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Ende - oder das Leben von einer anderen Seite

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05.06.2006
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Ende - oder das Leben von einer anderen Seite

Ich blickte aus dem Fenster und sah eine Blumenfrau mit ihren Körben. Ihre Schürze war abgetragen und ihre Hände sahen nach harter Arbeit aus. Ich schätzte sie auf vierzig bis fünfundvierzig Jahre. Ein Kind rannte vorüber und warf ihr einen Blick zu. Ich aber stand da, die Stirn an die Fensterscheibe gedrückt und kratzte mit den Fingernägeln an der Tapete. Es ist was passiert in den letzten Tagen. Menschen sind gestorben und es gab merkwürdige Augenblicke, Zufälle, ja Begegnungen mit Leuten, die mich irritierten.
Die Toten gehören zu einem Autounfall, der sich vor neun Tagen in Niedersachsen ereignete. Der Kran-
kenwagen wurde zu spät gerufen. Alle starben in ihren zerquetschten und zermalmten Sitzen. Mein Onkel, seine Frau und mein Cousin. Es ist nicht zu begreifen und ich erinnere mich, als ich davon hörte, dass ich nicht schreien konnte. Aber ich wollte schreien. Ich wollte das alles herausbrüllen. Ich wollte so viel schreien, dass die Welt zusammenstürzen sollte. Ich dachte mir das so. Aber nichts an mir verhielt sich so. Meine Mutter saß dann auch schweigend auf dem Sofa und später hob ich den Brief auf, den sie fallen gelassen hatte.

Mit tiefster Betroffenheit und Anteilnahme müssen wir ihnen mitteilen, dass es sich bei den verunglückten Insassen des Fahrzeugs um ihren Bruder, seine Frau und dessen Sohn handelt ...“.

Die Tage die man zählt, waren ein sinnloses Aneinanderreihen von Gedanken. Ein trübes und unerklär-
bares Etwas. Ein Diffuses an Zuständen. Unwirkliche Blasen, die Stunden und ewig anzuhielten schienen. Phantomschmerzen wie bei einer Amputation.
So verlebte ich die letzten Tage. Ich muss einiges abgenommen haben, denn ich hatte überhaupt keinen Appetit. Das Essen, das noch im Kühlschrank liegt, ist eingetrocknet oder verschimmelt. Ich denke gar nicht daran, es herauszunehmen und wegzuwerfen. Ich weiß nicht warum.
Scheue ich mich vor der Arbeit? Soll es doch gammeln. Mir egal. Es ist gekauft und zubereitet worden, als sie noch lebten. Sie waren frisch, die Tomaten, wie auch die gefüllte Jagdwurst mit den Pistazien. Die knackigen und frischen Brötchen sind nun eingetrocknet und beinahe hart. Sie klingen schon wie Kiesel, wenn sie zu Boden fallen.​

Die Blumenfrau steht immer noch da. Ich könnte hinuntergehen und sie fragen, wie lange sie heute noch arbeiten wird. Ich denke mir das durch, wie ich meine Schuhe anziehe, meine Jacke... die Mütze vergesse und noch mal zurückgehe. Und dann stehe ich vor ihr.

 

Liebe cannam,

nach mehrmaligem Lesen des Textes muss ich leider sagen: Er hat mir nicht gefallen. Das Thema wird nicht wirklich vertieft, der Protagonist (oder die Protagonistin) bleibt blass und man kann sich nichts unter ihm/ihr vorstellen.

und kratzte mit den Fingernägeln an der Tapete.

Das wirkt für mich sehr merkwürdig. Es ist eine unmotivierte Handlung. Warum tut der Protag das? Es wirkt absonderlich.

Es ist was passiert in den letzten Tagen. Menschen sind gestorben und es gab merkwürdige Augenblicke, Zufälle, ja Begegnungen mit Leuten, die mich irritierten.

Diese beiden Sätze wirken deplatziert.

Die Toten gehören zu einem Autounfall, der sich vor neun Tagen in Niedersachsen ereignete. Der Kran-
kenwagen wurde zu spät gerufen. Alle starben in ihren zerquetschten und zermalmten Sitzen. Mein Onkel, seine Frau und mein Cousin.

Das wirkt wie eine Zeitungsmeldung. Show, don't tell. So ruft das beim leser keine Emotionen hervor.

Es ist nicht zu begreifen und ich erinnere mich, als ich davon hörte, dass ich nicht schreien konnte.

Das "Es ist nicht zu begreifen" passt nicht in den Satz. Zudem würde ich die beiden Nebensätze am Ende tauschen, um den Sinn etwas klarer zu machen. Da ist stilistisch noch Luft nach oben.

Aber ich wollte schreien. Ich wollte das alles herausbrüllen. Ich wollte so viel schreien, dass die Welt zusammenstürzen sollte.

