Eine lange Reise
Er bleibt stehen.
Die Vögel singen heute besonders schön. Er atmet tief ein.
Und was für eine Luft!
Schade, denkt er.
Schade, dass sie gerade nicht bei ihm ist. Sie mag Vögel. Aber sie hat es bestimmt auch schön.
Er ist das erste mal draußen, seit sie abgereist ist.
Früher sind sie immer zusammen rausgegangen, erinnert er sich, während er die Blumen betrachtet. Eine Hummel fliegt von Blüte zu Blüte.
Er freut sich schon darauf, sie wiederzusehen.
Lange hat er überlegt, wie es wäre, wenn er ihr nachreist.
Aber irgendeiner muss sich doch um den Jungen kümmern! dachte er bei sich.
Er ist stolz auf ihn.
Ob sie wohl auch gerade an den Jungen denkt?
Unsicher betrachtet er das Moos auf dem Stein.
Wie schön weich das Moos ist!
Eine lange Reise wäre das.
„Wohin fahren wir denn diesen Sommer in Urlaub?“ hatte ihn sein Sohn gefragt.
Urlaub... Das Wort hat eine ganz andere Bedeutung für ihn, seit sie weggefahren ist.
Sie mag die Berge am liebsten. Er erinnert sich an den letzten Urlaub. „Schau dir die weißen Bergspitzen vor dem roten Himmel an!“, sagte sie damals zu ihm. „Hast du jemals etwas schöneres gesehen?“
Er liebt die Berge auch.
„Ich weiß nicht, wohin wir fahren“, hatte er seinem Sohn geantwortet.
Stumm beobachtet er die Hummel. Er könnte Stunden hier stehenbleiben, dachte er bei sich, nein Tage, Wochen!
Sie waren jetzt 10 Jahre verheiratet. Er mag seine Schwiegereltern sehr gern.
„Toll, dass ihr so zusammenhaltet“, hatten sie zu dem jungen Paar gesagt. Er hatte immer Fotos von seiner kleinen Großfamilie bei sich. Nein, einsam bin ich wirklich nicht, sagt er zu sich.
Er macht sich wieder auf.
Oja, er würde sich freuen, wenn er sie wiedersieht!
Langsam schlendert er über den Weg. Der Weg war weit vom Friedhof bis nach Hause.