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Ein neuer Freund

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26.08.2019
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Ein neuer Freund

„Ich habe dir ein Brot für unterwegs gemacht, mein Schatz! Du hast doch heute wieder einen schweren Tag“, sagte Katharina und schmiegte sich an ihren Mann.
„Danke dir! Ich komme sobald wie möglich zurück.“
„Ja, bitte, Papa! Spielst du dann wieder mit mir Verstecken?“ Jürgen hob Mia hoch und küsste sie. „Musst du nicht langsam in den Kindergarten? Komm, ich bringe dich schnell noch hin.“ Das Mädchen jauchzte und Katharina gab beiden an der Tür einen Abschiedskuss. „Ich liebe dich, Jürgen!“
Nachdem Jürgen Linnemann Mia am Kindergarten abgegeben hatte, ging er zur Arbeit.

„Was willst du hier, Linnemann? Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?“
„Das ist meine Schicht, Chef. Was macht der Mann da hinter der Theke?“
„Du bist gefeuert, Linnemann. Verstehst du das nicht? Ich kann niemanden in meiner Tankstelle gebrauchen, der gegenüber Kunden handgreiflich wird.“
„Kommt nicht wieder vor. Wirklich nicht, Chef.“
„Das höre ich nicht zum ersten Mal von dir. Du hast dich einfach nicht unter Kontrolle. Jetzt reicht es mir, du Psycho. Verschwinde endlich, sonst werde ich mal handgreiflich!“
Linnemann blickte zu seinem Chef, dann zur Theke. Er schüttelte den Kopf. Schaute hinter sich, öffnete und schloss seine Hände. „Aber das ist doch meine Schicht“, sagte er.
Dann verließ er die Tankstelle.
„Ich habe dir ein Brot für unterwegs gemacht, mein Schatz!“, flüsterte er. „Du hast doch heute wieder einen schweren Tag.“ Linnemann nickte. „Danke dir, ich komme sobald wie möglich zurück.“ „Ich liebe dich, Jürgen“, sagte er mit heller Stimme und lächelte.

Als er zu Hause ankam, waren Katharina und Mia schon im Fahrstuhl.
„Mama, ich will nicht zu dem Geburtstag gehen. Ich kenne die da gar nicht alle. Und wenn die mich ärgern?“ „Ach, Mia, Lenas Eltern sind doch auch da. Die helfen dir dann.“
Jürgen Linnemann beugte sich hinab zu Mia: „Weißt du, Mia, ich wurde früher auf dem Schulhof auch geärgert. Man muss nur wissen, wie man sich wehren kann! Soll ich dir mal erzählen, was ich mit den drei Jungs gemacht habe, die mich morgens immer wieder vor der Schule abgefangen haben? Die haben mir nie wieder aufgelauert.“ Er gluckste.
„Lassen Sie meine Tochter mit ihren Geschichten in Ruhe! Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie uns nicht ansprechen sollen!“ Katharina stellte sich vor Mia.
Jürgen drückte sich in die Ecke und lehnte die Stirn gegen die Fahrstuhlwand. Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Schläfe.
„Ist der Mann behindert, Mama?“, fragte Mia.
Der Aufzug bimmelte und Katharina drückte die Tür auf, zog Mia hinter sich her. Bevor die Tür zufiel, stellte Jürgen den Fuß in die Spalte, schob seinen Kopf heraus und blickte nach links, den beiden hinterher.
Mia hüpfte von einem Bein auf das andere: „Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise. Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“
Als Katharina hinter beiden die Wohnungstür geschlossen hatte, verließ Linnemann den Fahrstuhl ebenfalls.
Schräg gegenüber von Katharinas Tür blieb er stehen und schloss seine Wohnungstür auf. Er sah durch den Spion. Katharinas Tür war geschlossen.
Linnemann lehnte sich an die Tür, schlug die Stirn wieder und wieder gegen sie. „Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert, Mama?“

„Papa, Papa, endlich bist du wieder da! Wir haben dich so vermisst!“
Jürgen drehte sich um. Mia stürmte auf ihn zu, sprang in seinen Arm. Er schleuderte sie herum, küsste sie auf die Stirn.
„Jürgen, endlich, ich habe schon auf dich gewartet!“ Katharina stand auf der Schwelle zur Schlafzimmertür. Sie trug ein seidenes Nachthemd. „Es tut mir leid, dass ich so ungezogen war. Kannst du mir verzeihen?“
„Du musst dich gedulden, Katharina. Ich bringe erst meine Tochter ins Bett. Dann werde ich mir eine gerechte Strafe für dich ausdenken.“
Während Jürgen Mia ins Bett trug, streckte diese ihrer Mutter die Zunge heraus.

