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Stil Eine Geschichte von zwei Sätzen

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15.03.2008
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Eine Geschichte von zwei Sätzen

Du brauchst den Hammersatz, damit musst du beginnen, denn ohne den geht nichts, lässt sich die beste Geschichte nicht erzählen, selbst wenn sie wahr wäre, selbst wenn sie neu wäre, selbst wenn sie jemanden interessierte: nicht ohne; der Hammersatz zieht den Leser in seinen Bann, ist so fein wie beinhart geklöppeltes Gewebe, das sich auffaltet zum Fältchen zur Falte zu Falten, jedenfalls Verfaltung – dem Text ermöglichen, sich zu entfalten, um dem Leser prompt zu vermitteln, dass er diese Entfaltung auf gar keine Möglichkeit verpassen darf; der Erste verweist aufs kommende Panorama, das wie ein prächtiger Wandteppich von der bekannten Welt erzählen wird, dass man sich endlich einmal die mühelose Mühe macht, sie anzusehen, vielleicht aus einer Perspektive, die das Wohlbekannte in neuem Licht erscheinen lässt und dazu einlädt, etwas Altbekanntes neu zu verstehen; es wird von Welten in unserer Welt erzählt, die dem Leser bisher verschlossen blieben, ihn abstießen oder nicht interessierten, oder auf die er bislang nicht stieß, einfach so, einfach so nicht, ganz so einfach ist es, oder nicht; der Hammersatz ist geregelt; er darf fast nichts und ist dadurch in der Lage alles zu können, was in der Sprache Macht liegt, er ist ohne Tricks, Sprachmagie, aufs Wesentliche beschränkt wie Kaffee und Zigaretten, klar wie ein Kristall im Reich der Nacht, nur starke und stärkste Verben sind in ihm verarbeitet, wahr wie subjektive Eindrücke, ja zum Hammerschlag auf Hammersatz, ja zum scharf und bissig, beißt er in des Lesers Alltagslethargie und reißt ihn raus und lässt nicht los, bis der Text vollendet ist, das Gewebe lesend zu Ende gewirkt, weil der Hammer bereits der Text ist, der Hammer sorgt für Sternsekunden in Erwartung kommender Sternstunden, durchstrahlt auch das lähmendste Grauen, ist selbst nach wochenlanger Leser-Penetration durchs tägliche Grau noch als ferner Fixstern erahnbar, der daran erinnert, dass schon immer und für alle Tage auf Alltage auch All-Tage folgen, dass mensch zwar mit seinen Gewohnheiten und Verantwortlichkeiten und existentiellen Schnickschnack gefesselt ist, gefesselt wie der Agent der Krone an die Queen, die ihre schwere Bürde tapfer trägt und doch so menschlich riecht; und selbst wenn die feindlichen Mächte in Welt und Leser den braven Beißreflex bereits ermüdeten, die Zähne stumpf werden ließen oder die Beißer gar ganz ausrissen, wird die Kraft des Hammersatzes dadurch nicht geschmälert, ihm wird eine neue Reihe weißer Hammerhaizähne wachsen; er muss aber nicht nur können, er darf auch vieles nicht, er darf nicht leiden oder gelitten haben, nicht an Adjektivitis oder dem Satzbandwurm, zum Beispiel, schädliche Neigungen sind unerwünscht, also kein Semikolon oder was da noch ist an Spökelkram, auch inhaltlich sorgfältig arbeiten, der Hammersatz soll hart werden, treffen und schmerzen: Nicht mehr als sieben Worte, eng gesetzt mit genügend Abstand, radikal normal das Zielpublikum treffen oder nicht, es kommt drauf an, alles Einzelfälle, es braucht kompromisslose Kompromissbereitschaft, genaues Hinsehen, flexibel wie Wiesel und flink wie ein Tipp: Buchstaben grafisch verfeinern, Blutstropfen, das kleine Schwarze.
Manche fangen gleich mit dem zweiten Satz an, verraten das niemandem und halten sich für clever. Schreiben nach dem zweiten Satz noch das Buch zu Ende und finden dann keinen Anfang mehr.

