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Eine Laudatio auf weibliche Logik
Eine Laudatio auf weibliche Logik
PROPROXILATOR
Es begab sich am 21. Februar des Jahres 2069 auf der europäischen Mondbasis, infolge dessen ein junges Mädchen...
SABINE
Moment mal, solltest Du mich nicht erst einmal vorstellen?
PROPROXILATOR
Hä? Entschuldigung. Das Mädchen, von dem hier die Rede sein soll...
SABINE, schmollend
Mädchen! Immer wieder Mädchen. Ich heiße Sabine!
PROPROXILATOR
Meinethalben akzeptiert.
Könntest Du damit leben, daß ICH die Geschichte erzähle? Oder muß ich Dich darauf hinweisen, daß es sich für eine DAME nicht ziemt dem Autor ins Wort zu fallen?
SABINE
Dann gib Dir bei Deiner Wortwahl ein wenig Mühe.
PROPROXILATOR
Ich erinnere Dich nur sehr ungern daran, daß Du MEIN Phantasieprodukt bist und ich Dich jederzeit auslöschen kann.
SABINE
Ach und wie gedenkst Du das anzustellen?
PROPROXILATOR
Ich beende die Geschichte.
SABINE
Und mit diesen Korpus willst Du reüssieren?
PROPROXILATOR
Hmmm. Gut, ich befürchte Du hast nicht ganz unrecht. Was möchtest Du hören?
SABINE
Eine gute Geschichte über intuitive Logik.
PROPROXILATOR
Gut. Stellen wir Dich kurz vor. Du hast dein viertes Lebensjahrzehnt vollendet und...
SABINE
Oh, dann bleibe ich doch lieber das Mädchen.
Und unterlasse es bitte, das Dir ausgeliefertes Geschöpf Deiner Erfindungsgabe, zu piesacken.
PROPROXILATOR, wollüstig
Ganz ausgeliefert?
SABINE
Ganz.
PROPROXILATOR
... und ein Blickfang sondergleichen. alabasterweiße Haut, grüne Katzenaugen und mit einer Figur, die auch sonst perfekt ins Klischee passt.
SABINE
Bin ich so attraktiv? Ach ja, ich vergaß, Du bist der Autor.
Trotzdem ist das wieder typisch Mann; eine Frau darf nicht nur intelligent sein, sie muß auch noch das auch noch mit Schönheit auf sich vereinen.
Macho...
PROPROXILATOR
Herzchen, halt den Mund, sonst ist es Sense mit der Geschichte.
Oder ich mache Dich hässlich.
SABINE entrüstet
Erpresser!
PROPROXILATOR
Tja genetisch bedingtes loses Mundwerk.
hustet
Wie gesagt, trug sich die Begebenheit von der hier die Rede sein soll nahe der europäischen Mondbasis zu.
Das Jahr 2069 war erst wenige Tage alt, als Tobis Trennefurth, der legendäre Mondflugzeugpilot bei einem kartographischen Routineflug jenes seltsame Objekt entdeckte. Die Wissenschaftler, die er zu jenem Gebilde leitete, brachen in hysterischen Freudentaumel aus.
Das monolithe Fundstück, zusammengesetzt aus zwei Prismen mit der Grundfläche eines gleichseitigen Dreiecks, die in einem Winkel von exakt 37 Grand ausgerichtet waren, stammte unzweifelhaft nicht von Menschenhand.
SABINE, für sich
Mir wird ganz übel bei so einer Dosis Pathos.
PROPROXILATOR
Sagtest Du etwas?
SABINE
Ich habe nur würdigend auf deine erzählerischen Qualitäten aufmerksam gemacht.
PROPROXILATOR
Dann habe ich mich wohl in der Annahme getäuscht, daß Du versuchst für Dich einige Zeilen herauszuschinden.
SABINE
Oui, mein Gebieter.
PROPROXILATOR
Wie gesagt, das doppelt-prismische Gebilde, die Presse hat es unter der Bezeichnung DoPris bekannt gemacht, war eindeutig außerirdisch.
Das bewies allein schon die Tatsache, daß es von einem Kraftfeld unbekannter Natur umhüllt war, welches jedem Versuch es zu durchdringen oder zu neutralisieren trotzte.