Linnemann hörte ein leises Klopfen auf dem Flur. Er stürzte zum Spion. Ein Mann stand gegenüber an der Wohnungstür. Als die Tür sich öffnete, blickte Katharina heraus, legt den Zeigefinger vor den Mund und flüsterte etwas. Dann fiel sie dem Mann in die Arme. Sie küssten sich lange und verschwanden schließlich in der Wohnung.
Linnemann starrte auf die Tür. Dann schlug er mit der Faust vor seinen Kopf. Gegen die Tür. Setzte sich schließlich mit dem Rücken zur Tür und starrte auf seinen Finger: „Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise. Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“ Er lächelte.
Nach einigen Stunden hörte er auf dem Flur ein Geräusch. Linnemann stand auf und sah durch den Spion. Der Mann ging an Linnemanns Tür vorbei. Er trug jetzt einen kleinen, schwarzen Koffer.
Leise schlüpfte Linnemann hinaus und folgte dem Mann.

Am nächsten Tag trat Linnemann mittags erneut auf den Flur. Er ging zu Katharinas Wohnungstür und schloss sie auf. „Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise“, flüsterte er.
Leise hörte er Katharina singen. Er ging den Flur hinunter auf das Schlafzimmer zu. Vor der Tür blieb er stehen. Durch den Spalt konnte er sehen, wie sie ihre schwarz-weiße Kleidung aus dem Café auszog. Dann zog sie einen Bademantel an. Sie ging auf die Tür zu.
Als sie ihn sah, schrie sie entsetzt:
„Was machen Sie hier? Wie sind Sie hier hereingekommen?“
Linnemann zeigte ihr den Schlüssel: „Weißt du noch, wie du im letzten Sommer deinen Schlüssel verloren hast? Du hattest ihn außen hängen lassen. Aber keine Sorge, ich habe ihn an mich genommen.“
„Was haben Sie? Seit dem letzten Sommer?“
„Ja, ich habe euch schon oft besucht. Meist habt ihr da geschlafen. Manchmal ward ihr auch gar nicht da. Einmal habe ich sogar den Herd für dich ausgemacht. Du hattest ihn vergessen.“
Katharina wich zurück, schlug die Hand vor den Mund. „Bitte gehen Sie. Meine Tochter ist nebenan. Sie wird sich furchtbar erschrecken.“
„Ach, Katharina, wir holen Mia doch immer erst um vier aus dem Kindergarten ab.“
„Hilfe! Hilfe!“ Katharina schrie jetzt laut.
„Hör auf, hör doch auf!“, rief Linnemann. „Du wirst uns alles verderben!“ Er blickte zur Tür, dann wieder zu Katharina.
Sie schrie weiter.
Linnemann griff zu. Er riss sie an den Haaren nach vorn, schlug ihren Kopf vor den Türpfosten. Abrupt verstummte Katharina. Sie glitt auf den Boden und stöhnte.
„Siehst, du, jetzt hörst du auf mit dem Geschrei.“ Linnemann kicherte. Dann wischte er ihr mit dem Zeigefinger einen blutigen Tropfen von der Stirn. „Komm, ich muss dir unbedingt etwas zeigen. Komm doch. Du wirst begeistert sein!“
Er griff wieder nach ihren Haaren und zog sie durch die Wohnung. Katharina taumelte weinend hinter ihm her.
Im Hausflur schaute er sich kurz um, schloss dann seine Wohnungstür auf und zog sie herein.
Katharina erstarrte: „Sie haben ja die gleiche Tapete wie ich.“
„Nicht nur das. Ihr werdet euch hier wohlfühlen.“ Er nahm sie mit in ein Zimmer: „Mia hat hier die gleiche Tapete und auch die gleichen Bilder wie nebenan. Ihr wird gar nicht auffallen, dass sie umgezogen ist! Es kommt aber noch besser.“ Wieder zog er Katharina an den Haaren hinter sich her: „Ich habe auch das gleiche Bett wie du, siehst du?“
Katharina schrie auf vor Schmerz: „Hören Sie bitte auf! Was wollen Sie denn von uns?“
„Wir sind doch eine Familie, Katharina. Ich werde für euch sorgen. Und niemand wird mehr Mia ärgern.“
„Niemals! Meine Tochter wird niemals zu Ihnen kommen! Lassen Sie mich gehen!“ Sie brüllte jetzt.
Linnemann schüttelte den Kopf. Er blickte Katharina jetzt starr an:
„Meinst du, ich wüsste nicht, dass du mich hintergehst? Ich habe dich gestern Abend mit dem Mann gesehen.“
„Ja, das ist mein neuer Freund. Und er ist auch schon unterwegs zu mir. Er wollte kommen, solange Mia noch im Kindergarten ist. Wenn er hört, was Sie mir angetan haben, wird er sie verprügeln. Und dann holen wir die Polizei. Die wird Sie für immer wegsperren.“
„Dein neuer Freund, ja?“ Linnemann kicherte wieder. „Der kommt heute nicht mehr. Ich habe ihn gestern noch getroffen.“ Er stieß sie aufs Bett, zog einen kleinen, schwarzen Koffer darunter hervor. Katharina blickte wie gelähmt auf den Koffer. „Du erkennst ihn, stimmt‘s? Du wolltest mit Mia wegziehen, was? In eine andere Stadt? Mich verlassen? Du hast ja schon alles unterschrieben! Bestimmt wohnt er auch dort." Linnemann lachte jetzt fröhlich: „Aber das ist ja nun vorbei. Du konntest ja nicht wissen, wie schön wir es uns jetzt hier machen werden!“ Er streichelte zärtlich ihre Stirn. Dann fragte er voller Begeisterung: „Soll ich dir erzählen, was ich mit dem Mann gemacht habe?“
Katharina schlug seine Hand weg und versuchte zur Tür zu laufen, aber er hielt sie fest. Sie schrie erneut.
„Sei still! Sei endlich still!“ Er hielt ihr den Mund zu, schlug ihr in den Bauch. Katharina krümmte sich. „Du sollst doch nicht immer so schreien!“, brüllte er. „Du wolltest, dass ich dich bestrafe? Du warst aber sehr ungezogen.“ Er drückte sie aufs Bett, setzte sich auf sie.
Sie bäumte sich auf, aber Linnemann legte seine Hände um ihren Hals. Er fing an, leise zu singen: „Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise.“ Er drückte zu. „Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“