 
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Kubus schrieb:
zur Zeit favorisierte Kombi ist ein hellblaues Cap (von Catch As Catch Can) mit weißen Strichen drauf, die an Streptokokken erinnern sollen, dazu ein blau-weiß-gestreiftes (horizontal) Matrosenhemd, Sneakers aus Jeansstoff und eine blau-orange-gestreifte (vertikal) Shorts, die mein Großvater vor dreißig Jahren im Delikat kaufte. außerdem trage ich einen Schnurrbart und jüngst wurde behauptet, meine Art zu reden und mich zu bewegen, wären so was wie eine Corporate Identity.

:eek:

Dein Ernst, Kubus? Muss ich mir dich jetzt echt als so eine Art Crossover aus Daffy Duck, Clark Gable und einem Buntbarsch vorstellen?
Mann, es ist echt an der Zeit, dass ich mal nach Leipzig komme, um mit dir das eine und die anderen Biere zu trinken.

stuntstorch(sic)

 

Magnum und Popeye statt Clark und Daffy, da mache ich mir nichts mehr vor. aber ein wichtiger Teil von mir fühlt sich tatsächlich seit einigen Jahren als Buntbarsch mit einer Leidenschaft für Trenchcoats und Pornobrillen. damit umgehen lernen war nicht nur leicht, aber ich kann mittlerweile auch diesen Aspekt meiner Persönlichkeit respektieren. das Leben steckt voller Überraschungen, non?

du bist hier jederzeit hochwillkommen! das ganze Viertel ist in unserer Hand, hier sprießen Leben und Kunst aus jedem zweiten Haus.
ich war auch lange nicht mehr in Wien. mt Anfang 20 habe ich ein paar unvergessliche Monate in der Donaustadt mit dem herrlichen Schmäh gelebt.

wir beide zusammen dort hier oder irgendwo, das wird was werden

 

Hallo Kubus,

kommt da noch was oder hab ich jetzt was übersehen? Ein Sätzchen wäre schon ganz nett, gerade weil wir ja bisher wenig miteinander zu tun hatten:D ich bin immer noch daran interessiert, meinen Horizont zu erweitern.

Gruß wieselmaus

 

ja freilich, ich gehe chronologisch vor und beantworte alle Kommentare - einen nach dem anderen. wenn du bis jetzt noch nicht bedacht warst, hast du später als die anderen kommentiert. :) bestimmt beim nächsten Mal, wieselmaus, bis dahin

 
Zuletzt bearbeitet:

liebe wieselmaus,

ich habe mir gleich deinen literarischen Befehl zu Herzen genommen und den ersten Satz meines neuesten Werks, an dem ich gerade endfeile, darauf hin geprüft, ob er wohl deinen Ansprüchen genüge, obgleich mich von deinen Geschichten Welten trennen, so dass ich es dir nicht verübeln könnte, wenn du sie gar nicht beachten würdest, sind sie doch dergestalt, dass sie nur mit Mühe den Trend zu show, not tell zu erfüllen vermögen und auch, was die Sujets betrifft, dir wegen ihrer Harmlosigkeit wahrscheinlich nur ein müdes Lächeln abringen können.

Nun gut, ich kann damit leben.


gut, denn das wäre ja wirklich kein guter Grund zum Sterben. als ich eben sah, dass der nächste Kommentar auf der Liste deiner ist, war ich froh, weil mir deine Enttäuschung darüber, dass ich dir bis dato noch nicht antwortete, noch in Erinnerung war.

als ich den Kommentar dann las, konnte ich mich allerdings nur wundern. da geht es ja überhaupt gar nicht um meinen Text - so misslungen er in vielen Augen auch ist -, sondern ausschließlich um dich und dein Schreiben. ich nehme so was niemandem übel, verstehe aber auch nicht, was ich damit anfangen soll. wenn du dir wünschst, dass ich einen Text von dir kommentiere, schreibe das doch bitte gerade heraus, denn so ein vermitteltes Spiel über die Bande ist - in diesem Kontext - meine Sache nicht. ich mag das nicht, es wirkt unaufrichtig, damit beleidigst du nicht nur meine Intelligenz, sondern deine gleich mit. und wofür?
dass du dann später noch mal einen zweiten Kommentar schreibst und mit dem Verweis auf deinen ersten praktisch darauf insistierst, ich möge mich mit dir und deiner Schreibe beschäftigen, finde ich ziemlich abgefahren und wenn es eine Geschichte wäre, wäre das ein herrlich absurdes Detail. allerdings sind wir nicht in einer Geschichte, sondern in der Wirklichkeit, zwar eine virtuelle, aber nichtsdestoweniger eine Wirklichkeit mit echten Menschen.
deswegen gehe ich auch absichtlich nicht auf deine angeschnittenen Punkte bzgl Sujet, Hammersatz und dem good ol' sho-don't-tell ein.
lange Rede kurzer Sinn: bei mir erreicht mensch eher was, wenn einer direkt und offen ist. wenn du was von mir zu einer deiner Geschichten hören willst, frage doch einfach! :)

