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Erwachsenwerden

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19.08.2006
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Erwachsenwerden

Erwachsenwerden

Ich möchte nicht mehr zu Hause sein. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich mit Konni auf einer einsamen Insel leben. Konni. Er hat immer ein offenes Ohr für mich. Hört mir zu, wenn ich bedrückt bin. Urteilt nie. Strahlt mich jederzeit mit seinem breiten Lächeln, das fast das komplette Gesicht füllt, an. Schade, dass er der Einzige ist, der mich versteht.

Meine Mutter schrie mich vorhin mal wieder an.
"Dir geht es hier so gut. Siehst du eigentlich nicht, was dein Vater und ich für dich tun? Auf was wir deinetwegen verzichten? Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn du mir ein wenig beim Spülen hilfst."
"Aber ich kann jetzt nicht", sagte ich ängstlich.
Das Gesicht meiner Mutter veränderte sich. Das tat es immer, wenn ich ihr widersprach. Die Hilflosigkeit überkam sie wie ein Platzregen.
"Na gut junger Mann. Warte nur bis dein Vater nach Hause kommt."
Jedes einzelne Wort traf mich wie ein Giftpfeil, dessen Wirkung schnell einsetzte. Ich wandte mich von ihr ab und stürmte die Treppe hinauf. In meinem Zimmer angekommen, kroch ich sofort unter meine Bettdecke. Konni hatte ich in der rechten Hand. Ich drückte ihn fest an mich und wimmerte.
"Konni, sag mir, was ich tun soll. Alles was ich mache, ist falsch. Ich hatte vorhin keine Zeit Mama beim Spülen zu helfen, weil ich doch versprochen habe, heute mit dir zu kuscheln."
Konni lachte mich verständnisvoll an.
"Ich wünschte Mama und Papa wären so wie du. Aber das sind sie nicht. Du bist mein bester Freund und daran wird sich nichts ändern."
Langsam aber sicher beruhigte ich mich wieder. Die Angst vor der richtenden Hand meines Vaters verzog sich wie ein Traum nach dem Erwachen. Ich setzte mich mit dem Gedanken auseinander, wie ich mit ihm über das vorhin Geschehene reden konnte. Entschuldigen wollte ich mich nicht. Ich wollte ihm meine Reaktion verständlich machen. Mit dieser Entschlossenheit schlief ich ein.

Ein lauter Schrei riss mich aus dem Schlaf. Es war mein Vater. Er schrie sehr häufig. So auch, als ihn vor kurzem mein Lehrer anrief und erzählte, dass ich zum wiederholten Male die Hausaufgaben vergessen hatte. Augenblicklich meldete sich die Angst zurück ohne zu fragen, ob sie eintreten durfte. An das, was ich mir vor dem Einschlafen vorgenommen habe, erinnerte ich mich nicht mehr. Ich wusste nicht mal mehr, dass ich mir etwas vorgenommen hatte.
Die Treppenstufen knarrten. Mein Herzschlag glich einem Trommelwirbel. Ich warf die Bettdecke über mich und versuchte ganz still zu sein. Konni wurde zwischen meinen Händen und meinem Brustkorb eingequetscht. Er musste mir jetzt beistehen.
Die Türklinke gab einen komischen Laut von sich. Mein Vater trat ins Zimmer. Leise näherte er sich meinem Bett, das spürte ich. Meine Augen waren geschlossen und ich versuchte regelmäßig zu atmen. Keine Ahnung, ob mir das gelang.
"Mark, steh bitte auf. Wir müssen etwas bereden".
Ich rührte mich nicht.
"Wenn du nicht von dir aus aufstehst, werde ich dich dazu zwingen".
Mir lief es eiskalt den Rücken herunter und ich klammerte mich noch ein wenig fester an Konni. Diese Bewegung nahm mein Vater natürlich wahr und riss die Bettdecke von mir. Ich sah in seine hasserfüllten Augen.
"Was hat Mama mir gerade erzählt? Du hast dich geweigert, ihr beim Spülen zu helfen? Stimmt das?"
"Ja, aaaaber..."
Klatsch. Der erste Schlag landete in meinem Gesicht. Meine linke Wange schmerzte und wurde feuerrot.
"Du widersprichst deiner Mutter nicht mehr. Hast du mich verstanden?"
Traurig senkte ich meinen Kopf nach unten und nickte.
"HAST DU MICH VERSTANDEN?", schrie er erbost.
"Ja Papa, hab ich".
"Gut. Wenn ich noch mal Ähnliches von deiner Mutter zu hören bekomme, bleibt es nicht bei einer zärtlichen Berührung. Ach, und noch was. Was soll eigentlich dieser alberne Bär in deinen Armen. Bist du nicht schon zu alt dafür? Gib ihn mir"
Mein Blut gefror in den Adern. Niemals würde ich Konni hergeben. Niemals.
"Nein, er gehört mir".
Klatsch. Klatsch.
"Gib ihn mir!"
"Niemals"
Klatsch. Klatsch. Klatsch. Klatsch.
Tränen kullerten über meine Wangen. Nicht wegen den Schmerzen, die ich kaum wahrnahm. Mir war klar, dass ich Konni nie mehr wieder sehen werde. Mein Vater riss ihn mir aus der Hand und schaute mich düster an.
"Kuscheltiere sind etwas für Kleinkinder. Du musst langsam erwachsen werden"
Ich brachte kein Wort heraus. Mir war eiskalt. Vater riss Konni den Kopf ab.
Mein Bett verwandelte sich in kürzester Zeit in ein Meer voller Tränen, in dem ich zu ertrinken drohte.