SABINE hustet
PROPROXILATOR
Was denn nun schon wieder?
SABINE
Darf ich ganz devot bemerken, daß auch dies wieder einmal typisch männlich ist? Was ihr nicht begreift, versucht ihr zu zerstören.
PROPROXILATOR
Sendepause Süße!
Wir Männer wissen schließlich, dass ein Mechanismus nur verstanden werden kann, wenn man ihn auseinander nimmt. Davon habt ihr Frauen keine Ahnung. Euch geht es um Optik.
Wir bauen Autos, weil uns die Technik reizt und nicht, weil der rote Lack farblich so schön zum neuen Lippenstift passt.
Wir wollten das DoPris in Einzelteile zerlegen, um dessen Zweck und Funktionsweise zu verstehen.
Und, als alle Versuche das Kraftfeld zu durchdringen gescheitert waren, entdeckten wir das Signal.
Das DoPris exmittierte unvermittelt Neutrinos, einen steten völlig unmodulierten Strom.
War es das Signal des DoPris, dass es von einer vernunftbegabten Spezies entdeckt worden war?
Reagierte es mit einer Art kosmischem SOS auf unsere Versuche Hand an es zu legen?
War es ein zufälliges Signal, die Bitte um Wartung etwa?
Die Mehrzahl der Experten tendierte zur ersten Auffassung.
Esoteriker bekannten sich mehrheitlich zur Zweiten und zuckten schon unter der strafenden Hand der Schöpfer des DoPris.
Die Dritte wurde, außer von der Sekte der Lemmisten, benannt nach ihrem Abgott und Künder der probabilistisch-statistischen Weltsicht, Stanislaw Lem, als zu unwahrscheinlich angesehen.
Der Autor dieser Zeilen vertrat allerdings die völlig abweichende Meinung, dass der Neutrinostrom kein Signal sei, sondern maschineller Schluckauf.
Trotz gewisser, in der Science Fiction meist nonchalant übergangener Grenzen der Physik drang an ebendiesem 21. Februar ein Raumschiff in das Sonnensystem ein.
Sie alle werden sich der Hysterie und Vorfreude, der Hoffnungen und Befürchtungen entsinnen, die uns damals in einen Taumel sondergleichen versetzte.
Das Paradoxon des silenti universii aufgelöst, noch war der Weltraum zwar still, aber eben nicht mehr frei von weiteren Psychozooiken.
Und er blieb still.
Wir funkten auf allen Frequenzen, das ganze Strahlungsspektrum bombardierte das Raumschiff mit unseren Botschaften, Schweigen antwortete uns.
Wir warteten.
Erst hoffnungsfroh, dann besorgt, später frustriert.
Nicht unerwartet steuerte das Raumschiff den Mond an, erreichte das DoPris, verharrte für Sekundenbruchteile über ihm und...
... verblüffte einen ganzen Planeten.
Es flog davon, heraus aus dem Sonnensystem, verschwand in den Tiefen das Alls.
SABINE
Verblüffender fand ich eher, die Interpretationen dieser Handlung.
PROPROXILATOR
Die Experten unterzogen das Ereignis der Prüfung mit allen denkbaren Werkzeugen der Mathematik. Im Besonderen die Spieltheorie schien eine zeitlang aussichtsreicher Anwärter für die Lösung des Rätsels.
Es wurden Philosophen, Logiker, Symboliker, Psychologen und letztendlich sogar Anthropologen hinzugezogen. Vergeblich.
Das Dilemma lag in einem Paradoxon.
Wenn die Erbauer des DoPris durch den Versuch eines Eingriffes herbeigerufen worden waren, und davon war bei der Faktenlage kein Zweifel möglich, weshalb sahen sie dann von der Kontaktaufnahme ab?
Selbst wenn das DoPris nicht für uns gebaut wurde, wäre eine Belehrung hierüber durch die Erbauer logisch notwendig.
Einige Science Fiktion Autoren und die meisten Esoteriker und Spiritisten versteiften sich auf die Behauptung, dass wir nicht reif für den Kontakt wären.
Das ist natürlich Unsinn - ein Bauwerk auf unserem Mond setzt lediglich die technische Stufe der Raumfahrt als Minimalbedingung zur Kontaktaufnahme.