Als Katharina sich nicht mehr regte, strich er eine Strähne aus ihrem Gesicht und küsste sie auf den Mund. „Ich liebe dich auch, Katharina. Und unsere Tochter.“

 

Hallo @Daeron,

gefällt mir, wie sich schon in den ersten Absätzen der Wahnsinn dieses Mannes entfaltet nur anhand der Szenen, in denen du ihn agieren lässt. Diese kleinen Dinge, die sich steigern. Das vor sich hin Flüstern. Dass er zur Arbeit geht, obwohl er gar keine mehr hat. Das hast du gut eingeleitet. Vor allem die Szene im Aufzug. Das war schon cool, wie er sich zu der Kleinen runterbeugt, Katharina ihn anpflaumt und man in diesem Moment checkt, okay, der Typ bildet sich das alles nur ein.

Tatsächlich finde ich die Szenen, in denen du ihn lauern lässt, spannender, als die Szene, als es dann letztendlich eskaliert. Ich würde mich vielleicht tatsächlich eher darauf konzentrieren, ich könnte mir gut vorstellen, dass das deine Geschichte noch viel dichter und beklemmender machen könnte. Also gar nicht so sehr auf die Konfrontation zusteuern im Sinne von - der Ausraster am Schluss ist das große Finale. Diese Geschichte ist eine, bei der ich mir zum Beispiel gut ein offenes Ende vorstellen könnte. Er kommt rein, haut Katharina um, zieht den Koffer vor und sagt, du wolltest mich also verlassen? Ende Gelände. Wenn ich mir vorstelle, wie ich ihn davor intensiv dabei beobachte, wie er zwischen Realtität und Wahn immer mehr die Haftung verliert, hätte das für mich eine größere Wucht.

