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Ein schöner Tag
Ein Mann fährt auf einer Landstraße.
In einigen Minuten wird er die Grenze überqueren, von Mitteleuropa nach Osteuropa.
Er möchte billig tanken, billig einkaufen und vielleicht etwas am Zoll vorbei schmuggeln.
Ein Freund sagte ihm, man könne richtig Geld sparen.
Sein Wagen fällt auf, er ist moderner als die Autos um ihn herum.
Trotz modernster Technik versagt sein Navigationssystem.
An Straßen- und Verkehrsschildern erkennt er das er seine Heimat wohl schon verlassen haben muss. Die Umgebung wirkt trostlos, Monokulturen haben auch das letzte bisschen fruchtbarem Ackerlandes zerstört.
Der Mann würde gerne jemandem nach dem Weg zum nächsten Supermarkt fragen, oder was man in diesem Land unter Supermarkt versteht.
Er entdeckt einige wenige Häuser, ein kleiner Laden und eine Tankstelle, ein kleines Dorf.
Er hält am Straßenrand.
Eine Frau kommt auf den Wagen zu. Sie bedeutet ihm das Seitenfenster zu öffnen. Sie sagt etwas in einer Sprache die er nicht versteht.
„Englisch? Deutsch?“ fragt er.
„Jaja, deutsch spreche bisschen.“ antwortet die Frau.
„Ich suche ein Geschäft, Zigaretten.“
„Nix Geschäft, wolle Mädchen? Junges Mädchen? Sehr hübsch.“
„Was?“
Dem Mann dämmert etwas, er schaudert kurz.
Die Frau fragt: „Junge?“
„Was? Nein! Nur einkaufen!“ Der Mann will das Fenster schließen.
Die Frau schreit etwas in der Sprache die der Mann nicht versteht.
Ein kleines Mädchen kommt aus einem Hauseingang.
Sie läuft zögernd und ungelenk auf den Wagen des Mannes zu.
„Hier nehmen sie! Können machen was wollen, bringen in ein Stunde zurück! Fumzig Euro! Sie sehr gut.“
Der Mann schaut ungläubig. „Wie alt ist sie überhaupt?“
Die Frau antwortet triumphierend: „Ist 10 Jahre alt, sehr gute Alter.“
Der Mann fasst einen Entschluss.
Er öffnet die Beifahrertür.
Das kleine Mädchen steigt ein, sie starrt auf die Straße. Sie hat Angst, wie jedes mal.
„Eine Stunde!“ sagt die Frau eindringlich.
Der Mann gibt der Frau das Geld und fährt los, er weiss noch nicht genau was er vorhat.
Kurz nachdem er den kleinen Ort verlassen hat, biegt ein alter Lada aus einem Wäldchen und folgt ihn, er bemerkt es nicht.
Der Mann spricht mit dem Mädchen: „Na Kleine, worauf hast du Lust?“
Er kommt sich im selben Moment sehr dumm und naiv vor.
„Ach stimmt... wahrscheinlich verstehst du gar nicht was ich sage. Uns wird schon was einfallen.“
Er lächelt das Mädchen an, sie starrt weiter auf die Straße.
Er beschleunigt sein Tempo, er hatte auf dem Hinweg eine Filiale einer großen Fastfood- Restaurantkette gesehen.
Er parkt vor dem Restaurant.
Direkt neben dem Restaurant ist ein Spielplatz,ein lächelnder Clown auf einem Schild, weisst freundlich darauf hin, dass Eltern selber auf ihre Kinder achten müssen.
Das Mädchen schaut auf den Spielplatz.
„Willst du das spielen?“ fragt der Mann.
Das Mädchen antwortet nicht und blickt weiter ins Leere.
Der Lada hält einige Meter entfernt von dem Fastfood-Restaurant.
Der Mann und das Mädchen betreten das Restaurant.
Sie gehen zum Tresen und er schaut sich die Menüs an. Das Mädchen steht neben ihm.
„Du hast bestimmt Hunger, such dir irgendwas aus.“
Das Mädchen ist verwirrt, die Situation ist gänzlich anders als sie erwartet hat.
Sie blickt dem Mann das erste Mal ins Gesicht.
„Also was möchtest du haben?.“ sagt er lachend.
Das Mädchen lächelt schüchtern. Sie zeigt auf das Kindermenü.
Nachdem der Mann die Bestellung des Mädchen abgenickt hat, kassiert die Thekenkraft.
Das Essen kommt wenige Sekunden später auf einem Tablett.
Der Mann nimmt das Tablett, er setzt sich an einen Tisch, das Mädchen folgt ihm.
Das Mädchen isst gierig und schnell, das kleine Plüschtier aus irgendeinem Hollywood-Trickfilm interessiert sie nicht sonderlich, sie steckt es dennoch an.
Die beiden verlassen das Restaurant, das kleine Mädchen nimmt eine Papierfahne mit dem Logo des Restaurants aus einem Ständer am Ausgang.
Zwei Männer stehen vor dem Lada und rauchen, als sie den Mann und das Mädchen sehen machen sie ihre Zigaretten aus und steigen wieder in ihren Wagen.
Der eine schaut den anderen fragend an, der andere zuckt nur mit den Schultern.
Das Mädchen und der Mann steigen ins Auto, er bringt das Mädchen zurück in den kleinen Ort.
Der Lada folgt ihnen.
Die Frau wartet schon an der Straße, der Mann steigt aus und öffnet die Beifahrertür, das kleine Mädchen steigt aus. Sie winkt ihm, lächelt und geht ins Haus. Die Frau schaut ungläubig auf das Mädchen.
Der Fahrer des Lada stoppt den Wagen, er greift unter seinen linken Arm und zieht eine Handfeuerwaffe, der Beifahrer schaut ihn an und schüttelt mit dem Kopf.
Der Fahrer steckt seine Waffe zurück ins Halfter.
Nachdem der Mann seinen Tank gefüllt hat fährt er zurück in seine Heimat.
Er wird schon dunkel, das billige Benzin bekommt dem Motor nicht gut.
Weil der Mann schnell nach hause will fährt er schneller als erlaubt.
Es beginnt zu Regnen, der Regen nimmt ihm die Sicht.
In einer Kurve rast er mit überhöhter Geschwindigkeit in das Ende eines Staus.
Er hatte vergessen den Sicherheitsgurt anzulegen. er wird durch die Windschutzscheibe geschleudert, auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt er.
(c) 2009 Johannes Fries