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Erinnerungen an die perfekte Liebe

puk

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25.01.2005
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Erinnerungen an die perfekte Liebe

Erinnerungen an die perfekte Liebe

Es war ein lauer Herbsttag. Die meisten Bäume hatten bereits ihr Kleid verloren und die Blätter welkten auf dem grün grauen Boden. Es raschelte wenn man auf sie trat. Die Krähen hatten sich zusammengeschlossen um einen kahlen Baum einzunehmen, der direkt vor dem Innenhofeingang meiner Fakultät lag. Ich hatte noch Zeit bis das nächste Seminar begann und da ich niemand Bekanntes entdecken konnte, setzte ich mich auf eine alte bröckelige Kieselmauer die am Rande der Wiese lag. Wenn man sich hinsetzte, konnte man die Hände nach hinten stützen und die Füße lang machen um den Plattenbau der Fakultät zu betrachten. Ich drehte mir eine Zigarette und rauchte schweigend während ich den Krähen zusah, wie sie sich um die größten Äste balgten.
Eine Stimme ließ mich auffahren. Sie klang weich und gleichzeitig selbstsicher und eigen. Links vor mir stand ein Mädchen und fragte mich nach einer Zigarette. Ich war etwas verblüfft weil man mich so abrupt aus meinen Gedanken gerissen hatte sagte aber dann, dass ich eine hätte, aber nur zum drehen. Ich wusste, dass einige wenn sie das hörten ablehnten, doch sie setzte sich neben mich als ich den Tabak und die Papers aus meiner Jackentasche zog. Zuerst wollte ich anfangen für sie eine zu drehen, bis sie sagte, dass sie das schon selbst könne. Ich war etwas verwundert und sie lächelte leicht darüber. Während sie den Tabak fein säuberlich auf dem Paper verteilte und sich auch einen Drehfilter raus nahm begann sie zu sprechen.
»Erstes Semester?«
»Nein, schon im dritten. Aber man könnte sagen, dass es das zweite ist. Das erste hab ich nur belegt um eingeschrieben zu sein.« Ich wusste nicht warum ich das vor ihr erwähnte. Aber komischerweise erzählte ich es allen, die mich danach fragten. Ich glaube ich verband damit ein Gefühl der Egalität gegenüber allen, was mich wie ich hoffte anziehender wirken ließ.
»Ich bin im ersten. Ich studiere Kunstgeschichte und im Nebenfach Literatur. Ich hab die ersten Stunden verschlafen und will heute mal in das Einführungsseminar rein sehen. Hast du es schon gemacht?« Während sie auf meine Antwort wartete beendete sie das Drehen der Zigarette und gab mir meinen Tabak zurück. Ich sah sie mir genauer an während ich an meiner Antwort feilte. Sie hatte weiche Wangen, einen kleinen aber vollen Mund und eine leicht angehobene zierliche Nase. Ihr Haar war rotbraun mit etwas mehr rot als braun und fiel in Locken über ihre schmalen Schultern. Alles in allem eine ansprechende Gestalt. Ich bejahte ihre Frage und wir begannen über die Grundvorrausetzungen des Seminars zu reden. Ob es schwer oder leicht sei. Ob man einen Dozenten empfehlen könnte. Wie es bei mir gelaufen war.
Ich weiß nicht wie es dazu gekommen war oder wer den Anfang tat doch das allgemeine Uni-Thema war bald vergessen. Sie erzählte von ihren Wünschen und Träumen so wie ich von den meinigen. Die Zeit verstrich erst langsam, so dass es mir vorkam als würde unser Gespräch eine Ewigkeit ausfüllen. Doch dann zu schnell. Denn ich wusste, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte bis mein Seminar beginnen würde. Als sie begann von ihrer Kindheit zu erzählen. Wie sie auf dem Land in einer kleinen Gemeinde nahe Wiesbaden aufgewachsen war spürte ich ein verloren geglaubtes Gefühl. Eine einzelne Locke, kürzer als die anderen strich im kühlen Wind über ihr Gesicht und haarte vor ihrer linken Wange aus. Ich konnte dem Drang sie weg zu streichen nicht widerstehen. Sie lächelte und bei dem Lächeln küsste ich sie. Vielleicht hatte sie auch mich geküsst. Ich versuchte den Moment wieder aufzurufen. Doch war er in meinem Geist, nachdem er vorbei war, sofort entschwunden. Nachdem sich unsere Lippen gelöst hatten sahen wir uns einen langen Augenblick schweigend an. Ich wusste nichts mehr zu sagen. Ich hörte nur ein Rauschen, wie von Wellen die gegen Hafenmauern schlagen, in meinem Kopf.
Weit entfernt konnte ich einen Ruf hören. Es war ein Frauenname der gerufen wurde, doch konnte ich ihn nicht verstehen. Sie aber verstand ihn und sprang, sich von meinem Blick lösend von der niedrigen Mauer auf um sanft in den Armen eines Jungen zu landen. Der Junge nickte mir kurz zu. Er dachte sich wohl, dass ich ein Kommilitone von ihr war, den er nicht kannte. Ich nickte ebenfalls und stand dann auf. Ich brauchte nicht nachzudenken. Die Pause war vorbei und ich musste in mein Seminar. Als ich den Weg zur Tür entlang ging drehte ich mich noch einmal kurz um. Ich konnte ihre Augen sehen, die hinter seiner Schulter hervorschauten. Dann ging ich weiter ins Gebäude und lauschte schließlich den Ausführungen des Dozenten über einen Schriftsteller, der mich gar nicht interessierte. Ich habe sie nie wieder gesehen.