geschätzte Kollegin Isegrims

also der erste lange Satz, den dein Text ausspuckt, also genauer gesagt: der erste Ansatz (von zweien), der ist einer dieser Hammersätze, jawohl, ja unbedingt.
Den zweiten Absatz solltest du komplett streichen, der ist Mist, zerstückelt, zerhackt, was du zuvor mühsam aufgebaut hast.

okay, danke für diese zwei wichtigen Hinweise - ich habe es mittlerweile gelernt, deine Meinung zu schätzen und werde die Punkte bei der Überarbeitung berücksichtigen (auch wenn ich aktuell nicht mehr weiß, was wo wie in diesem meinen Text steht. spielt aber auch keine Rolle, dort werde ich schon wieder hineinfinden.)

So, wie es da steht, so einsam und verzweifelt, taugt es was für nen Blogeintrag oder gehört in den Jammer-Thread oder (weil es sprachlich enorme Kraft, einen exquisiten Stil verrät) zu den Wortkaskaden in die Kreativwerkstatt.

du hast ja so Recht. wie ich zuvor an Freudenreich Friedelsberg schrieb, will und werde ich es mir nicht abgewöhnen, Skizzen zu posten oder Texte, die kaum oder nicht überarbeitet wurden. die Mehrheitsmeinung hier wertet so ein Verhalten meines Erachtens als Respektlosigkeit gegenüber den Lesern und Kritikern, aber ich bin absolut nicht dieser Meinung. schließlich ist jeder frei, einen Text abzubrechen, niemand muss so etwas zu Ende lesen, und es wäre zu einfach gedacht, wenn man behauptet, dass ein Text mit jeder Überarbeitungsstufe nur hinzugewinnt - auch eine Rohfassung hat positive Qualitäten, die mit späteren Überarbeitungsstufen verloren gehen, bspw irritierende aber vielleicht spannende Ideen, die mglw in späteren Versionen wegfallen, weil der Autor daran zweifelt, dass er mit diesem schrägen, wagemutigen Gedanken, den er am Rande seines Gedankenfeldes fand und der sogar ihm selbst neu war, auf Verständnis trifft (ob er überhaupt einen findet, der das nachvollziehen kann, von der lesenden Mehrheit zu schweigen), weswegen er in den abgeschliffenen Versionen solche wagemutigen Versuche und Ideen beiseiten lassen wird, denn sie repräsentieren Wagnisse, mit denen er und der Text einiges verlieren kann, ohne die Chancen, etwas gleichwertiges dazu zu gewinnen. einer der Antriebe, solche Rohfassungen zu posten liegt in dem Glauben begründet, dass der Mut, mich und meinen Text in seiner Unperfektion zu zeigen, Früchte trägt - sei es, dass es eben doch jemanden gibt, der oder die einen seltsam anmutenden Gedanken nachvollziehen kann. sei es, dass eine Marotte oder ein Gedankenfehler, den ich nach der zigsten Überarbeitung sicher ausgemerzt hätte, hier in all seiner Hässlichkeit oder Fehlplatzierung prangt - und ich von den Kritikern sehr deutlich gesagt bekomme, was es mit diesem Punkt auf sich hat, wodurch mir als Autor diese Schwachstelle bzw andere Art zu schreiben oder zu denken wieder bewusst wird und ich die Möglichkeit bekomme, darüber wieder zu reflektiere und also etwas zu lernen. nicht zuletzt hoffe ich auch, andere dazu zu motivieren, Texte zu veröffentlichen, die nicht bis zum letzten abgeschliffen sind, das Wagnis einzugehen, sich in seiner Verletzlichkeit zu zeigen - das kann weh tun, ja, aber man kann selten mehr über sich lernen, als wenn mensch möglichst unverstellt sich und das, was mensch produziert, offen zeigt.