Im übrigen nahm sie ohnehin niemand ernst.
Nach für nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass dieses Problem mit reinem Expertenwissen nicht zu knacken war.
In ihrer Not wandten sich die Experten an die Öffentlichkeit und baten jeden, darüber nachzudenken, weshalb die Anderen den Kontakt verweigert hatten.
Und dieses MÄDCHEN präsentierte Ihnen die Lösung des Rätsels.
SABINE
Sie waren blind, weil sie wie Männer dachten.
Männer halten sich IMMER für den Nabel der Welt!
Es kommt ihnen nicht im entferntesten in den Sinn, daß die sich einmal nicht um sie drehen könnte.
Deshalb ignorierten die Herren Wissenschaftler eine der Grundmaximen auf denen das Gebäude der Erkenntnis aufgebaut ist.
PROPROXILATOR
Die da wäre?
SABINE
Das Wahrscheinliche ist wahrscheinlich, das Unwahrscheinliche unwahrscheinlich.
Selbst Du solltest von Ockhams Messer gehört haben - füge in Hypothesen keine entbehrlichen Zusatzbedingungen ein.
Weshalb also sollte das fremde Raumschiff abdrehen, wenn wir Menschen der GRUND für das aufgepflanzte DoPris sind?
Die Anderen können uns unmöglich übersehen haben. Unsere Spuren auf der Erde, dem Mond und im erdnahen Orbit sind UNÜBERSEHBAR, vorausgesetzt, die anderen WOLLEN sie sehen!
Angenommen aber, wir sind rückschrittlich, unterentwickelt, primitiv, mit einem Wort uninteressant wie Amöben oder Ameisen, dann wirft das die Frage auf, weshalb sie das DoPris nicht dort plazierten, wo wir es erst mit den Mitteln einer ihnen adäquaten Technik zu finden vermögen?
Die Antwort ist einfach: es war nicht für uns gedacht!
Mit diesem ersten logischen Schluss betrachtete ich die über DoPris und Raumschiff gewonnenen Daten:
Erstens: Das DoPris ist mittels Erdtechnologie nicht zerstörbar; scheinbar für die Ewigkeit gebaut.
Zweitens: Es steht an einem Ort auf Mond, wo die Ausrichtungen der DoPris-Schenkel im kosmischen Maßstab gesehen äonenlang in die selbe Richtung weisen.
Drittens: Die vom DoPris ausgehende Strahlung wird von Jupiter breit gestreut und müsste, meinen Berechnungen nach, lichtjahreweit zu orten sein.
Viertens: Schließlich, und dieser Punkt wurde von allen sogenannten Koryphäen nicht einmal beachtet, lag die Anflugsroute des Raumschiffes nur wenige Grade neben der Ausrichtung des vom DoPris abgegebenen Strahlenimpulses. Dieser ist mit der Spitze der Dreiecksgrundfläche des einen Prismas richtungsgleich.
Wie wir ja beobachtet haben verweilte das Raumschiff über dem DoPris einige Momente und entfernte sich dann.
Mit welcher Blindheit mußten unsere Forscher geschlagen sein, um nicht zu erkennen, daß die Abflugsroute sich mit der Ausrichtung der Spitze der Dreiecksgrundfläche des anderen Prismas deckte?
Vielleicht haben einige es damals schon erahnt, aber nicht den Mut aufgebracht es zum schmerzlichen Ende auszudenken: Wir waren Zeugen geworden einer außergewöhnlichen Begegnung...
...ein Raumschiff orientierte sich an einem kosmischen Funkfeuer, einem Wegweiser!
PROPROXILATOR
Das war es dann also.
SABINE
Das war es?
Aber wo sind Moral oder Pointe?
Was haben wir gelernt, abgesehen davon, daß wir Frauen Euch Männern gar nicht so unähnlich sind?
Nur etwas vernunftsicherer wenn es am Ego kratzt?
PROPROXILATOR, nachäffend
Moral, tssss, Pointe, pühhhh. Klar haben wir was gelernt.
SABINE
Meine Neugier ist grenzenlos...
PROPROXILATOR
Lasse Dich NIEMALS auf eine Diskussion mit den weiblichen Protagonisten Deiner Geschichten ein.