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Enid

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02.11.2005
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Enid

Enid ging langsam nach Hause. Beim Gehen beobachtete sie, wie ihre kleinen Füße in den pinken Plastiksandalen einen Schritt nach dem anderen machten. Ihre langen, rotblonden Haare hingen ihr wie ein Vorhang ums Gesicht, durch den die grellen Sonnenstrahlen nicht ganz durchdringen konnten. Außer ihren Füßen und einem kleinen Ausschnitt des Asphalts der breiten und leeren Straße auf der sie lief, sah sie alles durch einen gleißenden, rötlichen Schleier.
Dem kleinen Mädchen liefen langsam Tränen über die Wangen. Sie sammelten sich an ihrem Kinn und hinterließen große dunkle Flecken auf ihrem Hemd.
Enid fühle die Hitze im Nacken, eine Hitze die so ungewöhnlich für den Spätsommer in ihrer Stadt war. Manche meinten, es habe noch nie einen Sommer wie diesen gegeben. Enids blasse Arme hatte die Sonne bereits rot gefärbt und aufspringen lassen.
Gedanken an Kristin geisterten ihr durch den Kopf. Kristin auf ihrem Fahrrad. Glänzend und rosa. Das Gerassel, das die Glöckchen machten, die Kristins Bruder in die Speichen gehängt hatte. Kristin mit ihrem langen, gewellten und blonden Haar, dass wie eine Schleppe hinter ihr her wehte, wenn sie Rad fuhr.
Niemals würde sie so sein. Sie hatte es heute herausgefunden. An einem Tag wie jedem anderem, in einer Pause wie an jedem anderen Tag. Kristin, die sich in die Pedale gestellt hatte, deren blaues Kleid flatterte als sie vorbeifuhr, deren Geruch nach sauberer Wäsche und Milch zu Enid herüberwehte, und auf einmal hatte sie gewusst, dass sie es nie schaffen würde. Eine grenzenlose Hilflosigkeit überkam sie, wenn sie daran dachte.
Es war das erste Mal in Enids siebenjährigem Leben, dass ihr klar wurde, dass sie nicht alles erreichen konnte, egal wie sehr sie es versuchte.
Monatelang schon hatte sie jeden Morgen beim Frühstück ein angenehmes Prickeln unter der Haut gespürt, wenn ihr der Geruch kalter Milch in die Nase gestiegen war.
Enids Nase fing an zu laufen. Und wie oft hatte sie sich vorgestellt, durch Kristins großes Haus zu laufen, mit den Händen über die samtigen Möbel zu fahren, Kristins Kleider überzustreifen und sich in ihrem Spiegel zu beobachten.
Wie viele Stunden hatte sie vor dem Spiegel verbracht und versucht, ihre dünnen, rot-blonden Haare genau so über den Rücken fallen zu lassen, wie es Kristins taten. Aber sie würde es nie schaffen, sie würde Enid bleiben. Langweilige Enid, Albino-Enid, seltsame Enid.
Aber eins, eins ist immer noch sicher, dachte sie. Wenn ich eine Tochter habe, wird sie Kristin heißen und wunderschön sein. Und wenn mein Kind ein Junge wird, setze ich es aus.
In einem plötzlichen Anfall von Trotz trat sie gegen einen Stein auf der Straße. Schmerz breitete sich in ihrem Fuß aus. Die Sandale war gerissen. Sie heulte auf vor Wut. Zornig trat sie beide Sandalen los und rannte barfuss und ohne anzuhalten nach Hause.

 

Hallo yumeka,

deine Geschichte stellt die Sicht eine siebenjährigen Kindes dar, wie ein Halbwüchsiger die Geschichte aus der Sicht eines siebenjährigen Kindes wahrnehmen und schildern würde. So wirklich viel kann ich persönlich mit dem Text nicht anfangen, doch langweilte er mich nicht, so dass ich nicht sagen kann es reute mich ihn gelesen zu haben. Eine Dinge sind mir aufgefallen.

eine Hitze die so ungewöhnlich für den Spätsommer in ihrer Stadt war
Das "so" an dieser Stelle könnte durch "sehr" ersetzt werden.

Enids blasse Arme hatte die Sonne bereits rot gefärbt und aufspringen lassen.
Hier hast du einen Konsonaten vergessen, was dazu führte, dass ich lange über den Inhalt dieser Szene nachdenken musste.

und blonden Haar, dass wie eine Schleppe hinter ihr her wehte, wenn sie Rad fuhr.
Dieser Bild wirkt auf mich serh komisch und überaus grotesk.

An einem Tag wie jedem anderem,
Hier ist dir ein kleiner Grammatikfehler hineingerutscht.

Gruß
Woitek

 

Hallo yumeka!

Enids Nase fing an zu laufen. Und wie oft hatte sie sich vorgestellt, durch Kristins großes Haus zu laufen
Wortwiederholung

Die Geschichte hat mir gefallen. Besonders das Bild am Anfang fand ich sehr stark, ohne jetzt genau begründen zu können, warum. Ziemlich traurig fand ich die Geschichte, die eigentlich nicht mehr als eine Momentaufnahme ist. Die Gedanken Enids kommen bei mir zumindest glaubhaft an, allerdings weiß ich nicht genau, worauf die Eifersucht des Mädchens begründet ist. Mein erster Gedanke war, dass das Thema der Geschichte vielleicht Kinderarmut ist, aber dann wäre sie unter Gesellschaft wohl besser aufgehoben. Wobei es ja durchaus auch eine alltägliche Sache ist, wie auch immer. Aber dann dachte ich, dass es eher um kindliche Eifersucht ganz allgemein geht, jemand hat es besser als sie, da muss die Familie Enids nicht unbedingt arm sein. Wenn das aber deine Intention war solltest du das besser herausarbeiten, ein, zwei Hinweise mehr wären da hilfreich.

Ansonsten, gern gelesen.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

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