eins gesehen, ein Häferl ;)

Uh die Liste :crying:
Danke für deine Mühe Werde sie beizeiten abarbeiten.
Du weißt, ich mache es mit Absicht: Keiner soll gleich wissen um was geht. (Spannungsbogen)
Und die vererbte Opferrolle, war auch eine falsche Spur, die ich legen wollte.
Auch wenn es schwer für den Leser wird, er muss bis zum Schluss durch :D

Und daher freue ich mich, wenn sie dir gefallen hat. :)

Liebe Grüße

Goldene Dame

 

„So ein Unhold“, hört Hanne Rudi sagen, „gehört für immer weggesperrt!“
Ich kenne sie gut, diese Empörung der Gerechten, während der Mittagspause, beim mampfen, ich glaube, wir kennen sie alle. Daher wäre dieser Satz auch ein guter Einstieg in die Geschichte, aber du, Goldene Dame, hast einen anderen gewählt. Zu Recht, wie ich finde, denn die Szene mit dem Bild hat eine tiefere Bedeutung, das Motiv des Bildes wiederholt sich ja mehrmals in der Geschichte.

Zudem legt dein Anfang falsche Fährte:

Hanne schließt die Augen, um das Foto nicht mehr zu sehen.
Aber das funktioniert nicht. Sie sieht das Mädchen, wie es weint. Die Tränen laufen über das schmutzige Gesicht und hinterlassen Spuren. Sie weint still, hat aufgegeben. Ab und zu hört man einen tiefen Schluchzer, der von innen kommt.
Hier dachte ich: die Protagonistin ist auch mal Opfer eines ähnlichen Verbrechens geworden, nur ist sie zum Glück mit dem Leben davon gekommen.

Ab diesem Zeitpunkt las die Geschichte unter diesem Blickwinkel, und als ich irgendwo in der Mitte den Absatz

„Man hat zuerst ihr Fahrrad gefunden“, echot es von vorne aus der Registratur.
Corinna sagt:„Die armen Eltern.“
„Hast du das gelesen?“, ertönt es.
„Was denn?“, fragt eine aufgeregte Stimme.
„Der Täter hat schon mal eine geschändet. Saß im Gefängnis.“
„Seht mal hier. Ihre Eltern am Fundort!“
las, war ich vollends überzeugt: da war der gleiche Täter am Werk wie bei der Protagonistin als Kind, sie lässt ja in der Szene davor ihr Rad auch stehen, um unten im Tal per Autostop nach Hause zu kommen.

Dann kommt der pickelige, unsicher Lehrer, die leichte Beute einer dürren und daher sicher auch nicht sehr attraktiven Heranwachsenden, fast war ich geneigt zu denken, aha, da wird dem Opfer die Mitschuld am Verbrechen zugeschoben, eine von einer Autorin kaum zu erwartende These.

Wie schön, dass sich dies nicht erfüllte, der Hintergrund der Geschichte war ein anderer, nicht minder bewegender, auf jeden Fall war er nicht sofort zu erkennen, wie sonst meistens bei Geschichten, in denen es um Verbrechen an Kindern geht.

Nun gut, ich bin dir auf den Leim gegangen, die Wendung mit dem heimlich empfangenen, ausgetragenen und geborenen Kind ist glaubwürdig, wenn auch es besser gewesen wäre, wenn die Protagonistin von Haus aus dick gewesen wäre, da fallen ein paar Pfunde mehr oder weniger nicht weiter auf.

Ich stimme mit denen überein, die sagen, das mit dem Großvater müsse gestrichen werden, weil er keine Rolle in dem Stück spielt. Im Wesentlichen stimme ich auch Lukas’ Kritik zu – da vor allem, wo er Positives schreibt -, sehe aber nicht, dass deine Geschichte zu konstruiert oder zu augenscheinlich um Spannung bemüht wäre. Du verwendest eine eher zurückhaltende Sprache, willst keineswegs schocken, wenn es trotzdem wirkt, na umso besser.

Dion

 

Hallo Dion,

Daher wäre dieser Satz auch ein guter Einstieg in die Geschichte, aber du, Goldene Dame, hast einen anderen gewählt. Zu Recht
Den Einstieg, den du gewählt hättest, kann ich auch nachvollziehen. Wobei natürlich die Gewichtung der Intention eine ganz andere würde. Daher freue ich mich über dein: Zu Recht

Nun gut, ich bin dir auf den Leim gegangen, die Wendung mit dem heimlich empfangenen, ausgetragenen und geborenen Kind ist glaubwürdig, wenn auch es besser gewesen wäre, wenn die Protagonistin von Haus aus dick gewesen wäre, da fallen ein paar Pfunde mehr oder weniger nicht weiter auf.
Dion, ich denke, ob nun ein mageres Mädchen oder ein dickes Mädchen ist unerheblich; gewöhnlich sieht man Frauen eine Schwangerschaft an. Die Vorstellungen, warum sie dennoch nicht gesehen werden konnten sind meistens mit irgendwelchen Klischees behaftet.
Vielleicht hat die Schwangerschaft einfach nur der/die nicht bemerkt, weil der/die nicht sehen kann, was nicht sein darf? ;