Kennst du den Film "Sleep Tight" von Jaume Balagueró? Dieser Film lebt davon, dass man mit dem Portier mitfiebert, dass man ganz nach dran ist an seinem Wahn, an seiner Boshaftigkeit, obwohl man es gar nicht will.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen - ich würde mich tatsächlich mehr auf das Szenische, auf die Entwicklung seines Wahns konzentrieren, als auf den großen Knall am Schluss.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo @Daeron

wow, Respekt! Anfangs dachte ich, okay, der Lindemann nervt, jetzt kommt so ne pseudoalltagsbeleuchtende, halbhumorige Story mit Linnemann als Superspießer. Irgendwann ändert sich dann alles und ich verfolge den Plot völlig in Bann gezogen, obwohl ich doch ahne, was kommt: der Stephen-King-Effekt, das Grauen, das in den Alltag einbricht, eintritt. Da verzeihe ich der Story das dann doch genrelogische Ende.

Hat mir sehr gefallen, der Text.

Das Mädchen jauchzte und Katharina gab beiden an der Tür einen Abschiedskuss. „Ich liebe dich, Jürgen!“
hier denke ich noch: so what...

Linnemann nickte. „Danke dir, ich komme sobald wie möglich zurück.“ „Ich liebe dich, Jürgen“, sagte er mit heller Stimme und lächelte.
hier halte ich ihn für einen tumben Naivling.

Linnemann lehnte sich an die Tür, schlug die Stirn wieder und wieder gegen sie. „Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert, Mama?“
hier frag ich mich, hä, warum?

„Bitte gehen Sie. Meine Tochter ist nebenan. Sie wird sich furchtbar erschrecken.“
„Ach, Katharina, wir holen Mia doch immer erst um vier aus dem Kindergarten ab.“
„Hilfe! Hilfe!“ Katharina schrie jetzt laut.
„Hör auf, hör doch auf!“, rief Linnemann. „Du wirst uns alles verderben!“ Er blickte zur Tür, dann wieder zu Katharina.
hier wird dann der Rest verständlich und dennoch lese ich weiter, weil ich mehr von diesem Liennamannschen Wahn wissen will.

„Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise.“ Er drückte zu. „Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“
wozu er sie allerdings deutet, damit auch seinen Lebensentwurf und -inhalt zerstört, erschließt sich mir nicht.

Viele Muss.jetzt-aufhören-weil-ich-die-Nachbarin-ins-Haus-kommen-höre-Grüße
Isegrims

 

Hallo Daeron, grundsätzlich bist Du mit diesem Text auf einem guten Weg zum Schreiben von spannenden, unheimlichen Geschichten. Da passt schon Vieles, und dazu hast Du ja auch einiges Feedback bekommen.

Wenn wir auf das Verhalten von psychisch Kranken schauen, ist das auch immer ein Blick auf das vermeintlich Gesunde und Normale. Das Bedrohliche abweichenden Verhaltens hat auf subtiler Ebene auch mit dem provokativen Infragestellen des allgemein akzeptierten Verhaltens zu tun.

Und so wie Friedrichard schreibt, zeigt der erste Abschnitt eben den Wahnsinn kleinbürgerlicher Idylle, wenn letztlich auch nur als Phantasieprodukt der Hauptfigur. Das ist für mich das Gelungene an diesem Text: Der Horror des Kranken vs. der Horror des Normalen.

Allerdings verliert das Ganze an Zugkraft durch kleine und größere Mängel, die Dir mehrere Kommentatoren schon deutlich aufgezeigt haben, finde ich.

Die Ereignisse sind nicht ganz glaubwürdig, sei es, wie die Kündigung abläuft oder dass ein Mann mit diesem merkwürdigen Verhalten bei der Nachbarin nicht mehr Misstrauen auslöst. Auch die Dialoge bzw. Verbalisierungen stimmen nicht immer. Das wird insbesondere in der Szene deutlich, als Linnemann Katharina angreift:

„Ja, das ist mein neuer Freund. Und er ist auch schon unterwegs zu mir. Er wollte kommen, solange Mia noch im Kindergarten ist. Wenn er hört, was Sie mir angetan haben, wird er sie verprügeln. Und dann holen wir die Polizei. Die wird Sie für immer wegsperren.“

Nicht nur, dass die Frau in dieser Situation zu lang und zu sauber spricht, auch das, was sie sagt, klingt merkwürdig formal: Wenn er hört, was Sie mir angetan haben, wird er sie verprügeln.

