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Ein Spiel
Ein sonniger Tag. Im Garten spielen Kinder. Sie kriechen im Gras herum, verstecken sich hinter Bäumen. Sie halten Spielzeugwaffen in ihren Händen.
Gewehre.
Pistolen.
Die Sträucher geben ihnen Deckung während sie rufen:
„Gebt auf, oder wir müssen euch alle töten!“
Zurückrufen:
„Nie im Leben. Kommt doch her und holt uns!“
Sie hechten aus ihrer Deckung hervor und bahnen sich ihren Weg in Richtung ihrer Feinde. Es knattert und knallt. Jemand brüllt auf.
„Mich hat’s erwischt. Sanitäter, Sanitäääter!“ Der Junge windet sich am Boden, verzerrt das Gesicht und hält seine Hand gegen den Bauch gepresst.
Die Schlacht geht weiter. Niemand beachtet den Verwundeten, die Angreifer sind zu sehr damit beschäftigt, das kleine Gartenhäuschen, das Hauptquartier der Gegner, zu erobern.
Der Junge hat es nicht gern, wenn er keine Aufmerksamkeit erhält. Er steht auf und läuft wieder mit.
Eine Stimme aus dem Gartenhaus sagt: „Hey! Du bist getroffen, du kannst gar nicht mehr weiterlaufen.“
„Kann ich wohl.“
„Nein, ich hab dich ja erschossen.“
Im Haus wird der Großvater langsam wach und hört durch das geöffnete Fenster den entbrennenden Streit der Kinder.
„Na und? Jan hat auch weiterlaufen dürfen, obwohl ich ihn getroffen habe“, sagt der eigentlich tote Junge, verschränkt dabei trotzig die Hände.
„Du hast Jan gar nie erwischt.“
„Hab ich doch.“
„Hast du nicht.“
Der Großvater geht langsam auf die Terrasse, blinzelt kurz, weil ihn die Sonne blendet und sieht den Kindern zu.
Jemand bemerkt ihn. „Hallo Opa.“
„Hallo ihr Lieben, na, was streitet ihr euch denn?“
„Roman spielt unfair“, jammert die Stimme aus dem Gartenhäuschen.
„Ach, das ist ja gemein. Was spielt ihr denn überhaupt?“
„Wir spielen Krieg“, antwortet einer der Nachbarskinder.
Der alte Mann ist auf einmal still und antwortet nicht.
„Warum müsst ihr Krieg spielen? Habt ihr kein anderes Spiel?“, fragt er sie dann.
„Wir wissen nicht, was wir sonst spielen sollen.“
Der Alte wartet einen kurzen Moment. „Spielt doch mal Frieden.“
Die Kinder verstummen. Alles in der Umgebung scheint leiser gedreht worden zu sein. Man hört keine Autos mehr, keine Stimmen. Nur den Wind, der durch die Blätter streift.
Roman, der Enkel, wagt als erster, die Stille zu brechen. Seine Stimme, nur ein Hauch, der jedoch den Alten mit der Wucht eines Geschosses trifft.
„Opa, wie spielt man denn Frieden?“