Wieso hatte ich nicht versucht noch etwas zu sagen? Wieso hatte ich sie nicht, als noch Zeit war, nach ihrem Namen gefragt? Wieso habe ich nicht, nachdem ich mich erinnerte was sie von ihrem Seminar erzählt hatte und welchen Dozenten sie hatte, nachgesehen und habe sie aufgesucht? Wieso habe ich es vermieden die nächsten Wochen in der Pause diesen Hof aufzusuchen? Damals war es mir nicht klar.
Aber ich hatte in diesem einen Augenblick mit ihr die perfekte Liebe. In diesem einen Augenblick war sie das perfekte Mädchen und ich der perfekte Junge. In diesem einen Augenblick begegnete ich jemanden, der mir Hoffnung und Glaube gab. Doch was wäre eine Hoffnung oder ein Glaube wert den man sich nicht selbst geben kann? Für mich war dieser nichts wert. Also musste ich gehen. Ich musste es so lassen wie es war. Denn ich war nicht der, der diesen Augenblick hätte ewig währen lassen.
Bis heute weiß ich nicht ihren Namen, doch braucht sie auch keinen.

edit: vorläufige Neufassung; endgültige noch in Arbeit

 

Anmerkung:
Ich war mir nicht ganz sicher ob die Geschichte zu Alltag passt. Möglicherweise auch zu Gesellschaft, Romantik oder Philosophisches. Falls die Administratoren es eher so empfinden habe ich keine Einwände, dass es verschoben wird.

 

Hallo Burana,

erstmal danke für deine Kritik, ich dachte schon es kommt keine mehr. Zur Geschichte. Ich weiß was du meinst. Die Geschichte hatte ich, als ich die Idee hatte, relativ schnell geschrieben und wollte demenstprechend etwas zu schnell vorpreschen. Ich denke, der Anfang könnte noch mal umgeschrieben bzw. noch etwas vorher angefügt werden auch im Hinblick darauf den ich-Erzähler mehr zu charakterisieren.