Ich denke, an den Dialogen zu arbeiten, wäre ein erster guter Schritt. Veränderungen von Aufbau und Reihenfolge der Szenen sind aufwändig, keine Ahnung, ob Du dazu Lust und Zeit hast. Falls ja, würde ich – wie auch andere Kommentatoren – vorschlagen, dass Du das Ganze langsamer und subtiler ins Rollen bringst. Die Bedrohung könnte unterschwelliger sein, der Leser muss nicht gleich wissen, dass er es mit einem Irren zu tun hat.

Trotz Kritik habe ich die Geschichte gern gelesen.

Gruß Achillus

 

@Daeron

Hallo Daeron,

habe deine KG gerne gelesen. Du hast ja schon ziemlich viele Kritiken gekommen. Ich wollte nurnoch eine Sache wissen, die mich brennend interessiert:
Was war deine Inspiration?
Hat mich sehr stark an den neuen "Joker" erinnert, der sich ganz ähnlich mit seiner Nachbarin verstrickt.

Beste Grüße
Shaper

 

Hallo @Daeron,

ich finde die Geschichte zu schnell erzählt.

„Ich habe dir ein Brot für unterwegs gemacht, mein Schatz!“, flüsterte er. „Du hast doch heute wieder einen schweren Tag.“ Linnemann nickte. „Danke dir, ich komme sobald wie möglich zurück.“ „Ich liebe dich, Jürgen“, sagte er mit heller Stimme und lächelte.
Das fande ich schon richtig, richtig stark. Da bekommt die Geschichte direkt so ein psycho-feeling. Ich hätte gerne noch mehr solche Elemente gelesen, etwas mehr spannung, das Ende ist mir zu aprubt. Wieso stirbt die Frau einfach? Lass sie doch ein paar Tage da drin wohnen, gemeinsam mit ihrem Kind. Das wäre doch richtiger Horror.


Für mich endet die Geschichte dort, wo sie eigentlich erst Anfängt. Das finde ich schade. Vielleicht kannst du noch ein paar Horror-Psycho-Elemente einbauen, damit die Entwicklung vom "geistig-behinderten" zum "Mörder" deutlicher wird.

Ich habs aber gern gelesen.

Grüsse,

Sonne

 

Hallo @Daeron
Ich mag Geschichten, die in dieser Art angelegt sind. Eine irgendwie psychologisch fragwürdige Person, die sich in das Leben eines anderen Menschen hereinphantasiert. Meist ist es ja das von dir auch benutzte Setting: Mann begehrt Frau. Und seit Schweigen der Lämmer wissen wir ja, was wir am meisten begehren, nämlich das, was wir täglich sehen. So oder so ähnlich war das glaube ich im Gespräch zwischen Dr Lecter und FBI Agent Starling.
Beim ersten Lesen war ich über den ersten Abschnitt verwirrt, konnte das Geschehen nicht genau einordnen, bis mir dann klar wurde, dass es sich dabei um quasi Hirngespinste des Herrn Linnemanns handelte. Finde ich im Prinzip ganz clever, aber vielleicht könnte man das noch etwas hervorheben, entweder vom Schriftbild her (kursiv?) oder durch Andeutungen, dass es sich dabei um seine Phantasiewelt handelt. Bin mir nicht sicher.
Ich muss leider sagen, dass mir die Sprache etwas zu berichtsmäßig ist, distanziert fast. Es fällt mir irgendwie schwer, mich in die Qualen von Herrn Linnemann hineinzufühlen, wenn es zum Beispiel heißt :