 

kurz zu mir:

ich bin ein absoluter schreibneuling. bitte übt konstruktive kritik aber zereißt mich nicht in der luft :)

 

Hallo Elektrotraeumer,
ich finde die Geschichte gut gelungen. Sie baut Spannung auf, sodass ich wirklich mitgefiebert habe, was mit Kevin passiert. Auch von der Wortwahl und der Kürze (, die ich bei solchen Geschichten mag), finde ich deine Geschichte gut.

Das Ende ist zwar nicht "überraschend", aber, dass ihm das "Kuscheltier" weggenommen wurde, fand ich einen starken emotionalen Moment für ihn, also würde ich es so lassen.

Grüße,
vom Prinzipienritter

"Fehlerliste":

Schade, dass er der einzige ist, der mich versteht.
....der Einzige ist, der....

Jedes einzelne Wort traf mich wie ein Giftpfeil. Das Gift begann schnell zu wirken.
...wie ein Giftpfeil und es begann schnell zu wirken.
Ich würde das so machen, um die Dopplung zu verhindern, was aber Geschmackssache ist.

In meinem Zimmer angekommen kroch ich sofort unter meine Bettdecke.
...angekommen, korch...

"Konni, sag mir was ich tun soll. ...
"Konni, sag mir, was ich tun soll. ...

Alles was ich mache ist falsch.
Alles, was ich mache, ist falsch.

Ich hatte vorhin keine Zeit Mama beim spülen zu helfen, weil ich doch versprochen habe, heute mit dir zu kuscheln."
... beim Spülen....

Die Angst vor der ausführenden Kraft verzog sich wie ein Traum nach dem Erwachen.
Ich würde schreiben: Die Angst, vor der Strafe meinen Vaters, verzog sich wie ein Traum nach dem Erwachen.

An das, was ich mir vor dem Einschlafen vorgenommen habe, erinnerte ich mich nicht mehr.
Ich wusste nicht mal mehr, dass ich mir etwas vorgenommen hatte.
Ich denke du meinst, dass diese zweifache Betonung die Situation verstärkt, aber ich finde, dass diese zweite Stück etwas "klischeehaft" klingt. Ich würde es weglassen, aber das empfinde ich als Geschmackssache.

Mein Herzschlag glich einem tiefen, gleichmäßigen Trommelschlag.
Bei mir ruft dies eine andere Assoziation hervor, nämlich die von Ruhe und Gelassenheit. Das war aber wohl nicht gemeint.
Vorschlag: Sein Herzschlag hörte sich an wie ein Trommelwirbel in einer Zirkusmanege.
(Ich bedanke mich bei meinem kleinen Bruder für diesen Vorschlag. Mir fiel gerade nichts ein.)

Diese Bewegung nahm mein Vater natürlich wahr und riss die Bettdecke von mir.
Ich würde umformulierelen, aber wieder Geschmackssache:
Mein Vater bemerkte die Bewegung und riss die Bettdecke von mir weg.

Meine linke Wange schmerzte und wurde unangenehm heiß.
Ich würde umformulierelen, aber wieder Geschmackssache:
Mein linke Wange brannt und wurde feuerrot.

Wenn ich noch mal ähnliches von deiner Mutter zu hören bekomme, bleibt es nicht bei einer zärtlichen Berührung.
...Ähnliches... (glaub ich)

... Gib ihn mir"
... Gib ihn mir!"

"Gib ihn mir"
"Gib ihn mir!"

Die Tränen kullerten über meine Wangen.
Ich würde das "die" hier streichen.

Nicht wegen den Schmerzen, die ich kaum wahrnahm. Mir war klar, dass ich Konni nie mehr wieder sehen werde.
...., die ich kaum wahrnahm.
Empfinde ich als zu stark. Auch, wenn er seinen Teddy über alles liebt, aber das empfinde ich als zu stark.
Aber, wenn du es für richtig hälst, behalt es ruhig.