Grüße,
Puk

 

Ja, viel kann ich Dir zu Deinem Text nicht sagen. Bring ein wenig mehr Spannung rein vielleicht, leuchte die Charaktere etwas mehr aus. Was willst Du dem Leser mitgeben? Sorry, aber ich konnte nicht so viel mitnehmen.
Rechtschreibung/Grammatik:

dass ich eine hätte aber nur zum drehen.
Komma fehlt. Würde ich auch eher umformulieren, ist schon recht umgangssprachlich.

Dann ging ich weiter ins Gebäude und lauschte schließlich den Ausführungen des Dozenten über einem Autor
Über wen/was? Akkusativ.

Freundliche Grüße, Rodion.

 

Hallo Rodion,

erstmal finde ich es schön, dass du so wenige grammatikalische Fehler gefunden hast *g*. Zum Inhalt: Ich dachte eigentlich, ich hätte schon durch den letzten Absatz zu viel preisgegeben und zu wenig Spielraum für Interpretation gelassen. Aber gut. Ich wollte mit dem Text zeigen, dass eine ewige Liebe nicht existiert. Dass das Wahrhafte/Perfekte sich nur in Träumen oder kurzen Augenblicken offenbart. Und das wenn man es festhält unweigerlich zerstört wird. Man kann keine allgemeingültige Lehre daraus ziehen aber eine Lehre die auf, so denke ich, viele Menschen zutrifft. Denn di meisten sind nicht bereit dazu.

Gruß,
Puk

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo puk,

du gehst über den Alltag (den du, wie ich finde nur sehr nachlässig behandelst, das werde ich gleich noch genauer erläutern) mit sehr viel Feingefühl in die Romantik um dann etwas zu glatt und einen Tick zu banal in der Philosophie zu landen. Dann Einstieg finde ich schlicht und ergeifend schlecht. Hast dich ziemlich schwer getan, damit, stimmt's? Weil du möglichst schnell zum Punkt kommen wolltest und deine Gedanken schon längst zu dem tollen Mädchen geeilt waren.

Du schreibst:

Es war ein lauer Herbsttag. Die meisten Bäume hatten bereits ihr Kleid verloren und die Blätter lagen jetzt auf dem Boden und welkten. Es raschelte wenn man auf sie trat. Die Krähen hatten sich zusammengeschlossen um einem entblätterten Baum einzunehmen, der direkt vor dem Innenhofeingang meiner Fakultät lag. Ich hatte noch Zeit bis das nächste Seminar begann und da ich niemand Bekanntes entdecken konnte, setzte ich mich auf eine alte bröckelige Kieselmauer die am Rande der Wiese lag. Sie war nicht höher als einen drei viertel Meter und etwas einen halben breit. Man konnte die Hände nach hinten stützen und die Füße lang machen um den Plattenbau der Fakultät zu betrachten. Ich drehte mir eine Zigarette und rauchte schweigend während ich den Krähen zusah, wie sie sich um die größten Äste balgten.

Das klingt schwerfällig und bemüht.

Du könntest z. B. darauf verzichten das die Blätter am Boden lagen und sie gleich dort welken lassen, das würde den Satz fließender machen.

Statt "Es raschelte wenn man drauf trat" könntest du schreiben "Es raschelte unter meinen Schritten", dann tauchst du früher auf und könntest dich irgendwo hinbewegen.

"Entblätterten Baum" hast du bestimmt geschrieben, weil dir "kahl" zu banal und abgegriffen vorkam. Ich hätte trotzdem "kahl" genommen, weil es stimmungsvoll und trister klingt, als entblättert. Wenn ein Wort passt, dann passt es, dann wären mir Ängste vor Klischees auch egal.