Linnemann starrte auf die Tür. Dann schlug er mit der Faust vor seinen Kopf. Gegen die Tür. Setzte sich schließlich mit dem Rücken zur Tür und starrte auf seinen Finger: „Mein Finger geht im Kreise, auf eine kurze Reise. Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“ Er lächelte.
Nach einigen Stunden hörte er auf dem Flur ein Geräusch. Linnemann stand auf und sah durch den Spion. Der Mann ging an Linnemanns Tür vorbei. Er trug jetzt einen kleinen, schwarzen Koffer.
Leise schlüpfte Linnemann hinaus und folgte dem Mann.
Das ist so in der Art, dann passierte das, dann passierte das, dann passierte das... Ich übertreibe etwas, aber mich würde interessieren, wie es dem Linnemann geht, was macht der durch, wenn er diese Ablehnung erfährt?
Das würde es für mich wahrscheinlich auch einfacher machen, den Trigger "anderer Mann" nachvollziehbar zu machen, der schließlich zum Mord an Katharina (und der Tochter?) führt. Ich denke, diese im Ansatz spannende Geschichte braucht mehr Raum, mehr Empathie (falls das Wort hier am rechten Platz ist), mehr Feinheiten. So ist das für mich etwas zu gewollt und zu sehr auf schockierendes Ende aus beziehunsgweise baut zu sehr auf dem oben erwähnten Stereotyp auf, den wir natürlich alle aus Dutzenden von Filmen kennen. Da kämpfst du leider automatisch gegen an.
Alles in allem aber gern gelesen.

Beste Grüße,
Fraser

 
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Moin, moin @Daeron ,

sorry für den schrittweisen Kommentar. Allerdings habe ich jetzt beim wieder herscrollen gesehen, dass Du auch ein Zeitproblem hast. Wenn mir das eher aufgefallen wäre, hätte ich Dir diesen Zusatzstress mit noch einem Komm erspart, jetzt musst Du halt durch ...
Es wird sowieso nur ein subjektiver Leseeindruck, das meiste sollten meine Vorkommentatoren ja schon erwähnt haben.

„Ich habe dir ein Brot für unterwegs gemacht, mein Schatz! Du hast doch heute wieder einen schweren Tag“, sagte Katharina und schmiegte sich an ihren Mann.
„Danke dir! Ich komme sobald wie möglich zurück.“
„Ja, bitte, Papa! Spielst du dann wieder mit mir Verstecken?“ Jürgen hob Mia hoch und küsste sie. „Musst du nicht langsam in den Kindergarten? Komm, ich bringe dich schnell noch hin.“ Das Mädchen jauchzte und Katharina gab beiden an der Tür einen Abschiedskuss. „Ich liebe dich, Jürgen!“
Nachdem Jürgen Linnemann Mia am Kindergarten abgegeben hatte, ging er zur Arbeit. ...
„Was willst du hier, Linnemann? Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?“
Wenn es auch beim ersten Lesen etwas verwirrend ist, gefällt mir persönlich dieses "Herstellen von Abstand", der durchgeknallte Herr Linnemann hat ja offensichtlich starke Problem mit Abständen und Zugehörigkeiten.

„Ich habe dir ein Brot für unterwegs gemacht, mein Schatz!“, flüsterte er. „Du hast doch heute wieder einen schweren Tag.“ Linnemann nickte. „Danke dir, ich komme sobald wie möglich zurück.“ „Ich liebe dich, Jürgen“, sagte er mit heller Stimme und lächelte.
Okay, der Typ hat ein Problem!

„Lassen Sie meine Tochter mit ihren Geschichten in Ruhe! Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie uns nicht ansprechen sollen!“ Katharina stellte sich vor Mia.
Und hier stellst Du es ja dann auch klar, allerdings habe ich noch ziemliches Mitleid mit ihm, wo er doch "krank" ist ...

Schräg gegenüber von Katharinas Tür blieb er stehen und schloss seine Wohnungstür auf. Er sah durch den Spion. Katharinas Tür war geschlossen.
hier ist für mich die Reihenfolge verrutscht, oder zuviele Schritte?