gleichwohl hätte dieser Text in die Kreativwerkstatt gehört,ohne in die Diskussion einsteigen zu wollen, wo die Grenzen der Kurzgeschichten sind, würde ich diesem Text hier seine Geschichtenhaftigkeit absprechen. ich danke dir, Isegrims, für deinen ehrlichen und konstruktiven Kommentar - von dir zu lesen, empfinde ich immer als Gewinn.
Bea Milana


du antwortest gar nicht, alles in Ordnung?

Dein Text nimmt den Hammersatz unter die Lupe und du arbeitest deine eigenen und die gesellschaftlichen (?) Ansprüche an ihm ab; auch höre ich einen Frust heraus. Eine witzige oder bösartige Parodie kann ich aber nicht erkennen. Ich will mich kurz fassen, denn es ist ja schon viel gesagt worden.
Deine Metaphern und Vergleiche sind stilistisch und inhaltlich merkwürdig. Eine Auswahl:


tut mir leid, dass sich jemand Sorgen machen könnte, es wäre mir etwas geschehen, hatte ich nicht vermutet. sonst hätte ich mich wenigstens kurz gemeldet.

Frust? wüsste nicht, wo das drin stecken soll. intendiert war das nicht. aber da täuschen sich die Schreiber ja gern, und manchmal verraten Texte mehr über den Autor, als ihm lieb ist. so einen allgemeinen Frust habe ich schon, das stimmt - aber nicht auf bestimmte Texte bezogen, sondern eher allgemein, wenn ich sehe, wie Kollegen und Freunde von mir mit ihrem Geschreibe viel erfolgreicher sind als ich, gutes Geld verdienen, Wettbewerbe gewinnen und gefühlt überall veröffentlicht werden, während ich all das nicht habe. zwar schicke ich fast nie was zu Wettbewerben oder zu Ausschreibungen und kümmere mich auch bewusst nicht darum, mein Schreiben an Trends und Moden auszurichten, aber das Bewusstsein, sich dem absichtlich zu verschließen, um eben die eigene Stimme möglichst unbeeinflusst zu entwickeln, schützt nicht vollständig vor dem Frust, weniger Beachtung zu finden als Kollegen, die eigentlich nicht besser sind als ich, sondern sich nur besser vermarkten können bzw eine Stimme entwickeln, die ein Bastard ist zwischen dem eigenen Wollen und Können und dem, was die Leserschaft und der Markt verlangen. ich denke langfristiger und habe die Überzeugung, dass es nur Kunst um der Kunst willen ist, die sich am Ende als originelle Stimme durchsetzen wird. doch ist dieser Gedanke manchmal nur ein kleiner Trost und je mehr meiner alten Kollegen, mit denen ich vor einem Jahrzehnt anfing ernsthaft zu schreiben, erfolgreich sind, desto fieser kratzt der Stachel des Nichtbeachtetwerdens.

dass du hier keine witzige oder bösartige Parodie erkennen kannst, kann ich nachvollziehen. für das eine ist es zu umständlich, für das andere nicht konsequent genug, würde ich sagen. es ist ein Anfang, der noch viel Arbeit verlangte, bevor er (vielleicht) als Parodie funktionieren würde.

Mein Problem mit deinem Text liegt sowohl auf inhaltlicher als auch auf formaler Ebene. Ich weiß nämlich nicht, was du mir sagen möchtest. Deine Gedanken laufen relativ unkoordiniert durch das "Gewebe", Sätze voll sprachlicher oder intellektueller Prägnanz finde ich nicht. Formal bemühst du dich um einen einzigen Satz, aber deine Semikolons sind gemogelte Punkte

das nehme ich so an. dem kann ich nicht viel entgegen setzen. außer dass nicht alle Semikolons gemogelte Punkte sind, aber das ist ein kleiner Punkt, wie unter ferner liefen ...