Die Wiederholung von "wollte" ist nicht gut. Außerdem schwächt das "sollte" den letzten Satz. Absolut formuliert würde das besser wirken. Zudem ist das für mich eine ziemlich überbenutzte Phrase.

Ich dachte mir das so. Aber nichts an mir verhielt sich so.

Stilistisch absolut nicht gut.

Meine Mutter saß dann auch schweigend auf dem Sofa und später hob ich den Brief auf, den sie fallen gelassen hatte.

Diesen Satz sollte man in zwei Sätze trennen. Außerdem das "dann auch" im ersten Satz weglassen oder ersetzen.

Die Tage die man zählt, waren ein sinnloses Aneinanderreihen von Gedanken.

Die Tage die WER zählt? Der Sinn wird hier nicht klar. Zudem ist die Zeichensetzung falsch (hinter Tage kommt noch ein Komma.).

Ein Diffuses an Zuständen.

"Ein Diffuses" ist meiner Meinung nach kein zulässiges Wortkonstrukt. Vorschlag wäre: "Eine diffuse Folge von Zuständen." oder "Eine Folge von diffusen Zuständen.".

Die ganze Aufzählung an dieser Stelle wirkt übertrieben und schwächt den Text.

So verlebte ich die letzten Tage. Ich muss einiges abgenommen haben, denn ich hatte überhaupt keinen Appetit. Das Essen, das noch im Kühlschrank liegt, ist eingetrocknet oder verschimmelt. Ich denke gar nicht daran, es herauszunehmen und wegzuwerfen. Ich weiß nicht warum.

Das ist wieder ganz gut.

Sie waren frisch, die Tomaten, wie auch die gefüllte Jagdwurst mit den Pistazien.

Das wirkt überflüssig.

Die knackigen und frischen Brötchen sind nun eingetrocknet und beinahe hart. Sie klingen schon wie Kiesel, wenn sie zu Boden fallen.

Das beste an deinem Text. Ich würde bei dem ersten Satz noch entweder knackig oder frisch streichen. Beim zweiten Satz soltest du das schon weglassen. Ansonsten ein sehr gelungener akustischer Vergleich.

Die Blumenfrau steht immer noch da. Ich könnte hinuntergehen und sie fragen, wie lange sie heute noch arbeiten wird. Ich denke mir das durch, wie ich meine Schuhe anziehe, meine Jacke... die Mütze vergesse und noch mal zurückgehe. Und dann stehe ich vor ihr.

"Ich denke mir das durch" ist eine sehr schlechte Formulierung. Insgesamt finde ich das Ende unpassend.


Naja, ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Liebe Grüße,
Jade

 

Ha, in deinem Kritikschreiben sind bestimmt mehr Worte enthalten, als in meinem Text

cio

 

Ha, in deinem Kritikschreiben sind bestimmt mehr Worte enthalten, als in meinem Text
cio

Was soll Jade nun mit deiner Antwort anfangen? Da macht sich ein Kritiker Mühe und beschäftigt sich ernsthaft mit deinem Text und dann kommt so eine nichtssagende Reaktion von dir. Besser kann man künftige Kritiker nicht davon abhalten, sich nicht mehr mit deinen Geschichten zu beschäftigen.

bernadette

 

... schön zu lesen, dass nicht alle Leser auf Unhöflichkeit und Ignoranz mit einem Schulterzucken reagieren. Leider hatte ich Geschichte vor den Kommentaren gelesen, sonst hätte ich vielleicht verzichtet.
Die Geschichte ist zusammenhangslos. Kann man aus dem Fenster gucken und gleichzeitig Tapete abziehen? Ein Verkehrsunfall mit Todesfolgen wird nicht per Post mitgeteilt - wenigstens hier bemüht sich ein Beamte zu den direkten Angehörigen - diese verständigen die weiteren Angehörigen bestimmt mit Telefon und nicht mit so einem förmlichen Brief. Teilweise komischer Satzbau, mitunter Umgangssprache. Eine Stimmung entsteht nicht.
Gruß Detlev

 

Ich finde, dass die Stimmung durchaus entsteht. Man bekommt ein richtiges Gefühl der Leere, eben weil kaum stilistische Mittel verwendet wurden.
In der Kürze liegt halt die Würze und die hier ist ziemlich kurz.
Man muss nicht immer detailiert schildern. Wenige wichtige Punkte, die zum Verständnis erforderlich sind, reichen schon.
Außerdem ist die nüchterne Schreibweise bei so einem Thema völlig gerechtfertigt.

zu Jadeeyes: Wenn du das anscheinend öfters gelesen hast, sollte dir das schon auffallen. Hier veröffentlicht sicher keiner eine Kurzgeschichte, bei deren Verfassen er nicht über Stilmittel nachgedacht hat.
"Naja, ist noch kein Meister vom Himmel gefallen" Mal abgesehen, dass ich das für falsch halte, find ich das schon recht anspielend, weshalb cannam dann auch so reagierte.

Mein Respekt. Mir gefällt die Geschichte.

 

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