Dann fiel sie dem Mann in die Arme. Sie küssten sich lange und verschwanden schließlich in der Wohnung.
Oh, oh, das muss ja böse enden. Für mich als Nicht-Horrorleserin wird es jetzt spannend

Und bleibt mein Finger stehn, darfst du gehn.“ Er lächelte.
nett, den Kinderreim immer wieder aufzugreifen

Linnemann zeigte ihr den Schlüssel: „Weißt du noch, wie du im letzten Sommer deinen Schlüssel verloren hast? Du hattest ihn außen hängen lassen. Aber keine Sorge, ich habe ihn an mich genommen.“
brrr, jetzt gruselts mich

„Ach, Katharina, wir holen Mia doch immer erst um vier aus dem Kindergarten ab.“
„Hilfe! Hilfe!“ Katharina schrie jetzt laut.
und hier wird es unglaubwürdig. Zu den Dialogen gab es glaube ich schon Hinweise, wenn Du da noch nacharbeitest, verschwindet wahrscheinlich auch mein Kopfschütteln.

„Komm, ich muss dir unbedingt etwas zeigen. Komm doch. Du wirst begeistert sein!“
Er griff wieder nach ihren Haaren und zog sie durch die Wohnung. Katharina taumelte weinend hinter ihm her.
gefällt mir, also aus Horrorsicht, brrr - Gänsehaut

„Ja, das ist mein neuer Freund. Und er ist auch schon unterwegs zu mir. Er wollte kommen, solange Mia noch im Kindergarten ist. Wenn er hört, was Sie mir angetan haben, wird er sie verprügeln. Und dann holen wir die Polizei. Die wird Sie für immer wegsperren.“
Ach ne, komm schon. Wenn Dir den Dialog einer vorliest, fängst Du doch an zu lächeln, nnix Horror

Dann fragte er voller Begeisterung: „Soll ich dir erzählen, was ich mit dem Mann gemacht habe?“
Das ist gruselig!

Er hielt ihr den Mund zu, schlug ihr in den Bauch.
Also ich möchte hier jetzt wirklich keine brutale Szene, aber ein Schlag in den "Bauch" hört sich schon ziemlich mädchenhaft an, oder?

„Ich liebe dich auch, Katharina. Und unsere Tochter.“
Generell finde ich den Schluss gruselig, aber einfach zu "lang", kürzer wäre für mich hier mehr.
Und jetzt kommt der Widerspruch dazu, denn das gilt nur für den Schluss. Insgesamt ist es mir zu kurz, da ist doch gerade erst eine Gänsehaut entstanden und schwups, ist die Sache erledigt. Gönn uns doch ein bisschen längeres Bangen.
Leider empfinde ich den "Koffer" als ziemlich reingebastelt, also den "gelungene Challenge-Punkte" kriegst Du dafür noch nicht. Aber ich freue mich auf mehr von Dir.
Beste Wünsche
witch

 

Liebe Wortkrieger,

bevor sich jemand missachtet fühlt: Ich schaffe es aus Zeitgründen leider nicht, mich so intensiv mit der Geschichte auseinanderzusetzen, dass auch etwas Besseres entsteht. Ich habe es schon einige Male versucht, hatte aber das Gefühl, dass die Dialoge noch alberner werden.
Ab Weihnachten habe ich Zeit und versuche noch etwas daran zu feilen. Ihr habt mir ja schon tolle Ideen geliefert.
Vielen Dank!

 

Hi Daeron,

dann wollen wir mal ...
Zuerst Textkram.

Nachdem Jürgen Linnemann Mia am Kindergarten abgegeben hatte, ging er zur Arbeit.
Klingt nicht schön, klingt sogar langweilig.
Würde ich z.B. so machen:
Nachdem Jürgen Linnemann Mia am Kindergarten abgegeben hatte, fuhr er zur Tankstelle und parkte seinen Wagen hinter dem Kassenhäuschen. (o.ä., um nicht sofort zu sagen, dass es seine Arbeitsstelle ist/war.)

Als er zu Hause ankam, waren Katharina und Mia schon im Fahrstuhl.
„Mama, ich will nicht zu dem Geburtstag gehen.
Hier wird klar, dass sich hier Realität und Fantasie gegeneinander ausspielen.

Als er zu Hause ankam, waren Katharina und Mia schon im Fahrstuhl.
„Mama, ich will nicht zu dem Geburtstag gehen. Ich kenne die da gar nicht alle. Und wenn die mich ärgern?“ „Ach, Mia, Lenas Eltern sind doch auch da. Die helfen dir dann.“
Wieso kein Zeilenwechsel bei Sprecherwechsel? Spricht er das selbst?