Was soll´s? Experimente sind auch dazu da, sie zu vergeigen und manchmal führen sie erst auf Umwegen zu dem erwünschten Ergebnis. Ich glaube, die Bedeutung von Anfangssätzen wird überschätzt. Nahezu zeitgleich habe ich ja auch versucht, eine Geschichte in einem Satz zu erzählen, weil mich solche Experimente reizen, aber nicht, um den EINZIG WAHREN HAMMERSATZ (aus sieben Wörtern) zu finden, denn den gibt es genausowenig wie den einzig wahren Gott oder ähnliches.

absolute Zustimmung.

Werbetexter haben es da schwerer als die Literaten oder Geschichtenerzähler. Es lebe die Vielfalt!
Ich habe dein Experiment mit Interesse gelesen.

die haben andere Schwierigkeiten, denke ich. aber ja, es lebe die Vielfalt - für einen guten journalistischen Text oder einen prägnanten Slogan aus der Werbewelt habe ich nicht weniger Respekt als für Literatur. wenn ich was auf den Tod nicht leiden kann, ist es die Arroganz einer Gruppe von Menschen, die sich für was besseres halten, seien es Literaten gegenüber Lohnschreibern, Maler gegenüber Kopisten, Komponisten gegenüber Deejays etc ...

Danke für die konstruktive Kritik und deine Gedanken zu dem Gegenstand.

kubische Grüße,
Cube

 

Lieber Kubus,

nichts liegt mir ferner, als dich aufzufordern, meine Texte zu lesen oder gar zu kommentieren. Ich fand dein Experiment so anregend, dass ich versucht habe, die formale Struktur in meinem Kommentar zu übernehmen. Ich wollte wirklich ausprobieren, ob man eine ganze Geschichte in einen Satz packen kann. Mir ist nicht gelungen, wie deine Reaktion zeigt.

Wenn dein Text satirisch gemeint ist, so wollte ich meinen als selbstironisch verstanden wissen. Auch das ist offensichtlich nicht geglückt.

Ernst nehme ich aber jeden Versuch, traditionelle Erzählstile aufzubrechen. Auf mich hatte dein Text ( und andere von dir) diesen Sog, mich neugierig damit zu befassen. Jetzt hast du mich allerdings ziemlich verschreckt.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

wieselmaus

jetzt sehe ich es auch, wie dumm von mir. Verzeihung, ich wollte dich nicht verschrecken! schade, dass ich das nicht gesehen habe, dabei mag ich doch solche Sprachspiele sehr gern, aber ich bin, aus welchen Gründen auch immer, gerade bei Avataren, die ich noch nicht näher kenne, auf der Hut, neige zu Misstrauen und also dazu, meinem Gegenüber erst einmal die weniger schmeichelhafte Variante zu unterstellen, wenn es verschiedene Möglichkeiten gibt, einen Kommentar und seine Zwischentöne zu lesen.
ich nehme an, so eine Unterstellung ist bestimmt unangenehm für dich. dass meine Interpretation einen doppelten Boden aus deinen Kommentar herausgelesen hat, sagt im Zweifel mehr über mich aus, als über dich. wie es auch sei, es tut mir jedenfalls leid.

freundlicher Gruß,
Kubus

 

zigga

ich bin so sehr auf "Story" getrimmt, dass ich, fast egal, was ich lese, Texte beim Lesen ganz automatisch immer nach den typischen Story-Kriterien durchleuchte - Sprache, Figuren, Dramaturgie. Diese Lektorenbrille bei deinem Text hier aufzusetzen, wäre falsch, finde ich, hast du ja nicht ohne Grund in "Experimente" eingeordnet.
Ich kann nur so viel sagen: Ich fand die Idee, sich über die Schwierigkeit eines ersten Satz (die du sehr treffend formulierst) in praktisch einem/den ersten Satz eines Drei-Satz-Textes zu packen, schon originell. Hab auch paar mal geschmunzelt, weil man sich selbst natürlich in dem Hick-Hack und Gedankenkreiseln gut wiederfindet. Ja, will dein Erzähler mir jetzt sagen, dass das ein Hammersatz ist, den er da fabriziert hat, eigenlobmäßig? Das fände ich von deinem lyrischen Ich so einen Ticken anmaßend.