PS:

Ich sah in seine hasserfüllten Augen.
Mein Vater riss ihn mir aus der Hand und schaute mich düster an.
Ich würde "düster anschauen" und "hassen" von der Position tauschen, um dem Konflikt die richtige Steigerung zu geben. Aber das soll deine Sache sein.

 

Hallo Prinzipienritter,

vielen Dank für deine Kritik. Natürlich freut es mich, dass dir die Geschichte gefällt. Besonderen Dank für deine erstellte Fehlerliste. Hab mir einige Ratschläge zu Herzen genommen und mich mit ihnen auseinandergesetzt. Werde den Text morgen nochmals komplett überarbeiten und die Fehler beheben.

 

Hallo Elektrotraeumer,

mir hat deine Geschichte auch gut gefallen - besonders als Erstlingswerk hier auf kg.de! Herzlich Willkommen übrigens :).

Ich möchte erstmal die neue Version lesen, wenn du Prinzipienritters Verbesserungen eingearbeitet hast, bevor ich mich über Textänderungen auslasse.

Zum Inhalt:
Du hast sehr schön aus Kindersicht geschrieben, so dass ich mich gut in die kleine Person hineindenken konnte.
Gerade diese Verschiebung von scheinbar Wichtigem, das Spülen, zum für den Prot Wichtigerem, das Kuscheln, ist ein sehr schönes Bild, das die Unfähigkeit der Eltern darstellt, Prioritäten zu setzen. Natürlich muss gespült werden, wenn dreckiges Geschirr rumsteht - aber wenn ein Kind wie das Kätzle am Bauch rumhängt, sollte man auch mal alles stehen und liegenlassen können und sich um es kümmern. Das können die Eltern bzw. die Mutter scheinbar nicht und wissen ja auch nicht um die Bedürfnisse, die das Kind auf Konni projeziert. Eine sehr subtile Geschichte hast du da geschrieben.

Was mir aber sehr wichtig erscheint: Die Eltern bemängeln die Bereitschaft am Mithelfen im Haushalt - aber in deinem Text wird überhaupt nicht klar, ob die Hauptperson 6 oder 13 Jahre alt ist. Das muss ja auch nicht direkt als Altersangabe in den Text einfließen - durch Bemerkungen, was seine Kameraden gerade treiben oder in welche Klasse er geht, wird das auch klarer.
Wenn nun der Prot schon älter ist, fragt man sich natürlich, warum er so drauf ist - Kuscheltier, sich vom Vater so demütigen lassen - da musst du dann vielleicht noch ein, zwei erklärende Sätze bringen, damit das nicht so in der Luft hängt. Aber nun warte ich erstmal ab, was du zu meinen Gedanken meinst.

Vielleicht sollte die Geschichte auch in die Rubrik Jugend; Alltag
ist nicht falsch, aber Jugend würde noch besser passen.
Später mehr.

Liebe Grüße
bernadette


P.S. Folgendes ist auch unnötig in der Geschichte - das Einstelldatum sieht man in kg.de und dass du es warst, der es geschrieben hat, sowieso :).
Zusätzliche Kommentare immer extra.

Fertig gestellt am 19.08.2006

Elektrotraeumer

[/QUOTE]

 

huhu bernadette,

danke für deine lieben Worte :) Deinen Verbesserungsvorschlag halte ich auch für angebracht. Das Alter des Kleinen spielt schon eine Rolle. Daher werde ich es indirekt einbauen. Danke für die hilfreichen Hinweise, wie ich dies erreichen könnte. Ich werde mir nachher mal konkretere Gedanken darüber machen. Sobald der Text komplett überarbeitet wurde, poste ich ihn selbstverständlich und freue mich schon auf eure weiteren Eindrücke.

Winke

 

so, ich habe den Text nun komplett überarbeitet. Bitte nehmt doch Stellung dazu und kritisiert.

Freu mich über jede Antwort :D

 

Hallo Elektroträumer,
deine Geschichte ist ganz anders, als ich vom Titel her gedacht habe. Ich hatte eher mit einem Jugendlichen gerechnet. Hier aber ist ein Kind, das streng, ja, auf grausame Art und mit Schlägen und Rohheit erzogen und überhaupt nicht von den Eltern verstanden wird. Der Arme!

So auch, als ihn vor kurzem mein Grundschul Lehrer anrief und erzählte, dass ich zum wiederholten Male die Hausaufgaben vergessen hatte.
Wahrscheinlich wolltest du damit das Alter des Kindes anzeigen; das finde ich aber eher unpassend, denn so würde ein Kind nicht denken.

Ansonsten ein gelungenes Erstlingswerk, und nochmal herzlich willkommen hier.

Gruß, Elisha

 

hi elisha,

hast recht was den "grundschullehrer" angeht. hab dies geändert.

vielen dank für dein feedback.

elektrotraeumer

 

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