Ich stimme mit denen überein, die sagen, das mit dem Großvater müsse gestrichen werden, weil er keine Rolle in dem Stück spielt.
Er spielt eine Rolle. Die des wichtigsten Mannes; bis sich Hanne in Herrn Schwarz verliebt. Mädchen brauchen für ihre psychosoziale Entwicklung eine Vaterfigur. Wenn sie keinen Vater haben, suchen sie Ersatz. Und genau das macht Hanne. Erst den Großvater, dann Herrn Schwarz...
Im Wesentlichen stimme ich auch Lukas’ Kritik zu – da vor allem, wo er Positives schreibt -, sehe aber nicht, dass deine Geschichte zu konstruiert oder zu augenscheinlich um Spannung bemüht wäre. Du verwendest eine eher zurückhaltende Sprache, willst keineswegs schocken, wenn es trotzdem wirkt, na umso besser.
Danke für die Bestätigung, dass mir dir nötige Balance offensichtlich gelungen ist.

Im Ganzen hat mich dein Feedback sehr gefreut, Dion.
Ich hoffe wir bleiben im Dialog.
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

… gewöhnlich sieht man Frauen eine Schwangerschaft an. Die Vorstellungen, warum sie dennoch nicht gesehen werden konnten sind meistens mit irgendwelchen Klischees behaftet. Vielleicht hat die Schwangerschaft einfach nur der/die nicht bemerkt, weil der/die nicht sehen kann, was nicht sein darf?
Ja, gewöhnlich sieht man das, doch bei denen, die schon normal wie schwanger aussehen, sieht man das nicht. Gerade bei einer dürren Minderjährigen – ich nehme an, so um die 40 Kilo -, würde man eine 10% Gewichtzunahme, die sich vor allem auf Bauch konzentriert, sofort ansehen, zumal sich eine Schwangere in den letzten Monaten auch ganz anders bewegt, von ihrer „glücklichen“ Mutter einmal abgesehen, die Mitschüler oder der/die Sportlehrer/in würden es richtig deuten. So wirkt das tatsächlich ein wenig zu konstruiert – nur um die Magersüchtigkeit als Reaktion auf zuviel Liebe stehen lassen zu können? Dickleibigkeit wäre hier auch eine angemessene Reaktion, findest du nicht?

Er spielt eine Rolle. Die des wichtigsten Mannes; bis sich Hanne in Herrn Schwarz verliebt. Mädchen brauchen für ihre psychosoziale Entwicklung eine Vaterfigur. Wenn sie keinen Vater haben, suchen sie Ersatz. Und genau das macht Hanne. Erst den Großvater, dann Herrn Schwarz...
Möglich, dass du das gemeint hast, aber in der Geschichte geschrieben hast du es nicht. Dort steht nur: Hanne würde gerne zum Großvater fahren, aber nicht warum - ich als Leser, kann das nicht riechen.

Dion

 

So wirkt das tatsächlich ein wenig zu konstruiert – nur um die Magersüchtigkeit als Reaktion auf zuviel Liebe stehen lassen zu können? Dickleibigkeit wäre hier auch eine angemessene Reaktion, findest du nicht?
Dion, ich kenne Magersüchtige, die vor allem eins tun, weite Kleidung tragen. Es gibt verschiedene Stadien und im letzten Stadium wird so ein Mädchen auch nicht mehr schwanger. Dieses Stadium hat Hanne auch (noch) nicht erreicht. Die Magersucht wird meist zu spät erkannt, weil Süchtige vor allem eins tun: Ihre Sucht verbergen. Damit sie nicht gesehen wird. Magersüchtige fallen auf, wenn sie es nicht mehr mit weiten Klamotten verbergen können, oder weil sie erwischt werden. (Missbrauch Abführmittel, Erbrechen usw. Und in diesem Stadium der Sucht kannst du Hanne sehen. Sie ist dünn, ihre Mutter sorgt sich. Als Hanne runder wird, ist sie erleichtert. Außerdem werden die Babys auch nicht so groß und schwer. Eine straffe, (weil junge auf Wachstum ausgerichtete)Bauchdecke, gute Bauchmuskeln, lassen dem Kind genug Platz innen im Bauchraum zu wachsen. Und zwar so, dass man es nur sieht, wenn man genau hinschaut. Ohne weite Kleidung.
Deine Anmerkung mit dem Großvater werde ich noch überdenken. So wie es jetzt steht muss es entweder ergänzt oder gestrichen werden,. Hmm.
Goldene Dame

 

Ergänzungen

Ich habe hinsichtlich der Ungereimtheiten inhaltliche Änderungen vorgenommen.