Ja, keine Ahnung, ob das ein literarischer Text ist oder einfach nur ein "Text", das kann ich nicht sagen, bin kein Literaturwissenschaftler. Aber habe es durchaus gerne gelesen, ist so ein netter, kleiner Text, nix Prosaisches, ein kleines (Gedanken-)Experiment eben.


hi, zigga, ja, so trainieren wir unsre Hirne hier auf WK zu story-Schreibmaschinen, geht mir auch so, das war noch viel stärker ausgeprägt, als ich hierorts noch regelmäßiger aktiv war, aber selbst heute, da diese Zeit schon bestimmt fünf Jahre her ist, spüre ich noch, wie es in mir automatisch losgeht, wenn ich was lese und ich die Geschichte nach bestimmten Kriterien durchleuchte. so lesen und so schreiben die meisten hier, zwar auch unterschiedlich, aber insgesamt doch innerhalb recht enger Varianzen. sehr effektive Selbstdressur.

interessant, dass du von Anmaßung schreibst. mir ist gerade gestern sehr eindrücklich klar gemacht worden, wie überheblich ich wirke. obwohl ich diese Eigenschaft verabscheue wie kaum eine andere und nach eigener Beurteilung fast keinen Grund dazu habe, in irgend einer Hinsicht überheblich und anmaßend zu sein - vielleicht mit Ausnahme meiner Leidenschaft fürs Versagen, fürs Scheitern. auf die Konsequenz, mit der ich mein Scheitern betreibe, bin ich vielleicht doch tief in mir stolz, weil das eine Art zu leben ist, die sich gegen die Welt und gegen sich selbst richtet. nicht dass das der Weisheit letzter Schluss wäre, aber es ist ein Spiel, das sich lohnt, weil es Spaß macht und Handlungsraum schafft. nur muss mensch von diesem Zug auch bald wieder abspringen, sonst wäre man bald ebenso gefangen, wie derjenige, der bedenkenlos mit dem Strom schwimmt. mit dem unterschied, dass man sich zusätzlich verausgabt und am Ende im eigenen Irrgarten gefangen sein wird, was ausgesprochen dämlich aussehen würde.

intendiert war ziemlich genau das Gegenteil von Anmaßung: denn in meiner Lesart gibt es hier in diesem Gedankenspiel keinen Hammersatz, sondern ziemlich genau das Gegenteil davon. well, whatever, who cares.
erdbeerschorsch

Das geht offenbar vielen so, mir allerdings eher nicht - so oft kommt es nicht vor, vielleicht würde es mich nerven, wenn es zur Regel würde. Grundsätzlich würde ich aber so sagen: Ich glaube ja auch nicht, dass der Ich-Erzähler der Autor ist, warum sollte ich dann mich mit dem Du identifizieren?
Speziell in deinem Text, weil er vom allgemein besten Anfangssatz handelt, schiene mir das Du einigermaßen nah an dem "allgemeinen" Du zu sein, das immer mal wieder gebraucht wird. Bsp.: "Wie ist das denn genau mit dem Soundsovirus?" - "Tja, also, wenn du das hast, dann kriegst du erstmal furchtbare Schmerzen, dann kommen so Pickel, aber nach drei Tagen geht's dir normalerweise wieder besser."
Aber ich will dich gar nicht überreden. Nicht dass dich am Ende alle die dafür schimpfen, die so ein Du nicht mögen ...

das sind gute Argumente. und es spricht fast nichts dagegen, das mal auszuprobieren. hier liegt keine Geschichte zugrunde, die mir inhaltlich am Herzen liegt. es ist nicht viel Text, so dass der Aufwand überschaubar wäre. und welcher Text eignete sich besser zum Experimentieren als einer, der von vornherein als ein Experiment angelegt war? ich behalte das im Hinterkopf und danke dir für das Nachhaken. wenn einer schimpfen sollte, leite ich das direkt an dich weiter. eventuelles Lob würde ich mir anrechnen.

Danke euch allen noch mal für die große Zahl an verschiedensten Rückmeldungen, Kritiken, Ideen, Sprachspielen ... danke, dass ihr mitgeholfen habt, mir den Text und seine bisherigen Möglichkeiten bewusst zu machen. und für die Optionen, die dieser Text durch eine mögliche Überarbeitung haben könnte oder haben wird.

hochachtungsvoll,
Kubus

 

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