„Lassen Sie meine Tochter mit ihren Geschichten in Ruhe! Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie uns nicht ansprechen sollen!“ Katharina stellte sich vor Mia.
Jürgen drückte sich in die Ecke und lehnte die Stirn gegen die Fahrstuhlwand. Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Schläfe.
„Ist der Mann behindert, Mama?“, fragte Mia.
Er sah durch den Spion. Katharinas Tür war geschlossen.
Linnemann lehnte sich an die Tür, schlug die Stirn wieder und wieder gegen sie. „Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert? Ist der Mann behindert, Mama?“
Dann schlug er mit der Faust vor seinen Kopf. Gegen die Tür.
Er riss sie an den Haaren nach vorn, schlug ihren Kopf vor den Türpfosten. Abrupt verstummte Katharina. Sie glitt auf den Boden und stöhnte.
Im Allgemeinen wird sich mir im Text zu oft irgendwo gegengeschlagen.
Willst du mit ausdrücken, dass er sich innerlich gegen seine Taten wehren will?

„Weißt du noch, wie du im letzten Sommer deinen Schlüssel verloren hast? Du hattest ihn außen hängen lassen. Aber keine Sorge, ich habe ihn an mich genommen.“
„Was haben Sie? Seit dem letzten Sommer?“
Erscheint mir unrealistisch.
Sie muss doch Todesangst haben und fragt nach, ob er den Schlüssel tatsächlich seit dem Sommer hat? Ne.

Er griff wieder nach ihren Haaren und zog sie durch die Wohnung. Katharina taumelte weinend hinter ihm her.
Was denn nun? Wird Katharina gezogen oder taumelt sie? Ich denke, beides zugleich beißt sich.

Katharina erstarrte: „Sie haben ja die gleiche Tapete wie ich.“
Auch wieder unrealistisch, m.E. nach.

Die Idee finde ich gut. Bei der Ausführung ist m.E. noch Luft nach oben; so wirkt es auf mich noch wie eine Skizze.
Du könntest Lindemann am Anfang stärker charakterisieren. Die Szene mit seiner verlorenen Arbeit ausbauen; das hast du in lediglich 13 Zeilen gebracht. Warum hat er den Job verloren..
Seine und ihre Gefühle könntest du mit einbauen, die fehlen mir ganz. Deshalb konnte ich auch nicht mitzittern.
Ihre Reaktionen finde ich recht unrealistisch ("Seit Sommer? Huch, unsere Tapete!"). Außerdem schreit und brüllt sie ziemlich oft, und keiner hört sie im Haus? Müsste er ihr nicht den Mund zuhalten?

Schönen Tag und liebe Grüße,
GoMusic

 

Liebe @lakita, @Manlio, @Geschichtenwerker, @Proof, @Shey, es hat lange gedauert, bis ich mich wieder an die Geschichte setzen konnte. Und auch jetzt habe ich irgendwie die Nase voll von ihr. Kennt ihr das? Alles sträubt sich bei mir, mich wieder damit auseinanderzusetzen.
Ursprünglich wollte ich eine Geschichte schreiben, bei der ich mich mehr mit Dialogen befassen kann. Das fällt mir sehr schwer. Dann habe ich tatsächlich - wie viele vermutet haben - den Joker gesehen und noch in der gleichen Nacht mit der Geschichte angefangen. Sie dann für die Challenge passend gemacht und dabei auch irgendwie gemerkt, dass ich auf zu vielen Feldern etwas - für mich - Neues versuche. Es waren eben doch nicht "normale" Dialoge, die ich umsetzen musste. Gerade, wie Proof gesagt hat, der Böse als Prota hat mich in Schwierigkeiten versetzt. Und jetzt stehe ich vor einem Berg, den ich gar nicht erklimmen will.
Daher möchte ich gerne erstmal eine andere Geschichte schreiben. Vielleicht kann ich mit etwas mehr Abstand noch einmal den neuen Freund besuchen...
Ich danke euch jedenfalls sehr für eure Kommentare. Sie haben mir vieles aufgezeigt, an dem ich noch arbeiten muss. Aber das werde ich eins nach dem anderen angehen.

Gruß Daeron

 

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