 

Hallo Goldene Dame,

dir ist hier eine schockierende, spannende Geschichte gelungen.

Den Einstieg fand ich sehr gut. Anfangs haben mich die Zeitsprünge auch etwas verwirrt, doch bald fand ich mich gut darin zurecht.

Wie weiter oben schon angemerkt bin ich auch über das Wort "Unhold" gestolpert. Unhold finde ich hier nicht passend, denn man verwendet es oft auch im eher harmloseren Sinn. "Monster", "Schwein" etc., hätte mir hier besser gefallen.

Ansonsten sehr schön geschrieben!

Lob für dich!

Bella

 

Hallo Bella,
Es freut mich, wenn du diese Geschichte spannend gefunden hast.
Unhold ist meinen Augen stark genug, um zu klassifizieren. Vielleicht ein wenig altmodisch im Sprachgebrauch.

Danke für deine Anerkennung
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

habe Deine Geschichte sagen und muß sagen, daß stilistisch nix auszusetzen ist. Es liest sich wie eine längere Erzählung, die an manchen Ecken sogar noch ausufernder sein könnte.

Die Geschichte handelt von der "Zusammenführung" von Mutter und Kind. Erzählt wird einerseits die Kindheit der Mutter, wie sie schwanger wurde und warum sie das Kind abgab. Anderseits auch die Gegenwart, in der sie unwissend mit ihrem Kind konfrontiert wird.
Es wird so erzählt, daß die beiden Parallelhandlungen erst am Ende zusammenkommen.
Dies erschwert dem Leser die Erfassung der Geschichte beim ersten Lesen. Durch das aus meiner Sicht teilweise willkürliche Setzen von Absätzen, ist es teilweise schwer erkennbar, welche Ebene gerade beschrieben wird.
Die Absicht, bestimmte Parallelitäten anzudeuten
-> die aufstehenden Haare
-> das Fahrrad

sind für mich nicht nachvollziehbar und tragen eher dazu bei, die Verwirrung zu steigern, als evtl. die Verbindung zwischen Mutter und Kind zu zeigen.

Insofern wäre mein Fazit:
Die Geschichte könnte gewinnen, wenn zumindest beim zweiten Lesen bereits oben weitere Parallelitäten offenbar werden, die sich nicht nur in ähnlichen, aber willkürlichen Bildern äußern, sondern evtl. in gleichen Verhaltensmustern.
Ich weiß, es ist schwer, weil die Biographie von Marie nur über die Eltern und durch die Akte hindurchschimmert, aber es würde aus meiner Sicht, etwas klarer.

Denn so habe ich am Ende zwei Geschichten gelesen, die eigentlich zufällig verbunden sind und ich frage mich, was Du mir damit sagen willst, außer: Solche Zufälle gibt es also.
Ich will dann aber wissen oder auch nur ahnen, warum Du mir diesen Zufall zeigst.

Warum führst Du Mutter und Tochter wieder zusammen?
Gibt es einen Verdacht, der in ihr aufkommt, daß sie hier ihr Kind sieht?
- wenn ja
-> wie geht sie damit um
-> wie tritt sie gegenüber den Eltern auf?
- wenn nein
-> warum gibt es ihn?

Ich finde die Idee ausbauwürdig. D.h. man verfolgt die Biographien der jungen Hanna und auch die von Marie, die Biographie zweier Menschen, die sehr viel gemeinsam haben und nichts voneinander wissen.
Interessant, wenn auch makaber finde ich das Erlebnis der ersten sexuellen Erfahrung, das für Hanna mehr oder minder glücklich endet (es hätte ja auch jemand anders kommen können, der sie da mit dem Auto mitnimmt)
Und der so extrem negativen Erfahrung ihrer Tochter.
Diese Ereignisse als Angelpunkt für zwei Biographien zu nehmen finde ich ziemlich genial und man sollte mehr draus machen.

Kleine Anmerkung:
Beim zweiten Lesen ist mir aufgefallen, daß Hanna nicht an dem Tag schwanger wurde, an dem Du die Vorkommnisse mit Herrn Schwarz in der Schule und im Auto schilderst.
D.h. es war lediglich die Andeutung des Zukünftigen, daß anschließend lediglich durch den sexuellen Akt repräsentiert wird. Auch hier kann man das zustande kommende Verhältnis Schülerin-Lehrer (kommt ja auch immer mal wieder in den Medien) skizzieren, daß sie sich dann doch irgendwann zu Nachhilfestunden treffen, anfangs mit unterschiedlichen Zielsetzungen, die am Ende zu dem Verhältnis führen. Aber wie gesagt, daß ist eher Stoff für eine sehr viel längere Erzählung, wenn nicht gar Novelle.

Grüsse
mac

 

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