Die Mauer, auf die der Ich-Prot sich setzt ist eine Mauer. Ich habe sie in dem Moment mit den richtigen Maßen vor Augen, wenn sich der Prot darauf niederlässt. Indem du sie beschreibst, misstraust du der Fantasie des Lesers. Das ist falsch. Es ist eine Mauer und der Prot lässt sich gedankenverloren darauf nieder. Krähen, die in den kahlen Bäumen sitzen. Welkes Laub. Kälte. Leichtes Fösteln. Kleine Wölkchen beim Atmen. Feuchtigkeit die noch tief im Boden steckt und auf der Wiese glitzert. Ich sehe das alles, auch das, was du nur andeutest - oder gar nicht geschrieben hast. Es ist Herbst, da setzen gleich meine Herbstfantasien ein und ergänzen das, was du beschreibst. Das musst du ausnutzen und nur ein wenig stimulieren. Das tust du aber im ersten Absatz nicht so richtig, das wirkt ein wenig uninspiriert.

Danach bist du drin in der Story, da wo du hin willst. Im weiteren Verlauf sehr schön geschrieben, aber letztendlich fehlt mir etwas die Spannung, mir ist das etwas zu wenig Augenblick für das dann folgende große Gefühl. Ich denke, du müsstest das noch mehr verdichten, intensiver machen, einmaliger.

Mann, jetzt ist das einfach mit mir durchgegangen, ich hoffe, das ist okay und kommt an.

Grüße von Rick

 

Hallo Rick,

ja wie in meiner Amerkung zu dem Text gesagt, wusste ich nicht genau wo ich ihn einordnen sollte. Er ist wirklich übergreifend und vielleicht am nähesten noch zu Romantik tendierend.

Dann Einstieg finde ich schlicht und ergeifend schlecht. Hast dich ziemlich schwer getan, damit, stimmt's? Weil du möglichst schnell zum Punkt kommen wolltest und deine Gedanken schon längst zu dem tollen Mädchen geeilt waren.

Ehrlich gesagt hab ich den Einstieg sogar noch am schnellsten runter geschrieben und ist mir gar nicht schwer gefallen. Auch das mit entblätteter Baum ist mir ehrlich gesagt als erstes eingefallen, kahl war mir nicht in den Sinn gekommen. Aber inzwischen ist mir auch schon aufgefallen, dass es mit dem Hauptteil nicht so recht zusammenpasst und ich bis zu dem Punkt vorgeprescht bin worum meine Gedanken kreisten.

Mit der Mauer hast du wohl recht. Es ist unnötig sie genau zu beschreiben, ich erinnere mich bei deinen Worten an die Worte meines alten Lehrers "Unterschätze nie die Fantasie und Klugheit des Lesers"

, aber letztendlich fehlt mir etwas die Spannung, mir ist das etwas zu wenig Augenblick für das dann folgende große Gefühl. Ich denke, du müsstest das noch mehr verdichten, intensiver machen, einmaliger.

Das ist für mich wohl das wichtigste an deiner Kritik, weil das für mich auch das wichtigste an der Geschichte war. Ich werd versuchen, dass zu überarbeiten.

Vielen Dank für die konstruktive und ausführliche Kritik. :)

Gruß,
Puk

 

Ironisch finde ich übrigens den Titel: Erinnerungen an die perfekte Liebe. Ist die perfekte Liebe nicht ewig während?

Ist mir gerade noch eingefallen.
Grüße, Rodion.

 

Hallo Rodion,

Schön das es dir aufgefallen ist. Ich fand schon beim Schreiben das "Perfektion" an sich ein starker Begriff ist. Gibt es eine allgemeingültige Perfektion und wenn ja müsste sie dann nicht "unsterblich" sein. Oder liegt die Perfektion im Auge des Betrachters/des Menschen und bleibt das perfekte erhalten wenn der Betrachter sich abwendet? Und weiter gedacht dann wo liegt die Perfektion wenn sie beim Betrachter liegt? Kann sie bestehen bleiben wenn der Gegenstand der "perfekt" ist sich entwickelt oder verändert, oder ist Perfektion nicht viel mehr Starrheit, existiert sie nur im Augenblick.

Gruß,
Puk

 

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