Elsa Liebherr
Sehr geehrter Herr Kasulke,
mit großer Aufregung habe ich das Inserat bezüglich Ihrer Suche nach Mitbewohnern in der Gründervilla gelesen.
Wie Sie den beigelegten Dokumenten entnehmen können, falle ich zwar nicht in die von Ihnen direkt angesprochene Gruppe, aber ich schreibe zum gegenwärtigen Zeitpunkt meine Dissertation zum Thema »Multidimensionale und -kulturelle Kommunikation«.
Da es jedoch schwierig ist, natürliche Dialoge auf freien Raum und unter offenen Bedingungen zum Laufen zu bringen, stagniert meine Forschung seit geraumer Zeit. Ihre WG würde mir völlig neue Möglichkeiten bieten!
Mir ist bewusst, dass dies als Eindringen in ein sehr persönliches, emotional aufgeladenes Umfeld empfunden werden könnte und Sie meine Bewerbung um ein Zimmer möglicherweise eher kritisch betrachten.
Daher möchte ich detaillieren, was ich der WG beisteuern könnte.
Wenn sich die Anfragen erst bei Ihnen auf dem Schreibtisch türmen, wird Ihnen bewusst werden, wie multikulturell sich Ihre WG zusammensetzen wird. Stellen Sie sich vor, wie groß der Bedarf an gesteuerter Kommunikation sein wird, um nicht nur unterschiedliche Charaktere, sondern auch die diversen Bedürfnisse konflikt- und krisenfrei zusammenzubringen. Mit meiner Kompetenz kann ich als Mediator der WG dienen, die einzelnen Mitbewohner bei Unsicherheiten oder der Jobsuche unterstützen und ihnen sogar aus persönlichen Krisen helfen.
Schon als Kind wurde mein Talent erkennbar, mich gerade mit schwer erreichbaren Mitgliedern der Gesellschaft zu verbinden. Ich erinnere mich noch, wie meine Freundinnen bei meiner ersten Kommunikation vom Ouija-Brett – und aus dem Haus – flohen. Heutzutage sind meine Talente als Medium gefragter, aber da die mit mir mögliche Nähe bereits des Öfteren zu Problemen führte, stelle ich keine Verbindung mehr her, wenn die sterblichen Beteiligten über sechzig sind.
Eine positive Rückmeldung und ein Zimmer in Ihrer einzigartigen WG würde mich hocherfreuen!
Mit den besten Grüßen
Elsa Liebherr
P.S. ich soll Ihnen von Ihrer Frau ausrichten, dass Sie die Topfpflanzen auf der Terrasse in den Keller bringen müssen.